Mittwoch, 11. Februar 1981
Die Zuckergroßhändlervereinigung wünscht bei der nächsten Zuckerpreis-
erhöhung eine entsprechende Anpassung ihrer Großhandelsspanne an ihre
Kosten. Sie behauptet 20.000 Beschäftigte zu haben, die Zuckerindu-
strie hätte nur 3.000. Diese 20.000 Beschäftigten aber sind natürlich
nicht so wie bei der Zuckerindustrie die 3.000 nur mit der Zuckerab-
gabe befaßt. Vor allem beschwerten sie sich aber über die Kürzung ihrer
Spanne, wenn sie den Zucker bei den Industriebetrieben abholen. Hier
hat das Landwirtschaftsministerium eine entsprechende Verordnung wegen
des Zuckerpreisausgleiches erlassen. MR Kurzel war anwesend und wird
dieses Problem in der Preiskommission zur Sprache bringen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte Landwirtschaftsministeriumbüro verstän-
digen.
Die Vorsprache der österreichischen Erwerbsgärtner und Blumenbinder
zum Valentinstag dient immer dazu, um die offenen Probleme wie z.B.
Billigstimporte aus den Niederlanden oder hauptsächlich natürlich das
Energieproblem zu besprechen. Die Billigstimporte aus den Niederlanden
können nur deshalb nach Österreich, weil wir keine entsprechende
Qualitätsbestimmung haben, wie die EG eine solche jetzt ausarbeitet.
Die Schweizer schützen sich bei Zierpflanzen dadurch ab, daß sie ein
eigenes Sommerkontingent festlegen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Abteilung soll dies genau prüfen.
Bezüglich der Energieabwärmenutzung der ÖMV-Schwechat wurde beim
letzten Valentinstag bei Bundeskanzler Kreisky vereinbart, eine Studie
in Auftrag zu geben, um die 35.000 Tagesliter 40-grädiges Kühlwasser
der ÖMV zu nutzen. Die Studie je 150.000,–– Bundeskanzleramt, Gärtner-
vereinigung und ÖMV liegt nun vor. 150 Betriebe der Gärtner in Schwechat,
Mannswörth und Simmering können angeschlossen werden. Dadurch werden
20.000 t jährlich Heizöl leicht oder mittel erspart. Anstelle der 250,––
pro m² werden in Hinkunft nur 90,–– pro m² von den Gärtnern veranschlagt
werden müssen. Allerdings setzt dies eine Investition von 230 Mio. S
voraus. Die Gärtner sind fest davon überzeugt, daß die ÖMV eine solche
Investition, da sie sich ja durch die Rückzahlung der Gärtner für die
Wärme amortisiert, auch tatsächlich durchführen wird.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Kennt die Energiesektion diese Studie.
Dir. Nentwich von der GKT teilt mir mit, daß jetzt innerhalb der GKT
eine sehr ungute Stimmung herrscht. Die Angestellten und Arbeiter haben
zum Unterschied von der Verbundgesellschaft, die 7,9 % Lohnerhöhung
bekommen haben, nur 6,5 % erhalten. Er ersucht mich um strengst vertrau-
liche Behandlung dieser Mitteilung.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Werden die Sondergesellschaften nicht gleich
der Verbund behandelt.
Der Sekretär vom Landwirtschaftsminister, Pleschiutschnig, und unser
Sekretariat, Dr. Burian, sind wegen der Verwendung von Nitrovin hart
aneinandergeraten. Staatssekretär Albrecht möchte vom Gesundheitsstand-
punkt Nitrovin, so wie das Landwirtschaftsministerium, aus dem Markt
ziehen. In den Europäischen Gemeinschaften dagegen wird es nach wie vor
zugelassen. Wenn wir die Produktion aus Ungarn nicht mehr einführen,
müssen wir das wesentlich teurere Ersatzprodukt aus der BRD beziehen.
Da es sich hier um einen Kampf der verschiedensten Firmeninteressen
handelt, einigen wir uns dahingehend, daß das Landwirtschaftsministerium
nicht nur zugesteht, daß im nächsten halben Jahr die ungarische Firma
den Nachweis der nicht gesundheitsschädlich erbringen muß, sondern auch
der Landwirtschaftsminister mir in einem Brief mitteilt, in diesem
Fall dann Nitrovin weiter zuzulassen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Damit sind deine Bedenken weitestgehend
berücksichtigt.
Staatssekretär Beil aus der DDR mit seinem GD Schindler und Dir. Reh,
für Österreich zuständig, sowie der Botschafter Schramm und der Han-
delsdelegierte Stahl berichten unserem Handelsdelegierten, SC Meisl,
Dr. Tschach über die günstigen Abschlüsse. Ihre Berechnung des Han-
delsvolumens Österreich – DDR beträgt 8 Mrd. S, unseres 5 Mrd. Die
Differenz ergibt sich angeblich aus der verschiedenen Berechnungsmethode,
3 Mrd. sind mir aber viel zu viel, Tschach wird dies prüfen. Richtig
ist, daß 630 Mio. Konsumgüter im Vorjahr gekauft wurden, 81 wurden bis
jetzt auch schon 500 Mio. wieder bestellt. Ich interveniere auch neuer-
dings wegen zusätzlicher Schuheinkäufe, Beil wird dies im einzelnen be-
rücksichtigen. Bezüglich des Abschlusses Vöest-Alpine – Eisenhüttenstadt
erklärt mir Beil, daß das Gesamtvolumen von 15,3 Mrd. S, im September
58-0211
des Vorjahrs erstmals erstellt, um 100 % überhöhte Preise hat. Jetzt
hat die Vöest-Alpine den Anbotspreis auf 14,9 Mrd. S reduziert. Die DDR
möchte 12 Mrd. aufwenden. Ich habe sofort mit Apfalter anschließend
darüber gesprochen, dieser erklärte mir dezidiert, er könnte keinerlei
Preisreduktionen mehr vornehmen. Eine entsprechende Reduktion kann nur
mehr durch Einschränkung dies Lieferumfanges erzielt werden. Diese
Information war Apfalter deshalb so wichtig, weil er mit Beil dann noch
ein entsprechendes Gespräch bei einem Mittagessen führen muß. Beil
ersuchte mich, ich sollte unbedingt an der Leipziger Messe teilnehmen,
Apfalter wird mit einem Flugzeug am Messetag nach Leipzig fliegen, wir
vereinbarten, daß ich ebenfalls mitfliege. Beil hat dieses Problem
dann auch noch bei einer Aussprache mit Kreisky angeschnitten. Kreisky
ersuchte mich dann abends dringendst, daß ich unbedingt nach Leipzig
fliegen sollte. Er hofft, daß er mit Beil wegen der Mur-Mürz-Furche-Pro-
blematik noch in ein spezielles Geschäft kommen kann.
Die DDR wird ihre Kohlenlieferungen jetzt weltweit auch kürzen müssen.
Nur Österreich wird von der Braunkohlebriketts-Belieferung mit DDR-
Briketts rechnen können. Die DDR hätte aus Polen 4,9 Mio. t Kohle bekom-
men müssen, ebenso 3 Mio. t, die die SU für die DDR in Polen gekauft hat.
Die Polen beabsichtigten 204 Mio. t zu fördern. Jetzt wird diese Ziffer
auf 188 Mio. zurückgenommen, die Pessimisten glauben aber, daß höchstens
166 Mio. kommen werden. Davon bräuchte Polen selbst im Inland 160 Mio.,
sodaß fast nichts für Exporte zur Verfügung steht, obwohl 40 Mio. t
Lieferverpflichtung nach dem Westen und Osten von den Polen eingegangen
wurden. Die DDR untersucht nach wie vor die Verflüssigung, hier müßten
25 Mrd. Mark Investitionen aufgenommen werden, die Amortisation würde
erst in 15 Jahren eine Rentabilität bringen.
Das wirkliche kritische Problem war aber die Fertigstellung der von
Kreisky versprochenen Zollermäßigungen. Wir haben uns jetzt endlich
über die Produkte geeinigt. Das Finanzministerium verlangt aber eine
jeweils Einzelgenehmigung und Bestätigung des Handelsministeriums über
die nicht bedarfsmäßige oder überhaupt Nichtproduktion in Österreich.
Dies ist bei den Kränen z.B. technisch äußerst schwierig durchzuführen.
Beil erwartete, daß rückwirkend mit 1. Jänner die Zollermäßigung Platz
greifen wird, ich erklärte ihm sofort, dies sei ganz unmöglich, wenn
überhaupt, könnte erst mit nächsten Monatsanfang, wenn wir uns mit dem
Finanzministerium einigen, eine solche Regelung erfolgen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte das Büro von Salcher verständigen.
Die Fa. Huber und Pichler, ein Schneidermeister im 4. Bez., hat Halb-
fertigkleider und mißt sie den Kunden dann innerhalb kürzester Zeit
an, wodurch ein Mittelding zwischen Maßschneiderei und Konfektion ent-
steht. Unter anderem hat Bundespräsident Kirchschläger, der dort Kunde
ist, auch interveniert, damit diese Firma das Staatswappen verliehen
bekommt. Bei der Besichtigung wurde mir dann mitgeteilt, daß auch mein
Vater dort seine Anzüge bestellt hat.
Die Fa. Adidas, Dir. Ellensohn, möchte Exportmöglichkeiten in die DDR,
dort hat sie schon geringe Exporte in dem letzten Jahr getätigt, aber
auch in die CSSR erschließen. MR Fälbl hat übernommen, mit den entspre-
chenden Handelsdelegierten zu reden resp. notwendige Verbindungen her-
zustellen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte ich möchte einen genauen Bericht über die
weitere Entwicklung.
In der Wirtschaftskommission, Arbeitsgruppe Energie, Rohstoffe, Umwelt
und Fremdenverkehr, hat das Gesundheitsministerium, SC Pindur, seine
endgültige Formulierung vorgelegt. Bezüglich des Energiepapieres wurden
neuerdings alle Wünsche durchgegangen und weitestgehend berücksichtigt,
sodaß auch jetzt eine endgültige Formulierung gemacht werden kann. Für
die Rohstofformulierung hat Dr. Hille einen zweiten Entwurf vorgelegt
und jetzt übernommen, mit der Obersten Bergbehörde und der Austroplan
entsprechende neue Formulierung zu bringen. Das Fremdenverkehrspapier
wurde von der Arbeitsgruppe einem eigenen Ausschuß zugewiesen. Dieser
hat ja bereits einmal getagt und eine erste Formulierung aufgrund der
seinerzeitigen Gespräche mit der Handelskammer und Fremdenverkehrs-
interessenten, insbesondere auch des Reisebüroverbandes, formuliert. Ich
bin sehr gespannt, wie eine Koordinierung dieser verschiedensten Papiere
und der verschiedensten Stilrichtungen und der verschiedensten Ausdrucks-
weisen der einzelnen Arbeitsgruppen dann einigermaßen einheitlich zu-
sammengefaßt und zusammengeschrieben wird. Beim seinerzeitigen Wirt-
schaftsprogramm hat dies Veselsky gemacht, er hat Kreisky die Arbeit
der Koordination und auch der Formulierung wahrscheinlich abgenommen.
Nicht zuletzt wurde er deshalb auch von Kreisky beabsichtigt als
Handelsminister und, als dies dann nicht gegangen ist, als Staatssekretär
ins Bundeskanzleramt berufen. Die endgültige Zusammenfassung müßte
diesmal sein Kabinettschef Lacina und NR Erich Schmidt vom ÖGB besor-
gen. Als wir das erste Wirtschaftsprogramm erarbeiteten, waren wir noch
in der Opposition und Kreisky hatte mehr Zeit für diese Arbeit.
Jetzt wird er wahrscheinlich den größten Teil an die beiden Sekretäre
abtreten.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie stellt sich die Partei zu diesem Vorhaben.
Die Austria Ferngas sieht eine Chance auf dem norwegischen Sektor der
Nordsee Erdgas zu beziehen. Ein Produktionskonsortium, wo zwei norwe-
gische Firmen beteiligt sind, hat der Austria Ferngas 240 Mio. m³ ab
1986 und eine zweite Firma dann sogar weitere 117 Mio. m³ Erdgas zu
kaufen. Der Preis würde natürlich höher sein als das derzeitige euro-
päische Käuferkonsortium, 50 % die Ruhrgas, dann Frankreich, Belgien,
Niederlande dieses Gas kaufen wollen. Ein deutsches Gasunternehmen
und Thyssengas wurden, weil sie ebenfalls dafür Interesse gezeigt haben,
nolens volens in das europäische Käuferkonsortium aufgenommen. Dr.
Schmidt von Austria Ferngas glaubt nun, mit einer ähnlichen Politik
ebenfalls sich Gas zu sichern resp. gegebenenfalls in das Käuferkon-
sortium aufgenommen zu werden. Natürlich rechnen die beiden norwegi-
schen Verkäufer, die aus dem Produktionskonsortium aussteigen möchten
und ihren Anteil eben freihändig verkaufen, um einen höheren Preis er-
zielen zu können. Anstelle der 5,50 $, sollen es 5,70 $ sein. Ich habe
sofort mit GD Bauer von der ÖMV Kontakt aufgenommen. Dieser war sicht-
lich verärgert, daß die Austria Ferngas, ohne auf ihn zu warten, mit mir
konferiert. Ich selbst habe größtes Interesse daran, daß dieses Gas
von der Austria Ferngas erstanden wird, selbst wenn das Risiko einer
Verärgerung der Ruhrgas dadurch gegeben ist. Die ÖMV hat mit Ruhrgas
angeblich diesbezüglich verhandelt und ist auf die größte Ablehnung ge-
stoßen. Ich erklärte Bauer, daß ich schon allein wegen der Diversifi-
zierung der Gasbezüge an diesem Nordseegas größtes Interesse habe.
Die ÖMV hat mit ihrem Geschäftspartner Ruhrgas natürlich andere Inter-
essen, deshalb erklärte Bauer, es würde zu keiner Transportvereinbarung
kommen. Das Gas kostet jetzt cif Emden für die Ruhrgas 5,50 $ = 3,20 S,
dazu kommt 1 $ für die Peagierung bis zur österreichischen Grenze, dies
wären weitere 60 Groschen, so die Berechnung der Austria Ferngas. Die
ÖMV erklärt, dem steht das Russengas noch immer mit 2,20 S wesentlich
billiger. Ich kann natürlich die kommerzielle Seite schwer beurteilen,
vom politischen Standpunkt aber erklärte ich Bauer dezidiert, daß ich
mich nicht von der Opposition angreifen lasse, mögliche Gaslieferungen
nicht zu nützen. Dies war letzten Endes auch der Grund, warum wir
seinerzeit bei Algeriengas als erster Staat im europäischen Konsortium
alle Voraussetzungen inklusive der Bundeshaftung erbracht haben. Leider
58-0214
hat mir Dr. Schmidt mitteilen müssen, daß jetzt auch die Schweiz bei
Kontakten mit der Sonatrach in Algerien nicht weitergekommen sind. Die
Algerier rechnen fest, daß sie mit den Amerikanern und Franzosen über
die alten Verträge sehr bald entsprechende Vereinbarung haben werden.
Erst dann kann mit den neuen Gasverträgen und endgültigen Verhandlungen
gerechnet werden.
Bauer erklärte auf meine Anfrage, wie die Ruhrgas ihre zukünftige Lie-
ferung nach Österreich sieht, daß er diesbezügliche Zusagen erhofft.
Da wir am Montag über dieses Problem eine eingehende Aussprache haben,
hat Bauer ersucht, es möge die Austria Ferngas morgen sofort Detailge-
spräche mit ihm führen.
Dr. Grimm, ein junger tüchtiger Beamter, der jetzt die Auszeichnungen
des § 68 vorbereitet und Reserveoffizier des Österreichischen Bundes-
heeres ist, möchte sich gerne mit der Landesverteidigung beschäftigen.
Das Bundeskanzleramt wollte ihn für die geistige Landesverteidigung
kapern. Damit Grimm nicht verlorengeht, habe ich mit SC Jagoda und ihm
vereinbart, daß er gegebenenfalls von der III-Sektion wegkann und in
der Energiesektion die wirtschaftliche Landesverteidigung durchführt.
Der ehemalige Bautenminister Moser war jetzt 3 Monate in Mexiko, dort
hat er festgestellt, daß in den Hotelzimmern von den einzelnen Regionen
Fremdenverkehrsprospekte aufliegen. Er meint, dies sollte man auch in
Österreich machen, damit man in Wien schon sehen kann, was in Nieder-
österreich alles Schönes gibt und so weiter.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die ÖFVW soll sich dies überlegen.
Moser hat dann noch gemeint, man müßte auch die Pistenverordnung fürs
Schifahren in die Hotelzimmer auflegen, damit der Gast weiß, wie er
sich auf Pisten zu verhalten hat und welche gesetzlichen Möglichkeiten
es gibt. Moser hat vor längerer Zeit seine Funktionstätigkeit als Bun-
desminister aufgegeben, genießt jetzt ein herrliches Privatierdasein
als pensionierter Minister und gibt uns jetzt die guten Ezzes. Über
die kleinen Anregungen habe ich mich amüsiert. Als die Krise Kreisky –
Androsch aber am Höhepunkt war, hat er mir gegenüber gemeint, wir müßten
doch zusammenhalten, damit wir alle die Arbeit gedeihlich fortsetzen
können. Natürlich interessierte er sich dann auch noch über die Fragen
der Straßenfinanzierung, wo ich ihm allerdings keine Detailinformationen
geben konnte. Mit seinem Nachfolger Sekanina dürfte er einen nicht allzu
58-0215
intensiven Kontakt haben. Lustig für mich war nur, daß er ein herrliches
Pensionistendasein, beste Gesundheit, strotzende Bräune, mit einem
Wort, ein herrlichstes Leben führt, jedem auch erzählt, wie es besser
ist, wenn man sich schont und dann aber dem anderen auferlegt unbedingt
weiterzumachen.
Tagesprogramm, 11.2.1981