Freitag, der 12. Dezember 1980

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Freitag, 12. Dezember 1980, bis Sonntag, 14. Dezember 1980

Die ÖFVW hat mit dem Lande Vorarlberg eine Pressefahrt ins
Arlberggebiet organisiert. Die Absicht bestand, den deutschen,
holländischen und auch den inländischen Journalisten das Arlberg-
gebiet zu zeigen. Endlich haben die Arlberggemeinden St. Anton,
Stuben, Zürs, Lech, Oberlech, Zug erkannt, daß man den Arlberg
nur als gesamtes Schigebiet anbieten kann und sich zumindestens
liftmäßig zusammengeschlossen. Dadurch können sie darauf verweisen,
daß sie fast 80 Aufstiegshilfen haben und damit mit den Südtirolern
und den Schweizern, die ebenfalls ganze Gebiete anbieten, konkurrie-
ren können. 10 Jahre hat es gedauert, bis endlich meine Idee Erfolg
hatte. Ich erinnere mich noch sehr genau, daß man ursprünglich allen
Ernstes in der ÖFVW, wo ich gerade Obmann wurde, erwartete, ich soll
einem geteilten Arlberg, Tiroler und Vorarlberger Seite auch in dem
Prospektmaterial, das die ÖFVW herausgibt, zustimmen. Damals ent-
deckte ich mehr durch Zufall, als daß mich jemand darauf aufmerksam
gemacht hätte, daß man bis zu diesem Zeitpunkt auch in der ÖFVW
mehr oder minder zur Kenntnis genommen hat, daß es einen Tiroler
und einen Vorarlberger Arlberg gibt. Ein Kartenmaterial und Pros-
pektmaterial hatte damals vorgesehen, daß eben der Arlberg geteilt
ist. Meine Argumentation damals als wie heute auch dagegen war, den
Schifahrer interessiert dies überhaupt nicht. Jetzt hat jede eineze
Liftgesellschaft ihre Aufstiegshilfe in den Vorarlberger Liftpool
eingebracht, die Frequenz wird durch Drehkreuzpassage genau gezählt
und dadurch die Einnahmen nach Frequenz abgerechnet, jetzt sind
sie sehr stolz darauf.

Die Vorarlberger hatten die Organisation dieser Pressefahrt, sie
war nicht optimal. Den Journalisten wurden Schuhe und Kästle-Schi
zum Fahren geborgt. Unser Pressereferent der ÖFVW, Hofbauer, meinte,
hätte man ihm dies zeitgerecht gesagt, so hätte er selbstverständlich
Schi und Schuhe organisiert, die den Journalisten dann geblieben
wären, so mußten sie sie am Ende der Pressefahrt wieder zurückgeben.
Hofbauer hatte für die Schier schon entsprechende Plastiksäcke von
der ÖFVW mit, wir entschlossen uns dann, nachdem sie die Schier nicht
bekommen haben, ihnen keinesfalls die Plastiksäcke zu geben. Dies
wäre doch eine Art Provokation gewesen. Da eben bei dieser Fahrt die


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Vorarlberger und Tiroler Gemeinden besucht wurden, kamen auch die
deutlichen Konkurrenzverhältnisse sehr stark zum Durchbruch. Am
besten hat mir in dieser Hinsicht St. Christoph gefallen, dort
sagt man freimütig, sie sind eine Gemeinde, die zw. dem streitbaren
Lech mit Zürs und St. Anton liegt, eine Art Liechtenstein zw. Öster-
reich und der Schweiz.

Als besondere Neuheit wurde in Lech das erste österr. Wisbi
gelaufen, wie schnell bin ich. Der zweimalige Profiweltmeister
Arnold hat mit jeweils 7 Läufen in Sölden aus einem Dutzend österr.
Gemeinden bedeutende Schiläufer sozusagen auf seine Leistung ge-
eicht. Der Lecher Nenning hatte ein 7 % Handicap gegenüber Arnold.
Jetzt fährt Nenning in Lech eine Rennstrecke, Riesenslalom, nicht
allzu schwer, und gibt eine gewisse Zeit vor. Die anderen, die jetzt
diese Strecke durchfahren, werden dann an dieser Zeit gemessen.
Natürlich beteiligten sich alle Journalisten, das Handicap wurde
festgestellt, ich wurde aufgefordert als erster zu starten, zu
meiner größten Verwunderung kam ich ganz gut durch. Am meisten
überrascht war ich dann, als ich am Abend mit meinem Handicap 64
auch noch die Silbermedaille von diesem Rennen bekam. Ich habe
gleich selbst, als mein Name verlesen wurde, Schiebung geschrien.
Der Schischullehrer von Lech, Walch, bei den übrigens Androsch
immer wohnt, und der Rennleiter erklärten mir aber ausdrücklich, daß
tatsächlich alles rechtens zugegangen ist.

In Lech besichtigten wir insbes. das örtliche Reservierungssystem.
Der Fremdenverkehrsdirektor Schwärzler bedankte sich bei mir, weil
die dafür entsprechende Starthilfe bekommen haben. Überrascht war
ich schon zu erfahren, daß von 8 Mio. Nächtigungen, wie der Fremden-
verkehrsdirektor von Vorarlberg, Baier, erklärte, 97 % 1974 Ausländer
waren und jetzt erst 1980 diese Quote auf 93 % sich senkte. Nur
7 % Inländer haben am Vorarlberger Fremdenverkehr teilgenommen.

Neu wurde von Baier den Journalisten mitgeteilt, daß jetzt die
Montafon-Studie eine Belastbarkeitsgrenze festgelegt hat. Wenn man
nämlich alle Wünsche der Montafoner Gemeinden verwirklichen würde,
gäbe es 340 Aufstiegsmöglichkeiten mehr, 16.000 Bettenkapazitäten
müßten geschaffen werden und 4.000 bis 5.000 Arbeiter wären dazu
notwendig. Da man Gastarbeiter in Vorarlberg nicht mehr bekommt,
ist rein an diesem Punkt schon die Unmöglichkeit der Gemeindewün-
sche demonstriert, noch ärger ist aber, daß man im Montafon eine


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zusätzliche vierspurige Straße bauen müßte, um die Gäste ab- und
antransportieren zu können. Aus diesem Grund wurden die Wünsche der
Montafoner Gemeinden in dieser Studie auf ein 1/4 reduziert. Erst-
mals wurde auch ein örtlicher Fonds geschaffen, damit man gewissen
Gemeinden, die jetzt benachteiligt sind und die keinesfalls so aus-
gebaut werden könnten, als sie es wünschen, eine gewisse finanzielle
Entschädigung gibt. Den Betrag hat er nicht gesagt, es handelt sich
um die Gemeinden Silberberg und Bartholomä.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Versuch, nachdem heuer erstmals gezahlt wurde,
den Betrag herauszubekommen.

Das Pressegespräch mit LR Rümmele, dem Bgm. von Lech, Schneider, u.
mir verlief wie erwartet. Da ich das erste Wort habe und damit, wie
man so schön sagt, das Sagen, konnten Rümmele und auch Schneider ge-
rade noch ergänzen. Ich spielte ganz auf optimistisch, mit der heu-
rigen FV-Saison sind ja alle zufrieden gewesen, wir werden bald
eine 5%ige Steigerung erreichen, für das nächste Jahr prognostizier-
te ich frech 2–3 % plus, allerdings verwies ich auf die schwierige
wirtschaftl. Lage in Europa, außerdem machte ich den Hinweis, wenn
die Übernachtungsziffern und damit mehr Fremde immer stärker nach
Österreich kommen, dann einmal der Zeitpunkt eintreten würde, wo
halb Europa in Österreich Urlaub macht. Natürlich hat es dann in
der sehr langen Diskussion nur Fragen an den Minister gegeben.

Das wirkliche Problem für die nächstjährige Tourismussaison besteht,
ob alle Fremdenverkehrsverantwortlichen und die Hoteliers und Gast-
stätten recht haben und durch den späten Osterbeginn Ende April
die Schisaison zu lange dauert, weshalb sozusagen ein Vorosterloch
im April, vielleicht sogar schon Ende März entstehen wird. Ich rechne
dagegen, daß trotz der späten Ostern die Wintersaison bis dorthin
anhält, vorausgesetzt natürlich, daß entsprechend Schnee vorhanden
ist. Sollte dies zutreffen, dann wird es eine ganz gute Wintersaison
80/81 geben. Derzeit z.B. war, trotzdem die Schneeverhältnisse nicht
allzu gut waren, eine gute Auslastung im Arlberggebiet festzustellen.
Für die erste Wedelwoche kam der Schnee zu spät, für die zweite
wurde dann durch starken Schneefall die Flexenstraße gesperrt,
Zürs und Lech waren wieder einmal nicht erreichbar. Die Folge davon
war, daß 5.000 Gäste von Landeck bis Bludenz untergebracht werden
mußten. Die Lecher erzählten, für diese eine Nacht hätte man Übernächtigungsgebühren für eine ganze Woche verlangt. Ich ging diesem


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Gerücht nach, genaue Beweise konnten nicht erbracht werden. Der
Fremdenverkehrsdirektor von Lech wird alles genau prüfen und mir
Bescheid sagen. Bei meinem zweiten Besuch dann ich St. Anton, nach
Abschluß der Pressefahrt, auf dem Heimweg, fragte ich dann die
Tiroler, das Hotel Schwarzer Adler, wo dies konkret verlangt worden
sein soll, bestreitet es ganz entschieden. Der Portier hat nur ge-
sagt, er kann die 2 Zweitbett-Zimmer nur dann zur Verfügung stellen,
wenn ein gemeldeter Gast nicht kommt. Man müsse daher bis 8.00 Uhr
Abend warten, da dieser Gast ja die ganze Woche gebucht hat. Aus
diesem kleinen Vorfall sieht man die noch immer sehr gespannten
Verhältnisse zw. Lech und St. Anton, alles wird aufgebauscht, jedem
wird vorgeworfen, er möchte auf Kosten der anderen profitieren.

Frau Schneider aus Lech erzählte mir, sie stellt immer wieder fest,
daß österr. Industrie die gewünschten Bedarfsartikel nicht liefern
kann. U.a. will sie für ihre Seife kleine Plastik-Seifen-Behälter,
obwohl sie selbst 10.000 Stück bestellt, sicher ist, daß es viele
andere Hotels gibt, die dies auch gerne kaufen würden, ist niemand
in Österreich bereit, dies zu erzeugen. Ähnlich verhält es sich
mit kleinen Marmeladegläsern, die der Gast anstelle der plastik-
abgepackten Marmeladefrühstücksportionen bekommen sollte. Selbst
in Lech hat die Vorarlberger Textilindustrie keine Lieferung von
Wäsche vorgesehen, diese wird, wie man so schön sagt, in Inneröster-
reich gekauft. Teilweise kommt es hier sogar zu Importen aus Italien.
Kleiderbügel, die sie einheitlich für ihr Hotel anschafft und die
auch in 100 Stücke gehen, konnten ebenfalls nicht von einer österr.
Industriefirma geliefert werden.

ANMERKUNG FÜR SC MARSCH UND HAFFNER: Man müßte eine Bestell- u.
Verkaufsvermittlung einrichten.

Der Präs. von Festspiel Bregenz, Prof. Bär, kam extra nach Lech ge-
fahren, um bei mir wegen einer höheren Subvention zu intervenieren.
Die Festspiele haben jetzt 80.000 Besucher, 80 % davon Ausländer,
von denen 70 % wegen der Festspiele nach Bregenz kommen und 30 %,
da sie in Bregenz und Umgebung Urlaub machen, auch zusätzlich die
Festspiele besuchen. Nur 8 % kommen aus Innerösterreich, wie es so
schön heißt. Durch das neue Festspielhaus wurden anstelle der 700
Plätze im ... 1.800 Plätze geschaffen. Die Plätze am See mit 4.500
blieben gleich. Bär hatte für 1979 vergessen oder aus irgendwelchen
anderen Gründen keine Subvention beantragt, für 1980 soll er jetzt


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200.000 S bekommen, dies ist ihm zu wenig. Ich ersuchte ihn, er
sollte mir schriftlich mitteilen, wieviel er durch die größere
Platzanzahl mehr Leute mit konkreten Propagandamaterial ansprechen
muß. Wenn er tatsächlich eine größere Werbung betreibt, dann könnte
ich mir vorstellen, daß wir ihm eine höhere Subvention geben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nach Einlangen des Briefes bitte prüfen
lassen.

LR Rümmele urgierte bei mir den Aufsuchungsgenehmigungsvertrag
für eine Bodenseeseismik. Bis 17. Dezember müßte die Bezirkshaupt-
mannschaft einen diesbezügl. Bescheid erlassen, Voraussetzung dafür
ist, daß ihm die Oberste Bergbehörde die bergbehördl. Genehmigung
für diese Seismikuntersuchungen am Bodensee gibt. Rümmele ist sich
allerdings vollkommen klar, daß im Bodensee sozusagen offshore
nicht gebohrt werden kann. Sollte sich dort herausstellen, daß tat-
sächlich eine entsprechende Möglichkeit von Öl- od. Gasgewinnung wäre,
dann würde Vorarlberg sozusagen vom Ufer her eine Schrägbohrung
versuchen. Auch dies kann ich mir nur sehr schwer vorstellen, doch
sollte es nicht an uns liegen, daß diese Seismik durchgeführt
wird.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte alles sofort veranlassen.

Zusammenfassend darf ich feststellen, daß wir von der ÖFVW die
westlichen Bundesländer mit Pressefahrt zu sehr bevorzugen. Ich
habe Hofbauer mit aller Deutlichkeit klargemacht, daß jetzt unsere
Aktivitäten nach OÖ, NÖ und Burgenland und ev. die Steiermark
drankommen müssen.

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Tagesprogramm, 12.-14.12.1980

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hs. Notiz (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Finanzminister
GND ID: 118503049


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    Tätigkeit: Landes-FV-Dir. Vbg.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Vorsteher Fachgruppe Reisebüros Sektion FV HK Vbg.


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: MR HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Hotel Arlberg, Lech am Arlberg


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Büro des Bundesministers


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Verkehrs-LR Vbg., ÖVP


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Beamter HM


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                  Tätigkeit: Skirennläufer aus Lech am Arlberg


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Bgm. Lech am Arlberg (ÖVP)


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                      Tätigkeit: Skischullehrer Lech am Arlberg


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                        Tätigkeit: Skirennläufer


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                          Tätigkeit: Präs. Bregenzer Festspiele


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                            Tätigkeit: Pressechef ÖFVW


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