Dienstag, 12. Februar 1980
Dir. Stanek, Waagner-Biro, informiert mich von dem Begleitbesuch
mit Kreisky. In Indien hätte er lieber gesehen, daß Nußbaumer
nicht einen Kredit von S 127 Mio. 10 Jahre rückzahlungsfrei auf
20 Jahre mit 2 % Verzinsung gibt, sondern lieber Zinsenzuschüsse
zu Exportgeschäften, die dort möglich wären. In Indien ist ein
neuer Handelsminister, der erst ganz kurz im Amt ist. Neben
seiner Firma hat die SGP und vor allem VÖEST-Alpine größere
Möglichkeiten. Er möchte, daß unbedingt eine Unternehmerdelegation
unter meiner Führung nach Indien fährt. Ich habe ihm sofort zu-
gesagt, wenn ein solcher Bedarf und Wunsch vorliegt, daß ich da-
zu bereit bin. Einladung habe ich schon seit etlichen Jahren von
verschiedensten Indien-Ministern, die alle in Österreich waren.
Im Irak hat Waagner-Biro einen S 500 Mio. Auftrag, davon S 140
Mio. für die eigene Firma, den Rest könnte Indien, Hindustan
Construction, bekommen, es gelang nicht, diese Firma bis jetzt an
Drittmärkten einzubinden.
Waagner-Biro ist aber an Taiwan besonders interessiert, dort gibt
es einen zweiten Kessel für eine Raffinerie für S 90 Mio., fast
ausschließlich Werkstattarbeit. Mit Petrol Company steht der Ab-
schluß knapp bevor. Waagner-Biro wird deshalb von der chinesi-
schen Delegation den Manager von dieser Firma, der mitkommt, kosten-
mäßig übernehmen. Damit fehlen nur noch Firmen, die die restlichen
zwei Manager bezahlen. Die drei Sektionschefs und den Minister
nimmt die Handelskammer. Ich bin fest davon überzeugt, daß VÖEST-
Alpine oder andere große Firmen dies ohne weiters machen werden.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sofort Entsprechendes bei der Um-
frage ?? feststellen.
In Ägypten hat Waagner-Biro eine Leca-Anlage in Heluan in der
Endmontage und wird sie demnächst eröffnen. Eine zweite ist jetzt
endverhandelt und seit 8 Monaten hört Waagner-Biro nichts mehr.
Eine dritte möchte Osman of Osman, der große Manager von Arabic
Construction, bestellen. Stanek war sehr verwundert und erfreut,
als ich ihn sofort eingeladen habe, bei meiner Delegation nach
Ägypten mitzufahren. Überhaupt werde ich immer wieder gefragt,
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z.B. bei der Bundesfraktion des ÖGB von Freyschlag, dem Vize-
präsidenten der Arbeiterkammer in Linz, ob z.B. auch jemand von
Chemie Linz mitfahren könnte, da diese großes Interesse an Pro-
duktverkauf haben. Ich glaube, daß es viel zu wenig bekannt ist,
daß ich daran brennendst interessiert bin, nicht nur mit einer
Beamtendelegation, sondern, was viel wichtiger ist, mit entspre-
chenden Firmenvertretern solche Reisen zu machen. Nur die können
nämlich entsprechende Abschlüsse tätigen und dabei kann ich ihnen
ein klein wenig helfen. Die ewigen Beamtendelegationen, wo nichts
herauskommt als Protokolle, meistens sinnlos, gehen mir ehrlich
gesagt sowieso schon auf die Nerven. Wenn eine solche Reise über-
haupt einen Wert haben soll, dann müßten stets die Firmenvertre-
ter mitfahren, denen ich entweder eine Verbindung eröffnen kann
oder vielleicht sogar zu einem oder anderem Abschluß verhelfen
kann. Der Versuch von Haffner mit Banken eine ähnliche Konstruk-
tion zu beginnen, hat dazu geführt, daß dort, wie er mir selbst
sagt, gewisse Mittelmanager Sightseeing-Tours mitmachen wollen.
Damit ist weder dem österreichischen Export noch mir geholfen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte versuche zu klären, welche Firmen
an Mitreisen interessiert sind.
Der Ministerrat ging schnell über die Bühne. Nachher hatte ich
Gelegenheit, mit Minister Firnberg über eine mögliche Berufung
von Min.Rat Gröger an die Wirtschaftsuniversität zu sprechen.
Gröger hat jetzt eine Gastvorlesung in Graz und wäre, wie mir
Heindl versicherte, bei entsprechender Unterstützung sehr interes-
siert die Wissenschaftslaufbahn miteinzuschlagen. Nachdem sowohl
Albrecht als ich Firnberg die Situation genau geschildert hatten,
stimmte sie zu meiner freudigen, aber auch großen Überraschung zu,
daß ich Gröger ohne weiters erklären könnte, daß nicht nur ich,
sondern insbesondere sie als zuständige Ministerin, die Gröger
übrigens kennt, bereit ist, ihn in jeder Beziehung zu unterstützen.
Natürlich liegt die Entscheidung nicht allein bei ihr, sondern
hauptsächlich bei den Universitäten.
ANMERKUNG FÜR HEINDL: Wirst du mit Sektionschef Wanke sprechen?
Der rumänische Außenminister Andrei kam für mich überraschend
auch das Handelsministerium besuchen. Ich beglückwünschte ihn
zu dem Abschluß Rumäniens mit der Europäischen Gemeinschaft.
Immerhin ist es der erste COMECON-Staat, der diese Sonderregelung
bekommen hat, die allerdings, so bin ich überzeugt, nicht allzu
große wirtschaftspolitische Bedeutung hat. Unser Handel mit Ru-
mänien hat sich im letzten Jahr wesentlich vergrößert, der Ex-
port ist auf 2,9 Mrd S gestiegen, der Import mit 1,1 Mrd. S
gleichgeblieben. Dieses Ungleichgewicht kann Rumänien natürlich
auf die Dauer nicht ertragen. Wir haben aber Rumänien den
österreichischen Markt außer Agrarprodukte voll freigegeben,
selbst die Agrarprodukte werden aber in großen Mengen eingeführt,
warum die österreichischen Bauern immer wieder mich heftigst und
den Landwirtschaftsminister attackieren. Bei Textil und Papier
ist es gelungen in Gegenseitigkeitsverträgen befriedigende
Lösungen zu erzielen. Andrei verwies darauf, daß jetzt andere
Länder, wo sie mehr hinexportieren können, verlangen, daß auch
aus diesen Ländern Rumänien importiert, denn sie wollen nicht die
Überschüsse, die Rumänien dort erzielt, auf dritte Länder, z.B.
Österreich, übertragen wissen. Diese Politik liegt auch in der
seinerzeitigen Zielvergaben Präs. Ceausescus, die er mit Kreisky
und Kirchschläger besprochen hat. Er möchte insbesondere, daß
sich der Außenhandel wesentlich in der Struktur verbessert und
daß vor allem die Kooperation, wo recht viel geredet wird, auch
in Zukunft zu konkreten Abschlüssen kommt. Er hat dann etliche
Projekte erwähnt, die ich dann noch ergänzen konnte, wo Rumänien
auf Drittmärkten hofft, mit österreichischen Firmen zu einem
Abschluß zu kommen. Der Handelsrat Ceausescu, ein Bruder des
Staatspräsidenten, hat dann, für mich überraschend, sich zum ersten
Mal zu größeren Erklärungen zu Wort gemeldet. Bei den gemischten
Kommissionen ist er immer verhältnismäßig sehr ruhig. Er meinte,
die VÖEST-Alpine war jetzt in Bukarest, Österreich bekommt als
erstes resp. die österreichischen Firmen bekommen zuerst die
Information über den neuen 5-Jahresplan. Hier sind große Inves-
titionen nötig, wie der Minister mir in Bukarest selbst verspro-
chen, wird jetzt eine Liste aufgrund des neuen 5-Jahresplanes
den österreichischen Firmen übergeben werden, womit dieses Ver-
sprechen eingelöst und gleichzeitig die Präferenz Österreich als
erstes westeuropäisches Land dokumentiert ist. Was den Rumänen
fehlt, ist Geld. Ich wies dann darauf hin, daß das wirkliche Pro-
blem bei Drittländern, aber noch viel mehr bei den gesamten Koope-
rationsverträgen immer die Kreditgewährung ist. Hier geben die
Staatshandelsländer meistens aus politischen Gründen, aber auch
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einige westeuropäische und übereuropäische Staaten, Kreditkon-
ditionen, mit denen Österreich nicht mitkommt. Zuletzt sprachen
wir noch über die Kompensationsgeschäfte, die die Rumänen jetzt
immer mehr verlangen, in Wirklichkeit können sie ihre Waren welt-
marktmäßig schwer verkaufen und drehen sie damit den österreichi-
schen Exporteuren als Gegenlieferung an. Überrascht war ich, daß
Andrei dann von mir die Energiesituation genau geschildert be-
kommen wollte, was für mich eine Leichtigkeit war. Ob es ihn
tatsächlich so interessierte, oder ob er nur Zeit gewinnen wollte,
bin ich mir nicht ganz klar.
Herr Giuli von der italienischen-österreichischen Handelskammer
hat mir mitgeteilt, daß in Linz jetzt eine Zweigstelle errichtet
werden soll und mich gebeten, daß ich sie eröffne. Ich habe ihm
sofort zugesagt. Die nächste Tavola rotonda wollen die Italiener
Vicenza, er meinte, Rom wäre günstiger. Ich habe ihm sofort ge-
sagt, man soll stets die Vorschläge des Gastlandes ungesehen ak-
zeptieren. Gleichzeitig teilte mir Giuli mit, daß ihr italienischer
Präsident der italienischen-österreichischen Handelskammer,
Manioni, angeblich durch den Sindona-Skandal, dessen Sohn hat
seine Tochter geheiratet, wir würden in Österreich sagen, stark
angeschlagen ist. Er wird deshalb den Vizepräsidenten, ehemaligen
italienischen Botschafter in Österreich, Aillaud, treffen. In Ita-
lien gehen die Uhren auf alle Fälle anders, denn auch der
Handelsminister Stammati, den ich in Villach bei der Tavola rotonda
getroffen habe und der durch die arabischen Ölbestechungsgelder
schwer belastet war, ist noch immer im Amt.
Giuli ist gleichzeitig auch der Repräsentant von San Marino. Er
möchte deshalb sehr gerne Kontakt mit österreichischen Stellen,
bevor er offiziell der Konsul dieses Landes, was er hofft, wird.
Ich habe mit Außenminister Pahr diesbezügliche Vereinbarung ge-
troffen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte Giuli verständigen.
Der Kurier, Piller, ist mit seinem Mitarbeiter Grabner und insbes.
Mag. Pötsch erschienen, um eine neue Kurier-Idee zu lancieren.
Sie möchten "Ein Herz für Kinder" über ihre Aktion hinaus jetzt einen
österreichischen Spielkoffer in Form von 10–15 Spielen, Beilage
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auf Karton im Kurier gedruckt, rausbringen. Sie erwarten, daß
die Österreichische Fremdenverkehrswerbung mitmacht. Ich habe
sofort zugesagt, daß ich mit Dr. Zolles über diese, wie ich
glaube, gute Idee reden werde. Als der Kurier nämlich die Winter-
karten als Beilage brachte, hat die Österreichische Fremdenver-
kehrswerbung zu spät geschaltet und wir mußten dann für den Nach-
druck S 600.000,–– bezahlen. Wären wir zeitgerecht eingestiegen,
hätte das nicht einmal die Hälfte gekostet. Ein solches Spiel
kostet ca. S 250.000,––, in Summe wird die ganze Aktion 10 Mio
kosten. Der Kurier hofft, daß er diese Spiele und die ganze Aktion
auch noch mit der Bildzeitung in Deutschland machen könnte. In
so einem Fall wäre natürlich die Österreichische Fremdenverkehrs-
werbung besonders daran interessiert. Bei dieser Gelegenheit er-
fuhr ich, daß die Aktion "Ein Herz für Kinder" von der Bildzeitung
in Deutschland erfunden wurde und der Kurier sie übernommen hat.
Scheinbar kooperiert der Kurier sehr stark jetzt mit der Bild-
zeitung.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte nächstes Gespräch mit Zolles mich
verständigen.
In der ÖGB-Bundesfraktion hat zuerst Kreisky über seine Reise
erzählt. Seine außenpolitische Konzeption und Erklärung für
Afghanistan und die Einleitung des kalten Krieges besteht darin,
daß Japan und USA sich jetzt China nähern, zu einem Nahverhältnis
kommen und sich daher die Sowjetunion eingekreist fühlt, wie in
der Zwischenkriegszeit von Westeuropa. Die raschen Wendungen in den
USA wird die österreichische Politik und Regierung nicht mitmachen.
Als sie z.B. die Bankkonten sperrten, wurde auch Großbritannien
gefragt, das sofort zustimmte und Österreich auch. Kreisky hat
es abgelehnt. Ebenso wird es bei dem Boykott für Olympia in
Moskau sein. Daher hat auch die Sozialistische Internationale
sich in diesem Punkt nicht entschieden. Die große Frage, wie es
Europa geht, Schmidt hat vorher mit Frankreich gesprochen und
dann zu einer Außenministerkonferenz auch die Amerikaner aufge-
fordert und eingeladen. Jetzt hat Giscard d'Estaing wieder abge-
sagt. In der Wirtschaftsentwicklung, insbes. Außenhandel, müßten
neue Wege gegangen werden. Die Handelskammer hat keine konzeptive
Außenhandelspolitik und hat daher auch in Saudi-Arabien alle Mög-
lichkeiten nicht genützt. Er glaubt, das Wichtigste wäre, daß
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sich 5–10 österreichische Firmen zusammen tun, um die Techno-
logie, die Kapitaldeckung usw. zu verschaffen, damit in den
Ländern, die er besucht hat, neue Exportmöglichkeiten entstehen
könnten. Die Schwierigkeit in diesen Ländern ist aber, daß wie
z.B. die Saudis die Verantwortung zur Durchführung aller Pro-
jekte von der österreichischen Regierung verlangen. Die Belgier
haben dies bei einem Garnisonsspitalsauftrag getan und hängen
jetzt drinnen, denn die Firmen konnten nicht zeitgerecht und vor
allem auftragsgemäß liefern. Daß dies der Grund ist, dürfte Kreisky
auch erkennen, wieso er dann der Handelskammer allein die Schuld
gibt, ist mir nicht ganz erklärlich.
Lausecker berichtete dann über seine ÖBB-, Post- und sonstigen
Transportsorgen. Erstmals teilte er Detailziffern mit, Straßen-
verkehrsbeitrag hat 79 1,6 Mrd. S gebracht, S 971 Mio. vom Inland,
S 612 Mio. durch die Ausländer. Vergütet wurden nur insgesamt
S 122 Mio. Die Post hat mit S 800 Mio. 1979 positiv abgeschlossen,
für 1980 ist sogar ein Überschuß von S 1,5 Mrd geplant. Das
Defizit der Bundesbahn ist nur S 7 Mrd. durch die Kameralistik,
das echte Defizit ist S 3,8 Mrd., wenn man dagegen den Straßen-
erhaltungszuschuß mit S 12,2 Mrd. setzt, so ist die Bahn gleich
defizitär oder vielleicht sogar noch weniger als die Straße.
Die Aussprache mit Aufsichtsratsstellvertreter Stadtrat Nittel,
Fremuth, dem Zentralbetriebsratsobmann Köck und Heindl über die
weitere Vorgangsweise bei der Donau wurde insofern verhältnis-
mäßig kurz und einstimmig, als wir uns einigten, wegen der Be-
stellung von Wiesinger diesen von der ÖVP gewünschten Tages-
ordnungspunkt von der Mittwoch-Aufsichtsratssitzung abzusetzen,
da zwischen Kreisky und Mock eine Aussprache stattfindet. Kreisky
wird mich zuziehen, ich konnte ihnen berichten, daß Kreisky auf-
grund des vorliegenden Materials, insbesondere die Aufsichtsrats-
protokolle aus 1966, heute auch entschlossen ist, Wiesinger als
unpolitischen Fachmann für den jetzt in Pension gehenden ÖVP-
Direktor Hermann zu berufen. Fremuth möchte noch viel schärfer
in der Elektrizitätswirtschaft vorgehen und hofft, daß Kreisky
wenigstens bei dieser Haltung bleibt.
In der Bezirksvorstandssitzung auf der Landstraße faßten wir
den wichtigsten Beschluß, daß bei der Handelskammerwahl in der
Kommission auf der Landstraße aktive Betriebsräte Beisitzer sind.
Die ÖVP wird alles daran setzen, um hier einen großen Triumph
zu erreichen.
Tagesprogramm, 12.2.1980
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 30. Ministerratssitzung, 12.2.1980
53_0181_03hs. Notizen (TO Ministerratssitzung Rückseite)
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