Donnerstag, 8. Mai 1980
Bei der Staatswappenverleihung an die Fa. Austroplan stellte
sich wieder einmal mehr heraus, wie wenig das Handelsministe-
rium weiß. Die Unterlagen, die ich zur Rede bekommen habe,
waren einmal mehr unzulänglich. Zum Glück hat vorher der
Präsident des Aufsichtsrates, Vizepräsident der Handelskammer
Seidl, selbst über die Firma einiges gesagt. Gegründet wurde
Austroplan vor 20 Jahren durch das Finanzministerium und die
Bundeshandelskammer, in weiterer Folge hat dann 50 % des Anteils
die Länderbank erworben. Da diese Planungsgesellschaft und auch
Ingenieurbüro ständig mit Defizit arbeiten, hat nun die VÖEST-
Alpine die Anteile der Länderbank erworben, obwohl sie natür-
lich nicht offiziell in Erscheinung treten dürfen. Interessant
war nur und ich schloß daraus, gesagt hat es mir ja vorerst
niemand, daß VÖEST-Alpine stärker daran beteiligt sein muß,
weil sowohl GD Apfalter als auch GD-Stv. Grün an dieser Feier
teilnahmen. Defacto trägt jetzt die VÖEST-Alpine das Defizit
der Austroplan mit 140 Beschäftigten. Begonnen wurde mit 3.
Streng vertraulich teilte man mir mit, daß immerhin 80 Mio S
bis jetzt aufgebracht werden mußten. In den anderen Ländern
ist es üblich, daß der Staat beträchtliche Mittel in diese
Planungsgesellschaften gibt. Gleichzeitig werden auch dann
noch entsprechende Kreditkonditionen unter dem Deckmantel der
Entwicklungshilfe gewährt. Kredite mit 25 Jahre Laufdauer,
3 % Verzinsung sind zwar extreme Kreditkonditionen, aber wesent-
lich günstiger als die von Österreich gegebenen findet man
in fast allen Ländern. Austroplan kann daher kraft ihrer Tüch-
tigkeit und durch die Unterstützung von VÖEST-Alpine existie-
ren.
GD. Apfalter teilte mir mit, daß der Vorstandsdirektor Gasser
zur sowjetisch-österreichischen Gemischten Kommission von ihm
delegiert wird. Er selbst kann leider nicht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort nominieren.
Der Leiter der Geologischen Bundesanstalt möchte mit Austro-
plan eine Vereinbarung, um gegebenenfalls Geologen von seinem
Institut abstellen zu können. Das Wissenschaftsministerium,
angeblich die Bürokratie, wehrt sich dagegen. Ich haben den
beiden vorgeschlagen, sie sollen mir die Wünsche schriftlich
mitteilen, damit ich aufgrund dieser Unterlage ganz offiziell
an das Wissenschaftsministerium herantreten kann.
Überrascht war ich, daß Vizepräsident Seidl bei seiner Fest-
rede besonders auf die Mitwirkung der Austroplan beim Allge-
meinen Krankenhaus hingewiesen hat. 50 Beschäftigte sind jetzt
von der AKB beauftragt, in der Arbeitsgemeinschaft mit Austro-
plan, Allplan, Machat Möbius , entsprechendes Consulting und
teil Constructing dort zu machen. Natürlich nützte ich die
Gelegenheit, um auch darauf zu verweisen, dass es dringendst
notwendig ist, wenn man die Firmen weiter arbeiten lassen will,
die jetzt entstandene Polemik so schnell als möglich durch
organisatorische Änderung zu beenden. Der De-facto-Schaden, der
durch die Verzögerung der Auftragsvergabe usw. jetzt erfolgt,
ist meiner Meinung nach unermeßlich.
Die Firma Schachinger, eine Fleischwarenfabrik im zweiten
Bezirk, hat allein im ersten Halbjahr 7 Mill. S Defizit.
Durch Rationalisierung soll jetzt eine Ersparnis von
17 Mio S eintreten. Die Firma ist bei der Genossenschaftl.
Zentralbank mit 32 Mio S in Kreide, die Zinsbelastung ist
10,5 % und daher sehr hoch. Eine Rationalisierung resp.
Sicherung des Betriebes ist meiner Meinung nach nur möglich,
wenn es zu einer Paketlösung kommen kann. Der Betrieb
im 2. Bezirk in der Rotensterngasse sollte von dort aus
Umweltschutzgründen längst heraus und nach St. Marx, wo
ja ein Fleischzentrum von der Gemeinde Wien geschaffen werden
soll. Voraussetzung dafür ist, dass die Gemeinde diese beiden
Häuser, die einen Schätzwert von 47 Mia S haben, tatsächlich
kauft. Weiters müsste die Gemeinde dann in St. Marx den Grund
womöglich billig verpachtet zur Verfügung stellen. Nur so
können die 187 Beschäftigten oder zumindestens ein Teil
von diesen in St. Marx dann weiter beschäftigt werden.
Die Idee des Firmeninhabers, er möge einen Kredit auf
zwei bis 3 Jahre von 10 Mill. S zinsenfrei bekommen, ist
vollkommen illusorisch.
In Rannersdorf hat die Firma eine Blutverwertungsproduktion.
Dort sind 21 Beschäftigte, auch hier wünscht die Schwechater
Gemeinde, dass der Betrieb abgesiedelt wird und würde dafür
4 Mill. S bezahlen. Da Blutmehl 6.000 t pro Jahr importiert
werden muss, ist man an der Erhaltung dieser Produktion
interessiert. Auch hier müsste die Gemeinde Wien entsprechend
einspringen, damit im Fleischzentrum ein neuer Betrieb
geruchs- und sonst umweltschutzbestimmungsmässig genehmigt
entsteht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Investorenabteilung soll sich mit
der Firma Schachinger und mit der Lebensmittelarbeitergewerk-
schaft, ZS Blümel, ins Einvernehmen setzen.
Die Firma Merino ist jetzt unmittelbar vor dem Konkurs. Bundes-
rat Windsteig ist mit dem Direktor Jung und mit der Firma
Albion Müller gekommen, letztere möchte Merino gegebenenfalls
kaufen. Müller behauptet, Merino wird sehr bald die
letzte Gerberei Österreichs sein. Nur dort gibt es genug Wasser
und auch die Abwasserfrage ist nur dort kein Problem. 320 Be-
schäftigte sind aber zuviel und können auch in Hinkunft nicht
beschäftigt werden. Die Firma hat unter dem belgischen Be-
sitzer begonnen, PKW-Sitze-Auflagen zu erzeugen. 70 % der
Produktion waren dort gebunden und haben die Firma natürlich
an den Rand es Ruins gebracht. Dir. Jung meint nun, dass
eine auf 80 Beschäftigte gegründete Pelz-Velours-Produktion,
wie dies ursprünglich auch von Merino vorher erzeugt wurde,
mir 2 Mill. Fuss einen Umsatz von 80–100 Mio bringen
könnte. Die Firma Müller hat jetzt mit einem Kärntner Betrieb
Breschan mit 60 Beschäftigten eine Kooperation. Bei Merino
würden sie 200.000 Fuss abnehmen. Müller würde aus der Konkurs-
masse, die ca. 30 Mill. S wert ist, den Betrieb kaufen.
Voraussetzung ist, dass ihm die Zentralsparkasse entsprechende
Kredite gewährt und unterstützt. Sollte dies nicht der Fall sein,
so würde die Konkursmasse sicherlich an einen Jugoslawen oder
Deutschen gehen. Beide Länder hätten Interesse. In habe die
Delegation an die Zentralsparkasse verwiesen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Investorenwerbung soll sich mit
Jung in Verbindung setzen.
GD Fremuth frägt an, ob er bei BBC, Brown Boveri Comp., Vizeprä-
sident des Aufsichtsrates werden soll. Man hat es ihm angeboten
und ich stimme dem zu, denn die Verbund wird mit BBC starke
Geschäftsverbindungen haben.
Saar-Demichel hat Fremuth vorgeschlagen, sich in einem Kaffeehaus
mit ihm zu treffen. Fremuth hat nach den letzten Äusserungen
Kreiskys Bedenken. Ich schlage ihm deshalb vor, Saar-Demichel
soll zu ihm in die Verbundgesellschaft kommen. Ich bin ein erklärter
Gegner von jedwedem Treffen in Kaffeehäusern und sonstigen nicht
offiziellen Stellen. Wenn jemand von mir etwas will, dann in
meinem Büro, wenn jemand mir etwas Spezifisches sagen will und
nicht kommen kann, dann bitte bei ihm in seinem Büro.
Im Parlament stand eine kleine Novelle des Medizinstudiums zur
Beschlussfassung und daraus entwickelte sich, wie ich erwartet
habe, eine stundenlange Diskussion, allerdings nicht durch
diese Novelle, sondern insbesondere vom FPÖ-Abgeordneten Ofner
umfunktionierte einer Rauschgift-Diskussion.
Ähnlich erging es auch Staatssekr. Albrecht und mir. Ich war fest
davon überzeugt, dass die Medizindiskussion länger als die
erwartete halbe Stunde dauern würde. Albrecht war scheinbar anderer
Meinung und befürchtete, dass sie allein auf der Regierungsbank sitzen
muss. Nach stundenlanger Medizindiskussion wurde dann auch
in unserer Diskussion eine landwirtschaftliche Integrations-
debatte an ein Formalgesetz über Änderung der Nomenklatur des
Zollgesetzes angehängt. Dies ist das gute Recht der Opposition,
die Vorbereitungen konnten natürlich nicht so sein, wie insbesondere
der Hauptsprecher Lanner dann mir ankreidete. Ich hatte die ursprüng-
lichen Vereinbarungen natürlich alle nicht parat, konnte sie dann
aber im letzten Moment, teils von unserem Haus und dann teils auch
vom Klub beschaffen. Lanner kam es darauf an, jetzt festzuhalten,
dass die Landwirtschaft weitere Forderungen an die Regierung stel-
len wird, wenn die Griechenland-Betrittsverhandlungen zur EG
und der damit notwendige Vertrag mit Österreich nicht so ausfallen,
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wie es sich die Landwirtschaft vorstellt. Dass er dabei gleich-
zeitig auch die gewerbliche Wirtschaft einpackte, ist selbstver-
ständlich, aber gar nicht seine primäre Absicht. Die Zollabbau-
verzögerungen für Papier sind spätestens in drei Jahren auch zu
Ende, die anderen verzögerten Zollabbaue für sensible Produkte
sind längst verkraftet. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir
auf diesem Gebiet sicherlich keine Ergebnisse erzielen können.
Lanner, aber auch die anderen drei ÖVP-Sprecher haben immer wieder
darauf verwiesen, dass ich bis jetzt nicht in Brüssel war,
aber sehr erfreut sind, dass ich jetzt am Montag nach Brüssel fahre.
In Wirklichkeit geht ihre Taktik dahin, dann mir vorzuwerfen, ich
hätte in Brüssel auch nichts erreicht. Lanner wollte deshalb
ja auch ständig den Bundeskanzler provozierend indirekt auf-
fordern, auch er sollte sich mehr nach Brüssel begeben. Direkt
hat er sogar gemeint, wenn sich Kreisky für die PLO interessiert,
dann muss er sich auch für die Bauern interessieren. Selbstver-
ständlich bin ich auf die ganzen Vorwürfe der Landwirtschaft
eingegangen, Albrecht war rührend an meiner Seite und hat ver-
zweifelt versucht, alle Unterlagen noch schnell herbeizuschaffen,
was ihr dann auch tatsächlich noch gelungen ist. In einem Punkt
stimme ich mit ihr nur nicht überein, dass sie meinte, es hätte
tatsächlich die SPÖ einige Redner stellen müssen. Da aber niemand
auf diese Art der Diskussion vorbereitet war, war ich eigentlich
sehr froh, dass ich allein dann antworten konnte. Ich fühlte mich
keinesfalls, wie Lanner dann immer wiederholte, im Regen stehen
gelassen, sondern ganz im Gegenteil umso stärker, da ich doch
mit dem Detailwissen entsprechend antworten konnte. Der grösste
Vorwurf war, dass in dem seinerzeitigen Abkommen 1972 bei der
Assoziierung mit der EG zwischen den Klubs auch ein Punkt vereinbart
wurde, die Exportsubvention, im EG-Jargon Erstattung genannt, geregelt
werden soll. Die Formulierung in diesem Punkt ist nicht ganz ein-
deutig, denn im Ergänzungssatz heisst es, es sollen alle System
geprüft werden. Da Lanner selbst zugeben musste, dass andere
Punkte sehr wohl positiv erledigt wurden, blieb ihm nur dieser
Aufhänger. Dort steht drinnen, es soll ein Abkommen geschlossen
werden, vor allem aber sind die Systeme zu prüfen. Geprüft, behaupte
ich, wurde es, Abg. Zittmayr machte dann den verheerenden Zwischen-
ruf, man hätte eben einen solchen Vertrag gar nicht unterschreiben
dürfen, wo nur drinnensteht, dass geprüft wird. Dies war aber
eindeutig der Fehler der ÖVP, wie ich dann ihn sofort festnagelte.
Präs. Minkowitsch als Bauernbundpräsident hat gestern einen
Brief an Bundeskanzler Kreisky gerichtet und abschriftlich mir
zugesandt. Selbstverständlich konnte ich den noch nicht haben,
weshalb er mir fairerweise einen Durchschlag während der Debatte
zur Verfügung stellte. Darin verlangt Minkowitsch von Kreisky,
dass jetzt über weitere Wünsche der Agrarier im Zuge der Wirtschafts-
paketverhandlungen geredet wird. Dagegen habe ich gar nichts
einzuwenden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Analyse im Inland erzeugte Agrar-
produkte auch für das Jahr 1970 machen lassen.
In der Lebensmittelarbeitergewerkschaft beschäftigten wir uns
insbesondere mit dem Betriebswahlzwischenfall im Heimwerker-
Zentrum Vösendorf. 14 Arbeiter, die von dort bei uns organisiert
sind, haben mit dem Betriebsratsobmann Serini und seinem gesamten
Betriebsrat schwere Differenzen, leider kam es dabei zu einer
Schlägerei. Serini war in der Vorstandssitzung nicht anwesend,
sonst hätte er bemerkt, wie die Stimmung hier eindeutig gegen ihn
ist. Da sich aber der Arbeiterbetriebsrat vom Heimwerkerzentrum
bis jetzt auch nicht an die Gewerkschaft, sondern ausschließlich an
die Presse gewendet hat, der ganze Kampf wird ja vonseiten der An-
gestelltengewerkschaft primär geführt, haben einige Vorstandskolle-
gen mit Recht bei Kontakten mit den 14 Arbeitern dort diesen erklärt,
sie sollten jetzt endlich uns sagen, was sie wünschen. Erfreulicher
war, daß etliche Gruppen Lohnabschlüsse tätigen konnten, wo end-
gültig jetzt die Frauenkategorien gefallen sind. Nur schrittweise
ist es möglich, die wunschgemäße Angleichung der Frauen an die
Männerlöhne zu erreichen. Auch hier gebe ich mich keiner Illusion
hin, daß in Wirklichkeit zwar die Kategorien in den Kollektivver-
trägen verschwinden können, daß es dann aber noch immer davon ab-
hängt, wie die Frauen defacto in den Betrieben eingestuft und damit
bezahlt werden.
Der erste Abend der Deutschen Handelskammer in Österreich war ein
voller gesellschaftlicher Erfolg. Im Mathiaskeller wurde nicht nur
lang gegessen und dann sicherlich noch länger getrunken, sondern
es herrschte auch eine Bombenstimmung. Der Präsident der Handels-
kammer, Hinteregger, an dessen Tisch ich dann saß, hat mit dem
Präsidenten des Deutschen Handwerkes, Schnitter, vereinbart, ich
sollte zur nächsten Großveranstaltung dieser Organisation nach
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Deutschland kommen. Im Prinzip habe ich dem zugesagt. Vor
Jahren war ich einmal mit Friderichs bei der großen Handwerksmes-
se in München.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Details auch wegen der Lübeck-
Reise mit Hinteregger und Conrad vereinbaren.
Tagesprogramm, 8.5.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)