Dienstag, der 9. September 1980

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Dienstag, 9. September 1980

Beim Jour fixe mit der HK berichtete ich über die Aussprache wegen
der Entschließung des Nationalrates, Verbot der Plakatwerbung für
Tabak. Hier suchten gleichzeitig Sallinger und Kehrer darauf einzuwir-
ken, daß GD Musil von der Tabakregie nicht nur entsprechende Ver-
handlungsbereitschaft mit dem Gesundheitsminister Salcher zeigt, son-
dern auch eine Kompromißlösung mit entsprechender Einschränkung der
Werbung akzeptiert. Genauso wichtig sei es aber, den Gesundheitsspre-
cher der ÖVP, Wiesinger, der vom Gen.Sekr. Kehrer einen entsprechen-
den kritischen Brief wegen seines Verhaltens bekommen hatte, einge-
hend zu beeinflussen, daß eine Kompromißlösung, die Salcher anstrebt,
auch dann wirklich akzeptiert wird. Gen.Sekr. Kehrer erkennt die
Gefahr, die ich auch sehe, daß wenn es nicht zu einem tragbaren Kom-
promiß mit Salcher kommt, welches letzten Endes auch von Wiesinger
akzeptiert wird, ein Werbeverbot unausbleiblich wäre. In die Verhand-
lungen selbst wird sich Staatssekretär Albrecht, wie sie beim Jour
fixe auch zusagte, einschalten.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Versuche über Blümel zu erfahren, wie es
weitergeht.

Bezüglich meiner Urgenz, Paraphierung des Vertrages zwischen EG und
Österreich wegen des Griechenland-Beitrittes, erklärt Kehrer, daß die
HK, nachdem der Gewerbeteil ja befriedigt ist und ihr Rechtsstand-
punkt durch den Briefwechsel geklärt ist, ihm zustimmt. Gleichzeitig
liegt auch ein Brief der Landwirtschaftskammer an Haiden vor, der
besagt, daß wenn die Agrargespräche mit Gundelach auf Beamtenebene
fortgesetzt werden, sie ebenfalls einer Paraphierung zustimmen. Eine
Paraphierung der Unterschrift aber käme nur dann in Frage, wenn ein
substantielles Zugeständnis erfolgt. Kehrer erklärt, daß die Handels-
kammer die Bauern hier nicht im Stich lassen will und die Unterschrift
ebenfalls von einer befriedigenden Lösung mit den Bauern abhängig
macht. Diese Frage wird aber erst im Parlament zur Debatte stehen.
Zu diesem Zeitpunkt, bin ich überzeugt, werden die Agrarier nichts an-
deres wollen als eine entsprechende weitere Subvention.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Paraphierung sofort veranlassen.

Die von dem russischen Vizehandelskammerpräsidenten angeregte nationale


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Industrieausstellung in Moskau, die 15 Mio. S kosten würde, wird von
der HK zurecht abgelehnt. Bei diesen Industrieausstellungen kommen
nur Zuschauer und nicht einmal alle Einkäufer und sonstige mit Importen
beschäftigen der sowjetischen Betriebe und Außenhandelsstellen. In
der Sowjetunion haben nur Fachmessen einen Sinn, woran sich Öster-
reich zu 90 % beteiligt. September nächsten Jahres wird ein tech-
nisch-wissenschaftliches Symposium in der Sowjetunion abgehalten.
Bei dieser Gelegenheit wird eine begleitende Sonderausstellung auf
1.500 m², die immerhin 8 Mio. S kosten wird, gleichzeitig abgehalten.
Ich bin mit diesem Vorschlag sehr einverstanden.

Kehrer ist über meine Kritik, daß der Verein Made in Austria nicht
genug macht, sehr erschüttert. Er meint, mit dem Budget von 5,6 Mio. S,
an welchem die HK und das Ministerium je 2 1/2 Mio., Arbeiterkammer
100.000,–– und die OeNB 500.000,–– S bezahlt, kann man nicht mehr
machen. Bis jetzt gab es Informationen der Firmen und immerhin große
Aufklärungsaktionen der Bevölkerung, u.a. wird heuer nach der Öster-
reichwoche wieder ein Ja zu Österreich den Haushalten mitgeteilt und
empfohlen österreichische Waren zu kaufen. Ich erkläre sofort, daß
dies nicht der richtige Weg ist. Aufgabe des Vereines müßte es sein,
entsprechende Verhandlungen, wie ich sie auch mit Kaufhäusern, Ketten
usw. ständig führe, österreichische Waren zu kaufen. Die HK könnte
über diesen Verein einen gewissen Druck ausüben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Nächstes Jour fixe AK und ÖGB setzen.

Präsident Lehner, Dr. Wohlmeyer und Androsch hätten am 30. Juli ver-
einbart, daß es für die Stärkeförderung zusätzlich 15 Mio. geben soll.
Ich bin nicht genau informiert, ob tatsächlich in den bisherigen
Beamtenbudgetgesprächen diese 15 Mio. zusätzlich nicht doch noch auf-
genommen werden.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie stehen die Budgetposten derzeit.

Sallinger berichtet, daß er mit Kreisky vereinbart hat, die 70 öster-
reichischen Firmen sollen unbedingt an der chiler Messe teilnehmen.
Ebenso wird eine Journalistendelegation von der HK eingeladen.

Kehrer beschwert sich, daß Sekretär Nußbaumer Firmenbesuche bei Frid-
mann und Mayer, List und Steyr-Daimler-Puch, also nicht verstaatlich-
ten Betrieben für den sowjetischen Besuch Gruglow vereinbart hat.



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befürchtet, daß jetzt auch noch vom Staatssekretariat im Bundeskanz-
leramt Außenhandelspolitik betrieben wird, die sich nicht nur auf
die verstaatlichten Betriebe bezieht. Ich spreche mit Nußbaumer vor
der Ministerratsbesprechung, dieser erklärt mir, daß alles im Einver-
nehmen mit der Handelskammer geschehen ist. Ich ersuche ihn, diesbe-
züglich sofort mit Kehrer Kontakt aufzunehmen, um diesen Streitpunkt
aus der Welt zu schaffen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Fälbl soll den weiteren Vorgang beobachten.

Mit Minister Pahr bespreche ich die Frage der Abteilungserrichtung
in der Genfer Mission für den GATT. Hochörtler, der vom Außenamt für
diese Stelle vorgesehen ist, soll angeblich entsprechend aufgewertet
werden. Ich bin nur bereit, den Brief an Pahr dann zu schreiben, wo
ich diesen Vorschlag mache, wenn Pahr mir vorher mitteilt, daß er
dies auch tatsächlich, trotz aller meiner Bedenken, durchführen will.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND GERFRIED: Bitte mit Reitbauer besprechen.

Mit Lacina, dem ich die Ziffern über den sowjetisch-österreichischen
Handel gebe, vereinbare ich, daß Kreisky einen Brief an Kossygin
oder sogar Breschnew schreiben wird wegen der Beschäftigung der
österreichischen Schiffswerften. Daß wir um fast 50 % mehr importieren
und 10 % bis jetzt weniger exportieren können, wodurch wir schon jetzt
ein Handelsbilanzpassivum von 4,2 Mrd. S in den ersten 7 Monaten er-
wirtschaften, kann von uns nicht akzeptiert werden. Lacina wird klä-
ren, wieso nicht schon bereits vor längerer Zeit ein beabsichtigter
Brief Kreisky's an die Sowjets letzten Endes ergangen ist. Irgendwo
ist er stecken geblieben.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Lacina Kontakt halten.

Verteidigungsminister Rösch meint, er kann jetzt und wahrscheinlich
auch in Zukunft kaum die Mirage, die um 1 1/2 Mrd. S teurer sind als
die Amerikaner, kaufen. Ich erkläre, daß außer Frankreich ich keine
Atommüllagerung sehe. Ohne eine solche würde ich aber kaum im Parla-
ment eine 2/3-Zustimmung bekommen. Ich werde daher nach wie vor für
eine Lösung, Mirageflugzeuge kaufen und dafür die Atommüllagerung in
Frankreich durchführen, eintreten. Zum ersten Mal höre ich von Mini-
ster Firnberg, die ja bekanntlicher Weise die Idee Atommüll im Iran


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zu lagern mitbrachte, daß sie auf und Auftrag diese Ver-
handlungen. Ich hoffe, daß es beim Besuch des französischen
Ministerpräsidenten Barre gelingen wird, ihn für einen diesbezüglichen
Plan zu gewinnen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Nächstes Jour fixe Fremuth setzen.

Im Ministerrat, der ohne Vorbesprechung und auch in Abwesenheit von
Androsch durchgeführt wird, wird nur die Tagesordnung abgewickelt und
3 Minister künden Auslandsreisen an.

Eine beabsichtigte Aussprache zwischen Präs. Neuhauser, Welser Messe,
und GD Hintschig kommt deshalb nicht zustande, weil Hintschig von
der Wiener Messe nicht weg kann, uns allerdings dann zu spät infor-
miert. Spät abends treffe ich bei der Präsentation bei Hodina im
Dorotheum Hintschig, der sich dafür nochmals entschuldigt und bittet,
ich sollte unbedingt diesen Vermittlungsversuch zwischen Wels und
Wien machen. Allerdings geht nach der Wiener Messe auch Hintschig auf
Urlaub.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte einen Termin zwischen Neuhauser, Hintschig
und mir Anfang Oktober vereinbaren.

Im Bundesparteivorstand im Renner-Institut beginnt die Sitzung ver-
hältnismäßig pünktlich. Dies ist schon ungewöhnlich, eine Sensation
aber ist das Ergebnis der Präsidialaussprache. Wie Kreisky und An-
drosch
am Präsidiumstisch Platz nehmen, stürzen sich die Fotografen
sofort auf dieses Bild. Bevor noch Kreisky zu referieren beginnt, hat
sich ja schon durchgesprochen, daß Androsch bleibt. Kreisky referiert
über seine 10 Punkte und meint insbes. die kleine und große Korrup-
tion müßte mit einem Paukenschlag aufgezeigt und bekämpft werden,
weshalb er sich zu diesem Weg entschlossen hat. Im AKH-Skandal ist
kein einziger Politiker involviert. Im Ausland wäre dies sicherlich
ganz anders. Die ÖVP ist jetzt mit den 10 Mio. Rabelbauer-Spende sehr
angeschlagen, Industriellenvereinigung hat eine Art Beraterfunktion
auch bei Parteispenden ihrer Mitglieder gehabt und natürlich auch ent-
sprechend die FPÖ unterstützt. Die Aussprache zwischen Steger und
Kreisky hat nichts ergeben. Die schon bekannte 10.000.–– S Spende
in Kärnten und dann noch einem Heimverkauf einer soz. Genossenschaft


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der Arbeiterheime in Wr. Neustadt an die Partei oder den Parteiver-
lag. Alle diese überhaupt nicht belastenden Fälle, die Steger weiß,
hat Kreisky sofort empfohlen, soll er ruhig in der Öffentlichkeit
besprechen und zur Anzeige bringen. Kreisky erwartet im Zuge des AKH-
Skandals, daß auch noch die Korruptionen im Baugewerbe irgendwie zur
Sprache kommen werden. Die Frage, die geklärt werden muß, ist, welche
Verantwortung die Minister, die restlos für ihren Ressortbereich ver-
antwortlich sind, tragen können, dazu braucht man eben in Hinkunft
begleitende, unabhängige Kontrolle. Ziviltechniker seien hier viel
zu teuer, weshalb er Kandutsch eingeladen habe, der jetzt eine beste
Reputation als ehemaliger Rechnungshofpräsident besitzt. Die Methode,
die sich jetzt herausstellt, die Dr. Winter angewendet hat und die
insbes. auch Siemens empfohlen wurde, billig zu offerieren, damit er
den Zuschlag bekommt und nachher bei der Korrektur und Nachbestellung
teuer alle sonstigen Spesen inkl. Bestechung einzukalkulieren, wird
die Pallin-Kommission verhindern. Er erörtert dann die 10 Punkte im
einzelnen und meint bezüglich des abgemagerten Finanzministeriums,
es soll jetzt eine Generaldirektion geschaffen werden, wie dies auch
im Bundeskanzleramt die ÖIAG ist. Um die Untersuchungsrichterin ent-
sprechend zu unterstützen und in Hinkunft gegen solche Korruptions-
aktionen besser gewappnet sein, wäre es notwendig, eine Dienstposten-
reserve zu schaffen, um einen Einsatzsstab zur Verfügung zu haben.
Bezüglich des Vermögensnachweis soll es eben eine Kommission geben,
damit das maßlose Unrecht, welches Politikern hier oft widerfährt,
verhindert werden kann. Bezüglich des Eigentums an Firmen wird es
notwendig sein, die Verwaltung außerhalb des Besitzerkreises zu su-
chen. Als Politiker muß man sich eben von seinem Eigentum trennen.
Was die Beleidigung von Politikern betrifft, die derzeit ja nur das
Bezirksgericht haben, soll es zu dem Ehrensenat kommen, entweder die
4 obersten Richter oder gegebenenfalls wird Kirchschläger einen sol-
chen Ehrensenat bestellen. Kreisky ersucht zu verstehen, daß er in
einem Alleingang diese 10 Punkte aufgestellt hat und auch verlaut-
bart, denn dies ist in der besten Absicht geschehen, auch dann, wenn
einige Kritiker in der Partei meinen, das hätte man vorher in Gre-
mien besprechen müssen. Wenn man bedenkt, welch guten Ruf Österreich
gehabt hat, wie man noch vor ein paar Monaten den Staatsvertrag ge-
feiert hat und alle sagten, welche Leistung in Österreich vollbracht
wurde, und jetzt wird Österreich behandelt wie eine mittelamerikanisch
Bananenrepublik.



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Dies sind die objektiven Maßstäbe, subjektiv möchte er jetzt dies
neuerdings betrachten. Immer hat er schon gesagt, es muß, um den
Verdächtigungen ausweichen zu können, einwandfrei und zweifelsfrei
sich Androsch von der Consultatio trennen. Wer sein Profil-Gespräch
genau liest, wird dies auch dort finden. Androsch selbst hat also
diese Diskussion ausgelöst. Im Präsidium hat Androsch den besprochenen
Brief vorgelegt und darüber wurde diskutiert. Kreisky hat nur objek-
tive Grundsätze aufgestellt und will keine inneren Schwierigkeiten
innerhalb der Partei. Die Verdienste sollten gewürdigt werden und
alle haben dazu beigetragen, daß dieser österreichische Weg so er-
folgreich war, die gesamte Bundesregierung und nicht nur Kreisky oder
Androsch. Im Präsidium wurde dann der Beschluß gefaßt, daß grundsätz-
lich die 10 Punkte zu gelten haben, Androsch stimmte dem auch zu und
wird sich innerhalb angemessener Frist von der Consultatio trennen.
Czettel hat noch den Antrag gestellt, daß diese 10 Punkte auch für
die Länder gelten sollen.

In der Diskussion wollte sich zuerst überhaupt niemand melden. Slavik
meinte dann als erster, er sei glücklich über dies Lösung. Emotio-
nell meinte er, er sehe noch den jungen Kreisky vor dem Schuschnigg-
Gericht 1936, er sehe den jungen Arbeiterbuben Androsch, der viel-
leicht überheblich ist, ihm gegenüber nicht, aus Floridsdorf, sei
glücklich, wenn wir alle wieder zusammenstehen, einig sind und dadurch
die Mehrheit halten. Formell bemerkte er, daß wenn Probst noch leben
würde, dieser sofort feststellen würde, wie diese 10 Punkte abgewickelt
werden sollen. Teils betreffen sie das Allgemein bürgerliche Gesetz-
buch, teils betreffen sie die Statuten des Parteitages, beides müßte
also geändert werden. Gratz verwies darauf, daß eine große Entschei-
dung zweier Personen getroffen wurde. Die Partei wurde höher ge-
stellt als die einzelne Person. Androsch meinte, er anerkennt die
10 Punkte, wird sie voll unterstützen. Bezüglich der Trennung von
Consultatio muß er darauf verweisen, daß es eine familiäre Einbindung
und Verpflichtung gibt und er schon im Präsidium erklärt hat, er wer-
de sich bemühen, den Verkauf durchzuführen, doch wird dies sehr
schwer sein. Stadtrat Mayr meinte, die Diskussion sei eine persön-
liche Gewissensfrage auch für ihn. Der Parteivorstand hätte jetzt
seine Funktion erfüllt und er von einem Dilemma befreit, er dankt
für diese Lösung. Nur Gallob, Kärnten, meinte, die Großbauvorhaben
eine eigene Gesellschaft zu gründen, wie in den Punkten vorgesehen,
würde finanzielle Konsequenzen haben und dies müsse man noch im ein-
zelnen durchdenken.



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Die Sensation war auch für mich perfekt. Niemals hätte ich gedacht,
daß eine solche Lösung noch möglich ist. Aus der Präsidiumssitzung
ist dann letzten Endes durchgekommen, daß insbes. die Bundesländerver-
treter auf eine solche Lösung drängten, von der ich sehr gespannt
bin, wie lange sie halten wird. In dieser Frage bin ich sehr pessi-
mistisch, ich schätze höchstens ein halbes Jahr.

In unserer Bezirksausschußsitzung gab es dann eine Diskussion bis
zur Fernsehsendung Zeit im Bild, da natürlich alle brennendst inter-
essiert waren, wie vor der Kamera sich jetzt die Versöhnung abspielt.
Vorher zeigte aber die Diskussion, daß über die Art des Massenmedien-
streit zwischen Androsch und Kreisky allgemeines Unbehagen herrscht
und daß die Meinung sehr geteilt ist, ob man Androsch wirklich zumuten
kann, die Consultatio zu verkaufen, ob wir nicht zu sehr uns selbst
gegenseitig bekriegen und die ÖVP 10 Mio. Spende, steirische Tier-
körperverwertung usw. herauslassen. Eine richtige und lange Diskussion
über diesen Punkt hat es meiner Meinung nach auch deshalb nicht ge-
geben, weil die meisten so wie ich sicherlich über diesen sensatio-
nellen Ausgang sehr überrascht waren.

Im Parteivorstand gab es dann auch noch den Bericht über die Vor-
gangsweise Volksbegehren zur Kernenergie. Gratz meinte, die Schmitz
hätte ein Volksbegehren, daß ein blanker Unsinn ist, da die Kohle-
kraftwerke die Luft mehr belasten als ein Kernkraftwerk. Dies wird
Gratz auch in aller Öffentlichkeit sehr bald sagen. Kreisky meinte,
es sei jetzt dringend notwendig, eine öffentliche Stellungnahme und
Empfehlung von einigen zu machen. Er denkt dabei sicherlich an sich
selbst, Benya usw. Er meinte, diese Information müßte bei den Konfe-
renzen schriftlich vorliegen. In den westlichen Demokratien gibt es
überall diese Diskussion jetzt, er selbst sieht aber keine andere
Alternativquelle als eben Kernenergie, da Kohle eindeutig gefährli-
cher ist für die Umwelt als Atomstromproduktion. Czettel fragte, was
eigentlich jetzt mit der Atommüllagerung sei. Ich sah mich daher
verpflichtet zu Wort zu melden und zu erklären, daß zwar Kreisky auf
dem Standpunkt steht, die Regierung und damit auch ich können, so-
lange das Sperrgesetz gilt, nicht aktiv werden, doch muß natürlich
die Gesellschaft trachten zu ergründen, ob sie verkaufen, verpachten,
abtragen und natürlich, wo sie eventuell Atommüll lagern kann, weiter
zu untersuchen. Derzeit gibt es keine endgültige Lösung, diese wird
aber nach dem Volksbegehren, das ja sicherlich die 200.000 Unter-


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schriften zusammenbringt, im Parlament zu behandeln sein. Firnberg,
die den Vorsitz führte, meinte, jetzt hätte ich die letzten Atombe-
fürworter zu Atomgegnern gemacht. Am liebsten hätte ich laut rausge-
schrien, dann kann ich das auch nicht ändern, dies umso mehr, als
ich ja in meiner Kurzmeldung klar gemacht habe, daß es auf der ganzen
Welt keine endgültige Atommüllagerungslösung gibt, ich persönlich aber
auch überzeugt bin, daß im nächsten Jahrtausend dieser Atommüll tech-
nisch verwertet wird.

Blecha berichtete dann noch über die Herbstaktion, wo insbesondere
mit Prospekten in Millionenauflage neue Mitglieder gewonnen werden
sollen.

Moritz berichtete als Kassier über den Rechenschaftsbericht aufgrund
des Parteiengesetzes, der ebenfalls zur Kenntnis genommen wurde. Der
große Vorteil ist, daß früher immer die Budgetziffern wieder einge-
sammelt wurden, jetzt bekommt sie jedermann in die Hand. Mit 175
Millionen Schilling Einnahmen und Ausgaben ist das Budget ausgegli-
chen, allerdings sind darin 26 Mio. durch Teilauflösung von Reserven
bzw. Abdeckung durch Überbrückungskredite in Wirklichkeit eine ge-
ringere Einnahme, als eben den Ausgaben 175 Millionen entspricht. Die
Budgetsituation in den Sektionen, es ist, glaube ich, noch am besten,
in den Bezirken ist schon kritisch, im Land schwierig und im Bund
eigentlich nur immer wieder mit Überbrückungshilfe finanzierbar. Dies
liegt letzten Endes auch darin, daß zum Unterschied von der ÖVP in
unserem Rechenschaftsbericht auch 25–30 Mio. S Personalkosten für
die Zentralsekretariate, Landessekretäre und den 113 Bezirkssekretä-
ren und den Sekretären der befreundeten Organisationen wie SJ,
Kinderfreunde usw. beinhaltet sind. Die ÖVP hat diese Personalkosten
nicht in ihrer Aufstellung.

Salcher berichtet über das Schiedsgericht von Tull. Vorsitzender
Mantler, der Beisitzer der oö. Organisation Lettner und er für Tull
haben das Problem einige Male verhandelt, der Sachverhalt wurde
außer Streit gestellt, er, Salcher, versuchte einen Vermittlungsvor-
schlag, daß Tull auf seine Bezirksobmannstelle verzichtet. Dieser
lehnte jeden Vermittlungsvorschlag ab, sodaß aufgrund der 2 Fakten,
erstens ein Beschluß der Mitgliederversammlung, daß er sein Gemeinde-
ratsmandat zurücklegt, wurde von ihm nicht eingehalten, zweitens Tull
hat sich an den ÖVP-Bürgermeister gewendet, damit dieser Maßnahmen
gegen die soz. Gemeinderäte ergreift, hat dann dazu geführt, daß ihm


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ein Funktionsverbot für 5 Jahre verhängt wurde. Dies nimmt Tull
nicht zur Kenntnis, hat auch einen Brief an das Parteisekretariat
geschrieben, wo er seinen Austritt erklärt. Eine Aussprache mit
Fischer und auch Androsch mit Tull hat dann ergeben, daß er solange
diesen Brief als nicht abgeschickt betrachtet, bis der Parteivorstand
endgültig entschieden hat. Hartl verwies dann noch darauf, daß als
drittes Faktum Tull in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung seine
SPÖ-Genossen unheimlich beschimpft hat. Wenn Tull aus der Partei aus-
tritt, hat, wie Kreisky bemerkte, die soz. Fraktion im Parlament ein
Mandat weniger. LH Wagner erklärte sich bereit, neuerdings mit Tull
zu sprechen. Die Angelegenheit wurde daher verschoben.

Etliche Bezirkssekretäre wurden neu bestellt und Lanc berichtet über
Zivildienstnovelle, die nicht nur durch Entschließung des Nationalrates,
sondern auch durch Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis bis 30.11. saniert
werden muß. Dazu bedarf es der 2/3-Mehrheit. Der Parteivorstand hat
also, fast könnte man sagen, eine übliche Sitzung abgehalten. In
Wirklichkeit war es für mich die sensationellste seit 1945 und ich
glaube, dies ist vielen so ergangen. Überall wird man gefragt, und wie
wirds weitergehen. Ich glaube nicht, daß das Kompromiß allzu lange
hält und daß es vor allem objektiv sehr schwer sein wird, für
Androsch tatsächlich eine Lösung der Consultatio-Frage zu finden. Ich
frage mich nur, wie lange die daran Beteiligten und Betroffenen dies
überhaupt nervlich durchstehen. Ich muß gestehen, persönlich könnte
ich dies wahrscheinlich nicht.

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Tagesprogramm, 9.9.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)

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56_1121_02

Tagesordnung 55. Ministerratssitzung, 9.9.1980


Tätigkeit: oö. LH-Stv., SPÖ


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vizepräs. OeNB


    Einträge mit Erwähnung:
      GND ID: 118715194


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
        GND ID: 119083906


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 13847284X


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Sts. HM


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: dän. EG-Agrarkommissar


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Finanzminister
                  GND ID: 118503049


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Präs. LWK


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                        Einträge mit Erwähnung:
                          GND ID: 115563237


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg.


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Außenamt [bis ca. 1971 in Brüssel]


                              Einträge mit Erwähnung:


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Agrarindustrie Gmünd


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: -obmann


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      GND ID: 129507873


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: frz. Premierminister


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: nö. LH-Stv., SPÖ


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Musiker


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Präs. Rechnungshof


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Wr. Bgm. bis 1973
                                                  GND ID: 107489872


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: LR Ktn., SPÖ


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Obfrau Katastrophenhilfe öst. Frauen, Anti-AKW-Aktivistin


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                                                        Tätigkeit: erst SPÖ-, dann "wilder" NR-Abg.


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                                                          Tätigkeit: MR HM


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                                                              Tätigkeit: Gen.Sekr.


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


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                                                                  Einträge mit Erwähnung:
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                                                                    Einträge mit Erwähnung:


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                                                                          Einträge mit Erwähnung:
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                                                                            Einträge mit Erwähnung:
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                                                                              Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                      Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                        Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                          Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                            Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                              GND ID: 11869104X


                                                                                              Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                      Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                        Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                          GND ID: 118566512


                                                                                                          Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                            Einträge mit Erwähnung:
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                                                                                                              GND ID: 118723189


                                                                                                              Einträge mit Erwähnung:


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                                                                                                                  Einträge mit Erwähnung: