Mittwoch, der 12. März 1980

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Mittwoch, 12. März 1980

Dr. Dobner vom Atomforum, der sich um die Vorstands-
stelle bei der Donau KW bewirbt, möchte in einer Vor-
sprache die persönlichen Beschuldigungen aus seiner Ver-
bundzeit mit mir besprechen. Ich erkläre ihm sofort ein-
leitend, dass die ganze Angelegenheit für mich nicht inter-
essant ist, da er kein Beamter ist, ja nicht einmal der
Verbundgesellschaft angehört. In beiden Fällen hätte ich
vielleicht entsprechende Massnahmen zur Untersuchung einlei-
ten müssen. Dobner sagt meiner Meinung nach zu Recht, selbst
wenn die Beschuldigungen stimmen würden, so wäre sie jetzt
nach 15 Jahren schon längst verjährt. Seiner Meinung nach,
und dies hat ihm auch der ehemalige Generaldirektor Hinter-
mayer
von der Verbund gesagt, hat Wiesinger kein besonderes
Interesse an diesem Posten. Er ist schon 56 Jahre und mit sei-
ner jetzigen Position in der Verbundgesellschaft ganz zu-
frieden. Nach Information Hintermayers hat auch seinerzeit
in der DoKW nicht ein unpolitischer Dr. Fenz den Sozialisten
Kobilka verdrängt, sondern dies ergab sich nur aus der
Konstruktion der Beschickung der österr.-bayrischen Kraft-
werke resp. der Jochenstein KW. Damals hat Herr Minister
Weiss, der für die Personalfragen der Elektrizititäsunter-
nehmungen sich zuständig erklärt hat, in einem Brief an die
Verbundgesellschaft diese aufgefordert, den Dr. Zach zu be-
stellen. Die deutschen Betriebsräte hatten dagegen Einspruch
erhoben. Deshalb wurde der als X angesehene Dr. Bauer ent-
sendet. Der der rechten Gruppe zugerechnete Dr. Fenz wurde
dann in die DokW als unpolitischer Fachmann entsendet.
Diese Darstellung stimmt sicherlich nicht.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Hintermayer soll Dir die
Sache gemau schildern.

Dobner informierte mich auch, dass das Atomforum eigentlich
nur aus ihm und einer Sekretärin besteht. Schon allein aus
diesem Grund wäre es unzweckmässig, Dobner dort abzube-
rufen und eine andere Funktion zu geben. Die Atomfrage


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wird jetzt in der nächsten Zeit durch die Unterschrifts-
aktion auf Einleitung eines Volksbegehrens aktuell und
wird gerade so aktive Leute wie Dr. Dobner dringendst brauchen.
Dobner hat gute Beziehungen zur Gesellschaft für Energie-
wesen, Dr. Kienzl, und ist gleichzeitig auch der Geschäfts-
führer von Austro-Atom, wo 4 Firmen, Waagner-Biro, SGP,
Böhler, Schoeller, sich zusammengeschlossen haben, um die
entsprechenden Interessen der Atomteile-Produzenten, Kompo-
nenten-Erzeuger zu wahren. Dobner war über diese Aussprache,
so habe ich zumindestens den Eindruck gehabt, befriedigt, weil
er scheinbar befürchtete, ich würde ihm irgendetwas nachtragen.
Dazu habe ich erstens gar keinen Grund und zweitens sehe
ich nicht ein, warum ich mich über Angelegenheiten alterieren
sollte, die mich in keiner Weise oder die Zeit seitdem ich
für die Energiefragen verantwortlich bin, betreffen. Ich habe
Dobner nur mit aller Deutlichkeit gesagt, dass die Besetzung
der DokW ja längst entschieden ist und dass ich, wie mir mit-
geteilt wird, Wiesinger als nicht nur einen exzellenten Fachmann,
sondern für diesen Posten besser geeignet als Dobner halte.
Überrascht war ich von der Mitteilung, dass der Energiesprecher
NR König Dobner informierte, er hätte eine Aussprache mit
GD Fremuth gehabt, wo dieser ihm zusicherte, er wird die
ganze Frage neuerdings in der soz. Fraktion ausrollen. Aus
der Information wäre – so Dobner – klar und deutlich hervor-
gegangen, dass keine Entscheidung auch innerhalb der soz.
Gruppe gefallen ist. Eine Rücksprache von Satzinger mit
Fremuth ergab, dass daran kein wahres Wort ist. König hat noch
einmal bei Fremuth interveniert und dieser sagte nur, er wird
diese Intervention neuerdings der soz. Gruppe mitteilen.

Auch vor der Messe-Eröffnung hat neuerdings der Vorsitzende
des Aufsichtsrates der DoKW, LH Maurer, wegen der Besetzung
bei mir interveniert. Maurer meinte, er hätte durch 10 Jahre
jetzt in der Donau eine gemeinsame Politik vertreten, obwohl
ja die Sozialisten jetzt die Mehrheit im Aufsichtsrat haben.
Absichtlich oder unabsichtlich hat er verschwiegen, dass es
jahrelange gedauert hat, bis ich endlich die soz. Mehrheit
dort installieren konnte. Darüber habe ich natürlich auch


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keine Erwähnung ihm gegenüber gemacht. Ich habe aber
klar und deutlich betont, dass er mit Recht sagt, in den
letzten zehn Jahren hat er eine gemeinsame Politik ge-
macht. Vor 1970 nämlich wurde entgegen einer traditionellen
gemeinsamen Personal- und Geschäftspolitik der DoKW sehr
wohl der Sozialist durch den, wie aus dem Gespräch mit Dobner
hervorging, rechtszugehörigen Dr. Fenz ersetzt. Ich habe
daher dem Präsidenten Maurer nur erklärt, dies sei eine An-
gelegenheit der Organe, Wiesinger wird von allen, auch von
Maurer selbst, als der Fachmann anerkannt, für mich, sagte ich,
sei der einzige Makel an ihm, dass er kein Sozialist ist.

Die Messe-Eröffnung spielte sich im üblichen Rahmen ab,
5 Redner sind sicherlich zuviel, ich war mit Zahlenmaterial so
angestopft, dass ich dort hätte viel länger reden müssen,
als ich dann letzten Endes, glaube ich, zur Freude aller Anwesen-
den getan habe. Mir kam es primär darauf an, die schon
von mir im Vorjahr getroffene Vorhersage, dass eine Konjunktur
jetzt durch Antizipation der Rüstung im Jahre 1980 zu erwarten
ist und damit die Prognose der OECD, aber auch der österr.
Wirtschaftsforscher, das zweite Halbjahr 1980 wird schlecht sein,
längst überholt ist, öffentlich zu deponieren. Mit allen
Unternehmervertretern, mit denen ich in der letzten Zeit sprach,
konnte ich feststellen, dass eine ungeheure Auftragszunahme
festzustellen ist. Dies bezieht sich nicht nur allein
auf Exportaufträge, sondern auch auf den Inlandsmarkt. Natürlich
ist die Ertragslage, wie Handelskammerpräsident Sallinger bei
seinen Ausführung heruntergelesen hat, unbefriedigend. Ich
konnte mich aber nicht zurückhalten, um zu erklären, man sagt
nicht umsonst, man zahlt zwar bei jedem Stück drauf, aber
der Umsatz macht's. Durch die Umsatzzunahme kommt es nämlich
schon allein durch Verbesserung der Fixkostenverteilung
auch früher oder später zu entsprechender Ertragsverbesserung.
Ich will aber gar nicht bestreiten, dass dies für die österr.
Wirtschaft, insbesondere für die grossen Betriebe, von grösster
Wichtigkeit und Dringlichkeit ist. Etliche Jahre hätten weder
die Vöest noch Kleinbetriebe in der schlechten Ertragslage
durchstehen können.



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Interessant war, dass diesmal der Bundespräsident auf viele
Ziffern und zahlenmässige Aussagen über die Wirtschaftslage
zurückgegriffen hat. Bis jetzt hat er dies nie getan. Ich
war direkt glücklich, dass ich nicht vorher alle diese Zahlen
erwähnt habe, ansonsten hätten die Zuhörer sie doppelt gehört.
Präs. Benya, der neben mir sass, meinte, jetzt bist Du schon
bei der 20. Wiener Messe als Handelsminister gewesen. Ich erklärte,
wenn ich alle Messe-Eröffnungen und Ausstellungseröffnungen,
die sich auch Messe nennen, zusammenrechne, habe ich sicherlich
schon an die Hundert eröffnet. Benya registrierte das mit einem
gewissen Behagen, wie er mir versichert.

Der traditionelle Rundgang des Bundespräsidenten führt zuerst
in die Handelskammer Wien, für mich überraschend hat aber Kirch-
schläger
zuerst die Arbeiterkammer am Weg zur Handelskammer
besucht. Dort wurde diesmal das Thema Umschulung behandelt.
In der Handelskammer dagegen stellten die Drogerien ihre
Leistungen zur Schau. Was mich persönlich geärgert hat, war, dass
ich über die jetzt von Jagoda getroffene Entscheidung, und wie
ich dort sofort erklärte, erträgliches Kompromiss zwischen den
Grossmärkten der Drogerie und den Apothekern nicht im Detail
mehr Bescheid wusste. Ich erinnerte mich nur, dass Jagoda vor
längerer Zeit einen diesbezüglichen Akt vorgelegt hat, den ich
sehr gerne dem Gremialvorsteher des Drogeriehandels im Detail
erörtert hätte. Statt der unnötigen Information von Min.Rat Müller,
wieviele Aussteller dort anwesend sind und sonstiges Ziffernmaterial,
das die Messe über ihren Pressedienst sowieso aussendet, wäre
es mir sehr recht, bekäme ich in Hinkunft inhatlsbezogene Infor-
mationen über Probleme, die – wie z.B. eben bei Drogerien –
durch entsprechende Abgrenzung vom Handelsministerium durch-
geführt, eine brandneue aktuelle Mitteilung. Ich konnte nämlich nicht
nicht ahnen, als ich dieses Gespräch mit dem Innungsmeister
und dann dem Präsidenten der Wiener Handelskammer Dittrich be-
gonnen habe, dass diese Organisation noch gar nichts von der
Entscheidung Jagodas gewusst hat.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: In Hinkunft bitte versuche solche aktuellen
Fragen bei Eröffnungen zu sammeln.



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Die Aussprache mit FV-Journalisten hat sich, glaube ich,
sehr gelohnt. Burian hatte recht, als er mit aller Deutlich-
keit darauf bestand, dass die Fremdenverkehrsfragen nicht
beim letzten Montags-Pressefrühstück noch schnell zum
Drübenstreuen abgehängt wurden. Das Preisausschreiben für den
Fremdenverkehrstag ist ein guter Grund, die FV-Journalisten
einmal extra zusammenzurufen. Bei dieser Gelegenheit konnte
ich gleichzeitig auch unsere Fremdenverkehrspolitik ein
wenig erörtern, bevor Min.Rat Würzl über die Ausschreibung,
was soll im Fremdenverkehr besseres geschehen, ein Ideen-
wettbewerb, im einzelnen erörterte.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Bei solch guten gelegentlichen Auf-
hängern kann man wirklich Fachjournalisten zusammenrufen.
(FV, Motorjournalisten usw.)

Am Abend besprach ich mit unserem neugewählten Frauen-Komitee,
das übrigens auch das alte wieder ist, die Personalfragen
der Landstrasser Organisation. Ich war über ihr Verständnis
bezüglich der zukünftigen Vorstandsbesetzung sehr überrascht.
Tischler bestätigte mir dann unter vier Augen, dass sie, so
wie Albrecht, gar kein Interesse haben, mit aller Gewalt
Positionen zu halten, die dringendst von Männern benötigt
werden. Andrerseits waren die Frauen wieder sehr überrascht,
dass ich ihnen sofort zugestanden habe, dass ich sie unter-
stützen werde, dass sowohl der Kassier als auch der Schriftfüh-
rerposten in Hinkunft von Frauen in unserem Vorstand besetzt
werden. Noch mehr überrascht war ich aber über das Verständnis
unserer Frauen, die ja meistens in Sektionen verankert sind,
dass man einsieht, wenn ich Sonntag in Niederösterreich Wahl-
werbung zur Gemeinderatswahl betreibe, als dass ich mich,
wie ich als Bezirksobmann allerdings in Zukunft schon erwarte,
von dieser Arbeit entlastet mich bei Abstimmungen doch in
den Sektionen sehe lasse oder mich zumindestens im Partei-
sekretariat aufhalte.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Trotz dieses Verständnisses bitte
in Hinkunft auf Bezirksveranstaltungen mehr achten.

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Tagesprogramm, 12.3.1980


Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Dir. DoKW


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
      GND ID: 119083906


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Sts. HM


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 119100339


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Atomforum


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: ehem. ÖVP-Verkehrsminister, Präs. Verbund


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Büro des Bundesministers


                Einträge mit Erwähnung:
                  GND ID: 115563237


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: ehem. GD Verbund
                      GND ID: 117712558


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Präs. Wr. HK


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Vorst. Inst. Energiewirtsch. TU Wien


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Vorstand Verbund


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Beamter HM, Fraktion soz. Beamter im HM


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: Verbund, Prokurist Dampfkraftwerk Korneuburg, Vorstand DoKW


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


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                                        Tätigkeit: Dir. DoKW


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Bezirkssekretärin SPÖ-Landstraße


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


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                                              Tätigkeit: Außenminister, Bundespräsident
                                              GND ID: 118723189


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                                                Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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