Freitag, 20. August 1982
Philips intervenierte neuerdings brieflich wegen der Aufträge bei den
österreichischen Bundesforsten und der Nationalbank. Eine Rücksprache
mit dem verantwortlichen Ingenieur bei Philips ergab, daß mit den österr.
Bundesforsten eine einvernehmliche Lösung über die Computer Terminals,
Auftragswert ca. 8 Mio. S, gefunden werden konnte. Die Datenmodems, wo
Philips auch glaubte Billigstbieter resp. Bestbieter zu sein, waren in-
sofern ein Irrtum, als zwar Philips mit 2 1/2 Mio. tatsächlich formell
der billigste war, die Fa. SAT-Schrack mit 3,2 dann doch aber den Zuschlag
bekam, weil die angebotenen Rabatte nicht berücksichtigt wurden. Angeb-
lich war Philips dadurch um 40.000 S dann teurer, auch über dieses
Geschäft hat sich Philips mit den Bundesforsten geeinigt.
Die OeNB, GD Kienzl, erklärte mir sofort, daß für ihr Projekt Sicherheits-
technik und Brandmeldeanlagen nur eine österreichische Firma infrage
käme, Philips gilt natürlich als österreichische Firma, dieses 30-Mio.-
S-Projekt ist natürlich ein reines Prestigeprojekt für Philips,
Philips würde wegen der Brandmeldeeinrichtung sogar mit Siemens in die-
sem Projekt kooperieren, nur um eine größere inländische Wertschöpfung
von 65 bis 70 % zu erreichen. Auch die Fa. Schrack ist an diesem Ge-
schäft brennendst interessiert, die OeNB wird daher zwischen Philips und
Schrack letzten Endes zu entscheiden haben. Kienzl erklärte dezidiert,
für ihn käme nur das preiswertere Projekt infrage.
Wenn ich durch meistens reinen Zufall bei solchen konkreten Fragen mit
der österr. Auftragsvergabe konfrontiert bin, so beunruhigt mich immer
wieder die fast unlösbare Situation, wie man zwischen den internationa-
len Verpflichtungen einer freien Ausschreibung mit einem fairen Wett-
bewerb von allen im Rahmen der OECD oder zumindestens der EG und der
EFTA-Staaten offerierenden Firmen und den österreichischen Firmen ent-
scheiden soll und muß. Ich bin immer sehr froh, daß das Handelsmini-
sterium selbst fast keinerlei Aufträge zu vergeben hat, nur so ist es
überhaupt möglich, innerhalb der internationalen Organisationen und
auch der EG und EFTA gegenüber ohne Gesichtsverlust agieren zu können.
Wenn es nicht in absehbarer Zeit zu einem Konjunkturaufschwung kommt
und dadurch die internationale Lage sich ein wenig verbessert, wenn es
nicht früher oder später zu einem Ende dieser mörderischen Konkurrenz
innerhalb des GATT kommt, glaube ich, wird früher oder später das ganze
formale System zusammenbrechen, da jede Firma jetzt dem kleinsten Auf-
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trag nachrennt und größte Bedeutung beimißt, kommt es zu furchtbar
harten Konkurrenzkämpfen schon innerhalb der österreichischen Firmen
mit der erklärten Absicht die Wertschöpfung größtmöglich als Inlands-
teil nachzuweisen.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND BURIAN: Wie können wir besser über diese
schwierige Zeit noch hinwegkommen?
Im Exportbeirat hat die OeNB das Länderrisiko für die südamerikanischen
Staaten im Laufe der letzten Jahre wesentlich erhöhen müssen, ein jetzt
von Argentinien gewünschter Kredit von fast 500 Mio. S für die SDP-
Exporte wird daher kaum gehen, schon allein aus diesem Grund bräuchte
man daher keine große Debatte vom Zaune brechen, ob die Kettenfahrzeuge
tatsächlich geliefert werden sollten oder nicht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wo wurde diese Frage wirklich im Detail disku-
tiert?
Kienzl glaubt nach wie vor, daß die Frage der sauberen Landschaft nur
durch eine Abgabe auf Plastikflaschen oder Alu- oder Eisendosen erhalten
werden könnte. Er sieht keine Möglichkeit auf den Vorschlag gewisser
Naturfreundekreise durch eine Pfandabgabe die notwendigen Mittel aufzu-
treiben, damit dann die Gemeinden oder Naturschutzorganisationen die
Säuberung der Landschaft durchführen. Ich erkläre ihm, daß das Handels-
ministerium jetzt mit den zuständigen Stellen eine Herbstaktion bespre-
chen möchte, wir werden unter allen Umständen diese Frage neuerdings
aktualisieren müssen, da ansonsten die Ländervertreter, die ja auch
keine Lösung bis jetzt vorgeschlagen haben, dem Handelsministerium ent-
sprechende Untätigkeit vorwerfen werden.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND BURIAN: Bitte OeNB, Kienzl, auch für den
Herbst einladen.
Kienzl hat mit Kautzkykreismitgliedern gesprochen, wie wir auch für den
Gewerkschaftsbund, aber insbesondere die Partei entsprechende Wirtschafts-
programme entwickeln sollten. Einmal mehr mußte er feststellen, daß
zum Unterschied von unserer Zeit die neue Generation weniger an prak-
tischen, kurzfristig zu erstellenden Programmen interessiert ist, son-
dern eben die großen Diskussionen und Probleme weltweit führen und
lösen möchte. Ich teile die Meinung von Kienzl, daß es unzweckmäßig
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die punktuelle Wirtschaftspolitik, die allerdings sehr erfolgreich bis
jetzt in den 70-er Jahren geführt werden konnte, auch die 80-er Jahre
rüberzunehmen, hier wird tatsächlich notwendig sein, da ja die punktuelle
Wirtschaftspolitik nicht zur Überwindung der wirtschaftlichen Rückschlä-
ge in Österreich ausgereicht hat, durch ein langfristigeres Programm
zu ergänzen, die AK-Leute, ob es der Leiter der wirtschaftswissen-
schaftlichen Abteilung Dr. Chaloupek ist oder der Gemeindereferent
Dr. Swoboda, wollen aber nur den Reaganismus und die Thatcher-Politik
kritisieren und nachweisen, daß dies keinen Erfolg bringen kann. Dies
weiß man glaube ich jetzt schon weltweit, hilft aber der österreichischen
Wirtschaftspolitik in keiner Weise.
ANMERKUNG FÜR MERK: Überlege Dir, wie weit Kienzl und seine Leute
für unsere sozialdemokratische Marktwirtschaftsarbeit herangezogen
werden könnten.
Samstag, 21., bis Sonntag, 22. August 1982
Aus dem 300-Mio.-$-Kredit für Fremdenverkehrseinrichtungen sind erst
200 Mio. $ ausgegeben resp. zugeschlagen, sodaß noch immer rund 1,6 Mrd.
S offen sind. In Heviz, einem Schwefelbad am Plattensee, wurde deshalb
ein Grundstein für das Hotel Aqua gelegt. Dieses ca. 230-Mio.-Projekt
wird von der Fa. Eberhardt, St. Pölten, und Rella in Wien aufgebaut. Da
GD Wallner von den Spielbanken mit seinem Kooperationsprojekt in Buda-
pest gute Erfolge hat, beabsichtigt die ungarische Regierung jetzt sei-
nen Vorschlag, in Heviz jetzt ebenfalls ein Spielcasino zu errichten,
zu akzeptieren. Wallner hatte daher großes Interesse, daß ich un-
bedingt diesen Grundstein lege, um bei dieser Gelegenheit gleich mit
Vizeministerpräsident Marjai etliche Fragen zu besprechen. Zu meiner
größten Überraschung ist nämlich tatsächlich Marjai von Budapest extra
nach Heviz gekommen.
Bei meiner offiziellen Ansprache der Grundsteinlegung verwies ich na-
türlich neuerdings darauf, daß gegen die 300 Mio. $ Fremdenverkehrskre-
dit noch immer in Österreich von Seiten Handelskammerstellen oder Unter-
nehmer größte Bedenken bestehen und ich deshalb heftigst kritisiert
werde. Für die österreichische Bauindustrie und das gut nachbarschaftliche
Verhältnis ist aber der Kredit von allergrößter Wichtigkeit. Ebenso von
Bedeutung ist es für den gehobenen Tourismus auch in Heviz, daß Spielka-
sinos errichtet werden, was allgemeine Zustimmung fand.
Das Joint venture der Fa. Danubius und der Casino AG zeigt mit 2,7 Mio.
DM Gesamtkapital im Schrumpfwirtschaftsjahr 300 DM Gewinn vor der Kör-
perschaftssteuer, jeder Teil bekam 100.000 DM ausgeschüttet.
Danubius hat eine Frau als GD, diese erzählte mir, daß sie jetzt mit
6 Hotels 1 Mrd. Forint Umsatz hat, 20 Mio. $ Fremdwährung eingenommen
hat. Insgesamt hat sie mit allen ihren sonstigen Fremdenverkehrseinrich-
tungen 3.000 Beschäftigte. Ihre ungarische Konkurrenz Hungaria, 44
Hotels, 10.000 Beschäftigte, hat nur 25 Mio. $ gebracht, die dritte Gruppe
Pannonia mit 33 Hotels mit 6000 Beschäftigten nur 6 Mio. $. Überhaupt
gibt es in Ungarn insgesamt 300 Hotels mit 36.000 Betten, dazu kommen
allerdings 230.000 Betten, die nicht in Hotels gewerblich angeboten
werden, und 1 Mio. Betten bei Privatzimmern. Außer Betracht bleiben die
140.000 Betten, die die Gewerkschaft und Unternehmerorganisationen für
ihre Leute also sogenannter Sozialtourismus haben. Die ungarische Situa-
tion ist wesentlich anders als die österreichische, obwohl auch dort die
Privatzimmer eine große Rolle spielen. Selbstverständlich wurden uns
in den zwei Tagen die Fremdenverkehrseinrichtungen demonstriert, zum
ersten Mal in meinem Leben mußte ich mich überhaupt massieren lassen,
nachdem wir vorher alle zusammen in einem Schwefelsee in Heviz gebadet
haben. Dieser Kurort dürfte aber wirklich Bedeutung haben, denn viele
Österreicher, u.a. GD Fremuth mit seiner Frau, die ich dort getroffen
habe, waren des Lobes voll über die medizinische Wirkung. Die Kurein-
richtungen kommen natürlich an die österreichischen nicht annähernd
heran. Überhaupt konnten wir einmal mehr feststellen, daß neue Hotels
nach 10 Jahren Betrieb schon sehr abgewirtschaftet sind, die Erneuerung
klappt dort hinten und vorne nicht.
Der Tourismus zwischen Österreich und Ungarn entwickelt sich positiv.
Natürlich kommen wesentlich mehr Österreicher nach Ungarn, 1,1 Mio.
Übernachtungen gegen 305.000 im vergangenen Jahr. Nach den ungarischen
Statistiken haben allerdings im ersten Halbjahr 82 die Ankünfte um 40 %
zugenommen, nach österreichischen Schätzungen aber höchstens 13 %.
Auch die Übernachtungen hätten die Ungarn in Österreich um 7 % zugenommen,
die österreichischen Übernachtungen in Ungarn um 22 %.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND GROSSENDORFER: Diese großen Differenzen
müßte man einmal versuchen aufzuklären.
Die Salinen ersuchten mich, ob die Ungarn nicht neuerdings so wie im,
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vergangenen Jahr 500 to Salz kaufen würden, ich habe dies Min.Präs.
Marjai gesagt, dieser wunderte sich, daß überhaupt Salz gekauft wurde,
er wird sich aber weiterhin dafür interessieren.
ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Bitte die Salinen informieren.
In den letzten Wochen mußte neuerdings festgestellt werden, daß trotz
der bevorzugten Behandlung der österreichischen Firmen 40 Fälle mit
ca. 25 Mio. S Zahlungsverzögerungen festzustellen sind. In den vergangenen
Monaten wurden, nachdem im April der größte Rückstand war, 10 Fälle be-
reinigt, bezüglich der jetzt bestehenden hat HR Hammer von der ungari-
schen Handelsdelegation in Wien ersucht, der mich übrigens die ganze
Zeit begleitete, man soll ihm die einzelnen Fälle bekannt geben. Der
österreichische stellvertretende Handelsdelegierte Altmann, der erst
kurz in Budapest ist, meinte, damit wären die Firmen nicht sehr einver-
standen. Die österreichischen Firmen befürchten nämlich, daß sie dann
noch weniger Zuschläge bekommen resp. weitere Verzögerungen zu erwarten
sind. Die ungarischen Firmen werden nämlich in einem solchen Fall von
den ungarischen amtlichen Stellen, insbesondere den Ministerien, dann
entsprechend kritisiert und dies ist für die weitere Zusammenarbeit mit
österreichischen Firmen sehr nachteilig. Ich habe Altmann erklärt, er
soll mit HR Wagner diese Frage im Detail besprechen, wenn er es für
zweckmäßig erachtet, sollte dann Wagner mit den ungarischen Stellen resp.
gegebenenfalls mit Handelsrat Hammer in Kontakt treten, um aufgrund
der allgemeinen Interventionen, die ich inoffiziell durchgeführt habe,
entsprechende weitere Schritte zu setzen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Wir werden in diesem Fall jetzt nicht mehr aktiv.
Beim Museumsbesuch im Schloß Festetics wurde mir erklärt, daß man die
Absicht hat, die eine Hälfte, die auch jetzt schon als Museum ausgestattet
ist, weiter zum offiziellen öffentlichen Besuch freizuhalten, die zweite
Hälfte aber als ein modernes Schloßhotel auszubauen. Ich weiß nicht,
ob eine solche Kombination, Museum mit doch immerhin tausenden Besuchern
und dann ein Schloßhotel, das ja nur durch Ruhe und Gediegenheit reüssie-
ren kann, sich wirklich kombinieren läßt. Da aber die Restauration sowieso
sehr langsam vorwärts schreitet, glaube ich, wird es jahrzehntelang noch
dauern, bis man dieses Projekt wirklich bis ins letzte Detail geplant
finanziert und ausgeführt hat.
Das zusammengetragene Dorf, in Ungarn nennt man es Skanzen wie auch in
den nordischen Staaten, war für mich nur bedingt interessant. Häuser,
die man aus diesem Kombinat eben zu diesem Museum vereinigt hat, waren
nicht besonders alt und nicht besonders ausgestattet. Viel interessanter
war, daß gleich daneben auch im selben Museum ein Ölmuseum war, dort
hat das Ministerium für die Ölindustrie alte Bohrgeräte, aber auch
riesige Bohrtürme aufgestellt, deren Besichtigung war für mich schon
mehr beeindruckend.
Am meisten beeindruckt war ich aber, als dann zum Abschiedsessen wir in
ein Jagdhaus des Landwirtschaftsministeriums geführt wurden. Abseits
gelegen in einem herrlichen Wildpark wurde von einem Hotel am Platten-
see, das auch Danubius gehört, ungarische Küche serviert. Ich kann mir
sehr gut vorstellen, daß Jäger, die von der ungarischen Regierung einge-
laden werden, ich selbst habe ja etliche Male dieses Angebot bekommen,
sehr gerne in so einem Jagdhaus Urlaub machen. Für mich käme dies aller-
dings unter gar keinen Umständen infrage.