Mittwoch, 28. Jänner 1981
Bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Brown, Boveri erzählte der
Generaldirektor das System ihrer Konzernführung. Da das Deutsche Werk
größer ist als die Konzernmutter in der Schweiz, wird diese Konzern-
mutter von einer Konzernspitze geführt, in der alle Töchter vertreten
sind. Dadurch ergibt sich ein direkter Kontakt und eine optimale Ver-
teilung der Arbeiten auf die einzelnen Länder. Eine so ausgeprägte ge-
meinsame Spitzenführung in der Mutter habe ich sonst noch bei keinem
anderen Multi oder, wie sie jetzt heißen, Transnationalen kennengelernt.
Im 10. Bezirk, wo früher einmal sogar produziert wurde, sind jetzt
nur mehr technische Büros, bei deren Besichtigung konnte ich feststellen,
daß dort mit Hilfe der Computer eine ganz neue Technik auch für die
technische Seite erfolgt. Die EDV und der Bildschirm erobern langsam,
aber umso sicherer so wie in der letzten Zeit die kommerzielle, nun auch
die technische Seite der Industrie. Noch niemals wurde mir dies bei
einem Betriebsbesuch so klar als wie gerade jetzt bei Brown, Boveri.
Derzeit bringt diese Art eine neue große Beschäftigungsmöglichkeit für
die Angestellten. In Zukunft wird diese Art durch Rationalisierung viele
Angestellte freisetzen. Die erste industrielle Revolution hatte die
Muskelkraft der Arbeiter durch die Motoren und Maschinen ersetzt, die
zweite industrielle Revolution, in der wir uns gerade befinden, wird
das einfache Gehirn und die primitive Arbeit des Angestellten durch den
Computer endgültig ersetzen. Der Blechtrottel, wie ich ihn immer be-
zeichne, weil er ja Gott sei Dank letzten Endes das Gehirn ohne den
Menschen nicht ganz ersetzten wird, beginnt sich immer stärker in die
Wirtschaft hineinzuarbeiten.
Der Direktor Willbrandt von der Fa. Hofer, mit dem ich wegen stärkerer
Verwendung österreichischer Produkte durch die Hofer KG, schildert
mir von seiner Sicht, wie es zu der Diskussion mit österreichischen
Produzenten gekommen ist. Die Margarinefabrik Ebhart & Herout produ-
ziert für Hofer einen beträchtlichen Teil von Margarine. 7500 t wären
für 1 1/2 Jahre vertraglich zu vereinbaren gewesen. Zur unmittelbaren
Auseinandersetzung ist es gekommen, weil die Qualität der Milchmarga-
rine nicht eingehalten wurde. Ebhart & Herout hat nicht nur den
Fischölanteil vergrößert, angeblich bis 50 %, sondern sich auch gewei-
gert gewisse Mischungen einzuhalten oder gar vielleicht die Kalkula-
tionen offenzulegen. Hofer hat deshalb 400 t aus der BRD importiert.
Trotz 18 % Zoll und Fracht war diese billiger. Durch die Importe ge-
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schockt hat dann Ebhart & Herout sofort erklärt, sie sind bereit auf
diesen deutschen Preis einzusteigen. Dadurch wurden jetzt 1600 t ab-
geschlossen.
Ähnlich war es bei der Firma Imperial wegen Titze Gold. Diese verlangt
16 S pro kg, der Importpreis beträgt 15 S, auch hier mußte diese Firma
auf den deutschen Preis einsteigen.
Hofer würde sehr gerne auch noch weitere Süßwaren kaufen. Für 200 Mio.
S muß er derzeit importieren, weil niemand ihm die Saisonware, Oster-
hasen oder Weihnachts- oder Krampusstücke herstellt. Mit Reissiegel , ein
Betrieb der Fa. Suchard, verhandelt wer derzeit über weitere Lieferungen.
Ebenso muß er feststellen, daß die notwendigen Mengen Toilettenpapier
von Laakirchen ihm nicht geliefert werden, weshalb er auch hier an
Importe denken muß. Unglaubwürdig ist, aber es stimmt sicher, daß er,
nachdem die Fa. Schartner zugrunde gegangen ist, aus Berlin Limonaden
einführt. Er bekommt dafür, wie er ausdrücklich sagte, einen Währungs-
ausgleich und die Berliner können trotz der Fracht von 1,30 S pro
Flasche noch unter 5 S anbieten. Sinalco, mit der er verhandelt hat,
hat für die Limo 5,60 verlangt. Willbrandt sagt, das liegt an den Fla-
schenpreisen, in Deutschland kostet sie 1 S, in Österreich 2 S. Die
7 Groschen Zoll, die jetzt auf jeder Flasche draufliegen, spielen daher
überhaupt keine Rolle. Bei Schartner hat er 90 Mio. S Umsatz gemacht,
30 Mio. Bier, 50 Mio. Limonade. Bei Bier wird jetzt eine Tiroler Klein-
brauerei einspringen. Bei Kandisin, wo er 25 % Marktanteil hatte, konnte
er sich ebenfalls über den Preis nicht einigen, weshalb er jetzt einen
eigenen Süßstoff, Süssli, der 37 % billiger ist, in den Hofermärkten
hält. Willbrandt meinte, für 800 Mio. S importiert er, für 300 Mio.
exportiert er zu seinem Stammhaus Albrecht, so daß aus Deutschland noch
immer 500 Mio. Waren hereinkommen, die er sehr gerne durch österreichi-
sche Waren ersetzten möchte.
ANMERKUNG FÜR MARSCH UND HAFFNER: Über die Branchenreferenten soll man
sofort wegen Liefermöglichkeiten verhandeln.
Albrecht hat einen Kreis von jüngeren Architektinnen, die noch nicht
so bekannt sind, zusammengezogen. Diese waren bereit, mit dem Handels-
ministerium gemeinsam, Aktivitäten auf der Möbelseite zu entwickeln.
Im Jahr der Behinderten möchten sie darüber hinaus entweder im Konsum
oder sonstigen Supermärkten oder in Warenhäusern eine ständige Ver-
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kaufsausstellung für Geräte, Möbel usw. für Behinderte einrichten.
Durch entsprechende Beratung könnte dem Behinderten gezeigt werden, wie
und wo er für ihn zweckmäßige Geräte kaufen kann. Dies beginnt bei
Scheren für Linkshänder und endet bei der Bauberatung. Da Albrecht jetzt
den Slogan "Das Handelsministerium ist für jede Aktivität, nur ihn selbst
darf es nichts kosten" an die Spitze aller ihrer Verhandlungen stellt,
gibt es keine wie immer gearteten Schwierigkeiten. Daß wir letzten Endes
einen gewissen Betrag dafür aufwenden werden und müssen, ist mir klar,
auch dann, wenn ich dies natürlich von allem Anfang nicht sage. Hier
muß Albrecht als die Initiatorin dann auch die Möglichkeit haben,
finanzielle Mittel einzubringen. Die Taktik, vorher nichts zu verspre-
chen, nachher doch ein wenig auszuhelfen, wird es ihr wesentlich er-
leichtern, wenn es dann zum konkreten Abschluß dieser Ideen kommt.
Bei dieser Gelegenheit stellte ich fest, daß die AZ ihre Redakteurin
Keller einen ganzen Tag zu Albrecht geschickt hat, damit sie eine
Reportage über die Aktivitäten der Staatssekretäre schreibt. Ich be-
grüße dies sehr, obwohl ich neidvoll feststelle, daß mir dieses Glück,
von Keller einen Tag begleitet zu werden, in meiner 11-jährigen Mi-
nisterschaft noch nicht passiert ist.
Stadtrat Zilk hat mit dem Klub der Kaffeesieder die Absicht, eine große,
auch für den österr. Fremdenverkehr interessante Kampagne mit Höhepunkt
1983, 300 Jahre Türkenbefreiung, zu starten. Der Klub der Kaffeesieder
möchte jetzt einmal die 1600 Kaffeehäuser, die es in Wien gibt, nach
verschiedensten Gesichtspunkten erheben. 1000 davon sollen Sonntag offen
haben, 600 Zeitungen aufliegen, 400 als Kartenspielkaffeehäuser und
200 als Billardtreffpunkte dazu beitragen, daß der Typ des Wiener Kaffee
erhalten bleibt. Die finanzielle Seite, einen Fonds zu schaffen und
diese Kaffeehäuser zu unterstützen, kann nur mit der Zentralsparkasse
oder mit einem anderen Kreditinstitut geschaffen werden. Über die
Bürges könnte man dann für Zinsenzuschüsse verhandeln. Da Albrecht bei
Eintritt in das Staatssekretariat erklärt hat, wandern soll ich, sie
bleibt in den Kaffeehäusern, wird sie sich um dieses Problem besonders
annehmen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA UND BURIAN: Wie können wir diese Erhebung unter-
stützten resp. veranlassen.
Das Gespräch mit der Gaswirtschaft über die Aushilfslieferungen für
die OÖ Ferngas war für mich sehr lehrreich und sehr hart. Die anderen
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Landesgasgesellschaften, ob Niederösterreich, Wien oder Steiermark,
fielen mit Recht über die Oberösterreicher her, weil diese eine unver-
antwortlich in den Tag hinein lebende Gasversorgungspolitik betrieben
haben. Jedermann wußte, daß bis zur Mitte der 80-er Jahre eine ge-
wisse Knappheit kommen wird, weil das Algeriengas und das Irakgas nicht
zu erwarten war. Trotzdem hat die OÖ Ferngas neue Verträge abgeschlossen
und keine Maßnahmen gesetzt, gewisse Einsparungen zu erzielen. Selbst
im 1. Quartal 81 haben sie noch voll ausgeliefert. Jetzt müßten sie
ganz radikal kürzen. Um Gas durch andere Energieträger zu substituieren,
kaufen sie jetzt von ihren Lieferanten kleinere Gasmengen wieder zu
höheren Preisen zurück. Da mir vollkommen klar war, daß auch die anderen
Landesgasgesellschaften einen Teil vom Gas substituieren können, war
mein Plan, diese zu zwingen einen Teil auch bei ihren Kunden zurückzu-
kaufen und der OÖ Ferngas zur Verfügung zu stellen. Wir rechneten aus,
daß dies mindestens 75 Mio m³ sein müßten. Die Preise, die die OÖ
Ferngas dafür bezahlen muß, werden natürlich exorbitant hoch sein.
Trotz anfänglich heftigstem Widerstand wurde mein Plan letzten Endes
dann doch akzeptiert. Mit Recht haben sich GD Gruber von der NIOGAS,
Reisinger von den Stadtwerken, die den größten Teil der 75 Mio. auf-
bringen müßten, geärgert und anfangs sogar geweigert. Noch niemals habe
ich so betropetzt die Manager der OÖ Ferngas gesehen. Vizepräsident
Seidl als Aufsichtsratsvorsitzender und insbesondere Geschäftsführer
Amon und seine Mitarbeiter konnte man die Schuld und ihr Fehlverhalten
deutlich erkennen.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Laß dich über die Austria Ferngas über die
Abwicklung und insbesondere die Preise genau informieren
Bei der Verleihung von zwei Bergräten h.c. mußte ich feststellen, daß
zwar die Betroffenen geladen, die Dekrete aber gar nicht fertig waren.
Dies ist mir während meiner 11-jährigen Ministerschaft auch noch nie
passiert. Zum Glück konnten wir dies geschickt tarnen, sodaß die Be-
troffenen dies nicht merkten. Wie oft ich improvisieren muß, würde
ein Außenstehender niemals glauben.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: MR Schwarz soll den Fall genau untersuchen.
In der Arbeitsgruppe der Wirtschaftskommission Energie, Rohstoffe und
Umwelt wäre es bald wieder, da ich durch eine andere Sitzung zu spät
gekommen bin, zu einer neuerlichen Diskussion über das Umweltschutz-
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papier, das wir das letztemal schon erledigt hatten, gekommen. GD
Fremuth, Verbund, der den Sachverhalt nicht gut kannte, und ganz be-
sonders der Zweitvorsitzende Minister Steyrer hätten sich bald wieder
in der Problematik hie Wirtschaftsmöglichkeit, dort Umweltschutznot-
wendigkeit verheddert. Zum Glück konnte ich das gerade noch im
letzten Moment noch verhindern. Das Umweltschutzpapier wird jetzt um
etliche Punkte ergänzt, bleibt aber im Prinzip auf der vereinbarten Kom-
promißlinie. LH-Stv. v. Salzburg, Moritz, möchte gerne einen Lärmschutz-
und Luftfonds, er beharrt aber nicht unbedingt darauf und ist einver-
standen, wenn Steyrer und ich mit Finanzminister Salcher reden, ob sich
dieser einen solchen Fonds vorstellen kann.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Nächste MRV erinnern.
Da jetzt für die Energieabschnitte mehrere Vorschläge vorliegen, einig-
ten wir uns auf eine Arbeitsgruppe, die bis zur nächsten Sitzung An-
fang nächster Woche ein gemeinsames Papier ausarbeiten sollen. Da
dies nur am Samstag Vormittag möglich ist, war das Interesse an einem
Redaktionskomitee sehr gering. Dies paßt mir, denn je mehr zusammen-
kommen, umso weniger kommt heraus. Der Sekretär der Arbeitsgruppe Stanzl
wird diese Arbeit zusammenfassen.
Für das Papier über Rohstoffe, Recycling und insbesondere die Möglich-
keit der Finanzierung, ohne daß das Budget belastet wird, wird eine
Sitzung der Interessensvertretungen Ende der Woche abgewartet. Da dort
sicherlich nichts herauskommt, aber doch der Trend der einzelnen Kammern
festgestellt werden wird, werden anschließend Dr. Hille und Dr. Neubauer
von Austroplan ein solches Papier neu vorlegen. Bis jetzt schreiten die
Arbeiten in dieser Arbeitsgruppe zügig voran. Während andere, wie man
im Fernsehen und den Massenmedien mitteilt, sich erst konstituieren,
hoffe ich, daß wir doch sehr bald mit dem fertigen Papier in die Öffent-
lichkeit gehen können.
Auf der ATB, die im Messepalast zum 6. Mal abgehalten wird, gab es zuerst
eine Pressekonferenz. Die neue Organisatorin Dr. Zaunbauer und Zolles
schilderten die Details, ich gab der Presse, die sich aus Reisejourna-
listen wirklich von ganz Europa zusammensetzte, eine kurze Situations-
schilderung des österr. Fremdenverkehrs. In der Diskussion fragten
dann deutsche Journalisten, wie es jetzt, nachdem das Budget der ÖFVW
in diesem Jahr nicht erhöht wurde, die Zweigstellenbudgets sich ge-
stalten werden. Meine Antwort war, werden sie nicht, was ich
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sicher weiß, unabhängige Journalisten, würde ich annehmen, daß sie von
den Zweigstellenleitern bestochen sind, um bei mir zu intervenieren.
Auch die Frage, ob die nächstjährige ATB finanziell gesichert ist,
konnte ich nur positiv beantworten. Die 3 1/2 Mio. S netto, die uns die
ATB kostet, werden wir sicher aufbringen, weil sie ein ganz großer
Erfolg wird und von Jahr zu Jahr sich noch verbessert und vergrößert.
Heuer verlangen wir erstmals Beiträge von Teilnehmern, damit nicht
allein Sightseeing-Leute anreisen. Die 1000 S, die pro Teilnehmer zu be-
zahlen sind und nachdem jede Zweigstelle auch 1000 S dazuzahlen muß,
haben wir verhindert, daß eine größere Anzahl von Adabeis nach Öster-
reich kommen. Immerhin müssen wir die Hotelkosten, wenn auch nur 350
S, durch eine Sondervereinbarung mit den Hotels bezahlen und natürlich
die gesamten Verpflegungskosten. Die Verpflegung hat wieder der Hotel-
besitzer von Sachsengang übernommen und es klappt alles bestens. Über-
haupt konnte ich dann bei meinem Durchgang feststellen, daß sowohl die
Aussteller, also die Anbieter, österreichische Gemeinden, Hoteliers,
FV-Verbände, sehr zufrieden sind, aber auch die Nachfrager, die Ausländer,
die in größerer Anzahl heuer gekommen sind als im Vorjahr, manche die
seit Jahren schon kommen, waren sehr zufrieden. Als ich seinerzeit bei
der Internationalen Tourismusbörse in Berlin war, wo mit wesentlich grö-
ßeren Aufwand natürlich, wie ich zugebe, auch international bedeutender
diese Börse abgewickelt wurde, hatte ich mir vorgenommen, daß so etwas
auch in Österreich möglich sein müßte, mit österreichischem Schmäh und
Charme. Wie die Ausländer aber beim Durchgang aber immer wieder sagen,
bei einem Minister, der sich auch so einsetzt für den Fremdenverkehr,
ist die ATB heute auch europaweit anerkannt. Schön langsam kommen auch,
und dies ist das besonders Erfreuliche, Überseevertreter. ATB wird
daher auch bald, wenn ein kleinerer Bruder im Verhältnis zu Berlin, auf
dem Tourismussektor sich einen internationalen Namen machen.
Als Gag wurde dann am Kirtag, der von mir eröffnet wurde, gleichzeitig
auch ein 5 Tage altes Löwenbaby von Gänserndorf auf den Namen Jusov
getauft. Die paar Worte, die ich dann bei jedem Tisch mit den Anwesen-
den wechselte, und es waren etliche tausend, die bei dieser Abendver-
anstaltung waren, und vor allem die Begrüßung jedes einzelnen hat sicher-
lich auch wesentlich dazu beigetragen, daß das Image, das gibt es nur
in Wien, der ÖFVW zugute kommt. Schon der erste Tag zeigte deutlich,
daß die Aussteller mit dem Ergebnis sehr zufrieden sind. Nur die
Grazer Hotels, wenn man so sagen will, der Städtetourismus, hat noch
nicht ganz durchgeschlagen. Dr. Zaunbauer, die Organisatorin, bemerkt
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allerdings zurecht, daß das Qualitätsangebot von Graz nicht mehr dem
internationalen, ja nicht einmal dem österreichischem Standard ent-
spricht. Überhaupt stellt sich bereits heraus, daß nach wie vor nur
Qualität gefragt wird.