Montag, der 9. Mai 1983

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Montag, 9. Mai 1983

Zum Jour fixe der Handelskammer hat Präsident Sallinger ersucht,
sollte ich dem OÖ Handelskammerpräsident Trauner gleich seinen ver-
hältnismäßig hochrangigen Orden übergeben. Immerhin erhielt er die
selbe Stufe wie Sektionschefs. Zu dieser Feier hat sich eine große
Anzahl von Spitzenfunktionären der Handelskammer eingefunden, u.a.
auch das Präsidium der OÖ Handelskammer, zu meiner größten Verwunderung
wurde auch der FPÖ-Vizepräsident eingeladen. Noch mehr verwundert
war ich, als ich dann bemerkte, daß Präs. Sallinger mit ihm sofort
einige 4-Augen-Gespräche führte. Ich bin und war ja immer davon über-
zeugt, daß ich Sallinger auch mit der FPÖ irgendwie regeln wird, nachdem
er sich abgefunden hat, daß Parteiobmann Steger Handelsminister wird,
wird er sichs auch irgendwie mit der FPÖ richten .

MR Schwarz ersuchte mich bei dieser Ordensverleihung noch einmal mit
Präs. Sallinger, wobei ich ihn beigezogen habe, über das Problem der
Transportkosten für die Chinadelegation zu reden. Sallinger wollte die
40.000 S, die ja fast 10 % unseres Repräsentationsbudgets ausmachen,
für die Buskosten der letzten chinesischen Delegation nicht bezahlen
und sicherlich damit auch nicht die neu anfallenden. Ich habe vorgeschla-
gen, nachdem die Handelskammer uns Autos zur Verfügung stellt, wenn
das Handelsministerium nicht genug bei ausländischen Besuchen hat,
könnte ja die Handelskammer einfachheitshalber anstelle Autos einen
Bus zur Verfügung stellen. Sallinger wird sich das noch einmal über-
legen und hat mit Schwarz einen eigenen Besprechungstermin ausgemacht.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß dir dann berichten, was dabei heraus-
gekommen ist.

Da ich ja unter allen Umständen das Jour-fixe-Gespräch führen wollte,
die Bewirtung aber dann viel zu lange dauerte, habe ich mich mit Kehrer
zurückgezogen. Ich informierte ihn über mein Gespräch über die Video-
selbstbeschränkung mit dem GD Lap von Philips und Dir. Brandtner von
Grundig. In diesem Fall sind die beiden Firmen ja nicht Konkurrenten,
sondern ganz im Gegenteil, da sie dasselbe Videosystem verkaufen, sind
sie an der Selbstbeschränkung auch für portables sehr interessiert.
Kehrer ist sehr erschüttert, daß die Japaner über ihren Botschafter
in Österreich mitteilen ließen, sie würden keine Gespräche über
Selbstbeschränkung aufnehmen, sondern ganz im Gegenteil erwarten, daß
wir unverzüglich die Kontingentierung zurücknehmen. Kehrer bemerkte


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zu Recht, bei der EG haben sie auch am Anfang Widerstand geleistet
und sich dann doch zu einer Selbstbeschränkung hergegeben, warum dies
in Österreich nicht gehen sollte. Darin sehe ich eben den Unter-
schied zwischen einer mächtigen EG und dem kleinen neutralen Öster-
reich. Ich habe Kehrer die Ablichtung des japanischen Antwortbriefes
gegeben. Er wird mit seinen Leuten noch einmal die ganze Angelegenheit
besprechen. Ich avisierte, daß er sich mit Dir. Kopietz von Philips
ins Einvernehmen setzen soll, weil dieser mit ihm unbedingt eine Aus-
sprache darüber wünscht.

ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Bitte mit Kopietz Kontakt aufnehmen,
um zu erfahren, was dann rausgekommen ist.

Ich informierte Kehrer auch über die internen Besprechungen bezüglich
der Accordinoverhandlungen in Meran. Kehrer stimmte mir zu, daß er
mit jedem Kompromiß einverstanden ist, das die Tiroler und Vorarlberger
Handelskammer, insbesondere auch der in der Landesregierung verantwort-
liche Handelskammerfunktionär LRat Bassetti, ausgemacht haben. Die
Details kannten weder er noch ich, beide sind wir nur überzeugt, daß
es Bassetti sicherlich gelungen ist eine entsprechende Lösung zu
finden. Das wirkliche Problem waren ja die Einsprüche der Landwirtschafts-
kammer von der Steiermark und von Niederösterreich; da es gelungen
ist diese auszuräumen, bestehen jetzt keinerlei Schwierigkeiten mehr
die Accordinoverhandlungen abzuführen.

Haffner berichtete mir, daß der Vorsitzende der Accordinokommission,
MR Pschorn, noch immer große Bedenken, um nicht zu sagen, Angst hat, daß
er das Kompromiß jetzt in Meran ev. selbst vertreten muß. Er meint,
es müßte unbedingt ein Vertreter des Landwirtschaftsministeriums
mitfahren, der übrigens ja schon durch Ministerratsbeschluß bestimmt
ist. Mich persönlich interessiert es gar nicht mehr, ob Landwirtschafts-
minister Haiden jetzt MR Reisch mitschickt oder nicht, für die Accor-
dinoverhandlungen ist es wirklich auch ganz egal; ob bei dieser Sitzung
die Kommission vollzählig ist oder ein Mitglied fehlt, er könnte auch
erkrankt sein, wird weder die Italiener aufregen, noch wird man es glaube
ich in der Öffentlichkeit überhaupt bemerken. Für mich war es nur wieder
ein typisches Zeichen, wie flexibel MR Pschorn ist. Im Laufe der
letzten Monate konnte ich feststellen, daß er, was ich den 13 Jahren
gar nicht so genau beobachtet habe, daß er zwar vom Burgenland sehr
viel versteht, von Accordino sicherlich auch so viel, ein Verhandlungs-
geschick hat er aber überhaupt nicht entwickelt. Außerdem glaube
ich ist er in ein Gleis festgefahren, sobald er sich aus diesem


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herausbewegen muß, ob es sich bei der Außenhandelsstatistikauswertung
oder bei Vertragsverhandlungen befindet, er ist und bleibt dann sehr
unbeweglich.

Beim wahrscheinlich vorletzten Pressegespräch berichtete SC Marsch
über unsere Staatspreise, der für die schönsten Bücher besteht seit
1952, für Verpackung 1957, für gute Form 1965. Von mir wurden eingeführt
der für Werbung 72, für Innovation 79 und für den Werbefilm 1980.
Ich habe auch ganz kurz noch einmal den Grundsatz, den ich 1970 bereits
deklarierte, erörtert, ich will lieber durch Anerkennung und Belobi-
gung Wirtschaftspolitik beeinflussen als durch gesetzliche Verbote.
Bei der Werbung mit den Werbebriefen und bei vielen anderen Staats-
preisen hat sich dies auch bestens bewährt.

Dkfm. Bogner, der seinerzeit Presseredakteur war und, weil er keine
entsprechende Stellung dort bekommen konnte, hat man ihm die Chance
gegeben eine eigene Zeitung, Regal, zu machen, diese ist heute die bedeu-
tendste Zeitung für Kleinhandel und durch die Annoncen verdient er
sehr gut. Er hat nun außer der Aktion Goldene Waage, wo er Händler aus-
zeichnet, jetzt als Präsident des Public-Relations-Verbandes Österreichs
auch einen Staatspreis, fast würde ich sagen, mir herausgerissen.
Durch meine grundsätzliche Einstellung war ich letzten Endes bereit
auch den zu akzeptieren. Die Statuten wurden von ihm entsprechend
der Wünsche des Handelsministeriums abgeändert. Es ist noch notwendig
die Zusammensetzung der Jury festzulegen und dann kann, wenn die Ab-
grenzung zwischen Werbung und Public Relations gefunden ist, sofort
mit der Staatspreisausschreibung bekommen werden. Diese Abgrenzung
ist furchtbar kompliziert, wie nachher eine Aussprache mit SC Jagoda,
Staatssekretär Albrecht und Bogner sich herausstellte. Jagoda steht
mir Recht auf dem Standpunkt, daß man hier aufpassen muß, um abzugrenzen
zwischen journalistischer Tätigkeit, die keinesfalls der Gewerbeord-
nung unterliegt und doch andererseits, soweit es sich um Werbung
handelt, der Gewerbeordnung unterworfen sein muß. Nach längerer Aus-
sprache einigten wir uns darauf, daß doch die offenen Fragen von Bogner
noch schriftlich dem Handelsministerium beantwortet werden. SC Jagoda
wird dann mit Bogner Gespräche führen, um eine klare Abgrenzung her-
beizuführen. Sicher ist nur eines, und Jagoda hat dies auch gleich
angekündigt, daß bei der nächsten Gewerbeordnungsnovelle eine genaue
Abgrenzung gegenüber den Journalisten erfolgen muß.

ANMERKUNG FÜR VECSEI: Die Journalistengewerkschaft hat hier schon
entsprechende Vorarbeiten geleistet. Bitte beschaffen.



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IFES hat eine Mehrthemenumfrage bei 977 österreichischen Unternehmun-
gen durchgeführt. Dies ist repräsentativ genug, um auf gesamtöster-
reichische Unternehmerverhältnisse schließen zu können. Eindeutig
ergibt sich daraus, daß je größer die Betriebe sind, sie sich sowohl
für die indirekte Förderung als auch für mehr Forschung und Entwick-
lung und auch für Betriebsberatung interessieren. Kleinbetriebe profi-
tieren mehr von der direkten Förderung. An Forschung und Entwicklung
werden nur 12 %, wenn man die Kleinbetriebe einbezieht, betrieben, wenn
man dagegen die Mittel- und Großbetriebe herausnimmt, dann sind es schon
2/3. Erfreulich war nur, daß 84 % der Betriebe die Förderungsmöglich-
keiten bekannt sind. Hier hat das Handelsministerium auch wesentlich
glaube ich dazu beigetragen. Betriebsberatung haben 43 % der Betriebe
schon in Anspruch genommen, 23 % meinten, es war sehr positiv, 43 %
nutzbringend und nur 12 % haben eine negative Stellungnahme abgege-
ben. Für Betriebsberatung wurden auch seit 74 mit der Handelskammer
70 Mio. aufgewendet.

Nach diesem Gespräch habe ich mit dem Prok. Birk von IFES die Wähler-
stromanalyse und die Wahlbewegungen zwischen den sozioökonomischen
und demographischen Gruppen besprochen. Wesentlich anders als man ur-
sprünglich erwartete, hat sich jetzt gezeigt, daß keinesfalls unsere
Stammwähler abgewandert sind. Neudeutsch heißt dies, daß jetzt bei
den letzten Wahlen neue Kreisky-Wähler, oder SPÖ-Wähler besser, wieder
weggegangen sind, last in, first out. Die starken Verluste in den In-
dustriegemeinden sind auf die Abwanderung des Mittelstandes, 17 %
insgesamt SPÖ-Wähler, zurückzuführen, Arbeiter, die zu Angestellten
wurden und dann als Mittelständler sich eben von der ÖVP mehr ange-
sprochen fühlen. Die Kernschichten haben dort gehalten. Die SPÖ
hat seit 1971 bis 1981 stets Zuwächse gehabt, seit dieser Zeit aber
haben wir nicht stagniert, sondern sogar verloren. Bundesparteiobmann
Mock hat eine langsam Steigerung als Oppositionsführer nicht nur an
Bekanntheit, sondern auch an Beliebtheit und vor allem für seine Partei
gewinnen können und hat diesen Trend fortgesetzt, also als einziger
Parteiobmann der ÖVP der letzten Zeit keinen Rückschlag erlitten,
wie dies bei Schleinzer und noch bei Taus der Fall war. Typisch war
auch, daß bei der Einkommensgliederung von 11 bis 15.000, also mittlere
Einkommen, die SPÖ 3 % verloren hat, die ÖVP 3 % gewonnen, von 15 bis
20.000 haben wir wieder 3 % verloren, die ÖVP aber nichts mehr dazu-
gewonnen. Typisch war, daß die Alternative Liste starke Erstwähler
anziehen konnte und vor allem immer gehobener Bildungsstand. Mit dieser
Gruppe, wahrscheinlich sogar noch vereinigt mit den Grünen früher oder


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später, wird man in Hinkunft rechnen müssen, eine vierte Partei kommt
also sicherlich das nächste Mal in den Nationalrat.

Kienzl hat dann nachmittags mit mir auch noch über dieses Problem im
besonderen gesprochen und wir können von Glück reden, daß das Grundman-
dat die Grünen resp. die ALÖ verfehlt haben. Wäre dies eingetreten,
hätte es eine Mandatsverteilung 85 SPÖ statt 90, 79 ÖVP statt 81,
10 FPÖ statt 12 und 9 eben die neue Gruppierung gegeben. Ich bin
sehr gespannt wie in den einzelnen Gremien Wiener Vorstand, Bundes-
parteivorstand über diese Ergebnisse berichtet wird.

Der DDR-Journalist Dr. Gerstner, der mich auch in Leipzig das letzte
Mal interviewt hatte, war nur an einer einzigen Frage wirklich inten-
siver interessiert, wie es mit dem Handelsverkehr mit der DDR unter
der neuen Führung weitergehen wird. Ich konnte ihm keinerlei konkrete
Zusagen machen, ja nicht einmal eigentlich eine verlässliche Aussage.
Ich glaube zwar nicht, daß der neue Handelsminister die Wirtschaftspo-
litik wird wesentlich ändern können, wohl aber kann er natürlich eine
andere, vielleicht auch nur optische Haltung gegenüber den COMECON-
Staaten einleiten.

Fast 50 Mitarbeiter der Sondergesellschaften ÖDK, TKW und Ennskraft-
werke haben Orden vom Bundespräsident verliehen bekommen und ich
hab sie ihnen persönlich im Marmorsaal überreicht. Einen Teil der
Leute kannte ich ja persönlich, ich kann verstehen, daß daher alle
großes Interesse daran hatten, daß ich ihnen noch diese Auszeichnung
überreicht . Ich habe mich für die gute Zusammenarbeit bedankt, an-
schließend haben insbesondere die anwesenden Direktoren gemeint, ich
werde doch hoffentlich sie noch recht bald besuchen kommen.
Dies wird sicherlich gelegentlich der Fall sein, aber auch dort wird
man sich auf den neuen Minister einstellen müssen.

Dr. Wurst, der schon etliche Routenbücher für die Weitwanderwege heraus-
gebracht hat, hat mir jetzt wieder zwei freundschaftlich übermittelt,
bei dieser Gelegenheit erzählt er mir, daß jetzt mit den Ungarn eine Ver-
einbarung getroffen wurde, daß der E4 von den Pyrenäen bis zum Neu-
siedler See jetzt über den Plattensee bis Budapest verlängert werden
soll. Ungarn hat als erster COMECON-Staat scheinbar erkannt, daß es
hier auch eine zusätzliche Möglichkeit gibt Touristen ins Land zu
bringen. Im COMECON selbst gibt es ja die Freundschaftswege, der
längste ist der von Eisenach über die DDR, CSSR nach Ungarn, der den
klingenden Namen hat Werktransversale der Freundschaft.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte ÖFVW davon auch verständigen.

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Tagesprogramm, 9.5.1983

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: GD Philips Österreich


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sts. HM


    Einträge mit Erwähnung:


      Einträge mit Erwähnung:
        GND ID: 119100339


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: oö. ÖVP-LR


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter HM


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              Tätigkeit: Dir. Fa. Philips? Falschschreibung?


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Beamter LWM


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                  Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      GND ID: 118756265


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Gen.Sekr.


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Sekt.R HM


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                              Tätigkeit: Abg. z. NR, Klubobmann, ÖVP


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                                  Tätigkeit: GD Wiener Werk Grundig


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                                    Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


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                                      Tätigkeit: FPÖ-Obmann


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                                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                                        GND ID: 118566512


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                                          Tätigkeit: Pressesprecher Staribachers


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                                            Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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