Freitag, der 18. Juni 1982 bis Sonntag, der 20. Juni 1982

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Freitag, 18., bis Sonntag, 20. Juni 1982

Die Linzer Glasspinnerei, Besitzer Haider, hat sich mit Dir. Sighart und
Betriebsräten bei mir wegen der Importe von Chemie Linz beschwert. GD
Buchner und seine Leute hatten mir seinerzeit schon erklärt, daß sie
diese Importe nur tätigen, um ein volles Programm ihren Händlern an-
bieten zu können. Eine Aussprache bei mir ergab, daß sie in einem
harten Konkurrenzkampf stehen, wobei Chemie Linz erklärte, jugoslawi-
sche Importe über die Fa. Ragosnig in einer Größenordnung von höchstens
2 % des Bedarfes durchzuführen. Die Fa. Ragosnig, 20 Mio. Umsatz, 20.000
m³ Steinwolle, ist in Schwierigkeiten, das wirkliche Problem sind die
inländischen neuen Produkte und Produktionsstätten. 200 Mio. Hiag
Meyrhofern, 250 Mio. Heraklith, beide sind neu in die Produktion ein-
gestiegen, 600 Mio. dagegen Linzer Glaswolle, Haider, Umsatz. Das einzige,
was mir gelang, ist, daß sie entsprechende weitere Gespräche führen
werden und zumindestens Kontakt halten.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: MR Fellner soll dir berichten.

Der technische Überwachungsverein hat sein neues Haus vom Bundespräsi-
dent eröffnen lassen. Verkehrsminister Lausecker in Vertretung von
Bautenminister Sekanina, Staatssekretär Eypeltauer waren auch geladen,
hielten Ansprachen. Ich war dort wirklich überflüssig, weshalb ich mich
dann auch vor Beginn der Feierlichkeiten, nachdem ich dem TÜV herzlichst
gratuliert habe und beim Bundespräsident mich entschuldigt habe, wieder
in mein Büro zurückfuhr. Mit den Ansprachen der anderen hätte das näm-
lich gut 2 Stunden gedauert. Da der TÜV vor einem Jahr schon zu dieser
feierlichen Eröffnung, eigentlich Geburtstagsfeier, geladen hatte, war
durch Sekretärwechsel in meinem Büro aus einer vagen Vormerkung dann
eine tatsächliche Teilnahme in mein Tagesprogramm eingeschlichen.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte in Hinkunft, wo ich nicht einmal ein Wort
zu sagen habe, mich von einer beabsichtigten Teilnahme besonders infor-
mieren.

Bei der 75-jährigen Jubiläumsfeier bei Hoffmann-La Roche, eine Tochter
des Schweizer riesigen Pharmakonzernes, hielt Bundespräsident die Fest-
ansprache. Ich selbst konnte vorher auch nach einigen Rednern das De-
kret zur Führung des Staatswappens überreichen. Zum Glück hat man
mich informiert, daß diese große Firma keinen einzigen Lehrling derzeit


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hat. Dies neben einigen humorvollen Bemerkungen habe ich dem Schweizer
Präsidenten des Verwaltungsrates sofort mit meiner Bitte, in der jetzigen
Phase müßte doch auch La Roche Lehrlinge einstellen, humorvoll mitgeteilt.
Dr. Gerber fragte sofort den österreichischen Geschäftsführer Razumovsky,
der dies bestätigen mußte. Beide haben mir zugesagt, daß sie dies ändern
werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER : Unbedingt weiter verfolgen lassen.

Bei der Fahrt mit dem Tragflügelboot von Wien nach Budapest hatte ich
Gelegenheit mit Dr. Langer, Geschäftsführer der Bauwelt, der auch die
Journalistenfahrt organisiert hat, zu reden. Langer selbst hat mit der
ungarischen ersten Bauwelt einen Riesenerfolg. Während in Österreich,
wenn eine Kunde nicht sofort die gewünschten Werkzeuge oder Materialien
zu kaufen bekommt, zur Konkurrenz geht, gibt es eine solche in Ungarn
nicht und aus 70 km Umkreis kommen sie und fragen immer wieder, wann
es denn endlich dieses oder jenes Produkt gibt. Die vorgesehenen Um-
sätze werden alle eingehalten, ja sogar überschritten, obwohl sie sehr
hoch angesetzt wurden. In Ungarn gibt es keine Anlaufzeit für einen
neuen Baumarkt. Propaganda braucht er auch fast keine zu machen, denn
durch die Flüsterpropaganda ergibt sich automatisch diese Möglichkeit.
Dr. Langer möchte auch mit der CSSR etwas Ähnliches aufbauen. Ich
habe ihm sofort gesagt, auch dort ist die Voraussetzung, daß er ent-
sprechende Kompensationswaren für seine Werkzeuglieferungen sich sucht.
Aus Ungarn importiert er Fliesen und Blechwerkzeugkästen.

Die Vertragsunterzeichnung erfolgte im ungarischen Presseklub, nach
einigen Ansprachen, die alle unter dem Zeitdruck standen. Außer einem
Buffet gab es dann in den verschiedensten Räumen die Möglichkeit die
WM zu sehen. Ungarn verlor aber 4:1, worüber alle sehr sehr traurig
waren.

Mit dem ungarischen AH Minister Veres und dem Binnenhandelsminister
Juhar und vor allem mit dem Vizeministerpräsidenten Marjai besprach ich
die konkreten Außenhandelsprobleme. Bei der Aussprache mit Vizeminister-
präsident Marjai während des Empfanges beim amerikanischen Botschafter in
dessen Residenz erörterte ich Marjai allein die Großprojekte, die ich
vorher mit den Fachminister und auch dem Staatssekretär Kapolyi erörtert
hatte. Das Wichtigste erschien ihnen, daß jetzt die Pipeline von der
sowj.-ungarischen Grenze bis zur österr.-ungar. Grenze gemeinsam bauen.



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Hier gibt es in Österreich 2 Bewerber, die VÖEST-Alpine mit den Franzosen,
vertreten war diese durch Herrn Wimmer von Linz, VÖEST-Alpine, möchte
mit Csepel, die federführend für eine ungarische Gruppe sein können, dieses
Projekt mit den Franzosen gemeinsam bauen. ich habe den Eindruck, daß
die Ungarn die Franzosen, Minister Jobert war jetzt in Ungarn, Präs.
Mitterrand kommt in ein paar Wochen, diese bevorzugen würden. Die zwei-
te Konkurrenzfirma wird durch Warimpex, Dr. Jurkowitsch, vertreten, die
mit Mannesmann, österr. AEG und Porr und Hinteregger eine ARGE bilden
möchte. Angeblich kann nur Mannesmann die Rohre längsgeschweißt er-
zeugen, die VÖEST-Alpine würde mit den Franzosen spiralgeschweißt
die Rohre, allerdings sogar auf einer Anlage, die die Fa. Csepel von der
VÖEST-Alpine bekommen hat, ebenfalls produzieren könnte. Ich habe dem
ungarischen AH-Minister Veres, aber auch Marjai gesagt, das ist ihr
großer Vorteil, sie vergebene in Projekt und nicht nur viele Länder
interessieren sich dafür, sondern gleich zwei österreichische Firmen ma-
chen sich härteste Konkurrenz, um den Auftrag zu bekommen. In Wirklich-
keit ist das große Problem, ob die Italiener dieses Gas überhaupt kau-
fen resp., wenn dies der Fall ist, ob dann die österreichische Kontroll-
bank dieses 10-Mrd.-S-Projekt finanzieren wird. Knapp vor meiner Abreise
habe ich durch Zufall erfahren, daß der Beirat das Projekt zurückge-
stellt hat.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER : Hier wäre eine bessere Information dringendst
nötig.

Von Dr. Jurkowitsch konnten wir dann die tatsächlichen Schwierigkeiten
in Italien im Detail erfahren. Die italienische Regierung muß nämlich
das zwischen der ÖMV und Snam und den Russen vereinbarte Projekt über
8 Mrd. m³ Italienanteil Lieferung erst genehmigen. Die Parteien sind in
der Regierung und im Parlament gespalten. Die einen wollen unbedingt,
daß man zuerst mit der Sonatrach, algerische Gaslieferung, eine Vereinba-
rung trifft, da ja auch jetzt eine riesige Gasleitung von Algerien,
Tunesien durch das Mittelmeer nach Italien gelegt wurde und derzeit
kein Gasvertrag darüber existiert. Ich selbst versuchte der ungarischen
Seite klarzumachen, daß wenn es dann doch zu diesem großen Projekt kommt ,
gut wäre, wenn die Sowjets bereit wären den Ungarn sozusagen die Transit-
gebühr zuzugestehen. Derzeit glaube ich, soll nur in der Gaslieferung
die ungarische Seite damit abgegolten werden. Wenn Ungarn nämlich eine
Transiteinnahme für das italienische Gas und vor allem dann auch für
das österreichische bekäme, würde diese Transiteinnahme dann von Öster-


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reich nicht mehr den Ungarn bezahlt, sondern eben als Rückzahlung für die
Kredite verwendet werden können. Dadurch wäre die Kreditgewährung we-
sentlich einfacher. Da bis jetzt, so viel ich zumindestens weiß, die
Russen die Preise aber immer frei österreichische Grenze erstellen,
müßte diese neue Idee erst verhandelt werden.

ANMERKUNG FÜR GROSSENDORFER: Die Energiesektions soll diese Überlegungen
prüfen.

Über den Transit von elektrischem Bandstrom gegen Spitzenstrom Öster-
reichs in die SU konnte ich den Ungarn nur mitteilen, daß jetzt die
sowjetische Seite das 1,4 zu 1,25 nicht akzeptiert und daher neu ver-
handelt werden muß.

Bezüglich des Lignitkraftwerkes in Bildein und Kohlelieferung von
Torony stockt alles momentan an den Umweltschutzproblemen. Die Akademie
der Wissenschaften hat ihr Gutachten nicht abgeschlossen. Staatssekretär
Kapolyi hat zwar als Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
erklärt, er wird sich darum bemühen, doch hat er entweder nichts ge-
tan oder nichts erreicht. Ich selbst wollte das 85 km von Budapest ent-
fernte Kraftwerk, wo man ähnliche Kohleverhältnisse vorfindet, Visonta,
besuchen, tatsächlich wurden Grossendorfer und ich mit einem Hubschrau-
ber hingeflogen, dort vom Generaldirektor des E-Werkes und dem Bergbau-
direktor empfangen. Ich hatte angenommen, man wird uns durchs Kraft-
werk führen, statt dessen sind wir zu einem Essen eingeladen worden. Ich
hatte zwar versucht zu erklären, daß wir ja nicht Essen hergekommen
sind, genützt hat es aber nichts, am meisten überrascht war ich aber,
als man dann nach dem Essen sofort wieder zum Hubschrauber fuhr und
wir nach Budapest zurückgeflogen sind. Mit der guten Ausrede, es steht
nicht mehr Zeit zur Verfügung und natürlich muß man die ungarische
Gastfreundschaft akzeptieren, habe ich leider fast nichts gesehen,
außer ein Überfliegen der Baugruben.

Den ungarischen Herren habe ich mit aller Deutlichkeit den Standpunkt
bezüglich Gabcikovo, Donaukraftwerk, klargemacht. Die ungarische Seite
hat an diesem Kraftwerk kein besonderes Interesse, obwohl die Tsche-
chen ihrerseits ungeheuer viel investieren und sozusagen auf der Er-
füllung der in tschechischen und ungarischen Gesetzblättern, also durch
Gesetz vereinbarten Verträge bestehen. Die ungarische Seite hat Angst
wegen der Wasserwirtschaft in diesem Gebiet, in Wirklichkeit aber kein
Geld. Im ursprünglichen Projekt hätten sie 10 Mrd. Forint allein auf-


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wenden müssen, die Tschechen mindestens sicher genauso viel und jetzt
ist dieses Projekt reduziert worden, aber noch immer bräuchten sie 6
Mrd. Forint. Die Ungarn haben daher mit großem Interesse zur Kenntnis ge-
nommen, daß Österreich für den Teil der österreichischen Flußstrecke
1 % Stromanteil, den sie auch natürlich finanzieren würden, verlangen.
Da die tschechische Seite jetzt auch immer mehr einsieht, daß es
notwendig sein würde darüber Gespräche zu führen, habe ich angeregt,
man sollte doch diese trilateralen Gespräche beginnen.

Die Hoteleröffnung Atrium II, ein wirklich interessantes Bauprojekt,
die Zimmer rundum angeordnet, in der Mitte ein riesiger, 8 Stock hoher,
glasüberdeckter Hof, architektonisch herrlich gestaltet, aber heizungs-
mäßig wahrscheinlich sehr teuer, gab Gelegenheit auch über die wei-
teren Hotels und Baukreditausnützung zu reden. Von den 300 Mio. sind
jetzt 168 Mio. vergeben, weitere Hotels werden jetzt im Juli eröffnet.
Ich habe Frau Staatssekretär Albrecht bereits angekündigt, darüber gibt
es jetzt den Flugplatz, ein trade center, welches noch im Herbst be-
schlossen werden sollte und ein im Prinzip beabsichtigtes, aber nicht nicht
konkret verhandeltes Kongreßzentrum.

Da die ungarische Seite jetzt ein Joint-venture-Reisebüro mit öster-
reichischen Firmen beabsichtigt, habe ich den in Budapest anwesenden
Blaguss als Experten zu den Gesprächen zugezogen. Auf ungarischer Seite
war nicht nur der Binnenminister Juhar, sondern auch GD Kalai, der nächste
Woche nach Wien zur Gemischten österr.-ungar. Verkehrskommission
kommt.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Bitte Gesprächstermin mit Würzl und ihm verein-
baren.

Die Ungarn haben aus Devisengründen jetzt ihre Auslandsreisen sehr
gekürzt. Jetzt werden sie auf 3 Tage alle 3 Jahre beschränkt. Nach der
Statistik sind 1980 170.000 Ungarn nach Österreich gekommen, 1981
180.000. Nach der ungarischen Statistik, die auch von unserem Handels-
delegierten Wagner bestätigt wird, waren es im ersten Quartal 48.000
und um 30 bis 40 % mehr als im Vorjahr. Dem gegenüber gibt unsere
Statistik um 4 % weniger Übernachtungen an. Beides kann also stimmen.

Wegen der Errichtung eines Casinos am Plattensee habe ich neuerdings
interveniert sowie auch über die Kooperationsvorschläge Chemie Linz
und insbesondere Projekt Ruthner synthetisch gesyntherte Magnesiterzeugung


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Handelsdelegierter Wagner hat mir eine sehr schöne Zusammenstellung
aller offenen Probleme gemacht.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Warum habe ich die nicht von uns bekommen.

Bei der Heimfahrt habe ich dann noch GD Herbeck von PORR zur Baustelle
in Dunakitili, also der ungarischen Seite des Kraftwerks Gabcikovo, mit-
genommen. Dort haben wir festgestellt, daß die Bauarbeiten nur sehr
langsam fortschreiten. Insbesondere hebt man jetzt nur einen Kanal
aus, um die Bewässerung der Landwirtschaft dort mit entsprechenden
Grundwassermengen sicherzustellen. Ich habe den Eindruck, daß diese
Projekte sehr zögernd vor sich gehen.

Ende des Bandes !!

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Tagesprogramm, 18.6.1982

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Tagesprogramm, 19./20.5.1982


Tätigkeit: frz. Politiker


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    Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: öst. Handelsdelegierter Budapest


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: MR HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Sts. HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: GD Porr


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Chemie Linz


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Linzer Glasspinnerei, Stockerau (NÖ)


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                      Tätigkeit: Verkehrsminister


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Sts. ung. Industrieministerium


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


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                            Tätigkeit: ung. stv. Ministerpräsident


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                              Tätigkeit: Branchenreferent HM


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                                Tätigkeit: ung. Außenhandelsminister


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                                  Tätigkeit: Fa. Warimpex


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                                    Tätigkeit: Stat. Zentralamt, ab 1981 Büro JS


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                                      Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., Staatssekretärin


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