Freitag, 11. April 1980 und Samstag 12. April 1980
Mit Prof. Winkler besprach ich die Möglichkeiten der National-
chinesen auf der Österreichischen Wiener Messe ausstellen zu
können. Die Nationalchinesen sind froh, wenn sie, so wie dies
übrigens schon einmal gewesen ist, als Firma Far East Trade
Center geschlossen teilnehmen können. Es wird keine Flagge ge-
zeigt, kein Staatsname genannt, sondern nur der Ursprung Formosa
wird aufscheinen.
Beim Stapellauf einer der 5 Schubschiffe, die die Sowjetunion be-
stellt hat, war von sowjetischer Seite nur Handelsrat Nikolaenko
anwesend. Die Schiffswerft hat keinen Taufpaten gehabt und nie-
mand Prominenten. Im letzten Moment bin ich ihnen eingefallen.
Selbstverständlich bin ich eingesprungen. Immerhin macht dieser
Auftrag für die 5 Schiffe S 250 Mio aus und deckt die Beschäfti-
gung bis September. Die Schiffswerft erwartet von mir bei der
Gemischten sowjetisch-österreichischen Kommission im Mai in Moskau,
daß ich sie bezüglich der Anschlußaufträge weiterhin so tatkräf-
tig unterstütze wie bisher. Bei der Ansprache des Direktors wurde
mein Einsatz für die Schiffswerft so groß herausgestrichen, daß
es für mich schon peinlich war. Bis jetzt hat die Schiffswerft
ja nur luxuriöse Passagierschiffe erzeugt. Daß es diesen Auftrag
trotz heftigster internationaler Konkurrenz kommen konnte, ist mir
eigentlich ein Rätsel.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte erkundige dich bei Fälbl, ob dieser
Auftrag kostendeckend ist.
Die Firma Ötscher in Amstetten ist die größte Berufskleiderfabrik
Österreichs. Sie erzeugt nur Qualitätsware. Die billigen Berufs-
kleider kommen größtenteils aus dem Fernen Osten, soweit öster-
reichische Firmen noch solche Qualität erzeugen, sind sie mehr
oder minder zum Sterben verurteilt. Übereinstimmend wurde mir ge-
sagt, daß man gegen diese Importe nicht konkurrieren kann. Große
Firmen, Ölgesellschaften, ja sogar die Metros und andere Großmärkte
kaufen dagegen von der Amstettner Firma die Berufskleider, die
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sie ja ihren Angestellten und Arbeitern zur Verfügung stellen.
Davon lebt diese Firma, mit 4 Arbeitern vor 30 Jahren begonnen,
sind es jetzt fast 100 mal so viel. In 5 umliegenden Dörfern von
Amstetten sind Zweigbetriebe errichtet worden. Da es sich bei
dieser Branche fast um nur Frauenbetriebe handelt, sind sowohl
der Bürgermeister von Amstetten als auch die ganzen dort beschäf-
tigten Frauen sehr glücklich. Der Bürgermeister von Amstetten
hat gleichzeitig mich auch interpelliert, ob nicht die Kupplungs-
firma Hardy in Amstetten auch das Staatswappen bekommen könnte.
Bis jetzt haben sowohl die Handelskammer als auch die Arbeiter-
kammer strikt abgelehnt. Der Gewerkschaftssekretär Alteneder soll
jetzt dagegen diesem Wunsch des Bürgermeisters sehr positiv gegen-
überstehen.
ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bitte laß dir den Akt vorlegen.
Der Bezirksvorsteher der Landstraße, Berger, hat zu einem Wirt-
schaftsforum die Gewerbetreibenden einberufen. Auf meinem Tages-
programm stand auf der Landstraße 96. Als ich dort zeitgerecht
erschien, war überhaupt niemand anwesend. Mühsam mußte ich dann
durch Rundfahren im Bezirk versuchen rauszukriegen, wo dieser
Empfang stattfand. Bei der Rückfahrt in mein Büro, da ich schon
sehr verzweifelt die Bezirksvorstehung, die Polizei usw. gefragt
habe, sah ich dann bei der Zentralsparkasse Leute hineingehen.
Der Besuch dieser Veranstaltung war für mich überraschend äußerst
gut. Nach kurz Statements vom Bezirksvorsteher, dem LAbg. Salla-
berger als Landstrasser Mandatar und gleichzeitiger Zentralsekre-
tär des Freien Wirtschaftsverbandes und dann auch von mir als
Bezirksobmann und Handelsminister gab es dann eine umfangreiche,
sehr lange Diskussion. Interessant aber war, daß nur die Frage
der Billigsteinfuhren auf dem Textilsektor direkt an mich gerich-
tet wurden. Es wurde anerkannt und zugegeben, daß es geglückt ist,
die Billigsteinfuhren über Deutschland und Italien mit gefälschten
Ursprungszeugnissen abzustellen. Jetzt wurde behauptet, wird über
Portugal dasselbe Spiel gespielt. Ich habe vorgeschlagen, man
soll mir, so wie dies auch in Deutschland und Italien geschehen
ist, die Unterlagen oder konkreten Geschäfte mitteilen. In diesem
Fall kann ich die Zollbehörde darauf aufmerksam machen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte das Fachreferat fragen.
Am Samstag Vormittag besuchte ich die Internationale Wiener
Modewoche. Die Vormittagsmodenschau, wo die Firmen ihre Pro-
dukte zeigen, war sehr gut besucht. In den Verkaufshallen aber
war es dann umso trostloser. Die Aussteller waren verzweifelt,
viele erklärten mir, sie würden wahrscheinlich das nächste Mal
nicht mehr daran teilnehmen. Ich habe mit der Messeleitung genau
diskutiert, wieso es zu diesem Desaster kommen konnte. Man erklär-
te mir, daß die Aussteller selbst verlangt haben, an diesem Wochen-
ende die Modewoche abzuhalten. Die Aussteller wieder erklärten
mir, es sei ein Wahnsinn, nachdem in Salzburg eine typische
Modewoche-Ausstellung vor München, äußerst gut besucht und mit
guten Geschäftsabschlüssen endend, dann aber die große Modewoche
in München, die Händler sich bereits alle eingedeckt haben. Dazu
kam jetzt noch, daß das Frühjahr ausblieb und durch die schlechte
Witterung die Lager bei den Kleinhändlern voll sind. Vormittag
herrschte auch in den Hallen eine solche Ruhe und waren so wenig
Leute dort, teilweise überhaupt niemand, daß es auch bei mir
einen furchtbaren Eindruck machte. Erst am Nachmittag, als die
Kleinhändler scheinbar ihre Geschäfte dann geschlossen haben, hat
sich dies gebessert. Ich habe der Messe vorgeschlagen, sie sollte,
wenn man schon ein Wochenende hereinnehmen muß, nicht Freitag be-
ginnen und Sonntag enden, sondern Samstag Vormittag die Eröffnung
durchführen, da kommen 200 bis 300 Leute, die dann auch die
Hallen beleben, am Nachmittag beginnt dann das Geschäft mit den
Kleinhändlern, Sonntag können dann die Leute aus den Bundeslän-
dern nach Wien fahren und am Montag kommen die Großeinkäufer von
den Kaufhäusern, die ja seltener am Wochenende gerne einkaufen
fahren. Leider ist es für die Herbstmesse noch nicht möglich, diese
neue Einteilung zu starten. Ich bin sehr gespannt, wie die Aus-
steller die Geschäftsabschlüsse beurteilen und ob tatsächlich ,
die sich angekündigt haben, beim nächsten Mal gar nicht mehr aus-
stellen werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Das Fachreferat soll genau recherchieren.
Tagesprogramm, 11.4.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)