Mittwoch, der 25. Juli 1979

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Mittwoch, 25. Juli 1979

Kienzl berichtet mir über seine Gesellschaft für Energiewesen.
Seine Mitstreiter Krejci, Generalsekretär der Industriellenver-
einigung, und Dr. Gruber, ehemaliger Aussenminister, sind jetzt auch
sehr aktiv. Der Geschäftsführer Welser, der einige Zeit im Handels-
ministerium war, bewährt sich in dieser Position sehr gut. Die neue
Idee ist, es wird nicht auf ein Volksbegehren hingearbeitet, sondern
der Gewerkschaftsbund wird in den Betrieben Unterschriften sammeln
um das Problem Zwentendorf zu aktualisieren. Man beabsichtigt auch
nicht mehr ein Gesetz bei den Parteien dann vorzuschlagen, wodurch
das Verbotsgesetz Zwentendorf dann ganz einfach aufgehoben wird,
sondern in Hinkunft soll sich Österreich nach dem Schweizer Atom-
system orientieren. Kienzl glaubt zu Recht, dass der Hinweis,
Österreich handhabt in Hinkunft dasselbe System wie es die Schwei-
zer haben, viele Leute überzeugen wird. Wenn beide Parteien über
dieses Gesetz im Parlament Übereinstimmung erzielen können, dann
ist auch die auf alle Fälle durchzuführende Volksabstimmung mit
positivem Ausgang gesichert. IFES wird jetzt eine Untersuchung über
den Wissensstand der Bevölkerung zu diesem Problem durchführen.
Die Aussprache mit Blecha und Heindl ergab ebenfalls, dass auch sie
dieser Meinung sind. Wichtig erscheint mir nur – und ich habe dies
abends Blecha mit aller Deutlichkeit gesagt – dass die AZ jetzt die
sinnlosen Angriffe auf Mock in dieser Beziehung aufgibt. Mock hat
sich bis jetzt noch nicht so festgelegt, wie dies Taus seinerzeit
getan hat. Wenn die AZ ihn aber so ungeschickt attackiert, dann
ist zu erwarten, dass er dann automatisch immer stärker in das Lager
der Atomgegner abgedrängt wird und sich öffentlich stärker fest-
legt, als dies bis jetzt geschehen ist.

Kienzl versichert mir unaufgefordert, dass nicht nur er und der
ganze Gewerkschaftsbund, was ich allerdings nicht so ohne weiteres
glaube, sicherlich aber viele Freunde in der Hohenstaufengasse
hinter mir stehen. Ich bin überzeugt, dass ich viele Freunde habe,
die über die ungerechtfertigten Angriffe sich genau so ärgern als
wie ich – manche vielleicht sogar noch mehr, wie ich dann mit der
Aussprache mit Heindl und Blecha feststellen konnte. Klären und
beruhigen wird sich die ganze Frage erst, bis die Regierungsumbildung
erfolgt ist. Die Lehre, die ich aus dieser Zeit gezogen habe ist,
man sollte sich mit notwendigen Massnahmen nicht so lange Zeit lassen.



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Dkfm. Mayr versichert mit ebenfalls, dass er die Äusserung, gibt
es eine Fremdenverkehrspolitik, nicht gemacht hat. Er behauptet,
ganz im Gegenteil hätte er immer darauf verwiesen, dass im Rahmen
der Kompetenzverteilung das Handelsministerium oder ich persönlich
die optimalste Fremdenverkehrspolitik betreibe. Bei der Aussprache
mit Kienzl, Dir. Reiter, Investitionskredit, Dr. Haffner und ihm,
kommen wir auch überein, den Verein für die Weiterentwicklung für den
Fremdenverkehr im Herbst ein Arbeitsprogramm vorzulegen. Mayr hat
nur einen Wunsch, dass wir unsere Zinsenzuschusspolitik und Fri-
stigkeit unserer Aktionen ändern. Die Zinsenzuschüsse könnten
von 4 oder 3% auf 2 eventuell gesenkt werden, dafür müsste die
Laufzeit wesentlich verlängert werden. Ein Unternehmen kann ERP-
Ersatzkredite mit 5-jähriger Laufzeit kaum verkraften. Insbeson-
dere ist es mit den ersten Jahren, wo 12–13% Annuität und Zinsen
rückgezahlt werden müssen, zu hoch. Man müsste kontinuierlich auf
Annuität plus Zinsen bei 8–8.5% kommen. Dies ist möglich, wenn
entsprechend lange Laufzeiten vorgesehen werden. Reiter wird entspre-
chende Überlegungen anstellen und Unterlagen liefern. Da Mayr jetzt
mit den deutschen Reiseveranstaltern, insbesondere TUI, Robinson
usw., gute Kontakte hat, wird er versuchen, diese auch kapitalmässig
mit Minderheitsbeteiligungen an österreichischen Projekten zu inter-
essieren. Die Deutschen streben allerdings Mehrheitsbeteiligungen
an. Der Bauerndorf in Faak hat mit TUI nur einen 5-Jahres-Belegsver-
trag. Im ersten Jahr hat er eine 35 fache Überbuchung in den Haupt-
saisonzeiten und ist 214 Tage belegt. Robinson, ein milderer Klub
Méditerranée, der 100 DM pro Tag verlangt, möchte jetzt 400 Betten
Hotel im Nockgebiet errichten. Da Robinson-Klub ähnlich Méditerranée
ungeheure Aktivitäten entfaltet, würden dort 170 Beschäftigte neue
Arbeitsplätze finden. Mayr ist fest davon überzeugt, dass das Nockge-
biet durch die Strasse jetzt aufgeschlossen ein ideales Skiwander-
gebiet wird. Er glaubt dass nach Piste, Loipe, jetzt das alte Ski-
wandern wieder kommt. Mir erscheint als wichtigstes, dass wir den
Witterungsverhältnissen Österreichs vielmehr dahingehend entspre-
chende Aktivitäten entfalten. Sport unter Dach, insbesondere Tennis-
hallen, Pörtschach hat 40 Plätze und keine Halle, müssten zweck-
mässiger errichtet werden. Andererseits sind in der letzten Zeit
800 Hallenbäder gebaut worden, von denen Mayr behauptet, höchstens
300 sind zweckmässig und notwendig gewesen. Da, wie seine Erhebungen
ergeben haben, nur 20% der Gäste das Hallenbad benützen, die Be-
triebskosten aber, 800.000 Schilling pro Jahr betragen, müsste es


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nach seiner Auffassung hier eine Fehlinvestition gegeben haben.
Ein Hallenbad 10 Mio Investitionen im Schnitt, bei 800 ergibt
8 Mia. Schilling, Saunas mit kleinen Schwimmbecken hätten es nach
Meinung Mayr's auch getan. Aufgefallen ist mir, dass z.B. Skardarasy
am Arlberg, sicherlich ein Leitbetrieb, lieber eine riesige Sport-
halle errichtet hat als ein Hallenbad. Was die Investitionskredite
fördern könnte und sollte ist, da die BÜRGES und die Hoteltreuhand
ganz gut funktioniert, Grossprojekte. Insbesondere verweise ich da-
rauf, dass wir Leitbetriebe in gewissen Gegenden dringendst bräuchten.
Haffner hat es übernommen, jetzt alle unsere offenen Projekte in der
Abteilung zusammenstellen zu lassen. Ich selbst habe Mayr einen Em-
pfehlungsbrief an die deutschen Reiseveranstalter mitgegeben, wo ich
ihn versuche, zu versuchen, diese mit grossen Projekten nach Öster-
reich zu bringen.

Die informelle Aussprache über Power Alkohol-Erzeugung auf Rübenba-
sis war eigentlich eine Information der Betriebsräte fast aller
Zuckerfabriken. Präsident Skene hat das Referat gehalten und mich
dann um ergänzende Bemerkungen ersucht. Ich verwies darauf, dass es
eben neben Zucker andere Projekte gibt, die wesentlich weiter sind
und die vor allem wesentlich geringere Alkoholkosten ergeben. Die
Zuckerindustrie hat jetzt 11.40 errechnet, um 2 Schilling mehr als
EBS in Simmering. Bezüglich des Standortes beabsichtigt die Zucker-
industrie Bruck für diese Aktivität einzurichten. Allerdings wird zu
Experimentierzwecken jetzt in Leopoldsdorf 3 Mio. Schilling inve-
stiert, damit das Zuckerforschungsinstitut dort entsprechende Gross-
versuche starten kann. Es gibt einige Probleme die labormässig aller-
dings gelöst sind. Die Arbeiterkammer, Dkfm. Blaha und Dr. Wehsely
von der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung war sehr skeptisch
und haben meiner Meinung nach zu Recht auf die verschiedensten
Schwachstellen dieses Projektes verwiesen. Die Zuckerindustrie wünscht
ein nationales Programm mit Beimischungszwang, Monopolverwaltung,
Importverbot usw. Genau in diese Richtung möchte ich allerdings
nicht, dass die Diskussion und schon gar nicht die Entwicklung
führt. Sicherlich werden wir ohne gewisse mindestgesetzliche Rege-
lungen nicht auskommen. Dies muss aber dann das Ende von einer langer
Diskussion und vor allem von Projekten sein, die sich wesentlich
besser rechnen, als die bis jetzt bekannten. Da auch das Zucker-
projekt nur dann existieren kann, wenn entsprechende billige Ab-
wärme zur Verfügung steht, habe ich Skene unter vier Augen darauf
aufmerksam gemacht, dass sie sich vielleicht mit der Verbundge-


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sellschaft um die Abwärme bei Moosbierbaum kümmern sollten. Skene
teilte mir darauf mit, dass sie wegen Korneuburg diesbezügliche
Überlegungen anstellen. Die Zuckerindustrie ist gerne bereit mit
anderen Gruppen, also z.B. mit der Elektrizitätswirtschaft um die
Abwärme entsprechend zu bekommen, oder auch anderen eine gemeinsame
Unternehmung zu gründen. Was die Zuckerindustrie nur auf alle Fälle
ausschliessen möchte, dass sie ausschliesslich Rübenlieferant wird.
Sie möchte rein kapital- und entwicklungsmässig auf alle Fälle bei
der Alkoholgewinnung beteiligt sein.

Bei der Betriebsbesichtigung konnte ich dann feststellen, dass die
Zentralwerkstätte in Dürnkrut jetzt in Leopoldsdorf grosse Investi-
tionsarbeiten tatsächlich durchführt. Als seinerzeit die Dürnkruter
Zuckerfabrik geschlossen werden musste, hatten die Betriebsräte
grosse Angst, dass dann in Dürnkrut keine Aktivitäten mehr ver-
bleiben. Wie mir die Betriebsräte jetzt versicherten, sind sie über
die Entwicklung befriedigt, denn es stellt sich heraus, dass tat-
sächlich die Zuckerindustrie und nicht nur die Leopoldsdorfer, der
ja auch Dürnkrut gehört, die Zentralwerkstätte benützen.

Die Gelierzuckerabteilung war die einzige, die jetzt noch arbeitet.
Dort konnte ich feststellen, dass viele Pakete wieder aufgemacht
werden mussten. Der technische Direktor wollte mir einreden, es
handelt sich um Fehlmengeneinwaagen. Skene, der mich viel besser
kennt, hat sofort zugegeben, dass es sich um Überproduktion des
Vorjahres handelt und dass man diesen Gelierzucker heuer nicht
mehr verkaufen kann. Man muss ihm daher – wienerisch gesagt –
zizerlweise der neuen Produktion beimischen.

Mit der Übergabe des Kommerzialratdekrets an Joschi Walter erlebte
ich zum ersten Mal, dass jemand wirklich nicht nur überrascht, sonder
auch sehr zurückhaltend dieses Dekret in Empfang nahm. Walter hat
sich weder darum beworben, dass Ganze hat Heindl mit Walter's
Büro eingeleitet, noch strebte er persönlich diese Auszeichnung an.
Ich hatte den Eindruck, er hat in der Vergangenheit sich so über
Kommerzialräte lustig gemacht, dass er ein wenig diese Kritik jetzt
auf sich beziehen müsste. Bei einem sehr langwierigen Abendessen
im Steirereck wurde ausgiebig gefeiert. Walter ist der Meinung,
dass die neuen Kraftfahrzeugsteuermethoden vom Hubraum zum Verbrauch


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nicht zielführend sind. Er befürchtet eine entsprechende Benach-
teiligung gewisser Wagentypen bei der Einstufung. Ich vermute,
dass er befürchtet, wie bei der Behördenzulassungskommission,
wo entsprechende Autos auf Listen aufgenommen die Voraussetzung
sind, dass es die Behörde kaufen kann, ähnliche Zustände dann
auch bei der Festsetzung des Benzinverbrauches herrschen. Dies
halte ich aber für unmöglich und unwahrscheinlich, denn aufgrund
eines festgelegten Europazyklus wird ein Prototyp gemessen und
genauso eingestuft als heute beim Zylinder resp. Hubrauminhalt.

ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Prof. Lenz sollte die Autohändler ent-
sprechend informieren.

Im Steirereck traf ich auch den jugoslawischen Botschafter, der
mit dem Pressechefredakteur zu Abend gegessen hat. Er war sehr
erfreut von mir zu hören, dass ich wenigsten 3 Tage, Freitag,
Samstag und Sonntag in Belgrad bleibe um Gespräche zu führen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte jetzt endgültig die Termine festlegen.

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Tagesprogramm, 25.7.1979


Tätigkeit: GS IV


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    Tätigkeit: AK


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                    Tätigkeit: Kabinettschef Kreisky [ident mit Reiter, C; 3.11.1971 Fredi Reiter genannt]]


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                          Tätigkeit: Autoindustrie


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                                  Tätigkeit: Büro Staribacher, HM; Pro-Zwentendorf-Kampagne


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