Freitag, der 3. August 1979

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Freitag, 3. August 1979

Die Teilnehmer zur Besprechung über die Kreditkostensenkung für den
Getreidehandel waren ganz andere als ich erwartet hatte. Die
Händlervertreter hatten seinerzeit erklärt, sie würden daran
nicht teilnehmen. Ich sollte mit Finanzministerium, Landwirtschafts-
ministerium und vor allem Bankenvertretern selbst verhandeln.
Jetzt war es gerade umgekehrt. Die Bankenvertreter hatten den
Handelskammermann erklärt, sie könnten in so kurzer Zeit niemand
namhaft machen. Der Vertreter der Kredit- und Geldsektion der
Handelskammer war angeblich nicht imstande von der Girozentrale,
der CA und der Länderbank einen Vertreter zu organisieren. In
Wirklichkeit hatte ich den Eindruck wollten sie, da sie ja letzten
Endes wussten um was es ging, keinen Vertreter entsenden. Deshalb
waren wieder die Vertreter des Getreidehandels, Komm.Rat Bruck und
insbesondere Dir. Weiner, Glatz, gekommen. Interessanterweise haben
sowohl Giese als auch sowohl der Vertreter der landwirtschaftlichen
Genossenschaften erklärt, die Bankinstitute hätten kaum die Mög-
lichkeit dieses 1/4% die ihnen durch den Silo-Aktionenbescheid
genommen 1/4% mitzutragen. Das Finanzministerium MR Schultes
erklärte genauso dezidiert, dass der Finanzminister keinesfalls
eine weitere finanzielle Belastung durch Übernahme dieses Kür-
zungserlasses akzeptieren könnte und würde. Meine Funktion als
Handelsminister war damit eigentlich erledigt. Ich habe ihnen dann
noch versprochen, wir werden an die 3, Creditanstalt, Länderbank
Genossenschaftliche Zentralbank, ein Schreiben richten und auffor-
dern, sie sollten doch die Belastung, die der Handel jetzt allein
tragen müsste, mitübernehmen. Gegebenenfalls könnten sie ja mit
der Nationalbank Verhandlungen führen, um eventuell dort ein ge-
wisses Entgegenkommen zu erreichen. Dies muss nicht in einer 1/4%
Senkung ihrer Refinanzierungszinsen sein, es könnte ja auch in
irgendeiner anderen Art erfolgen.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Diese Möglichkeit im Schreiben besonders
herausstreichen.

Bei diesen Verhandlungen stellte ich fest, dass ich persönlich und
sicherlich auch das Handelsministerium über die Geld und Kredit-
situation viel zu wenig Detailwissen besitzen. Da MR Kurzel oberste
Preisbehörde jetzt in Urlaub ist, kannte sich, wie mir Burian mit-
teilt, in den Details im Haus überhaupt niemand mehr genau aus.



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Deshalb hat auch niemand an der Besprechung teilgenommen. Ich
bin persönlich aber fest davon überzeugt, dass Kurzel auch die
Details nicht kennt. Z.B.haben die Mühlen in ihren Kalkulationen
einen tieferen Prozentsatz für die Kreditkosten als der Handel.
Dies, wurde mir erklärt, ist darauf zurückzuführen, dass die Mühlen
zur Finanzierung der Getreideernte seit eh und je eine besondere
Regelung mit der Nationalbank haben. Sie erhalten Sonderkonditionen.
Die von den Mühlen gegebenen Wechsel werden von der Nationalbank
eskontiert. Der Getreidehandel dagegen muss Lombard- resp. Konto-
korrent-Zinsen bezahlen. Angeblich wurde den Mühlen aber jetzt
ebenfalls der Zinssatz um 1/4% erhöht. Wenn dies stimmt, müsste
auch eine Gleichstellung der Mühlen mit dem Handel erfolgt sein.
Auch für die Mühlen hätten sich jetzt die Getreidefinanzierungs-
zinsen um 1/4% verteuert. Beide hätten jetzt 3 3/4% National-
bankrate plus 3% darüber zu bezahlen. Diese 6 3/4 liegen natürlich
immer noch wesentlich tiefer als die sonstigen Kapitalzinsen,
mindestens 8%, ja selbst als der Kreditzinssatz für prime-rate,
d.h. beste Unternehmer, die ebenfalls 8% zahlen müssen. Es würde
mich wirklich interessieren, wer im Haus über diese Verhältnisse
am besten Bescheid weiss.

ANMERKUNG FÜR BURIAN UND HAFFNER: Wer kennt von Euren Sektionen die
Situation genau.

Dr. Schulmeister, ORF, geht jetzt endgültig nach Bonn und löst dort
den seinerzeitigen Redakteur vom ORF, Klaus Emmerich, ab. Da Emmerich
auch für den KURIER geschrieben hat, schickt dieser jetzt den ehe-
maligen ORF-Redakteur Pichler ebenfalls nach Bonn. Überrascht war
ich, dass Schulmeister, der Sohn des ehemaligen Chefredakteurs
der Presse, mir gegenüber zugab, dass wir eine bessere Wirtschafts-
politik in Österreich machen als die in Deutschland. In Bonn, meinte
er, haben sie durch zu spät einsetzendes Deficit spending, wie
Keynes es gelehrt hat, schlechtere Wirtschaftsdaten als wir erarbei-
tet: mehr Arbeitslose, höhere Preissteigerungen zumindestens derzeit
und geringeres Wachstum. Ich selbst habe ihm aber sofort versucht
klarzumachen, dass sich unsere Preise jetzt sehr bald der deutschen
Entwicklung anpassen werden. Wenn die Öl-und Benzinpreise voll
durchschlagen, dann ist es sicherlich mit unserer günstigen Preis-
entwicklung gegenüber der Bundesrepublik auch wieder Ende.



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Der ungarische Botschafter und Handelsrat kamen, um mich
persönlich auch noch einmal zum Spatenstich für das grosse
Hotelprojekt einzuladen. Da ich den Baufirmen schon zugesagt
hatte, habe ich natürlich auch hier sofort die entsprechenden
Vorschläge, Samstag, Sonntag nach Budapest zu kommen, akzeptiert.
Bei dieser Gelegenheit will ich aber unter allen Umständen den
neuen 10-jährigen Vertrag zwischen Ungarn und Österreich über die
Wirtschaftsbeziehungen abschliessen. Der Botschafter erklärte
mir, dass jetzt der stellvertretenden Vizeministerpräsident Marjai
entschieden hat, dass der seinerzeitige Originaltext vom Jahre 1977,
den die Ungarn durch Jahre hindurch wegen der unzulänglichen Zoll-
senkung nicht abschliessen wollten, jetzt akzeptieren werden.
Zur grössten Überraschung der Ungarn wurde jetzt wieder ein neuer
Paragraph, der sich mit der Frage der Durchführung des KSZE,
sprich Helsinki-Vereinbarung, neuerdings beschäftigen soll, vorge-
schlagen. Gesandter Winter vom Aussenamt hat veranlasst, dass in
Budapest dieses Problem jetzt im Aussenamt neu vorgetragen wurde.
Ich wollte natürlich das Aussenamt nicht entsprechend desavouieren
habe aber erklärt, wir würden jetzt intern noch prüfen, wie es
konkret weitergehen soll. Ich selbst bin aber bereit, bei meinem
Ungarnbesuch den Vertrag zu unterfertigen, wenn er von beiden
Regierungen genehmigt ist. Eine anschliessend durchgeführte Über-
prüfung ergab, dass nicht eindeutig festzustellen war, ob und wer
den neuen Text den Ungarn bereits übermittelt hat. Im Aussenamt
selbst habe ich mit Minister Pahr sofort gesprochen und dieser
erklärte, die sollen jetzt endlich eine Ruhe geben. Er selbst legt
grössten Wert darauf – genau so wie ich – dass jetzt der Original-
text von 1977 unterschrieben wird. Der Generalsekretär des Aussen-
amtes, Reitbauer, hat mich dann verständigt, dass er veranlassen
wird, dass der österreichische Botschafter in Budapest sofort
jetzt die ganze Aktion abbläst. Sollte der Text bereits übergeben
sein, so würde er veranlassen, dass dieser wieder zurückgezogen
wird. Dies glaube ich ist aber nicht notwendig, wenn die ungarische
Seite den Text sowieso nicht akzeptiert, dann kann das Aussenamt
ohne sein Gesicht zu verlieren, noch immer erklären, sie akzeptie-
ren den Originaltext 1977, der zwischen den beiden Staaten schon
abgesprochen war. Vielleicht ist es ihnen aber auch lieber, dass
auf alle Fälle nicht der Eindruck entsteht, weil die Ungarn nicht
akzeptierten haben sie nachgegeben. Mir persönlich ist es ganz


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egal, wie es jetzt zur schnellen Ministerratsvorlage und Be-
schluss kommt, damit dann endgültig dieses leidige Problem,
das sich jahrelang hinzieht, aus der Welt geschaffen ist.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte veranlasse das Notwendige.

Der Botschafter Randai hat dann zum Schluss noch urgiert die
Zollsenkungszusage für Öl- und Mineralölprodukte bei jetzt durch-
geführten Importen aus Ungarn. Seinerzeit hatte ich den stellver-
tretenden Vizeminister zugesagt, ich würde mich dafür einsetzen,
wenn die Versorgungslage es erfordert. Dass dies jetzt tatsäch-
lich eingetreten ist, ist unbestritten. Die Firma AVANTI, sprich
Pruscha, hat 10.000 Tonnen Diesel und 40.000 Tonnen Benzin lt.
Mitteilung des Handelsrates Madai beim Finanzministerium wegen
Zollbefreiung eingereicht. Da Pruscha bei der letzten Vorsprache
mich ersuchte, wir sollten die Zollermässigung erst dann ausfer-
tigen, bis er die Preise mit den Ungarn verhandelt hat, damit nicht
durch die Zollsenkung, die sofort ihre Abgabepreise erhöhen und
damit die Verbraucher, sprich eigentlich er, bei AVANTI, nicht
entsprechend im Genuss der Zollsenkung kommt, habe ich über die-
ses ganze Projekt geschwiegen. Ich erklärte nur Randai gegenüber,
dass die Zusage, die ich Herrn Vizeministerpräsidenten Marjai
gemacht habe, eingehalten werden soll und dass ich unverzüglich
neuerdings mit dem Finanzministerium, resp. vor allem mit der
einreichenden Firma AVANTI Gespräche führen werde. Ich habe
anschliessend dann sofort Pruscha von diesem Gespräch verstän-
digt. Er bedankte sich sehr bei mir, dass ich nichts anderes
sagte, als dass ich mich eben neuerdings für eine Zollsenkung ver-
wenden werde. Später teilte mit Pruscha mit, er hätte mit der
ungarischen Seite den Vertrag abgeschlossen, das Finanzministerium
jetzt endgültig ersucht, seinen Zollsenkungsbescheid auszufer-
tigen und dort nur zu vermerken, dass die Zollsenkung auch an die
Verbraucher weitergegeben werden muss. In Hinkunft wünscht
Pruscha, dass alle seine Zollsenkungsbescheide resp. wenn irgend
wer anderer eine solche bekommen sollte, einen solchen Vermerk
tragen sollten.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER UND HAFFNER: Bitte im Haus auch auf diese
Auflage achten.



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Beim Jour-fixe AK, Hruby, und ÖGB, Muhm, gab es nur ein Thema,
Energie. Es erklärt sich aus der sommerlichen Ruhepause und
aus der geringen Teilnahme. Später kam dann noch vom Verein für
Konsumenteninformation Koppe, der übrigens gleich den neuen Kosten-
vergleich brachte. Die dort verrechneten Heizöl leicht Preise
stimmen nicht mehr. Ich weiss nicht, ob nur die Preisansätze
unzulänglich sind oder vielleicht die ganze Berechnungsmethode
resp. Berechnungsannahmen.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Spitalsky, VKI, soll einmal vorüber-
schauen.

Da derzeitig Erdgaspreise mit der ÖMV in Verhandlung stehen, möchte
die Arbeiterkammer, dass die RAG vor September bereits ihre neue
Konzeption beim Handelsministerium, Preisbehörde, einreicht.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Versuche, ob dies möglich ist.

Da die Situation für Ofenheizöl extra leicht noch immer äusserst
kritisch ist, die ÖMV uns jetzt nachgewiesen hat, dass sie den
10 Abnehmern, Internationale plus Minou, plus ihre eigenen Ge-
sellschaften, die Menge wesentlich erhöht hat, hat Hruby vorgeschla-
gen, wir sollten jetzt von diesen 10 Firmen schriftlich die Länder-
aufteilung an ihre Abnehmer verlangen. Dies ist ein blendender
Vorschlag, denn wenn ich über einzelne Firmen Auskunft verlangen
würde, werden die 10 erklären das könnten sie nur schwer akzep-
tieren, denn sie müssen ihre Geschäftsgeheimnisse für sich behalten.
Eine Aufschlüsselung aber auf Länder können sie kaum verweigern.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Bitte dies Mal aber wirklich sofort einen
Brief an die 10 Firmen schreiben lassen.

Bezüglich der Alkohol-Projekte glaubt die Arbeiterkammer noch immer,
dass infolge der hohen Preise dies Ganze nicht zum Tragen kommt.
Dies gilt insbesondere dann, wenn ich nich die Forderungen der Pro-
duzenten, ein nationales Alkohol-Projekt, zustimmen werde.



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Bezüglich der öffentlichen Ausschreibung sollte jetzt die
GATT-Kodifikation so schnell als möglich eingebaut werden.
Die AK wünscht insbesondere, dass sämtliche Amtswirtschafts-
stellen einbezogen werden sollten. Ich selbst stehe auf dem
Standpunkt, dass wir jetzt die Kodifikation im GATT abwarten
sollen, bevor ein öffentliches Ausschreibungsgesetz neu geschaf-
fen wird.

Die AK wünscht auch, dass jetzt in der Gewerbeordnung eine
Mindestausstattung für den Grosshandel mit pharmazeutischen Pro-
dukten eingeführt wird. Auch hier möchte ich lieber noch zuwar-
ten. Ich kenne die Schwierigkeiten, die es auf dieser Sparte
gibt, doch hat sich jetzt bei der Diskussion über die Ausstattung
der Drogerien schon gezeigt, dass es sehr grosse Schwierigkeiten
geben wird. Unbestritten ist, dass jetzt auch auf diesem Gebiet
der Diskonthandel immer stärker wird.

ANMERKUNG FÜR BURIAN : Vielleicht sollte man dies im Ausschuss
Strukturwandel des Handels behandeln.

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Tagesprogramm, 3.8.1979

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Fa. Sigmapharm, ORF-Raumfahrtexperte


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: ORF


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: VKI


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Beamter HM


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Büro des Bundesministers


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ung. stv. Ministerpräsident


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: AK


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Gesandter Außenamt


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: MR HM


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Ökonom


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: AK


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                        Einträge mit Erwähnung:


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: MR FM


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: vmtl. ident mit Pruscha, A (sog. Garagenkönig, Avanti-Tankstellen)?]


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: ung. Handelsrat


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Gen.sekr Außenamt


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: MR HM


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                                      Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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