Samstag, der 27. September 1980

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Samstag, 27. September 1980

Bei der Fa. Kleinoscheg, einer Sektfabrik in Graz, wurde mir ein
Fotoalbum überreicht, von meinem seinerzeitigen Besuch zur Über-
reichung des Staatswappens vor fast genau einem Jahr, und gleich-
zeitig mir auch die Tafel gezeigt, wo jetzt vermerkt ist, daß
Dr. Josef Staribacher, Handelsminister, eben am soundsovielten das
Staatswappen überreicht hat. Als ich seinerzeit den Betrieb besuchte,
fand ich in den Kellereien eine Tafel, wo festgehalten wurde, daß
Kaiser Franz Joseph anwesend war. In der Firmengeschichte im Be-
suchsbuch liegt auch Franz Joseph's Unterschrift als erstes Blatt
auf. Da mir der Chef erklärte, ich würde auch eine solche Tafel
bekommen, habe ich angenommen, irgendwo im Keller wird neben Kaiser
Franz Joseph Staribacher stehen. Ich war sehr erstaunt, als diese
Tafel unmittelbar im Eingangsflur prangert. Interessant für mich
war aber dann die Diskussion mit der Firmenleitung und den Betriebs-
räten. Letztere haben allerdings nur gehört. Die Hektaranbaufläche
für Wein beträgt nicht 56.000 sondern 72.000. Androsch nimmt an,
daß 40 % schwarz verkauft werden, die Firma 70 %. Als die Weinsteuer
abgeschafft wurde, ist das Kontrollsystem zusammengebrochen. Da die
Firma kein Schwarzsystem durchführen kann, hat sie den Ausweg ge-
funden Barverkauf ihrer Produkte, also bei ihr genau zu verbuchen,
den Abnehmer aber nicht anzugeben. Dies verstößt gegen die Bundes-
abgabenverordnung und sie wird daher bestraft. Die FLD Steiermark
hat sogar verlangt, daß der Prüfer einen Sicherheitszuschlag für
Schwarzverkäufe in die Strafe einbaut, dieser Zustand ist für die
Firma wirklich unhaltbar.

ANMERKUNG FÜR SC MARSCH: Ich möchte mit dir und Lejolle über dieses
Problem sprechen.

Im Weinwirtschaftsfonds werden 40 Mio. Budget aufgewendet und in
Amerika sage und schreibe für diesen großen Absatzmarkt, wo es gi-
gantische Exportmöglichkeiten gebe, nur 2 Mio. Die inländ. Ge-
spritzenwerbung war sinnlos.

ANMERKUNG FÜR SC KAZDA: Ich möchte mit dir über die Weinwirtschafts-
vertreter sprechen.



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Die Ungarn sollen jetzt 2 amerik. vollmechanische Pflückerntema-
schinen für Wein einsetzen. Dadurch würde die ung. Weinproduktion
bis 1985 verdoppelt werden können und auch die Exporte entsprechend
steigen. Derzeit ist unser Export mit 450.000 hl befriedigend, die
Importe von 200.000 sind uninteressant. Alle Angaben über entsprechen-
de ungeheure Vorräte, die den Preis drücken und daher jedwede Importe
verbieten müßten, sind falsch. Bei 50.000 Weinbauern mit nur 1.000
Liter eisernem Vorrat sind schon 500.000 l notwendig, bei 1.000
Handelsbetrieben mit 1 Mio. Liter ergibt sich schon eine 1 Mio. hl,
sodaß die eiserne Reserve 1 1/2 Mio. hl ist, die man abziehen müßte.
In Retz kostet der Weißwein schon 7,50. Schwierig ist es überhaupt
Prädikatsweine zu bekommen und Rotweine sind überhaupt ausverkauft.
Was die österr. Weinwirtschaft aber dringendst braucht, sind soge-
nannte Jahrgangspflegen. Am meisten kann Dr. Galfi vom Land- u.
Forstwirtschaftsministerium dem Handelsministerium insbes. über die
ung. Weine Auskunft geben.

ANMERKUNG FÜR BUCHAUER: Dr. Galfi soll einmal zu uns kommen.

Bei traditionellen Pressefrühstück in der Grazer Burg hat der
neue LH Krainer die Zeremonien wenig geändert. Die Beamten sagten
mir gleich, alles ist jetzt anders. Tatsächlich ist Krainer sehr
geschickt, weitgereist er hat in Amerika und Italien studiert und,
wie ich mit LH-Stellv. Gross sofort feststellte, wesentlich ge-
fährlicher als sein Vorgänger. Gross andererseits, ehemaliger Landes-
sekretär der Steiermark und jetziger Nachfolger von Sebastian, ist
der richtige Mann gegen Krainer. Krainer gilt in meinen Augen als
Intellektueller und versucht natürlich, das entsprechend runterzu-
spielen. Gross dagegen, wie mir die Genossen in der Steiermark immer
versichern, gilt als leutselig, kommt bei den Leuten gut an. In
der SPÖ Stmk. ist eine richtige Aufbruchstimmung zu verzeichnen.
Natürlich habe ich alles getan, um Gross entsprechend ins Licht zu
setzen. Er hat sich sofort neben mich bei der Messeeröffnung gesetzt,
war stets an meiner Seite und ich habe allen nur möglichen Gelegen-
heiten ihn sofort entsprechend herausgestrichen. Gross hat dies
mit viel Dankbarkeit bemerkt und sagt, da sieht man, wie profihaft
ich dies alles mache.

Bei der Grazer Herbstmesseeröffnung dann hat Krainer dann nur ge-
meint, er hätte aus einem Pressefrühstück gehört, daß ich andere Ab-


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sichten habe, was er sehr bedauern würde. Ich habe ihm sofort ge-
kontert, ich bin nicht amtsmüde, sehr erfreut, daß ich jetzt schon
Generationen von Krainer als Landeshauptleute als Handelsminister
erleben kann. Natürlich hatte ich die Lacher auf meiner Seite.
Konkret hat Krainer dann nur auf die Gasversorgung der Stmk. ange-
spielt. Er hat mir in einem Brief schon vorher mitgeteilt, daß die
steir. Ferngas erwartet, auch am inländ. Gasaufkommen beteiligt zu
werden. Hier besteht keine wie immer geartete Chance, da weder Wien
noch NÖ und auch nicht OÖ auf ihre Verträge mit der ÖMV oder mit der
RAG verzichten. Dieses Problem spielte dann auch in der Pressekonfe-
renz eine größere Rolle. Ich habe sowohl bei der Ansprache als auch
bei der Pressekonferenz dann ganz besonders die Notwendigkeit der
Atomenergie herausgestrichen, ich bin sehr gespannt, wie dies in de
Zeitungen kommen wird.

Auch die Baufirma Beyer & Co und ein 82-jähriger Geschäftsführer und
Haupteigentümer bekamen das Staatswappen, wo sowohl der LH als auch
der Stellvertreter anwesend waren. Bei der Überreichung habe ich dies
so arrangiert, daß Gross unbedingt im Bild ist, was diesen natürlich
sehr gefreut hat.

Auch die Schuhfabrik Dynafit, die mehrere Schi... im Ausland ausrüstet
und die zum Fischerkonzern gehört, bekam das Staatswappen. Dort
lernte ich auch die sowjet. Delegation kennen, die jetzt auch mit
Dynafit-Schischuhe ausgerüstet wird. Die Fa. hat seit 1971 in Graz
diese moderne Produktion aufgenommen, ging aber aus der Humanic-
Schuhfabrik hervor. Diese Fa. ist wesentlich besser situiert als
Stefanschuhe.

Ein gewisser Karl Lackner, Rotbühellifte Planneralm Lackner KG in
Donnersbach, behauptet, er hätte ein Kreditansuchen seit 1 1/2 Jahren
laufen und keinerlei Mitteilung bekommen. Ich versprach nur dies
zu prüfen.

ANMERKUNG FÜR MARTIN: Fremdenverkehrsabteilung fragen.

Abends besuchte ich dann unseren Kollegen Burian. Ihm geht es leider
noch nicht besser, auf der linken Seite Tropfinfusion, auf der rechten
Seite Blutinfusion, weiß er noch immer nicht, ob er operiert werden
muß oder nicht. Prim. Leodolter hat sich schon um ihn gekümmert.



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Er wird sicherlich längere Zeit ausfallen. Ich habe ihn aber ge-
tröstet und gemeint, daß Wichtigste ist, daß er gesund wird, er soll
sich über die Arbeiten im Büro überhaupt nicht den Kopf zerbrechen.
Derzeit soll ihn, glaub ich, auch niemand besuchen. Ich werde mit
Leodolter Kontakt halten.

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Tagesprogramm, 27.9.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Finanzminister
GND ID: 118503049


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Min.Sekr. HM


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      Tätigkeit: steir. ÖGB-Landessekr., dann LH-Stv.


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            Tätigkeit: Sekr. Büro Staribacher


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              Tätigkeit: Gesundheitsministerin


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                Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


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                  Tätigkeit: Rotbühellifte Planneralm Lackner KG, Donnersbach (Stmk.)


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                    Tätigkeit: HM


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                      Tätigkeit: Landwirtschaftsministerium; Falschschreibung?


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                        Tätigkeit: Kaiser


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                          GND ID: 125942052


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                            Tätigkeit: Beamter HM


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                              Tätigkeit: Beamter HM


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