Mittwoch, der 9. Jänner 1980

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Mittwoch, 9. Jänner 1980

GD Fremuth, Verbundgesellschaft, ruft an, um mir mitzuteilen,
dass er jetzt nicht mehr länger sich gegen die Elektrizi-
tätstarifvorschläge von Weiser still verhalten kann. Dieser
hat fälschlich erklärt, dass Fremuth seinem Vorschlag zu-
gestimmt hat. Bei dieser Gelegenheit teilt er mir auch mit,
dass er jetzt eine Energieverwertungsagentur gründen wird,
um Aufgaben, die die Elektrizitätswirtschaft hat, über diese
Agentur wahrzunehmen.

ANMERKUNG AN SATZINGER: Lass Dich über die Energieverwertungs-
agentur genau informieren.

Der Dienststellenausschuss des Patentamtes stellt sich vor
und erklärt mir bei dieser Gelegenheit, dass, nicht wie die
Patentanwaltskammer prophezeit hat, die Arbeiten des Öster-
reichischen Patentamtes durch den Beitritt zum Europäischen
Patentübereinkommen zurückgehen werden, sondern im Gegenteil
es mehr Arbeit als früher gibt. Die nationalen Anmeldungen
sind im zweiten Halbjahr 1979 von 9.500 auf 8.500 zurück-
gegangen. Im Jahr werden es dann ca 2.000 sein. Dafür wurden
aber die europäischen Recherchen 1979, 500, die sich heuer
mindestens verdreifachen werden, mit zusätzlicher Arbeit –
für eine europäische Recherche braucht man mindestens 20 Stun-
den. Vertragsmässig kann sie deutsch oder englisch sein. Man
hatte angenommen, dass die meisten in Deutsch kommen werden,
was aber nicht zutrifft. Vereinzelt wurden sogar in Franzö-
sisch Recherchen verlangt. Dies bedeutet, dass der Kontrollor
genau in einer fremden Sprache noch arbeiten muss. Für mich
war es beruhigend zu hören, dass die Personalvertretung und
damit das gesamte Patentamtpersonal diese positive Entwick-
lung mit grosser Befriedigung vermerkte.

Dr. Jurcik, Veterinärarzt in St. Marx und Marktleiter, kam
auf Intervention von Bezirksvorsteher Berger von der Land-
strasse, um über die Verhältnisse in St. Marx mir zu berichten.
Ich habe sofort Frau Staatssekretär Albrecht zugezogen. Ohne
dass ich Jurcik genau gekannt habe, hat er umfangreich und ins
Detail gehend nichts Neues mir gesagt, als dass die landwirt-


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schaftlichen Genossenschaften sich stärker im Markt ver-
ankern. Ob Agrosserta, Schärdinger und wie andere Milch-
verbände heissen, beginnen diese auch in die Fleischpro-
duktion und letzten Endes sich sogar in die Futtermittel-
produktion hineinzuarbeiten. Dass ihnen dabei alle Mittel
recht sind, ist ja hinlänglich bekannt. Vor Jahrzehnten
habe ich bereits die gewerbliche Wirtschaft darauf aufmerksam
gemacht, dass, wenn die landwirtschaftlichen Genossenschaften
die von manchen Wirtschaftsbund-Funktionären als grüne Bolsche-
wiken bezeichnet werden, so weiter tun, sie früher oder später
die gesamte nachfolgende Produktion der Agrarprodukte in der
Hand haben werden.

Ein gewisser Helmfried Knoll hat ein Rundwanderbuch "Wandern
in Österreich" geschrieben. Er hat nicht nach Bundesländern,
sondern nach Regionen, aber doch in jedem Bundesland ein
paar Dutzend von Rundwanderungen selbst gemacht, die er
auch beschreibt. Dieses Buch ist bereits 1977 erschienen.
Er wollte es mir aber jetzt im Hinblick auf Wanderbares Öster-
reich persönlich überreichen. Bei dieser Gelegenheit teilt
er mir auch mit, dass der Verlag mit ihm vereinbart hat, jetzt
ein zweites Buch mit anderen Rundwanderrouten zu beschreiben. Da
er jeder Route selbst begeht, ersuchte er auch um eine entspre-
chende Unterstützung durch das Handelsministerium resp. durch
die Österreichische Fremdenverkehrswerbung. Dabei denkt er
natürlich nicht nur an eine materielle Unterstützung, wie z.B.
Einladung durch die Gemeinde, wo er die Rundwanderung macht,
sondern auch, dass er mit den dafür zuständigen Fremdenverkehrs-
leuten in diesem Gebiet bekanntgemacht wird. Ich habe ihm eine
diesbezügliche Unterstützung zugesagt.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Österreichische Fremdenverkehrswerbung
soll ihm zumindestens diese Verbindungen herstellen.

Beim Jour-fixe mit der Handelskammer, das zum ersten Mal auch
mit Staatssekretär Albrecht abgehalten wurde, wollte Sallinger
unbedingt, dass wir von Freitag wieder auf den Montag zurück-
kehren. Da aber Albrecht gerade Montag immer Parteipräsidium
hat, beharrte ich, dass wir bei Freitag Vormittag bleiben,


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wenn es auch ab und zu vorkommen kann, dass am Freitag ent-
weder die Handelskammer, aber vielleicht auch wir vom Handels-
ministerium nicht anwesend sind. Dies war aber auch beim
Montag Vormittag gelegentlich der Fall. Sallinger dürfte zu
Weihnachten in Sölden gewesen sein, denn dort hat man ihn er-
sucht bei mir zu intervenieren, um einen Tunnel vom Rettenbach-
ferner zum Tiefenbachferner, der 75 Mio Schilling kosten würde,
durch Staatszuschuss mitzufinanzieren. Ich habe sofort erklärt,
dass ich dafür keine Mittel habe. 100.000 Schilling oder viel-
leicht noch weniger wäre weniger als ein Tropfen auf einen
heissen Stein und wie Sallinger meinte, 1 Mio müsste mindestens
herausschauen, ist in meinem Budget beim besten Willen nicht
vorhanden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Lass Dir bitte mitteilen, was unser Haus
von diesem Projekt weiss.

Ein Querschnittsgelähmter Rupp war bei der Handelskammer und hat
ersucht, ob er nicht angestellt werden könnte. Es gibt bei ihnen
dafür keine Verwendung, Sallinger ersucht mich, dass wir dies
prüfen sollten. Ich habe ihm dies zugesagt.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Vielleicht seht Euch diesen Mann an.

Sallinger war riesig aufgebracht über die Fernsehsendung von
Gassner und Dallinger über die Erhöhung des Urlaubes. Ich
hatte durch einen Zufall, weil ich ja jetzt am Nachmittag immer
nach Hause fahre, auch diese Sendung gesehen. Gassner hat all
die Fragen angeschnitten und ganz besonders bei den Jugendlichen
verlangt, dass man jetzt die 4 Wochen Mindesturlaub auf 6 Wochen
Mindesturlaub erhöhen müsse. Ich weiss, dass dies eine alte For-
derung der Gewerkschaftsjugend auch gewesen ist. Als die Mindest-
urlaube von 2 auf 4 Wochen schrittweise erhöht wurden, hat gerade
die sozialistische Fraktion im Gewerkschaftsbund die grössten
Schwierigkeiten gehabt, diese Forderung der Jugend zurückzustellen.
Gassner sieht also jetzt eine Chance, sich damit entsprechend ins
Rampenlicht zu setzen. Ich habe daher Sallinger empfohlen, er
soll sich den genauen Text kommen lassen. Zu meiner grössten Ver-
wunderung hat dann tatsächlich einen Text herausgezogen, wo aller-
dings der Interviewverlauf genau umgekehrt dargestellt war. Man
hat die Fragen von Dallinger zuerst den Präsidenten vorgelegt


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und dann erst in zweiter Linie die von Gassner. Ich habe
sofort diese Vorgangsweise als Manipulation bezeichnet.
Hätte ich die Aufzeichnung nicht zufällig gesehen, wäre ich
natürlich auf diese Manipulation auch hereingefallen. Sallinger
ging dann hinaus, hat sich überzeugt, dass ich recht habe – sehr
geärgert – davon bin ich überzeugt, und mir dann durch die Tür
zurückgerufen, ich habe recht. Die Handelskammer hofft, dass
es gelingen wird, bei den zukünftigen Gesprächen über Urlaubs-
verlängerung wenigstens die beiden Donnerstag-Feiertage – Christi-
Himmelfahrt und Fronleichnam – von Donnerstag auf Freitag zu
verlegen. Diese Mindestforderung müsste man meiner Meinung nach
auf alle Fälle erfüllen. Ich habe ja nie verstanden, dass die
Handelskammer nicht schon in der Vergangenheit mehr darauf ge-
drängt hat und durch entsprechende vorsichtige Verhandlungen
auch mit der katholischen Kirche erreicht hätte, dass man
diese beiden Feiertage überhaupt aufgegeben hat.

Kehrer kam dann auf die Energiepolitik zu sprechen. Er glaubt
nach wie vor, dass die Handelskammer richtig entschieden hat
bei der Elektrizitätspreisfestsetzung wegzugehen. Ich habe
ihm sofort klargemacht, dass jetzt mit der Arbeiterkammer und mit
der Landwirtschaftskammer, die ja die Vorschläge zur Kenntnis
genommen hat, über die Details gesprochen wird. Meine Zusage,
dass ich gemeinsam mit Sallinger bei dem Präsidenten über eine
Entlastung der gewerblichen Wirtschaft bei den Elektrizitäts-
tarifen gegebenenfalls mitverhandeln werde, ist damit hin-
fällig. Bezüglich Ölpreise informierte ich Kehrer, dass GD Bauer
als Sprecher der Ölwirtschaft bei ihm vorsprechen wird. Die Öl-
wirtschaft stellt sich als Mindestpreiserhöhung bei Benzin 50
Groschen und bei Dieselkraftstoff 30 Groschen vor. Kehrer hat
weder zugestimmt – allerdings auch nicht abgelehnt – weil er
weiss, dass die Ölwirtschaft ja noch wesentlich höhere Kalku-
lationen – nämlich mindestens das Doppelte errechnet hat.

Ich habe Kehrer mit aller Deutlichkeit darauf aufmerksam gemacht,
dass jetzt die konkreten Vorschläge für das sogenannte Wirtschafts-
gesetzpaket, welches im Juni ausläuft, von mir vorgeschlagen werden.
Im Preisgesetz wird, wie ich bereits im Vorjahr der Handelskammer
mitgeteilt habe, auch die Importpreisgenehmigung von mir aufge-
nommen werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass die ÖVP diesem


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Verlangen nicht zustimmen wird. Überrascht war ich, daß
Kehrer doch auch erklärt hat, daß in der Energieversorgung
die Handelskammer nicht daran denkt, die jetzt vorhandenen
Ermächtigungen für Maßnahmen, die sich ausschließlich auf
Notzeiten beschränken, für Normalzeiten zu gewähren. Die Handels-
kammer steht nach wie vor auf dem Standpunkt, es genügt voll-
kommen, wenn die Internationale Energieagentur den Notstand aus-
ruft, dann die notwendigen gesetzlichen Ermächtigungen auch in
Österreich vorhanden sind. Dies ist ja bereits in der vorherigen
Gesetzgebungsperiode einstimmig beschlossen worden. Mein Hinweis,
daß aber die Internationale Energieagentur entsprechende Er-
sparungen erwartet, daß überall davon gesprochen wird, es sollten
jetzt endlich Sparmaßnahmen gesetzt werden, dafür aber keine ge-
setzliche Möglichkeit besteht, konterte Kehrer dahingehend,
daß eben die Preise dann entsprechend raufgesetzt gehören und
damit, so wie in der Schweiz, automatisch ein entsprechender
Spareffekt eintreten wird. Kehrer war sich allerdings nicht
sicher, ob nicht doch dann auch die ÖVP doch konkrete Vorschläge
von mir akzeptieren wird. Ich habe ihm zumindestens dezidiert er-
klärt, daß der Energiesprecher Dr. König immer wieder sagt, wenn
es um konkrete Vorschläge geht, wird die ÖVP dem zustimmen. Ich
bin fest davon überzeugt, daß sie dies zwar nicht machen wird,
durch die neue Taktik aber die ÖVP nicht mehr die Ausrede haben
wird wie in den vergangenen zwei Legislaturperioden, daß ich mich
nur um eine generelle Ermächtigung für Maßnahmenbesetzung bemüht
habe. Kehrer ist sich darüber vollkommen klar, daß durch diese
von Dr. König geforderte Politik zum Unterschied von meinen bis-
herigen Vorschlägen in Hinkunft es dann einen sehr konkreten
Gesetzesauftrag geben wird. Den habe ich dann ganz einfach zu
exekutieren. Bei einer generellen Ermächtigung, wie ich sie immer
gewollt habe, wäre die Möglichkeit gewesen, auf freiwilliger Basis,
wie dies 1974 der Fall gewesen ist, die entsprechenden Versorgungs-
lenkungsgespräche mit den einzelnen Firmen zu führen und dadurch
tatsächlich die Versorgung ohne gesetzlichen Auftrag sicherzustel-
len. In Hinkunft, wenn die ÖVP einer Regelung, außer dem Notstand,
auch zustimmt, gibt es für das Handelsministerium keine Möglich-
keit mehr zuzuwarten oder mit freiwilliger Übereinstimmung entspre-
chende Lenkung vorzunehmen. Dann ist das Gesetz zu exekutieren.



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ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte Zluwa entsprechend informieren.

Immer mehr stelle ich fest, dass in Akten, ohne dass man es
gleich bemerkt, irgend welche Voten stehen, dass infolge
Personalmangel Kontrollen nicht durchgeführt werden können
oder entsprechende Bescheide sehr lange dauern, bis sie end-
gültig abgefertigt sind. Dies gilt insbesondere für die MR Hauffe
und König. Ich habe auf beiden Akten vermerkt, dass ich diese
Voten nicht zur Kenntnis nehme. Dies kann ich deshalb mit ruhigem
Gewissen tun, weil ich weiss, dass entweder die Beamten sehr viel
herumreisen, w.Z. MR Dr. König von der Energiesektion, oder bei
MR Dr. Hauffe, dieser sich in verschiedensten Verbänden rumtreibt,
wo er gar nicht abgeht, wenn er nicht erscheint. Ich habe SChef
Kazda dezidiert erklärt, dass, wenn ich noch einmal solche Voten
finden werde, dass erklärt wird, man kann nicht prüfen und damit
den Rechnungshof ein Hölzl zu werfen, wenn er diesen Akt dann sieht,
ich gegebenenfalls eine Disziplinaruntersuchung einleiten lasse.
Dass 2 Beamte das ganze Jahr hindurch nicht drei Dutzend Prüfungen
durchführen können, die in Wirklichkeit ja meistens nur formeller
Natur sind, die Firmen bereiten ja alles bis ins Letzte Detail vor,
kann er mir nicht erzählen. Ich kenne diese Materie auch seit et-
lichen Jahrzehnten.

ANMERKUNG AN ALLE: Bitte bei den Akten äusserst vorsichtig in
Hinkunft diese Gesichtspunkte beachten.

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Tagesprogramm, 9.1.1980

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Veterinär und Leiter St. Marx


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ÖAAB-Funktionär, ÖGB-Vizepräsident, BR-Abg.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Sts. HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: GD ÖMV


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Beamter HM


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Büro des Bundesministers


              Einträge mit Erwähnung:
                GND ID: 115563237


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Beamter HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: MR HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Gen.Sekr.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: BV Landstraße


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Autor Wanderführer


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Energieverwertungsagentur


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                                Tätigkeit: Querschnittsgelähmter


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                                  Tätigkeit: HM


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                                    Tätigkeit: ÖVP-NR-Abg., Personalchef Unilever


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: MR HM
                                      GND ID: 133521052


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                                        Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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