Freitag, 22. Feber 1980
Beim Jour fixe in der Handelskammer habe ich Generalsekretär
Kehrer ersucht, die Handelskammer möge mir jetzt die Preis-
vorstellung des Dieselkraftstoffes mitteilen, die ich ja laut
Beschluss der Paritätischen Kommission amtlich preisregeln soll.
Kehrer meinte, der jetzige Zustand sei insbesondere für die ÖMV
unerträglich. Sie müsse 1,800.000 Tonnen in ihrer Raffinerie
produzieren und damit die internationalen Multis mitversorgen.
Diese hätten in ihrer Lohnverarbeitung einen verhältnismässig
tiefen Raffinerieabgabepreis, den die ÖMV wegen des Beschlusses
der Paritätischen Kommission, die nächste Dieselpreiserhöhung
müsste auch von ihr genehmigt werden, solange keine amtliche Preis-
regelung erfolgt, den Raffinerieabgabepreis eben unverändert ge-
lassen. Die Internationalen würden deshalb auf freiwilliger Basis
der ÖMV teilweise höhere Raffinerieabgabepreise bezahlen. Die
Tankstellenabgabepreise wurden ja bei der letzten Benzinpreis-
erhöhung ebenfalls entsprechend erhöht.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Die Abteilung soll versuchen herauszube-
kommen, wie dies abgerechnet wird.
Die Ölpreissituation ist kritischer, unüberschaubarer denn je.
Die Informationen, welche wir bekommen, sind sicherlich nicht nur
unzulänglich, sondern auch überhaupt nicht analysiert. Ich verstehe
das Unbehagen der Arbeiterkammer, welche deshalb bei den Preis-
prüfungsverfahren entsprechende detaillierte Unterlagen laufend
erhalten möchte, um aus dieser Entwicklung die tatsächlichen
Preiskomponenten im einzelnen dann errechnen zu können. Solange
ich in der Paritätischen Kommission noch als Arbeiterkammerver-
treter gewirkt habe, war die einzige Prüfungsmöglichkeit die
Kontinuität der Angaben über Jahre zu verfolgen.
Der Mobil-Oil-Aussenseiterbezieher Pichler, hat sich jetzt he-
rausgestellt, war bereits in Kontakt mit Dr. Haffner. Die Ehefrau
von Pichler hat, wie ich jetzt aus dem Schreiben entnehmen konnte,
damals schon mit Veröffentlichungen gedroht, als ihr Mann in
Untersuchungshaft gesessen ist. Wieso diese Tatsache bei uns im
Büro unbekannt blieb und Satzinger und ich mit ihm Unterlagen aus-
tauschten, ist mir jetzt ein Rätsel.
ANMERKUNG FÜR ALLE: Bitte besser koordinieren und mich zeitge-
recht informieren.
Albrecht hat beim Designmöbel-Wettbewerb jetzt mit der Handelskammer
vereinbart, dass wir und die Handelskammer 500.000 Schilling
Gsöllpointner zur Verfügung stellen. Sallinger teilte nämlich
mit, er hätte mit Finanzminister Androsch darüber gesprochen und
dieser wird auch einen wesentlichen Betrag flüssig machen. Albrecht
wird mit Innenarchitekten die Qualitätsmöbel dann in Mittelbe-
triebe über die Handelskammer anbieten. Sallinger will unbedingt,
dass die Architekten mit Handwerker zusammen eingesetzt werden.
Die Architekten würden nämlich ansonsten aufwendig ihre Ideen
verfechten, ohne die finanzielle Deckung und die tatsächliche
Durchführung zu beachten. Sein Motto, der Architekt macht um ihr
Geld, was er will, trifft sicherlich gelegentlich zu.
Sallinger ist ÖOC-Vizekassier. Entweder in dieser Funktion als
Olympiakomiteemitglied, oder als Präsident der Handelskammer hat
der sowjetische Botschafter ihn um eine Aussprache ersucht. Sallinger,
aber auch Kehrer stehen auf dem Standpunkt, wenn die Olympiafrage,
was sicherlich anzunehmen ist, zur Sprache kommt, dass auch die
Handelskammer Zeit schinden möchte. Jetzt bräuchte man nichts zu
entscheiden. Dieselbe Meinung hat auch Kreisky, mit dem Sallinger
gesprochen hat. Im Prinzip ist Sallinger aber so wie Kehrer der
Meinung, dass die Regierung keinen Nichtbeteiligungsbeschluss fas-
sen soll. Hier deckt sich der politische Standpunkt Kreisky's
vollkommen mit dem wirtschaftlichen Standpunkt der Handelskammer.
Kehrer schlug vor, wir sollten bei der nächsten Gemischten Kommis-
sion in Moskau eine Untergruppe, mit Firmendelegierten besetzt,
verlangen, wie dies angeblich die Deutschen und die Japaner handha-
ben. Dagegen habe ich grösste Bedenken. Bisher wurden Firmenver-
treter, wo immer ich welche bei Gemischten Kommissionen getroffen
habe, stets informiert und versucht mit bilateralen Gesprächen
ihre Verhandlungen durch entsprechende Ankündigungen in den Ge-
mischten Kommissionen zu beschleunigen. An der Gemischten Kommis-
sion oder, was noch viel kritischer wäre, in die Delegationsliste
wurden sie nie aufgenommen. Dieses pragmatische Prinzip will ich
beibehalten. Eine Institutionalisierung macht wahrscheinlich
insbesondere den Staatshandelsländern nur grosse Schwierigkeiten.
Mein Hinweis, daß Staatssekretär Beil erwähnte, die Aussprache
von ihm mit der Handelskammer hätte gezeigt, daß der DDR-Ver-
trag bestens läuft und Sallinger dies sogar im Parlament sagen
wird, dürfte ein Mißverständnis gewesen sein. Sallinger und
Kehrer bestätigten mir, daß sie nur darauf verwiesen, daß
jetzt nicht nur die Großbetriebe, sondern die Klein- und Mittel-
betriebe insbesondere durch die Konsumgüterimportquote zum
Zug kommen.
Ich informierte Sallinger über die Aussprache mit Bundespartei-
obmann Mock und Energiesprecher König wegen der Bestellung
Mussil's zum Präsidenten des Aufsichtsrates der Verbundgesell-
schaft. Sallinger meinte, er müsse jetzt eine Aussprache mit
Mussil haben, da er das Gespräch in der Volkspartei darauf ge-
bracht hat. Dies kann ich nicht prüfen, bin aber sehr froh,
daß jetzt vielleicht doch alle Kreise der ÖVP für Mussil plä-
dieren werden. Dadurch würde der von mir vor Monaten verlangte
Energiesprecher der Handelskammer zwar nicht mehr im Präsidium der
Handelskammer sein, aber ein bedeutender Mann der Handelskammer
dann als der richtige Gesprächspartner für mich auf der anderen
Seite sich entwickeln können. Mussil war eine starke Persönlich-
keit und wird dies sicherlich noch einige Zeit lang bleiben.
Kehrer berichtet mir von dem großen Erfolg der Horten-Österreich-
woche in den deutschen Kaufhäusern.
Die Handelskammer hat in Erfahrung gebracht, daß der deutsche
Wirtschaftsminister Lambsdorff zur Aussprache nach Lübeck seinen
Sekretär und Dr. Streit mitnehmen wird. Die Handelskammer möchte
unbedingt, daß ich den Außenhandelsdelegierten beiziehe. Ich
habe keinerlei solche Zusagen gemacht, sondern nur erklärt, ich
müßte abwarten, wer letzten Endes dann wirklich kommt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Versuche dies gelegentlich, ohne daß es
auffällt, festzustellen, wenn Du wieder Kontakt mit dem Sekreta-
riat Lambsdorff bekommst.
Kehrer teilt mir mit, daß die Handelskammer jetzt einstimmig
beschlossen hat, 0.5 % Höchstzinssatz zu akzeptieren. Die BÜRGES
kann jetzt, wenn Jagoda dies vorschlägt, an diesen ein-
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stimmigen Beschluss der Handelskammer verweisen.
Zur 20 Jahre EFTA Feier wird von seitens der Handelskammer ge-
fragt, wie sich dies abwickeln wird.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Handelskammervertreter entspre-
chend von Steiger informieren lassen.
Die Firma Andritz und Ruthner haben in Kairo jetzt für die
Abfallverwertung grosse Projekte für 500 Mio Schilling knapp
vor dem Abschluss. Technisch sind sie allen anderen überlegen.
Bei den Japanern war es eine harte Preiskonkurrenz, bei den
Franzosen eine Finanzierungsfrage. Die Andritzer haben jetzt
von der CA 5% Kredit für 85% des Liefervolumens für 10 Jahre
bekommen. Damit meinen sie, könnten sie auch jetzt die Ägypter zu
einem Vertragsabschluss bringen. Die Direktoren Farschaleg und Thun
befürchten nun, dass die VÖEST Alpine neuerdings sich um dieses
Geschäft wieder bemühen würde.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Ich möchte mit Fälbl darüber sprechen.
Im 5. Bezirk hat die Lederverarbeitungsfirma Schweder, der ich
das Dekret zur Führung des Staatswappens überreichte, grosse Schwie-
rigkeiten mit ihrer Verbrennungsanlage für Abfälle. Die Verwertung
war notwendig, da die Müllabfuhr diese riesigen Mengen schwer
bewältigte. Gleichzeitig war auch notwendig die energiesparende
Verbrennungsanlage mit Nachverbrennung zu installieren. Bei Nie-
drigdruckwetter beschweren sich die Anrainer über Geruchsbelästi-
gung. Ansonsten hat die Firma derzeit so wenig Näherinnen. Un-
wahrscheinlich für mich war, dass sie imstande ist, äusserst
billige Necessaires nach Amerika zu exportieren. Direktexporte
gleich zu den grossen Kaufhäusern, sie arbeiten mit bis zu 400%
Aufschlag, Necessaire unter 5 Dollar, die Schere darf daher nur
2 Schilling kosten, schneiden kann man damit allerdings nichts.
Ein Auftrag für hunderttausende Dollar musste jetzt wegen der Kurs-
unsicherheit fahren gelassen werden. Die Bezahlung würde im Oktober
erfolgen. Ein Arbitragebüro würde statt der 12.40 Schilling dann
nur 11.90 bezahlen. Grosse Firmen kaufen auf Termin ihre Gegen-
lieferung, z.B. Rohstoffe oder Material in Amerika zum Oktober-
Termin, sodass Kursschwankungen keine Rolle spielen. Mittlere
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Firmen, wie dieser 309 Betrieb hat eine solche Möglichkeit nicht.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Aussenhandelssektion soll prüfen, ob
wir irgendwelche Möglichkeiten hätten.
Beim Besuch mit Frau Staatssekretär Albrecht beim ÖAMTC konnte
ich feststellen, dass dieser – nachdem ich längere Zeit schon nicht
dort gewesen bin – sich ständig erweitert. Reisebüro, Boutique
für alles Erdenkliche, Geldwechselstube usw. Sowohl der jetzige
Generalsekretär Dr. Veith als auch sein wahrscheinlicher Nach-
folger, in 1 1/2 Jahren geht er in Pension, Schuchlenz, bemühten
sich den ÖAMTC als Vorfeldorganisation der ÖVP herauszulösen und
eine wirkliche Interessensvertretung der Kraftfahrer zu werden.
Angeblich hat es ihnen leid getan, dass sie nicht mit dem ARBÖ
gemeinsam "gleiten statt hetzen", ihr ganz grosser Energieeinspar-
schlager, gemeinsam propagiert haben. Von mir erwarten sie, dass
ich eine Aufklärungskampagne mit den Kraftfahrzeugverbänden über
die Benzinsituation durchführe. Die Ölfirmen haben jetzt ein so
schlechtes Image wie seinerzeit die Österreichische Versicherungs-
wirtschaft. Damals hatte ich den Weisenrat empfohlen und Androsch,
der ja für die Versicherung zuständig ist, hat ihn aufgegriffen,
seit der Zeit gibt es keine grösseren Schwierigkeiten mehr, da die
Kraftfahrverbände informiert sind.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Im Zuge der Preisverhandlungen ARBÖ und
ÖAMTC ebenfalls vorsichtigst informieren.
Die vorgesehenen ECE-Werte Europatest sollen nur auf Neuwagen
angewendet werden. Im Falle der Altwagen müsste nämlich Prof.
Lenz 4.000 Typen, so viele laufen jetzt in Österreich, ebenfalls
prüfen. MR Förster vom Finanzministerium erwägt ähnliche Lösungen.
In der Vergangenheit wurde bei US-Autos ebenfalls eine Aufsplit-
terung der Kraftfahrzeugsteuer durchgeführt.
Der ÖAMTC wäre an einer Benzinverbrauchsdeklaration auf die Kraft-
fahrzeuge, durch Pickerl gekennzeichnet, sehr interessiert.
Das Konsumentenschutzgesetz, Kampf gegen Kleingedrucktes, wird jetzt
nicht nur bei den Kaufverträgen vom ÖAMTC untersucht, die Handels-
kammer und das Gremium haben daher schon heftigst gegen den ÖAMTC
polemisiert, sondern auch die Geschäftsbedingungen der Versicherungen
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Reisebüroverbandes usw. wird jetzt unter die Lupe genommen.
Staatssekretär Albrecht war mit dieser Vorgangsweise sehr ein-
verstanden. Die Handelskammer tobt dagegen, weil sie immer mehr er-
kennt, welch geringeren Einfluss sie jetzt im ÖAMTC hat gegenüber
der unmittelbaren Nachkriegszeit. Das Argument, dass 250 Mio Schil-
ling der ÖAMTC jetzt Kredite für Reparaturen an Ausländer gege-
ben hat, damit die ihren Wagen hier in Ordnung bringen können,
lässt sie nicht gelten.
Der ÖAMTC hat jetzt für 3.5 Mio Schilling einen Grossraumprüf-
wagen angeschafft, der in Niederösterreich und Burgenland sofort
eingesetzt werden konnte. Wien, Magistratsabteilung 46, hat die Ge-
nehmigung § 75 a bis jetzt nicht gegeben. Mit dem dafür verantwortli-
chen Stadtrat Nittel haben sie einen guten Kontakt, ersucht mich aber,
ich sollte bei ihm intervenieren, was ich auch zusagte.
Beim Weggehen erfuhr ich, dass der ÖAMTC mit seinem Büro aus-
siedelt, das Haus der Girozentrale verkauft und jetzt entweder
in Wien eine Grund bekommt, oder nach Niederösterreich, d.h. an
die Stadtgrenze, übersiedelt. Dies wollen sie nicht, obwohl sie
sich dann 3 Mio Schilling Anzeigensteuer ersparen würden.
ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte mit Nittel verbinden.
Beim Mittagessen, gegeben vom Finanzminister für Vizeminister-
präsident Lukanow aus Bulgarien, hat Androsch in einem 6-Augen-
gespräch vorgeschlagen, für die Zollproblematik soll jetzt ein
kleines Komitee entsprechende Vorschläge unterbreiten. Lukanow
wird seinem Generaldirektor für Aussenhandel und einen Zollspe-
zialisten um mit SChef Manhart zu verhandeln. Vom Handelsministerium
habe ich MR Fälbl vorgeschlagen und ihn auch schon verständigt.
Die Aussprache mit Lukanow und seinen begleitenden Generaldirek-
toren der verschiedensten Aussenhandelsorganisationen dauerte auf
Wunsch Lukanows für mich nur kurze Zeit. Wir stellten nur einleitend
die uns interessanten Exportprojekte vor, Lukanow trug die bulgari-
schen Wünsche vor, keine ausschliesslichen Kompensationsforderungen
bei Exporten, wohl aber günstigere Kreditkonditionen und preisliche
Nachlässe für die halb Dutzend Projekte, die von bulgarischer Seite
bezeichnet wurden. Ich erklärte dann, ich müsste um 16.00 bereits
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die Sitzung verlassen, da ich vertraulich von der Begleitung
Lukanows gehört hatte, er möchte unbedingt den Abfahrtslauf in
Lake Placid, wo ein Bulgare mitfuhr, aber nichts gewann, zuse-
hen. Selbstverständlich bin ich diesem Wunsch nachgekommen und
Fälbl hat dann die Sitzung weitergeführt. Interessant dabei war,
wie er mir abends bei der Verabschiedung Karski's berichtete,
dass die Generaldirektoren auch keinerlei Äusserungen von sich
gaben. Über Einzelprojekte wurde kaum gesprochen, nach einer
weiteren Stunde löste sich die ganze Sitzung auf.
Bei der Verabschiedung des polnischen Aussenhandelsministers Karski
am Ostbahnhof hatte ich Gelegenheit noch eine längere Aussprache
mit ihm unter vier Augen zu führen. Karski hofft, dass jetzt end-
lich die Kreditbedingungen für den Kohlekredit österreichischer Seite
so gestaltet werden, dass die Polen akzeptieren können. Die neue
polnische Regierung wird grössten Wert auf Kohleexporte legen, die
Kohlenproduktion muss in Polen noch wesentlich erweitert werden.
Dazu werden aber grosse Kredite notwendig sein. Polen setzt nach
wie vor alles auf Kohle. Sein Amtsvorgänger Olszewski hat als
Chemiefachmann vor ein paar Jahren einen entsprechenden prämierten
Plan über Importsteigerung von Rohöl vorgelegt. Danach hätten
anstelle der jetzt 17 Mio Tonnen Verbrauch die Polen schon 60 Mio
Tonnen jetzt verbrauchen müssen. MR Fälbl ist von einem Heurigen-
besuch für Lukanow von Vizekanzler Androsch ersucht worden, er
solle Karski ausrichten, dass der Kohlekredit unbedingt vinkuliert
werden muss. Fälbl fragte mich zuerst, ob er dies auch Karski jetzt
mitteilen sollte, hat dies aber dann doch bei der Verabschiedung,
bevor er in den Zug eingestiegen ist, ihm gesagt.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Mit Fremuth möchte ich beim nächsten
Ministeriumbesuch darüber sprechen.
Tagesprogramm, 22.2.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)