Mittwoch, der 23. April 1980

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Mittwoch, 23. April 1980

Wissenschaftsminister Firnberg will dem Österreichischen Institut
für Berufsbildungsforschung eine gesicherte Einnahme verschaffen
und hat deshalb den Finanz-, Gesundheit-, Sozialminister und mich
zu einer Besprechung eingeladen. Außer dem Finanzministerium
waren alle vertreten und wir waren bereit für die 15 Beschäftig-
ten durch Festlegung eines Mitgliedsbeitrages den Verein zu si-
chern. Minister Salcher, aber auch Firnberg sprachen sich ganz
entschieden dagegen aus, ein Bundesinstitut zu gründen, dieser
mit dem Gesundheitsinstitut, jene mit der Geologischen Bundesan-
stalt hat damit die schlechtesten Erfahrungen gemacht. Ein solches
Bundesinstitut oder Bundesanstalt entwickelt ein Eigenleben und
der Minister hat kaum noch Einflußmöglichkeit, wurde geklagt.
Dies kann ich mir zwar auch nicht vorstellen, denn wenn ich selbst
mit einem Mitgliedsbeitrag die notwendigen finanziellen Mittel
zur Verfügung stelle, dann rede ich auch entsprechend mit. Da
das Handelsministerium im vergangenen Jahr S 1,8 Mio. nach Aus-
sage des Vorsitzenden NR. Braun und insbes. des Institutsleiters
Dr. Knap gegeben hat, kann uns eine Mitgliedsgebührenregelung nur
weniger kosten.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte die weiteren Schritte beobachten,
aber nicht besonders aktiv werden.

Bei der Festveranstaltung 25 Jahre Bürges hat Jagoda vergessen,
den Präsidenten Sallinger anfangs zu begrüßen, dies ist, wie er
mir nachher sagt, darauf zurückzuführen, daß er sich so wie ich
höchstens Stichworte für eine Rede aufsetzt. Während seiner An-
sprache ist ihm aber noch aufgefallen und er hat zum Schluß na-
türlich diese Begrüßung nach seiner Rede nachgeholt und gleich-
zeitig Sallinger zum Rednerpult gebeten. Sallinger hatte dadurch
einen guten Einstieg, in dem er meinte, selbst wenn man vergesse
ihn zu begrüßen, er verschafft sich schon das Wort und er hofft,
daß dies in der Bürges auch so immer der Fall sein wird. Dies gab
mir wieder eine gute Gelegenheit, dann nach ihm sofort zu sagen,
daß in der Bürges sowieso die Handelskammer sich durchsetzen kann


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und daß gerade seine Forderung, die Klein- und Mittelbetriebe
zu unterstützen, dort ja eigentlich in einem Ausmaß gehandhabt
wird, wie es niemand erwartete. Gestern bei dem Festessen für
die Bürges-Mitarbeiter und soweit noch vorhandenen Gründer in den
Ministerien war Gelegenheit, Etliches über die Bürges-Geschichte zu
erfahren. Dies nützte ich weidlich, wobei ich selbstverständlich
gleich die Informanten auch zitierte, die ja auch bei der Fest-
versammlung waren. Da auch mein Amtsvorgänger Mitterer anwesend
war, dem man anmerkt, wie es ihm physisch weh tut, solche Reden
sich anhören zu müssen, habe ich sehr schonungsvoll über seine
Zeit gesprochen. Da Sallinger gleichzeitig verlangt hat, der Fi-
nanzminister möge recht viel Geld den Klein- und Mittelbetrieben
zukommen lassen, habe ich nur, wie ich sagte, zur Steuer der Wahr-
heit, und dies war tatsächlich so, darauf verwiesen, daß 1970, als
die Bürges geschlossen war, Finanzminister Androsch es gewesen ist,
der sofort ein Budgetüberschreitungsgesetz zur Sanierung und
Wiedereröffnung vorgeschlagen hat. Selbstverständlich erwähnte ich
auch, daß es mir unerklärlich ist, daß jetzt in der Handelskammer-
organisation größte Bedenken dagegen bestehen, wenn die Haus-
aktion des Ministeriums in die Bürges kommen sollte. Ich hätte
eher angenommen, daß die Konzentration und vor allem die Verein-
fachung in der Bürges von allen gewünscht wird. Die idealste Lö-
sung wäre, wenn die Bürges sozusagen als alleiniges Institut für
Klein- und Mittelbetriebe alle Aktivitäten abwickeln könnte. Der
größte Gag aber stammt nicht von mir, wurde von mir aber zele-
briert. Der ehemalige Finanzminister Korinek, dann nach seinem
Ausscheiden aus der Regierung Geschäftsführer der Bürges, mit
einem traumhaften Vertrag, von den ÖVP-Finanzminister ihm geneh-
migt, und letzten Endes dann auch von Androsch übernommen und
akzeptiert, bis die neuen Gesellschafter installiert wurden, hatte
mir vorher schon gesagt, daß die jetzt noch tätige einzige Mitar-
beiterin bei der Gründung der Bürges, Frau Kotil, die ich auch
sehr gut kannte, die einzige war, auf die man sich verlassen
konnte. Ich habe daher, als ich den Dank an alle meine Amtsvor-
gänger, die ja letzten Endes die Bürges gegründet und verwaltet
haben, sich allerdings nicht annähernd soviel kümmerten als wie
ich, die Beamten und Interessensvertretungen, die im Aufsichtsrat


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und dann auch in den Beiräten entsprechend mitwirkten und dann
natürlich ganz besonders die Mitarbeiter. Als sichtbares Zeichen
meiner Anerkennung habe ich dann Frau Kotil einen riesigen Blu-
menstrauß überreicht. Dieser Gag fand natürlich frenetischen
Beifall, insbesondere bei den Mitarbeitern, dem sich dann die
anderen anschließen mußten und mir einen ungeheuren starken
Abgang, wie man in der Bühnensprache sagen würde, bereiteten.
Der Finanzminister las dann eine, wie Kreisky einmal sagte, groß-
angelegte Rede und der Bundespräsident eine wirklich schöne
staatstragende. Im großen und ganzen durch das wirklich sehr gute
Schubertquartett umrahmte, schöne Feier.

Bautenminister Sekanina hat mich angerufen, um mir mitzuteilen,
daß er auf die 30 Groschen Mineralölsteuer beharren möchte und
mir diesbezüglich einen Brief schreiben wird. Ich habe dies, in
Verfolgung des gestrig begonnenen Gesprächs mit Kreisky, ihm so-
fort telefonisch durchgegeben und Kreisky bestätigte mir, daß
auch er 30 Groschen für richtig empfindet. Sekanina muß sich jetzt
nur mit Androsch diese 30 Groschen ausmachen, denn dieser ist
dafür zuständig und der möchte angeblich nur 25. Bei dieser Ge-
legenheit teilte mir Kreisky mit, daß jetzt die sozialistischen
Vertreter der Energiesektion bei ihm sind und sich wegen der Aus-
schreibung des Sektionschefsposten beschweren. Er hat ihnen dezi-
diert erklärt, daß dafür ausschließlich der Handelsminister zu-
ständig ist und er sich nicht einmischen wird. Er hat dies bei
keinem Minister und keinem Ressort bis jetzt getan. Kreisky meinte
sogar, man sollte, wenn man einen guten Mann hat, gar nicht so
sehr auf die Parteizugehörigkeit schauen.

Ich habe den zu diesem Zeitpunkt bei mir anwesenden Sektionschefs
Kazda und Jagoda, die ja die Ausschreibung durchführen müssen,
auch davon informiert und insbes. auch über die Briefabschrift,
die mir die Fraktion gegeben hat. Überrascht war ich von Kazda
zu erfahren, daß die für heute einvernehmlich festgesetzte Kommis-
sionsberatung über Bestellung des Sektionschefs der Industrie-
sektion von der Arbeitnehmervertreterseite, Herold, ohne Begründung
abgesagt wurde. Jagoda hat davon auch nichts gewußt und Herold


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sowie seine Stellvertreterin waren nicht einmal telefonisch
irgendwo zu erreichen. Leider besteht keine Möglichkeit die
Kommissionssitzung abzuführen, wenn die Hälfte nicht anwesend
ist. Damit kann die Arbeitnehmerseite jedwede Kommissionssitzun-
gen torpedieren.

Da der scheidende polnische Botschafter, der jetzt als Industrie-
minister zurückkehrt, wie ich im letzten Moment erst mitbekommen
habe, angeblich größten Wert darauf gelegt hat, daß ich bei sei-
nem Abschiedsempfang, den ihm Pahr gibt, ebenfalls anwesend bin,
habe ich ausnahmsweise die Regel durchbrochen und mit Pahr in
Dietrichstein auf seine Ankunft gewartet. Dies ist pünktlich er-
folgt, ich habe ihm alles Gute gewünscht und war schon weg. Bei
dieser Gelegenheit habe ich Außenminister Pahr über das unerklär-
liche Verhalten der Handelskammer zum Abschluß des Griechenland-
EG-Beitrittvertrages für Österreich informiert. Pahr meinte,
selbstverständlich müßte Österreich, wenn auch als letzter, auf
alle Fälle diesen Vertrag mitunterschreiben. Ich bin auch fest
davon überzeugt, daß es Steiger gelingen wird, mit dem Außenmini-
steriumsvertreter Dr. Scheuch gemeinsam die Interessensvertretun-
gen, insbes. die Handelskammer, auch davon zu überzeugen. Ein
klärendes Gespräch sozusagen unter ÖVP-lern zwischen Kehrer und
seinen Leuten, die er mitnehmen will, sowie Steiger wird dies
bringen.

Die Außenhandelsstellenleiter Nahost von Marokko bis Nord-
jemen berichteten über die wirtschaftliche Situation und über
die entsprechenden Wünsche. Einhellig wurde ich aufgefordert,
endlich auch einmal in diesen Raum zu kommen, soweit ich nicht,
wie jetzt gerade bei Tunesien, Libyen und Ägypten, sowieso dort
war. Die Einladung nach Irak, an der Messe teilzunehmen, die im
Oktober d.J. stattfindet, mußte ich ablehnen. Interessanterweise
aber meinten die Handelsdelegierten und auch die anwesenden Beam-
ten, von Sekt.Chef Meisl abwärts, sowie die Handelskammerzentrale-
leute, Gleißner mit seinen Mitarbeitern, es wäre ohne weiters
möglich auch die Frau Staatssekretär zu schicken.

ANMERKUNG FÜR ALBRECHT: Bitte bereite Dich auf einen Bagdad-
Besuch vor.



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Für Saudi-Arabien und die Golfstaaten habe ich in Aussicht ge-
nommen im nächsten Frühjahr einen Blitzbesuch, ähnlich den 3
afrikanischen Staaten heuer, abzustatten. Die entsprechenden
Vorarbeiten werden von Dr. Sachs, der mir immer mehr imponiert,
durchgeführt. Für Syrien, wo ich auch einmal hinfahren müßte, er-
gibt sich dann die Gelegenheit, bis die offene Frage in unserem
Vertragsentwurf geklärt ist. Der Vertrag ist eigentlich unter-
zeichnungsreif, die Syrer verlangen nur noch eine Reexportklau-
sel vom österreichischen Staat, die keinesfalls in den Vertrag
aufgenommen werden kann. Wir haben einen Briefwechsel vorgeschla-
gen und die Syrer dürften jetzt eventuell mit einer solchen Lö-
sung einverstanden sein. Über die Details wird der Handelsdele-
gierte während seiner Anwesenheit noch mit MR Fälbl verhandeln.

Die Gaslieferungen von Algerien werden sich nach wie vor hinziehen,
da die Algerier jetzt eine Neuorientierung 1980 mit dem neuen
5-Jahresplan anstreben. Sie wollen insbes. die Gaspreise an die
Erdölpreise binden. Dr. Gleißner kritisierte ganz besonders,
daß jetzt ein S 35 Mrd. Kreditvertrag mit 6 % Verzinsung, also
eine große Stützung durch die österreichische Bundesregierung
erfolgen muß, abgeschlossen werden soll, ohne daß man gleichzei-
tig auch von seiten des Finanzministeriums oder Bundeskanzleramts
darauf drängt, daß vorerst selbstverständlich auch die Gaslie-
ferung unter Dach und Fach sein muß.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte laß vorsichtig recherchieren, was
hier wirklich vorgeht.

In Kuwait wurde jetzt ein Geschäftsträger vor längerer Zeit
installiert. Trotzdem werden die Visa noch immer von dem Honorar-
konsul ausgestellt, der meistens nicht in seinem Büro anzutreffen
ist. Ich versprach, diesbezüglich im Außenministerium zu klären,
warum dies noch immer nicht durch den Geschäftsträger geschieht.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte entsprechende Intervention durchzu-
führen.

Die AEZ-Diskussion, die wir längere Zeit jetzt nicht gemacht


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haben, war verhältnismäßig harmlos. Unwahrscheinlich, wie schnell
sich doch ein großer Kreis von Zuhörern findet. Anfangs steht
man ganz allein dort und weiß nicht, ob man die Leute ansprechen
kann. Über den Benzinpreis waren wir dann allerdings sehr bald
bei der Atomenergie und dann ging es richtig los. Die Meinung
innerhalb der österreichischen Bevölkerung ist nach wie vor sehr
geteilt. Dies gilt aber wahrscheinlich von allen Problemen, die
dort zur Sprache kommen. Außer ein paar jungen Leuten, die gele-
gentlich durchrennen und manche auch pfeifen, sind andererseits
oft viele junge Leute, die sich sehr wohl für diese Diskussion
interessieren und fleißig mitdiskutieren. Ich werde deshalb nicht
nur diese Diskussionen fortsetzen, sondern, wenn irgendwie die
Zeit es ermöglicht, öfters, mindestens einmal im Monat abhalten.
Am meisten begeistert war aber dann, als ich wegging, der
Bürgermeister von Bad Ischl, der die ganze Zeit fasziniert zuge-
hört hat. Er meinte, so etwas hätte er noch nie erlebt. Hätte
er mich zu einer solchen Veranstaltung nach Ischl eingeladen,
hätte ich wahrscheinlich zugesagt. So aber machte er den Fehler
mich nur zur Eröffnung der Ischler Operettenwoche einzuladen
und hier habe ich ihm sofort erklärt, daß ich dafür leider keine
Zeit habe.

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Tagesprogramm, 23.4.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Ex-ÖVP-FM, BÜRGES
GND ID: 118565451


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Sts. HM


    Einträge mit Erwähnung:


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg., GPA, NR-Abg.


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter (Leiter Beamtenkomitee)


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Finanzminister
            GND ID: 118503049


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Personalvertreter HM


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Vertr. Außenministerium; evtl. Falschschreibung


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: MR HM


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Leiter Öst. Inst. f. Berufsbildungsforschung (ÖIBF)


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Gen.Sekr.


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: BÜRGES-Mitarbeiterin


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                                  Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


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                                    Tätigkeit: Außenhandel BWK


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                                      Tätigkeit: Beamter HM


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                                        Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                        GND ID: 11869104X


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: HM


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                                            Tätigkeit: Bundeskanzler
                                            GND ID: 118566512


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                                              Tätigkeit: Handelsminister, ÖVP, Präs. HK Wien


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                                                  Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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