Dienstag, 11. November 1980
Beim Jour fixe mit der HK regte sich Präs. Sallinger wegen der Führung
des Staatswappens an die Fa. Fach furchtbar auf. Diese Reinigungsfirma
aus dem 16. Bezirk ist nach Meinung der Sektion und der Wiener Kammer
keine führende in der Branche, im Gegenteil, die größte in Wien ist
Assanierung. Während die Fa. Fach letzten Endes im Handelskammerpräsidium
wegen der Intervention des Präsidenten des Freien Wirtschaftsverbandes
Mühlbacher für sein Mitglied doch die Zustimmung bekommen hat, lehnt
die AK bei Assanierung, da kein Betriebsrat gewählt wird, die Zustimmung
ab. Dreimal hat der Unternehmer selbst veranlaßt, daß die Leute einen
Betriebsrat wählen sollen und niemals kam es dazu. Jetzt bekommt Fach
das Staatswappen und man erklärt, die Sozi können sich durchsetzen, nur
Sallinger und Gen.Sekr. Kehrer sind dies nicht imstande. Sogar der Obmann
des Wiener Gewerbes Neusser hat interveniert. Sallinger hat sofort mit
Zöllner telefoniert, ihm seine Situation geschildert und Zöllner hat
dann im Laufe des Tages mich verständigt, daß die AK auch für Assanie-
rung zustimmt. Ich versprach auch, die noch offenen Fragen, u.a. Fa.
Hammerer, mit Zöllner zu besprechen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Zöllner soll die Einzelfälle jetzt endlich er-
ledigen.
Für Dienstleistungen muß jetzt auch eine Preisauszeichnung erfolgen.
Die HK erinnert mich, daß vereinbart wurde, bis zum 31.6.1981 müssen
erst die Musterpreisverzeichnisse vorliegen und dann wird endgültig
genau kontrolliert. Für einige Branchen gibt es bereits solche Ver-
zeichnisse. Dort kann auch ohne weiteres die Kontrolle nach einigen
Monaten Umstellung einsetzen. Ich bin auch der Meinung, daß wir diese
Vereinbarung jetzt nicht durch vorzeitige Kontrollen stören sollen.
ANMERKUNG FÜR JAGODA: Bitte mit den Preisbehörden der Länder entspre-
chende Gespräche führen.
Bezüglich des Pro-Zwentendorf-Volksbegehrens ist die HK genauso froh
wie ich, daß wir dieses durchgebracht haben. Es stellte sich dann im
Laufe des Tages sogar heraus, daß nicht nur über 200.000, sondern 420.000
Unterschriften vorliegen. Die HK versucht innerhalb der ÖVP abzugren-
zen, daß es bei den bisherigen Forderungen zur Inbetriebnahme bleibt.
Da ist primär die Frage der Müllagerung, der Betriebssicherheit, insbe-
sondere die Emissionen, und der Alarmpläne. Gen.Sekr. Kehrer fürchtet,
daß jetzt neben der Erdbebensicherheit, welches immer wieder von den
Atomgegnern gesagt wird, noch Hochwasserschutz neuerlich von den Gegnern
debattiert wird. Es besteht die Gefahr, daß die ÖVP alle diese zusätz-
lichen Forderungen ebenfalls wieder aufnimmt. Wir einigen uns daher,
die entsprechenden gemeinsamen Schritte dann im Parlament zu unterneh-
men, damit dort die Debatte einigermaßen abgegrenzt wird und nicht un-
erfüllbare Forderungen gestellt werden.
Am 28.11. um 10.30 ist in der Bundeshandelskammer die Angelobung von
Präs. Sallinger. Ich werde so wie immer dort erscheinen, ohne daß ich
eine formelle schriftliche Einladung bekomme. Sallinger möchte hier un-
bedingt sein Prestige und scheinbar seine Zusage gegenüber den eigenen
Parteimitgliedern halten, daß kein Handelsminister jemals in die Kammer
eingeladen wurde und daher auch ich nicht eine offizielle Einladung
bekomme.
ANMERKUNG FÜR MARTIN: Angeblich ist Münzner an diesem Tag bei mir.
Neuerdings bringe ich das Problem der 5 Wochen Urlaub zur Sprache. Ich
glaube, daß die HK jetzt durch Jahre hindurch traktiert werden muß,
um letzten Endes nicht generell abzulehnen, sondern als Gegenforderung
eben die Beseitigung der Donnerstagfeiertage zu verlangen. Die selbe
Diskussion führte ich dann noch beim Mittagessen für Honecker mit
Sozialminister Dallinger, Sallinger, dem neuen Präsidenten der Industri-
ellenvereinigung Dr. Beurle. Sie war sehr hart, da Sallinger und auch
Beurle glauben, die Gewerkschaft meint es nicht so ernst und Dallinger
sei hier nur vorgeprellt und wird darauf verzichten. Dieser denkt aber
gar nicht daran, sondern hat mir nachher neuerdings versichert, 1983
dies durchzuziehen. Selbstverständlich wäre er mit der Abschaffung der
Donnerstagfeiertage sehr einverstanden. Die Schwierigkeiten, die Sallin-
ger mit der katholischen Kirche sieht, können stimmen, doch muß er sich
halt mehr darum bemühen.
In der Ministerratsvorbesprechung hat Kreisky mitgeteilt, daß die
Sowjetunion jetzt für den tschechischen Burgtheater-Schauspieler mit
einem regulären österreichischen Paß, dem zuerst das Visum verweigert
wurde, dann als Sinowatz erklärte, er fährt dann nicht und die Burg-
theater-Aufführung wird abgesagt, gestern doch gegeben hat und heute we-
gen angeblicher Überschreitung der Kompetenz der österreichischen Bot-
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schaft wieder zurückgezogen hat. Sinowatz sagt daher seine Reise ab,
die Burgtheateraufführung wird wahrscheinlich nicht zustande kommen.
Sinowatz ist aber nicht in den Ministerrat gekommen, weil ansonsten bei
dem anschließenden Gespräch im Pressefoyer er diesbezüglich hätte ge-
fragt werden können. Bis jetzt hat dies noch immer nicht die Öffentlich-
keit erfahren und man hofft, daß die Sowjets doch einlenken.
Lanc kann über die endgültigen Ziffern des Volksbegehrens noch nichts
sagen, da erst 28 % der abgegebenen Stimmen genau ausgezählt sind.
Davon sind 13,2 %, 196.000, pro und 3,2 Schmitz-Begehren kontra. Zentral-
sekretär Blecha kann da wirklich mit 362.000 geben 106.000 mit besseren
Informationen aufwarten. Wieder einmal typisch zeigt sich, daß die
Bürokratie, sprich hier Wahlbehörde zwar exakt arbeitet, dafür aber
sehr spät kommt. Kreisky ist mit diesem Ergebnis, wie er sagt, sehr zu-
frieden und beschwert sich zurecht bei Blecha, daß im Morgenjournal
gesagt wurde, beide sind mehr oder minder danebengegangen. Dies ist
eindeutig gegen die objektive Berichterstattungspflicht des ORF.
Von Honecker informiert er den Ministerrat, daß wegen der DDR-Einreise-
beschränkungen durch Erhöhung des Taggeldes die Schwarzmarkt verbillig-
te Reise eben bekämpft werden soll. Es handelt sich also nicht um ein
politisches Problem, sondern nur um die Frage, wie man abstellen kann,
daß Westdeutsche durch Umtausch in Westdeutschland mit billiger Ostmark
dann in der der DDR monatelang leben. Wenn die BRD in der Bundesrepu-
blik den Schwarzhandel stoppen kann, dann ist alles in Ordnung. Die
Grenzpolizei kann nur gewisse Kontrollen durchführen, denn ansonsten
der Grenzverkehr überhaupt zusammenbrechen würde. Ein zweiter offener
Punkt war, daß die deutsch-deutschen Verhandlungen ergeben haben, daß
die Sichtbarmachung der Grenze erfolgen müßte und in Niedersachsen hat
Albrecht jetzt erklärt, die Elbgrenze wird so nicht gekennzeichnet.
Hier liegt ein glatter Bruch einer Vereinbarung vor. Drittens waren im
Wahlkampf großdeutsche Töne zu hören, selbst Bundeskanzler Schmidt
hätte davon gesprochen, er muß auch für die 17 Mio in der DDR reden,
teilweise wurde sogar von den 17 Mio. Geiseln gesprochen. Die Führung
der DDR hat immer dazu geschwiegen, weil sie in den Wahlkampf nicht
eingreifen wollten, jetzt aber können sie diese Behauptungen nicht auf
sich beruhen lassen. Schmidt und Honecker haben eine direkte Telefon-
verbindung, doch ist diese scheinbar jetzt fast lahmgelegt. Bezüglich
Polen ist Honecker der Meinung, man muß sie mit den Partnern in Polen
allein verhandeln lassen, niemand sollte eingreifen und intervenieren.
Die DDR hat Polen für 500 Mio. DM, und zwar in Westdevisen, frei zur Ver-
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fügung gestellt. Dr. Mittag hat mir dann beim Abendessen erklärt, die
Hälfte davon waren tatsächlich freie Devisen, die andere Hälfte waren
Lebensmittellieferungen. Kreisky erwähnte auch, daß Mittag und Beil
Gesprächspartner von mir waren und daß ich diese seit Jahren maximal
nütze. Die VÖEST-Alpine kann jetzt das Stahlwerk bekommen, Kreisky
bezifferte es sogar mit 17 Mrd. S. Diese betreibt jetzt durch Intertra-
ding schwungvollen Handel, verkauft nicht nur Handtücher an den Be-
triebsrat, was mir, wie mir Kreisky erzählte, große Schwierigkeiten in
der Bundeshandelskammer gebracht hat, sondern jetzt auch Anzüge aus
der DDR in Amerika.
Kreisky charakterisiert die neue Führung der DDR als verläßliche
deutsche Kommunisten, die bereits in der Zwischenkriegszeit alle aus
dem deutschen kommunistischen Jugendverband gekommen sind. Österreich
hat durch seine Theorie, ein Staat ist nicht ohne Bürger, weshalb es
die DDR als Staat gibt und selbstverständlich auch die DDR-Staatsbürger
und Staatstheorie anerkannt wird, sich in der Vergangenheit richtig ver-
halten, was jetzt umso stärker von der DDR anerkannt wird.
Ich informierte Androsch und den Ministerrat, daß für dieses große
Geschäft jetzt Zollermäßigungen oder Freistellung bei Heizöl, Kränen und
Gebrauchskeramik gegeben werden sollen. Androsch ist im Prinzip einver-
standen. Die Gespräche, die anschließend von SC Meisl und SC Manhart im
Finanzministerium geführt werden, zeigen deutlich, daß Androsch keine
generelle Zollermäßigung geben will, sondern auf den Einzelgenehmi-
gungen durch das Handelsministerium, Bestätigung der nicht bedarfsdecken-
den Produktion oder keiner Inlandsproduktion beharrt. Bei Heizöl ist
der Anteil der DDR 16,6 % der Importe, bei Kränen 7,6 %. In Österreich
produzieren zu meiner größten Überraschung 15 Firmen Kräne, bei Haus-
haltskeramik werden sogar 23 % Anteil. Diese letzte Position halte ich
für unmöglich durchzusetzen. Staatssekretär Beil schlägt daher über sei-
nen Österreichreferenten mir dann im Laufe des Tages elektrische Haus-
haltsgeräte einschließlich Fernsehen oder Sport und Campingartikel
oder Haushaltswaren als Ersatz für Porzellan vor. Ich erkläre sofort,
wir müßten dies erst intern prüfen und mit dem Finanzministerium be-
sprechen.
ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte die Verhandlungen mit der Bundes-
kammer, Finanzministerium aufnehmen, ob nicht doch eine generelle und
nicht individuelle Zollbefreiung möglich ist.
In der Ministerratsvorbesprechung kommt auch der Wunsch der ÖVP für
das Vogelsangheim zusätzliche Gelder zu bekommen zur Debatte. Klub-
obmann Fischer ist nicht anwesend. Dieser erwartet, wie Broda berich-
tet, einen Initiativantrag der ÖVP und der Freiheitlichen, daß der
Klubzuschuß erhöht werden soll. Kreisky spricht sich dagegen aus, weil
er meint, wir werden von den Oppositionsparteien jetzt sehr unfair be-
handelt, die SPÖ ist korrupt, nimmt AKH-Gelder, weshalb er sich dage-
gen ausspricht, daß sich die SPÖ-Klubfraktion den Initiativanträgen
der Oppositionsparteien wegen Klubzuschußerhöhung anschließen sollte.
Im Parlament hat der Initiativantrag wegen der Mandatsbezügeerhöhung
und Besteuerung dazu geführt, daß eigentlich die Abgeordneten auf Ko-
sten der Regierung gut abschneiden.
Zur Sprache kommt auch, daß die Raffinerie in Mauretanien, welche
unter Federführung der VÖEST-Alpine gebaut wird, nicht das notwendige
Öl jetzt für die Produktion zur Verfügung hat. Kreisky meint, es wäre
zweckmäßig, wenn man mit der OPEC über dieses Problem Gespräche auf-
nimmt.
ANMERKUNG FÜR MARSCH, MEISL UND HAFFNER: Bitte eine Zusammenstellung
mir liefern und darüber dann ein Gespräch führen.
Prof. Zinn aus Polen, der das Schloß Hof renovieren wird, möchte nicht
eine Auftragsbestätigung vom Bautenminister, sondern nur den Auftrag,
der er einen Vorschlag für das Projekt erstatten soll.
Landwirtschaftsminister Haiden berichtet, daß neben der Zentralmolkerei
in Linz, wo 12 Mio. S dem Milchfonds unrecht entzogen wurden, jetzt auch
die Privatkäserei Rupp in Bregenz 11,3 Mio unrecht bezogen hat. Dar-
über hinaus wurde Schmelzkäse exportiert und ein höherer Rohwareneinsatz
verrechnet. Außerdem wurden Hartkäsestützungen für Exporte von 60 Mio.
S verlangt, die ebenfalls nicht gerechtfertigt sind. Haiden wird die
Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten. Kreisky meint mit Recht,
daß wir ständig attackiert werden und die Oppositionsparteien, die ja
letzten Endes teilweise für diese Zustände auf dem Agrarsektor mitver-
antwortlich sind, ungeschoren davon kommen. Er erwägt, ob nicht eine
dringliche Anfrage an Haiden vom Parlamentsklub der SPÖ erfolgen sollte.
Sekanina berichtet, daß nachmittags bei der Regierungsaussprache wegen
Ternitz die Frage wegen der Schnellstraße S6 Semmering sicherlich kommt.
Er würde für den Halbausbau 16,6 km in Niederösterreich, 39,8 km
in der Steiermark, 3,8 Mrd. S brauchen. Im Bau und teilweise fertig wird
die ganze Summe 5,3 Mrd. S ausmachen. Dieses Geld hat er nicht. Kreisky
meint, das sei aber eine politische Entscheidung, denn im 70-er Wahl-
versprechen hieß es, daß diese Straße gebaut wird, dann hat man den
Arlbergtunnel, die Tauernautobahn, also sozusagen überall anders gebaut,
nur nicht dort, wo er seinerzeit erklärt hat, es ist dringendst notwen-
dig. Sekanina bemerkt noch, daß die Mineralölsteuereingänge erstmalig
im September deutlich zurückgegangen sind, keinesfalls gibt es die
budgetär vorgesehenen 7,7 %-igen Verbrauchszuwachs. Trotz der Mineral-
ölsteuererhöhung mit 1.7.80 um 30 Groschen, wodurch er 12,3 Mrd. S
bis Jahresende bekommen sollte, sind nur bis September 8 Mrd. eingegan-
gen, die geplanten Verbrauchszuwächse kann er nicht feststellen. Dazu
kommt, daß in immer stärkeren Maße die Erhaltung das Geld braucht, der-
zeit kann er noch 62 % von den Einnahmen für Neubau verwenden, ab 84
werden es nur mehr 40 % sein. Sekanina nützt also jede Gelegenheit, um
den Ministerrat aufmerksam zu machen, daß er keinerlei Geld hat.
Androsch rührt sich nicht, weil er ihm auch keines geben kann, Kreisky
wieder meint, Wahlversprechen, die er insbesondere gegeben hat, müßten
eingehalten werden. Das Ganze ist eine sehr verzwickte Situation.
Dohnal wird von Kreisky gefragt, wie dies mit der Kinderhilfsaktion der
Caritas ist. Prälat Ungar war imstande, jetzt alle Kräfte zu mobili-
sieren und große Beträge bereitzustellen. Staatssekretär Dohnal muß
nun prüfen, ob tatsächlich alle diese Projekte jetzt neu sind, die die
Caritas für den Fonds Kinder der Dritten Welt einbringt, weil ja die
Zusage vorliegt, daß die Regierung verdoppeln wird. Dohnal hat deshalb
auch 70 Mio. S verlangt, die Budgetabteilung erklärt sich außerstande,
bis jetzt war es üblich, daß nur die abgerechneten Projekte durch Ver-
doppelung des Staatszuschusses verlangt wurden. Kreisky befürchtet, daß
die sonst sehr aktive und allgemein anerkannte Caritas durch ihre Groß-
aktionen eine noch bedeutendere Staatsbelastung auslösen wird. Der
Finanzminister hat auch hier nicht dazu Stellung genommen. Generell
ist die Entwicklungshilfe im BKA besser dotiert als im Vorjahr, die
großen Zusagen aber würden noch wesentlich größere Mittel erforderlich
machen.
Im Ministerrat hat zum Kulturabkommen mit Norwegen Androsch bemerkt,
daß nur im Rahmen der budgetären Deckung des Unterrichts- und Wissen-
schaftsministeriums eine finanzielle Möglichkeit besteht.
Beim Energiebericht der Bundesregierung meinte Kreisky, ich sollte
den unbedingt im Pressefrühstück vorstellen.
ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte dies zu überlegen.
Androsch hat dann in einem Bericht die neuen Kfz-Typenempfehlungen im
Bundesbereich eingebracht. Kreisky meinte, man sollte prüfen, ob nicht
für den Stadtbereich kleinere Wagen infrage kämen. Er meint allerdings
dann auch richtig, daß würde ein 2-Wagensystem in den Ministerien be-
deuten, für Überland größere, im Stadtbereich kleinere, wegen Benzin-
ersparnis. Dieser Vorschlag ist meiner Meinung nach dann möglich,
wenn in einem Ministerium mehrere Autos für diese Teilung zur Verfü-
gung stehen. Ansonsten käme es nämlich zu einer Vermehrung der Autos,
optisch noch schlechter als der jetzige Zustand.
In der Fraktion des Unterausschusses für das Energiesicherungsgesetz
berichteten wir über die gelieferten Unterlagen und insbesondere die
Ergänzungen Fernwärme. Hier meinte ÖGB-Sekretär Schmidt, daß er nicht
verstehen kann, daß die Pöchlarner Glasfabrik, eine CA-Firma, jetzt
mit Shell einen Abwärmevertrag abgeschlossen hat und Elan, sozusagen der
verstaatlichte ÖMV-Betrieb, nicht zum Zug kam. Ich verwies darauf, daß
auch die STEWEAG in Graz Süd jetzt ohne Subvention die Fernwärme nützt,
daß Voitsberg III ebenfalls von der STEWEAG gebaut wird. Das einzige
Projekt, das die ÖMV bis jetzt in Angriff genommen hat, ist Flughafen
Schwechat.
Im Unterausschuß wurde dann lang und breit über die gelieferten Unter-
lagen diskutiert und von Dr. Zluwa dargelegt. Da ich zur Vereinbarung
Honecker gehen mußte, hat mir Heindl dann abends im Präsidium berichtet,
daß es ihm gelungen ist, einige Grundsatzarbeiten über die verfassungs-
rechtlich und organisatorisch zweckmäßige Gestaltung der Energie-
sicherung durchzusetzen. Die ÖVP wollte schieben und hat, wie mir
Heindl sagte, vorgeschlagen, erst im nächsten Jahr wieder eine Unter-
ausschußsitzung einzuberufen. Heindl hat aber darauf bestanden, daß
mindestens im Dezember noch eine Sitzung stattfindet.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte, über die Begutachtung möchte ich De-
tailgespräche führen.
Das Gespräch mit Honecker bei Kirchschläger unterscheidet sich grund-
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sätzlich in der Art von dem mit Kreisky. Kreisky hat die Gewohnheit
vorher mit dem Gast allein unter 4 Augen zu reden. Dort versucht er
sicherlich erstens für sich Informationen zu bekommen und zweitens aber
dem Gast seine Außenpolitik aufgrund der Informationen, die er von ande-
ren hat, in dem Fall sicherlich vom Bundeskanzler Schmidt, klarzumachen
oder zumindestens näher zubringen. Der Bundespräsident dagegen hand-
habt es so, daß er dem Ausländer sofort in der großen Sitzung das Wort
erteilt. Honecker berichtete dann natürlich über die Entspannungsfrage
und insbesondere, daß seit Mai 78 der NATO-Langzeitrüstungsbeschluß,
jetzt der Brüsseler Raketenbeschluß und die neue Nuklearstrategie das
Entscheidendste sei. Die Rüstungsausgaben sind um 80 % gestiegen und
machen jetzt im letzten Jahrfünft 1600 Mrd. $ aus. Allein 7 Mrd. $ wur-
den in Europa ausgegeben. Die Sowjetunion hat 20.000 Mann und 1.000
Panzer aus der DDR abgezogen. Der Westen hat darauf nicht reagiert.
Jetzt wird die Sowjetunion wieder 20.000 abziehen, wenn die Amerikaner
13.000 Mann abziehen würden, auch auf dieses neue Abrüstungsangebot
ist die NATO nicht eingegangen. Immer wieder kam bei allen Aussprachen
das Problem der Angst vor einem neuen, wenn auch nur begrenzten Atom-
krieg zur Sprache. Kirchschläger meinte dann mit Recht, wenn Honecker
dieses Problem bei NATO-Staaten vortragen könnte, die NATO-Staaten ande-
rerseits im Warschauer-Pakt-System genau derselben Aufrichtigkeit ihre
Probleme referieren könnten, dann würde das gegenseitige Mißtrauen
vielleicht abgebaut werden.
Über die Ökonomie meinte Honecker nur, er ist sehr zufrieden und stellte
auch fest, daß Klein- und Mittelbetriebe jetzt in unseren Handelsverkehr
stärker eingezogen werden. Er erwähnte auch neuerdings die Anregung
Kreiskys, die Tourismusaktivitäten zu verstärken, daß jetzt der Jugend-
tourismus gefördert werden soll. Honecker war vom Staatsbesuch im
Parlament sehr beeindruckt. Dort hat er festgestellt, daß alle Parteien
die Neutralität und die Außenpolitik der Beziehungen Österreich zur
DDR gleich behandeln.
Die deutsch-deutschen Beziehungen sind stets auf Mißverständnissen auf-
gebaut. Es existieren eben nämlich beide deutsche Staaten. Es müßte
die Entspannungspolitik fortgesetzt werden, damit vom deutschen Boden
niemals mehr ein Krieg ausgehen kann. Schmidt meint, er hat mit Gromyko
4 Stunden verhandelt und glaubt die richtige Einstellung der Sowjet-
union zu kennen. Er, Honecker, hat mit Breschnew wochenlang verhandelt,
und weiß daher, daß wenn es nicht zu dem SALT-II-Abkommen kommt, wenn
sogar der Raketenbeschluß mit europäischen strategischen Raketen durch
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durchgeführt wird, die Welt anders aussehen wird. Die DDR ist nach
wie vor Dialogbereit. In ihrem 5-Jahresplan werden sie jetzt mächte
Fortschritte programmieren, Bruttonationalprodukt 4–5 %, Industrie-
produktion 5 – 5 1/2 %, Arbeitsproduktivität 5 %, Einzelhandelsumsatz-
steigerung 4 %, Geldeinkommenssteigerung 4 %, Angestellte und Arbeiter
5 % Lohnerhöhung. Der Leistungslohn soll gefördert werden, derzeit
sind 400 Mark Minimum, 900 bis 1.000 Mark Durchschnittsverdienst. Die
Pensionen wurden 3 mal erhöht.
Kirchschläger meinte, es gelte das Mißtrauen zwischen NATO und War-
schauer Pakt abzubauen. Jene haben ein Mißtrauen gegen SS 20, wo schon
entsprechende Raketen vorhanden sind. Kirchschläger kam dann auf den
Transfer nichtkommerzieller Leistungen wie Hausverkauf, Alimente usw.
zu sprechen und meint, es müßte jetzt bald ein Vermögensvertrag abge-
schlossen werden. Ergreifend für mich war, mit welcher Intensität
sich Kirchschläger für die Romanfälle in jedem einzelnen Fall einsetzt,
sodaß Honecker ja gar keine andere Möglichkeit hat, als diese weitest-
gehend zu erfüllen.
Die Unterzeichnung der Verträge gab dann durch Anwesenheit Kirchschlä-
gers und Honeckers in dem Spiegelsaal der Hofburg einen sehr feierlichen
Rahmen. Ich habe allerdings Mittag und Beil nicht im Unklaren gelassen,
daß diese Verträge ja für unseren Handelsverkehr nicht die erste Pri-
orität haben. Entscheidend sind und bleiben die beabsichtigten Kontrakte
und Liefermöglichkeiten.
In der Präsidiumssitzung auf der Landstraße, wo ich nur kurze Zeit an-
wesend sein konnte, wurden viele Details besprochen und auch beschlossen.
Interessant für mich war, daß die Freiheitlichen, drei Bezirksräte
unter Führung des sehr loyalen Fiala, vom Bezirksvorsteher resp. von
der sozialistischen Fraktion ein Zimmerl haben möchten, wo sie gegebenen-
falls einen kleinen Parteienverkehr abhalten können. Schon allein für
dieses Zugeständnis wäre Fiala bereit, stets mit der SPÖ zu stimmen.
Mein Vorschlag war, ihnen nicht offiziell ein Zimmer zu geben, der
Bezirksvorsteherstellvertreter Schmid soll aber großzügig einen Vor-
raum, den er hat sozusagen als Privatperson dem Fiala zur Verfügung
stellen. Die Klubdisziplin in der SPÖ ist so stark, daß alle der FPÖ
gerne helfen wollen, insbesondere dem Fiala, vorher aber erst mit dem
Klubobmann vom Landtag, Hofmann, sprechen wollen. Selbstverständlich war
ich auch damit einverstanden.
Der heutige Tag stand eindeutig im Zeichen des DDR-Besuches. Die
Atmosphäre, wie Honecker, aber vor allem Mittag und Beil mir immer
wieder versicherten, ist ausgezeichnet. Die DDR wird daher Österreich
nach wie vor gegenüber Deutschland insbesondere in allen Lieferungen
sehr bevorzugen.
Tagesprogramm, 11.11.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 63. Ministerratssitzung, 11.11.1980
Nachtrag TO 63. Ministerratssitzung, 11.11.1980
hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)