Mittwoch, der 5. November 1980

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Mittwoch, 5. November 1980

Beim chinesischen Außenhandelsminister Li Qiang versuchte ich sofort
die Schwerpunkte herauszustreichen. VÖEST-Alpine braucht dringend eine
Niederlassung in Peking. Die Chinesen stehen einer solchen Idee posi-
tiv gegenüber, begrüßen sie, erklären aber gleichzeitig, daß sie leider
keinen Platz haben. Sie wollten ein Trade Center bauen, der 5. Nationale
Volkskongreß hat es aber gestrichen. Mein Vorschlag war sofort, dann
sollte man ihnen die Lizenz geben, damit sie im Hotel eine solche Stelle
errichten können. Ein weiterer wichtiger Punkt war, daß unbedingt die
Edelstahlindustrie wieder liefern kann. GD Bayer, den ich beim Mittag-
essen dann getroffen habe, erzählte mir, daß ein Drittel ihrer Schnell-
stahlproduktion in den Export nach China gehen. Heuer wurde nicht eine
Tonne bestellt. Ich habe bei jeder Gelegenheit immer wieder den Mini-
ster darauf angesprochen. Bayer sagte, ich sei sein bester Vertreter.
Als Gag meinte er vor Apfalter, ich sollte ihm die Liechtensteiner
Konten mitteilen, damit er meine Provision überweisen kann. Tatsächlich
hat dann der chinesische Außenhandelsminister bei seiner Mittagsanspra-
che darauf verwiesen, seine Zunge ist mein bester Vertreter in Peking,
das heißt, er wird sich dafür einsetzen. Helfen, fürchte ich, wird es
nicht sehr viel, denn die Firmen haben sich große Lager angelegt und
jetzt eben im neuen System müssen sie nicht nur sparen, sondern auch
diese überhöhten Lager abbauen. Erst im nächsten Jahr oder in zwei
Jahren wird es zu weiteren Bestellungen kommen. Selbstverständlich
wurden den Chinesen dann bei der offiziellen Sitzung von mir entspre-
chende Memoranden überreicht und vor allem die Traditionslisten der
Lieferwünsche und Liefermöglichkeiten der österreichischen Exporteure,
der Kooperationswünsche der österreichischen Firmen, in Wirklichkeit
auch nichts anderes als wie Anlagelieferungen, und vor allem auch eine
Liste der Waren, die wir gerne aus China importieren möchten. Die Chi-
nesen haben wieder einmal ein ganz neues System. Alles wird dezentra-
lisiert, die Firmen können selbst exportieren und auch importieren. Ob
tatsächlich eine Änderung eintreten wird, weiß niemand, eines steht
nur fest, daß sie ihre Wirtschaft wieder einmal gründlich reformieren.
Dabei wird zugegeben, daß in den letzten Jahren zu große Pläne aufge-
stellt wurden, die sie nicht erfüllen können, weshalb alles reformiert
und reduziert werden muß.

Im Parlament hat der sozialistische Wehrsprecher Mondl mich gefragt,
ob wir nicht Dr. Grimm, ein junger Reserveoffizier, der bei Jagoda die


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§ 68 GewO Dekrete bearbeitet, an das Bundeskanzleramt abtreten. MR
Bayer vom Bundeskanzleramt möchte ihn dringendst haben. Er würde dafür
die Frau Dr. Michelitsch sozusagen austauschen. Im Prinzip habe ich
sofort abgelehnt, denn normalerweise bekommen wir nur von einem ande-
ren Ministerium jemanden, der dort weggelockt werden soll. Diese schle-
chten Erfahrungen habe ich mit dem Finanzministerium schon gemacht.

ANMERKUNG FÜR KAZDA UND HAFFNER: Bitte, wer ist diese Dr. Michelitsch.

Kreisky hat sich bei mir schrecklich aufgeregt, daß er angeblich nichts
davon wußte, daß die Amerikaner bei Militärlieferungen, wie z.B. jetzt
die 50 Panzer, die vor 3 Jahren gekauft wurden, nicht bereit sind,
Kompensation dafür zu übernehmen. Ich konnte mich sofort daran erin-
nern, daß seinerzeit, da die amerikanischen Militärbehörden diese
Panzer direkt an Österreich liefern und damit auch verkaufen, also keine
Händler eingeschaltet sind, schon allein aus diesem Grund eine Kompen-
sation entschieden abgelehnt wurde. Rösch, mit dem ich nachher darüber
gesprochen habe, erklärte mir dezidiert, daß Kreisky sehr wohl es wußte.
Rösch teilte mir weiter mit, daß die Fliegerfachleute jetzt von Frank-
reich zurückgekommen sind und erklären, die Mirage ist wesentlich gün-
stiger, als dies auf dem Papier zu entnehmen ist. Der Preis dieser Flug-
zeuge ist allerdings noch um ca 1 Mrd. bei einem Volumen von 5 Mrd. S zu
teuer. Die Amerikaner, F-16 von General Dynamics, sind daher noch preis-
werter. Die Franzosen haben aber bei den Verhandlungen dezidiert er-
klärt, sie wissen, daß auch das Problem der Atommüllagerung von Öster-
reich gewünscht wird. Es gab also keine konkrete Zusage, wohl aber die
Andeutung, daß bei diesem Geschäft sehr wohl die von mir verlangte Atom-
müllagerung mit einbezogen wird. Rösch ersuchte mich, ich sollte ihm
eine Liste der Gegengeschäfte geben, die sowohl General Dynamics als
auch die französische Firma Dassault angeboten hat.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß diese Aufstellung sofort machen.

Die Aussprache mit dem Rechnungshofverantwortlichen für das Handels-
ministerium, der gleichzeitig auch jetzt die ÖFVW geprüft hat, MR
Konvicka, und Dr. Zolles ergab, daß der Rechnungshof etliche Wünsche
hat, die eigentlich von Zolles und mir schon lange angestrebt werden.
Der Rechnungshof stellt mit Genugtuung fest, daß ich jetzt wieder die
Obmannfunktion ausübe und der geschäftsführende Obmann wegfällt. Die
Länder haben einen zu starken Einfluß und sind nicht entsprechend ko-


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ordiniert. Die Handelskammer insbesondere nimmt die 20 % aus den
Außenhandelsbeiträgen, wodurch nach Auffassung des Rechnungshofes der
Bund 80 % eigentlich, nämlich 60 direkte Leistung, 20 % die Handels-
kammer, die er auch dem Bund zuzählt, erbringt. Das wird die HK sehr
wenig freuen. Der Rechnungshof verlangt eine Satzungsänderung. Um die
Länder entsprechend zu verankern, sollte man den Werbebeirat so konsti-
tuieren, daß die Länder darin das große Sagen haben und sie auch ent-
sprechend koordinieren können. Den Vorsitz im Werbebeirat soll ein
Landesvertreter führen. Dort wären die entsprechenden Gespräche und
Koordinationen durchzuführen, damit dann im Direktorium der Länderver-
treter nur mehr eine geschlossene Meinung vertritt. Die Geschäftsführer
haben derzeit eine unzulängliche Vollmacht, sie verstoßen daher stän-
dig gegen die Richtlinien. Dies wird in einer neuen Geschäftsordnung
geändert. Der Rechnungshof möchte auch ein Zweigstellenkonzept. Dort
wäre klarzulegen, wann eine Zweigstelle errichtet wird, ob und wo.
Weiters ist dort festzulegen, ob ein Handelsdelegierter oder eine außen-
stehende sogenannte Auftragsperson mit einer Vertretung der ÖFVW be-
traut wird, wo keine Zweigstellen errichtet werden können. Wichtig er-
scheint auch, daß die deutschen 6 Zweigstellen jetzt besser koordiniert
werden, sie konkurrenzieren sich zum Beispiel in München gegeneinander.
Der Vorschlag der HK, wir sollten bei ihr die EDV-Arbeiten machen
lassen, wird als zu teuer festgestellt. Der Rechnungshof ist sehr zu-
frieden, daß wir bei der letzten Direktoriumssitzung beschlossen ha-
ben, ein EDV-Fachmann wird jetzt um seine Meinung gefragt, wie die
ÖFVW am preiswertesten und zweckmäßigsten eine eigene EDV-Anlage be-
nützt. Hart kritisiert wurde auch die Auftragsvergabe. Hier meint der
Rechnungshof, sollten wir uns nach der ÖNORM A2050 richten. Zolles
schlug eine Vergabeordnung vor, die es dann zu beschließen gilt.

MR Konvicka hat mir dann auch von seinem Präsidenten Broesigke mitge-
teilt, daß jetzt der Bericht über die Oberste Bergbehörde und die
Berghauptmannschaften endgültig abgefaßt wird und er von mir wissen
möchte, was ich mit ihm noch besprechen möchte. Ich habe sofort erklärt,
daß dies auch ohne weiteres nach Erscheinen des Berichtes möglich ist,
denn ich möchte nur aufgrund der Kritik des Rechnungshofes so wie bei
der ÖFVW entsprechende Änderungen auch bei der Bergbehörde durchziehen.

Die Aussprache mit dem Bundeskanzler und etlichen Regierungsmitgliedern
mit der NÖ Landesregierung ergab, daß diese einige Wünsche über Ände-
rungen der beschlossenen Richtlinien haben. Der wichtigste ist, daß sie


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Fremdenverkehrsvorschläge für das Waldviertel als zu hoch betrachten.
Nicht bei 60, sondern bei 30 Betten Neubau sollen schon die vorgesehe-
nen Subventionen gegeben werden. Insbesondere bei den vorhandenen
Hotels kämen bei der 60-Bettengrenze nur 2 in den vier Grenzbezirken
in Frage. Die Bettenanzahl wurde daher von bei vorhandenen 10 Betten
mindestens dann 10 neue dazu beschlossen. Die Wünsche wurden vom neuen
Landeswirtschaftsrat Schauer vorgetragen. Zu meiner grüßten Überra-
schung meinte er dann, auch das Verlangen, daß mindestens b-Qualität
erreicht wird, soll auf c reduziert werden. Dagegen habe ich mich ganz
entschieden ausgesprochen. Die b-Qualität muß bleiben, die Grenze mit
Bettenreduzierung ist, glaube ich, für das Waldviertel tatsächlich be-
rechtigt.

LH Maurer kündigte dann an, Niederösterreich möchte mir der Bundesre-
gierung einen ganz großen Zusammenarbeitsvertrag abschließen.

Kreisky verwies darauf, daß jetzt in Ternitz durch das Edelstahlwerk
eine entsprechende Lösung ähnlich der steirischen Lösung gefunden wer-
den muß. In der Steiermark, hat mir Gatscha dann versichert, wird tat-
sächlich für 100 Mio. S ERP-Kredit zu 2 %, 5 Jahre zinsenfrei gegeben.
Im Bezirk Wr. Neustadt und Neunkirchen werden es 30 Mio sein. In der
Steiermark werden weiter 50 Mio. S aus der Zinsenzuschußaktion der
Bundesregierung bei gleichzeitig 50 Mio Landeszuschuß zusätzlich ge-
währt, in NÖ sollen dies 15 und 15 Mio sein. Im niederösterreichischen
Gebiet gibt es aber auch noch die Semperit-Problematik.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte über Waldviertel mit Marsch noch einmal
Besprechung festsetzen.

SC Peyerl hat mir über die Energiearbeiten berichtet. Der Energiebe-
richt wird zeitgerecht fertig. In der IEA wurde jetzt der zweite
Zyklus abgeschlossen. Österreichische Maßnahmen wurden als adäquat
gelobt, die italienischen, die z.B. einen Exportstopp vorgesehen haben,
welcher gegen den IEA-Vertrag verstoßt, natürlich kritisiert. Mir ist
es vollkommen unerklärlich, wieso die Italiener einen solchen Vorschlag
gemacht haben. Der österreichische Vorschlag, 2 autofreie Tage, 8 % Er-
sparnis, Reduzierung der Geschwindigkeit auf 80 auf Bundesstraßen und
100 auf der Autobahn bringt angeblich 3 %, also die Einsparung von
Treibstoff von 11 % dadurch erfüllt, ist doch eine reine Papierangabe.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Schandl soll dir dies einmal genau erklären.



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Peyerl möchte jetzt eine starke Elektrizitätsabteilung und eine starke
Brennstoffabteilung schaffen. Darüber hinaus soll eine energiewirt-
schaftliche Abteilung geschaffen werden, die sich mit der Energiepoli-
tik beschäftigt, den Energiebericht, Energieprognose bearbeitet. Dar-
über wird es die Internationale Abteilung mit Hladik, die Technische
mit Obermair und die Wegerechtsabteilung, nur mehr diese Kompetenz
umfassend, mit MR König geben. Stark ausgebaut wird Zluwa mit der Rechts-
abteilung, der auch alle Lenkungsmaßnahmen, insbes. auch die ganze Ko-
ordinierung durchführen wird. Sein großes Problem ist der Abteilungs-
leiter Bolhar-Nordenkampf, dort hat er, wie er sagt, eine Schwachstelle.
Er möchte ihn gerne wo anders hinbringen und hat den Belegschaftsver-
treter Herold gefragt, ob er keine Möglichkeit weiß. Die Abteilung
Tikvic wird aufgelassen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Ich möchte mit Heindl und Dir darüber noch
sprechen.

Im Intercontinental gab es eine gut besuchte, angeblich 500 Personen,
Veranstaltung des Freien Wirtschaftsverbandes. Bei diesen Wiener
Wirtschaftsgesprächen 80 wurde insbes. die Drogerielösung hart kritisiert.
Ich habe dort nichts versprochen, glaube ich tatsächlich, daß wir hier
eine entsprechende Änderung durchführen müssen.

ANMERKUNG FÜR SC JAGODA: Bitte Deine Vorschläge so schnell als möglich
durchziehen.

Spät Nachts wurde dann im Parlament die Privilegienbestimmungen und
insbes. die Besteuerung der Abg.- und Nationalratsbezüge beschlossen.
Darüber gab es deshalb eine interessante Diskussion, weil bekanntlicher-
weise bei der Freiheitlichen Partei einige dagegen sprachen und der
Abg. Haider aus Kärnten sogar dagegen stimmte. In der Diskussion wurde
klar und deutlich von allen fast herausgearbeitet, daß dieses Verhalten
wirklich unqualifiziert war. Der ÖVP-Sprecher Hauser hat in einer
blendenden Rede dargelegt, wie man sich in einem Parlament wirklich
verhalten sollte. Durch gute und fleißige Arbeit kann man sich ent-
sprechenden Ruf machen, aber nicht durch reißerische Titel, die übri-
gens in der Presse schon abgedruckt waren, bevor natürlich in der Nacht
diese Reden dann tatsächlich gehalten wurden.

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Tagesprogramm, 5.11.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: MR Rechnungshof, zuständig für HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MR BKA


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Beamter HM, dann BKA


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Beamtin BKA


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.
          GND ID: 125250614


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Beamter HM


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Beamter HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: GD VÖEST


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Personalvertreter HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Beamter HM


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Referent Energiesektion HM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Beamter HM


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                                    Tätigkeit: HM (Ministerienneuorganisation 1974)


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                                      Tätigkeit: MR HM


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                                        Tätigkeit: MR HM


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                                          Tätigkeit: Abteilungsleiter Energiesektion HM


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                                              Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                              GND ID: 102318379X


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                                                Tätigkeit: Beamter HM


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                                                  Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


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                                                    Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


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                                                      Tätigkeit: chin. Außenhandelsminister


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                                                        Tätigkeit: GD Vereinigte Edelstahlwerke


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                                                          Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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                                                            Tätigkeit: LR NÖ, ÖVP


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                                                              Tätigkeit: HM


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                                                                Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                GND ID: 118566512


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