Samstag, der 12. September 1981

Samstag, 12. September 1981

Bei der Eröffnung der Wiener Messe hatte Dr. Reim aus unsren Akten
hervorgekramt, daß ein kleiner Beamter des Handelsministeriums, Ernst
Lothar, sich dafür sehr eingesetzt hat und wesentlich zum Entstehen der
Wr. Messe vor 60 Jahren beitrug. Für mich war das natürlich eine gute
Gelegenheit, diese Story auch bei meiner Messeansprache zu erzählen, um
nicht immer nur gegen den Präsidenten der Handelskammer Sallinger zu
polemisieren. Dieser hatte übrigens diesmal erstmalig Kreisky frontal
angegriffen, weil er bei einer Vertrauenspersonenkonferenz erklärt hat,
die Unternehmer, insbesondere Klein- und Mittelbetriebe, halten ja die
Arbeitskräfte nicht aus Liebe zu diesen, sondern weil sie eben, nicht
zuletzt auch durch die Regierungspolitik, doch gut beschäftigt sind.
Dies sei also keine Gnade der Unternehmer, und wer dies behaupte, vertre-
te eine hirnrissige Idee. Letzteres hat Sallinger zwar nicht in der
offiziellen Ansprache gesagt, aber mir anschließend besonders empört
mitgeteilt. Natürlich hatte ich, es blieb mir auch gar nichts anderes
übrig, Kreisky verteidigt und gerade auf die Vollbeschäftigung und auf
die Unterstützung der Bundesregierung für Klein- und Mittelbetriebe
durch die BÜRGES-Aktion verwiesen. Ansonsten habe ich ihm humorvoll,
auf die Lothar-Story eingehend,[auf] den später sehr bekannten, aus der
Emigration von Amerika zurückgekehrten, der auf[dem] Kunstgebiet dann sehr
bekannt wurde, angespielt und erklärt, daß die erste Messe vom damaligen
Handelsminister eröffnet wurde, so wie es in den Unterlagen stand, die
mir Reim aufgeschrieben hatte. In der Ansprache des Bundespräsidenten
kam dann der große Gag, denn aus seinen Akten und der Presse, die Kirch-
schläger genau studiert hat, ging eindeutig hervor, daß der damalige
Bundespräsident Hainisch tatsächlich die erste Messe eröffnete. Über
diese Richtigstellung waren Reim und Buchauer traurig und sogar ein
bißchen empört, ich fand sie dagegen ungeheuer lustig, denn Kirch-
schläger erntete das erste Mal Zwischenapplaus, und vor allem haben sich
alle Zuhörer durch diese Polemik köstlich amüsiert. Der neben mir
sitzende Kardinal König meinte, Staribacher ist immer humorvoll und
optimistisch. Was will man mehr an qualifizierter Beurteilung errei-
chen.

Selbstverständlich habe ich dann unverzüglich die ausländischen Ausstel-
ler besucht. Diesmal hatte zwar die SU ihren Zweijahresrhythmus unter-
brochen und sich wieder an der Herbstmesse, zumindestens jetzt wegen
der 60 Jubiläumsjahre, beteiligt.

Begleitet wurde ich diesmal wieder von Vorstandsdir. Draxler. Dieser
ist mit Jahresende gekündigt, bezieht eine Pension und sucht daher
eine für ihn adäquate, aber doch interessante Beschäftigung. Er besitzt
ungeheure Firmenkenntnisse und dürfte auch sehr tüchtig sein, weshalb
ich ihm sofort angeboten haben, wenn er auf eine höhere Bezahlung
keinen Wert liegt, er mit 1. Jänner sofort bei einer sehr miesen Be-
zahlung, aber sicherlich interessanten Tätigkeit im Handelsministerium
beginnen könnte. Er ist zwar schon 55 Jahre alt, eine Pragmatisierung
kommt daher gar nicht infrage, doch braucht er dringend für seine
ASVG-Pension im nächsten Jahr irgendeine Beschäftigung.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte alles entsprechend vorbereiten.

Der tschechische Botschafter und Handelsrat Chrust ersuchte mich, ob
es nicht doch eine Möglichkeit gibt, den langfristigen Vertrag heuer
noch zu unterschreiben. Dieser soll nämlich mit 1.1.82 wie vorgesehen
in Kraft treten. Ursprünglich war beabsichtigt, bei dem Staatsbesuch
von Husák, sozusagen als materiellen Aufputz, diese Zeremonie feier-
lichst in Wien zu begehen. Da jetzt der Staatsbesuch verschoben wurde,
erklärte ich mich sofort bereit, auf Wunsch der Tschechen entweder in
Prag, Brünn oder Bratislava die Unterzeichnung an einem Wochenende
vorzunehmen.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: MR Fälbl wird sich mit Ihnen ins Einvernehmen
setzen.