Montag, der 21. März 1983

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Montag, 21. März 1983

Der algerische Staatssekretär Oubouzar hat gleich bei der informellen
Besprechung sehr energisch und dezidiert die Abnahme des vertraglich
vereinbarten Öls verlangt. Er wollten allen Ernstes nicht anerkennen,
daß die ÖMV mit der Sonatrach die Vertragsmenge einvernehmlich von
700.000 to auf 500.000 to gesenkt hat. Allerdings konnte er mit Recht
darauf verweisen, daß 1982 nicht einmal diese 500.000 to, sondern nur
290.000 to abgenommen wurden. Ich habe vor ihm sofort GD Kaes von der
ÖMV angerufen und wir vereinbarten sofort eine entsprechende Aussprache
nach der ersten offiziellen Sitzung der Gemischten algerisch-österreichi-
schen Kommission.

Diese Kommission wurde von mir eröffnet, gleichzeitig auch die 5 Arbeits-
gruppen, Handelsverkehr und Wohnbau, Industrie, Transport, Energie
Drittlandkooperation eingesetzt. Er replizierte dann, daß die Gemischte
Kommission erstmals seit 74, wo ich seinerzeit den Handelsvertrag in
Algerien unterzeichnet habe, zum erstenmal zusammentritt, dies sei
darauf zurückzuführen, daß doch in der internationalen Krise und jetzt
schwierigen wirtschaftlichen Zeit eine solche Kommission dringendst
notwendig sei. In der Vergangenheit hätten die Firmen sozusagen die
Wirtschaftsbeziehungen hergestellt und Firmeninteressen seien an der
Spitze gestanden, jetzt, wo der internationale Handel immer mehr gestört
wird, sei das Gleichgewicht der Firma nicht mehr entscheidend, sondern
es müßte eben auf nationaler Ebene versucht werden einen Ausgleich der
wirtschaftlichen Handels- und Finanzbeziehungen herzustellen. Dies sei
Aufgabe des Staates. Er erhoffe sich von der Gemischten Kommission
einen Aktionsplan für mehrere Jahre. Die Algerier hätten den Eindruck,
daß dies leicht möglich sei, weil wir komplementäre Wirtschaften hätten.
Algerien selbst hat für 12 Mrd. S im vergangenen Jahr importiert und
für 13 $ exportiert, mit Österreich seien sie aber durch Jahrzehnte
immer in der Handelsbilanz passiv gewesen, nur 1979, 80 und 81, wo größere
Mengen Öl gekauft wurden, seien sie aktiv gewesen.

Ich versuchte ihm klarzumachen, daß Österreich rein zahlenmäßig schlech-
ter dran ist, denn wir haben seit eh und je eine negative Handelsbilanz,
unser Wirtschaftssystem unterscheidet sich grundlegend von dem algeri-
schen, unser Außenhandelsgeschäft wird ausschließlich durch die Firmen
abgewickelt, niemand kann ihnen dreinreden, ich hätte keine Weisungs-
möglichkeit und, um es ganz offen zu sagen, ich würde eine solche auch
gar nicht anstreben.



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Staatssekretär Oubouzar erwiderte, Erdölexporte dürfe man eigentlich gar
nicht rechnen, Erdöl sei ja nicht erneuerbar, diese Ressourcen zu ex-
portieren mache ihnen kein Vergnügen, sie müssen dies nur tun, um ihre
Schulden bezahlen zu können und Dienstleistungen und Engineering ins-
besondere damit kaufen zu können.

Nach dieser offiziellen Einleitung begannen die Arbeitsgruppen sofort
ihre Tätigkeit.

Oubouzar, sein Generaldirektor vom Energieministerium Dopee begannen
sofort mit GD Kaes, mit Stellvertreter Meszaros, Mag. Schrei von der
Importabteilung der ÖMV, mit mir die Gespräche über die Öl- und, wie die
Algerier hoffen, auch baldigen Erdgaslieferung. Oubouzar begann die Ver-
handlung, indem er auf die Gasverhandlungen Mitterrands mit Algerien zu
sprechen kam, die Gaz de France als Firma wurde auch von Mitterrand ver-
pflichtet, eine große Menge und einen guten Preis zu bezahlen, weil
Frankreich dadurch große Importe nach Algerien tätigen konnte, die
300.000 Beschäftigte in Frankreich garantieren. Österreich kann, wenn es
das Öl abnimmt, auch damit rechnen, daß man z.B. 400 Waggons zusätzlich
kaufen würde, auch dies würde auch dies würde für 200 bis 300 Beschäftigte
für 2 Jahre Arbeit garantieren. Algerien hat 1982 für 12 Mrd. $ importiert,
die doppelte Menge wäre möglich gewesen, vom Bedarf der algerischen
Wirtschaft aus gerechnet, Voraussetzung dafür wäre, daß eben mehr Öl
und mehr Erdgas verkauft werden könnte. Kaes erwiderte sofort, die 290.000
to, die 1982 abgenommen wurden, sind 60 % des Vertrages, sie möchten in
Hinkunft entsprechende Kondensatmengen bis zu 250.000, das ist ein
very light rout oil?? auf das Ölkontingent kaufen. Seit der Senkung der
OPEC-Preise ist die Differenz zum algerischen Öl nicht mehr sehr groß.
Der Staatssekretär gab den Ölpreis damit erstmalig offiziell bekannt
und meinte 3.50 $ fob.

Meszaros meinte, aufgrund der jetzt genannten Preise möchte er gleich
feststellen, daß Öl und Kondensat höchstens diese 500.000 to ausmachen
könnten, der Vertrag gilt mit 1984, ist aber eigentlich kein Preis-, sondern
ein reines Mengenproblem.

Staatssekretär Oubouzar bestand nach wie vor darauf, daß man 700.000
to als Minimum abnehmen müßte. Wenn auch im Vorjahr der Erdölverbrauch
und der Absatz daher um 17 % zurückgegangen ist, darf man nicht vergessen,
daß die ÖMV in Algerien um 50 % weniger gekauft hat.

Mag. Schrei, der doch der Einkaufsfachmann war, konnte sofort darauf ver-


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weisen, daß 1980 die Sonatrach auch vertragsmäßig die Lieferung um
40 5 gekürzt hat und niemand von der ÖMV darüber sich beschwerte, man
muß eben im Ölgeschäft zur Kenntnis nehmen, daß gewisse Mengenreduzie-
rungen meist zu Unzeit ?? für den anderen Partner erfolgen. Kaes faßte
dann zusammen, daß die Österreicher, wenn sie 700.000 to abnehmen, 12 %
ihres Ölanteiles in Algerien eindecken würden, Italien, welches von den
Algeriern immer als Beispiel gesagt wurde, würde bei 3 Mio. to, die es
in Algerien kauft, von 60 Mio. to 5 % ihres Ölanteiles in Algerien nur
decken. In Detailverhandlungen wurde dann festgestellt, daß im ersten
Quartal 40.000 to Öl und 20.000 to Kondensat gekauft wurden. In Spezial-
verhandlungen soll jetzt womöglich bis Freitag der Einkaufsplan der ÖMV
mit der algerischen Delegation abgestimmt werden. Über Gas wurde überhaupt
nicht verhandelt, da die Sonatrach noch immer zwar nicht mehr 6 $ für
MMBtu verlangt, wohl aber noch immer weit über 4 $, obwohl der jetzige
sowjetische Preis bereits unter 3,70 $ liegt.

Beim Journalistenfrühstück kam selbstverständlich die algerische Ver-
handlung zur Anfrage, ebenso die Heizöl-extra-leicht-Preisverordnung
mit den Übergangsschwierigkeiten. Da ja Heizöl extra leicht von 6,50 S
auf 6 S gesenkt wurde, die ÖMV aber nicht sofort ihre Raffinerieabgabe-
preise reduzierte, müßte über das Wochenende, da allerdings ja fast kein
Verkauf stattfand, die 50-Groschen-Preissenkung ausschließlich vom
Handel getragen werden. Daß dies nicht möglich war, ist klar, die ÖMV
hat daher nur als scheinbar ersten Schritt 250 S für die Tonne Rabatt
gegeben. Auch damit sind die Händler nicht einverstanden, da sie einen
Teil der Ölpreissenkung auch von ihrer Spanne mittragen mußten. Die
ÖMV begründet diese nicht volle Reduktion ihres Raffinerieabgabepreises,
daß heute von den Ölhändlern individuelle Rabatte gegeben werden, die
eben nach Meinung der ÖMV jetzt unterbleiben sollten. Auch das ist mei-
ner Meinung nach ein Wunschtraum. Solange Öl im Überfluß vorhanden
ist, wird jeder Händler, um seinen Absatz einigermaßen zu sichern, sehr
wohl bereit sein dem Letztverbraucher, insbesondere wenn er größere
Mengen kauft, einen entsprechenden Rabatt zu geben.

Im Pressefrühstück gab es dann eine längere Diskussion über den Bericht
der Zulieferer für Autoindustrie insbesondere in Deutschland, aber auch
für die Versuche die Elektronikindustrie auch durch Zulieferung eini-
germaßen unsere Exportsituation zu verbessern. Bei der Autoindustrie
haben wir den Erfolg, daß wir von ca. 1/4, jetzt weit über 1/3 bereits die
Autoimporte durch Zulieferungen abdecken können. Wenn GM und auch BMW
ihre volle Exporthöhe in diesem Jahr und in den nächsten Jahren erreichen,
wird sich diese Situation noch wesentlich verbessern. Schon jetzt sind


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5,2 Mrd. S, die größtenteils aus Klein- und Mittelbetrieben, die insbesondere
für VW in Österreich produzieren, zusammenrechnet, so sind es doch über
8.000 Beschäftigte, deren Arbeitsplätze damit gesichert sind.

Beim offiziellen Mittagessen für die algerische Delegation kam selbst-
verständlich auch die allgemeine Wirtschaftssituation zur Sprache und
insbesondere die Ölpolitik der OPEC. Nach wie vor behaupte ich, daß
es in absehbarer Zeit kaum möglich sein wird, eine Ölpreisstabilisierung
herbeizuführen, auch die 29 $ werden kaum gehalten werden können; da
die OPEC-Staaten sich nur bereit gefunden haben die offizielle Förder-
menge von 18 1/2 Mio. Barrel per day auf 17 1/2 Mio. zu senken, die tat-
sächliche Verkaufsmenge derzeit liegt aber bei maximal 15 Mio. Barrel
per day, muß es zu einer Überschwemmung des Marktes mit Öl kommen. Die
Folge davon wird ein weiteres Absinken nicht nur des Spotmarktpreises,
sondern sicherlich in absehbarer Zeit eine weitere Reduzierung des Ver-
tragspreises, wenn auch nur mit entsprechenden versteckten Rabatten sein.
Algerien und die anderen OPEC-Staaten sind darüber sicherlich nicht
glücklich, können sich aber auf ein Mengengerüst, wie das so schön
heißt, nicht einigen.

Bei dem Mittagessen kam auch der Wunsch der Algerier auf Zellulosebezug
zur Sprache. Die Algerier möchten jetzt in Kongo mit Österreich womöglich
gemeinsam eine Zellulosefabrik errichten. Auch in Mosambik und Simbabwe
sieht der Staatssekretär diesbezügliche Kooperationsmöglichkeiten
mit Österreich und Algerien in diesen Drittländern. Bezüglich einer
Zelluloselieferung und damit vielleicht als ersten Schritt die Errich-
tung einer Zellulosefabrik in diesen drei Ländern wird er bei seinem
VÖEST-Besuch entsprechende Gespräche führen. Die Zelluloselieferungen
allerdings müßten so schnell als möglich mit der österreichischen Papier-
industrie vorbereitet werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Entsprechendes veranlassen.

Bei der LUGA wurde der ehem. Sekretär Schrammel zu seinem 80. Geburtstag
von seinen ehem. Mitarbeitern und auch Fleischerfunktionären herzlichst
gefeiert. Ich selbst konnte ich meiner Ansprache neben seiner Tätigkeit
als Fleischersekretär und Bildungsreferent insbesondere darauf verweisen,
daß er es gewesen ist, der mir den Eintritt in die LUGA erst ermög-
lichte. Interessanterweise haben viele Funktionäre bei der LUGA schon
vor mehr als 25 Jahren gewünscht, daß ich nach Mantler und dem Hinterim
Präsidenten Schindler, der dann auch wieder vom ehem. Zentralsekretär
Berger kurzfristig abgelöst wurde, in die LUGA als Obmann kommen sollte.



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Dazu war es aber notwendig, daß mich eine Gruppe auf einen Verbandstag
nominiert. Schramml mit seiner Fleischergruppe hat sich dazu durchgerungen.
Er kannte mich aus dem Viehverkehrsfonds und aus meiner Tätigkeit von
der Arbeiterkammer und setzte mich tatsächlich bei seinen Funktionären
durch. Heute ist dies alles selbstverständlich, damals in den 50-er
Jahren war dies eine ganz große Leistung.

Auf der Landstraße habe ich mit unserem Rechtsberater Dr. Schmidt über
seine Möglichkeit der Einschaltung bei der AK gesprochen. Ich war sehr
überrascht zu hören, daß man auch dort angenommen hat, er könnte, wie
er dies auch bei unserem Bezirk, Leopoldstadt und Simmering macht,
kostenlos entsprechende Auskunftserteilung durchführen. Hier kann es
sich wirklich nur um ein Mißverständnis handeln, denn solange ich die
AK geführt habe und kenne, hat diese von Rechtsanwälten keine kostenlose
Leistung verlangt.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit KADir. Scheer resp. sozialpolitischen
Verantwortlichen Czerny verbinden.

Schmidt hat jetzt von der Rechtsanwaltskammer wegen seiner kostenlosen
Rechtsberatung und Einschaltung darüber resp. Bericht darüber in einer
Bezirkszeitung große Schwierigkeiten, ich habe ihm sofort in einem Schrei-
ben bestätigt, daß dieser Hinweis in der Bezirkszeitung nicht mit
seinem Wissen erfolgt ist, weil er ansonsten gegen die Kodex der Rechts-
anwälte verstoßen würde.

Schmidt hat auch sich vor längerer Zeit, und ich habe ihm dabei gerne
geholfen, um eine weitere Tätigkeit bei der BAWAG interessiert. Jetzt geht
der Rechtsabteilungsmann in Pension und Schmidt ersuchte mich neuerdings
bei GD Flöttl zu intervenieren.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte mit Flöttl verbinden.

Mit den Neubeitritten der SPÖ-Mitglieder auf der Landstraße haben wir
früher immer einen Begrüßungsabend abgehalten. Diesmal wollte der Bil-
dungsreferent unbedingt, man sollte die Neubeitritte einladen, um ent-
sprechende Schulungen, wie unsere Partei sich zusammensetzt, wie sie
entstanden ist usw. abhalten. Diese Veranstaltung war ein Flop, von den
in der letzten Zeit geworbenen Neubeitritten kamen sage und schreibe
10 Personen. Ich habe dann ausführlich über die Wahlkampfsituation
und über die wirtschaftliche Situation berichtet, mühseligst wurde
dann mit zwei Anfragen eine Diskussion begonnen. Bez.Vst.-Stv. Schmid


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hat dann allerdings über die Bezirksprobleme berichtet und dafür, habe
ich den Eindruck, interessieren sich natürlich alle wesentlich mehr.

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Tagesprogramm, 21.3.1983

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hs. Notiz (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: frz. Politiker


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    Tätigkeit: Kammeramtsdir. AK Wien


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      Tätigkeit: GD Total


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          Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


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            Tätigkeit: AK


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              Tätigkeit: MR HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: GD BAWAG


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                  Tätigkeit: Abteilungs- bzw. Sektionsleiter HM, BV-Stv. Landstraße


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