Mittwoch, der 16. Mai 1979

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Mittwoch, 16. Mai 1979

Die Hälfte der Sektionschefs sind teils im Ausland, teils er-
krankt und dies gerade, wo wir den Entwurf der Regierungser-
klärung fertigmachen sollen. Nicht dass ich sie unbedingt brau-
chen würde, werden manche von ihnen wieder beleidigt sein, dass
man ihre Vorschläge nicht entsprechend berücksichtigt hat. Die
Idee der neuen Art der Regierungserklärung wird sich sowieso
sehr schwer verwirklichen lassen. Dass das Handelsministerium nur
3 oder 4 Seiten liefert ist ja wirklich unmöglich. Wir einigten
uns daher auf Vorschlag von SChef Wanke, dass ausser dieser Zu-
sammenfassung umfangreiche Punktation der Probleme und der zu-
künftigen Arbeiten beigegeben wird. Ob Kreisky sie dann liest,
ob er sie verwendet, bleibt ihm überlassen. Ich bin auch fest über-
zeugt, dass er letzten Endes auch eigene Formulierungen für die
Ressorts finden wird. Wäre dies nicht der Fall, so würde die Regie-
rungserklärung, welchen Inhalt sie immer haben wird, zu sehr zu-
sammengestoppelt werden. Was Kreisky wahrscheinlich will und
braucht ist im Grunde genommen nur eine Ideenskizze, besser ge-
sagt eine Ideensammlung der einzelnen Ressorts. Der beste Formu-
lierer ist in meinen Augen noch immer Koppe, weshalb wir ihn er-
suchten, er soll die Zusammenfassung mit Burian gemeinsam machen.
Neue Erkenntnisse oder revolutionäre Vorschläge wird mein Teil der
Regierungserklärung sicherlich nicht beinhalten, da ich ja auch in
der Vergangenheit diesen Regierungserklärungen keine besondere
Bedeutung beigemessen habe. Ich habe eine Aversion gegen alle
schriftlichen Unterlagen, wenn sie nicht konkrete Daten oder Zif-
fern und Statistiken beinhalten. So stört mich letzten Endes die
Endformulierung überhaupt nicht.

Kreisky hat angerufen und mir ganz empört mitgeteilt, er höre,
dass SChef Frank nicht nach Paris fahren will, weil die Delega-
tion zur Internationalen-Energieagentur-Ministerratstagung von
Staatssekretär Nussbaumer geführt wird. Unter diesen Umständen
schlug er mir vor, sollte Frank eben zu Hause bleiben. Frank hat
zwar mit mir noch nie gesprochen, ich habe aber erklärt, dass er
auf alle Fälle zu Hause bleiben will, da er den scheinbaren
Prestigeverlust, nicht unter der Leitung eines Ministers, sondern
eines Staatssekretärs fahren zu müssen, nicht überwinden kann.
Ich hätte ihn, wenn er mit den Problemen an mich herangetreten


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wäre übrigens auch gesagt, dann soll er eben zu Hause
bleiben.

10 Jahre besteht jetzt die IFABO. Bei meiner Eröffnungsanspra-
che konnte ich doch auf die Geschichte verweisen. Auch in der
Büro- und Büromaschinenbranche hat sich ein wesentlicher Wandel
gezeigt. Grossraumbüros, dann wieder besonders technische Aus-
statter, gestartet mit einem Gag, als der Psychologe, der jetzt
in Amerika lebende Österreicher Diester?? sein Büroruhebett
präsentierte. Im Grund genommen eine ständig grössere Anzahl
von Ausstellern, auf immer grösseren Flächen, ein immer aufwendi-
gerer Konkurrenzkampf. Dr. Reinauer, der Gremialvorsteher, erklärte
mit Recht, dass die Preise für die Maschinen und Anlagen ständig
sinken, dafür aber die Dienstleistungen ständig steigen. Insbe-
sondere kommen jetzt doch die grossen Unternehmen immer mehr auf die
Mittel- und Kleinbetriebe zu und versuchen dort einen neuen Markt
sich zu erschliessen. Der Zuwachs an grossen Maschinen war daher
im Vorjahr 10%, für die Klein- und Mittelbetriebe aber die Ma-
schinen und ....Systeme fast 20%. Reinauer sagte mir auch, dass
die kleinen österreichischen Maschinenhändler, sich kaum gegen die
grossen Multis behaupten können. Viele können nur existieren
weil sie als Familienbetriebe, d.h. unter Einsatz aller Familien-
mitglieder tätig sind. Auch in dieser Branche gilt mehr denn je,
nicht das Problem Maschinen zu verkaufen, sondern Problemlösungen
zu finden. Ob es sich um eine Buchhaltung bei einer Gemeinde oder
einem Kleinbetrieb handelt, ist in diesem Fall egal.

Bei der IFABO ist jetzt gleichzeitig eine grosse Sicherheits-
ausstellung, die Minister Lanc eröffnen sollte, der aber absagte.
An seiner Stelle hat dann Abgeordneter Braun von der Privat-
angestelltengewerkschaft, der ebenfalls dem Verein Sicheres Öster-
reich angehört, die Eröffnung vorgenommen. Bis jetzt haben diese
Aussteller grösstenteils im Bauzentrum Liechtensteinpalais, bevor e:
das moderne Museum wurde, oder wie bei der Wohnwelt von Mischek,
der Bevölkerung gezeigt, wo man und wie man sich am besten gegen
Einbrüche usw. sichert.



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GD Buchner und Dir. Rimsky, sein Wien-Vertreter, informieren
mich, dass im Preisunterausschuss der Paritätischen Kommission
über die Düngemittelpreise kein Einvernehmen erzielt werden konnte.
Es wird damit die nächste Paritätische Kommission befasst. Auch
dort nimmt Buchner an, werden die Agrarier aus prinzipiellen
Gründen einer Düngepreiserhöhung von 15.5% nicht zustimmen. Wahr-
scheinlich werden sie, sowie im Preisunterausschuss gar nicht
auf Detailverhandlungen eingehen, sondern eben gleich jedwede
Preiserhöhung ablehnen. Da die Chemie Linz aber jetzt bereits
die neuen Preise braucht wird von seitens der Firma nach der
Paritätischen Kommission unverzüglich der Düngerpreis um 11%
angehoben. Sollte es dann ein ein §-3-Verfahren aufgrund der amt-
lichen Preisregelung einleiten, dann würden sie erwarten, dass
ich doch nicht unter 9.5% den Preis festlege. Die Produktion in
Linz läuft auf vollen Touren, 600.000 Kompactdünger, 650.000
Kalkammonsalpeter und 40.000 Superphosphat werden erzeugt werden.
Der Preis für Komplexdünger ist 324.– Schilling, für Kalkammonsalpe-
ter 220.– Schilling und für Superphosphat 183.– Schilling. Die
letzte Preiserhöhung war im 74er Jahr. Im April 77 haben sie
zwar eine 9.9%ige Preiserhöhung vorgehabt, dann aber durch die
Exportoffensive nach Deutschland letzten Endes auf die Preiser-
höhung verzichtet. Auch heuer werden sie wieder 400.000 Tonnen nach
Deutschland exportieren, von dort allerdings wird als Kampf-
massnahme 100.000 Tonnen ebenfalls nach Österreich exportiert
werden. Bis jetzt profitiert von dieser Exportoffensive noch
immer die Stickstoffwerke Linz. Dies ist primär darauf zurückzu-
führen, dass in der Schweiz und in Deutschland annähernd diesel-
ben Preise, teils noch höhere als in Österreich verlangt werden.
Alle anderen europäischen Länder aber haben wesentlich tiefere
Düngepreise. Die finanzielle Situation von Chemie Linz hat sich
jetzt ein wenig verbessert. Im vergangenen Jahr haben sie einen Be-
triebsverlust von 140 Mio. Schilling gehabt, dem allerdings nur ein
Bilanzverlust von 12 Mio. Schilling gegenübersteht. Heuer würde sich
der Betriebsverlust auf 300 Mio. Schilling erhöhen, wenn nicht eine
Preiskorrektur erfolgt. Durch die Preiskorrektur würden sie dann
nur mehr 60 Mio. Schilling Betriebsabgang haben. Ich verlangte
die entsprechenden Unterlagen und Rimsky wird sie uns schicken.



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ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Trachte alle Unterlagen zu bekommen,
Plesch soll sie mit unseren alten dann vergleichen.

Die Firma Ehgartner hat ein riesiges Reifenrunderneuerungswerk
errichtet. Die Kapazität könne 2.000 Reifen betragen, die Anlage
ist aber nur mit 300 derzeit ausgenützt. Der Reifenimport, Eh-
gartner ist die grösste Importfirma, geht auch stark zurück.
Trotz der starken Motorisierung fahren die Leute weniger Kilometer
und brauchen daher weniger Reifen. Von 20.000 durchschnittlich pro
Auto sind sie auf 12.000 Kilometer gesunken. Die Verleihungsfeier
fand in einer grossen Reparaturhalle statt. Ein Teil der 140 Be-
schäftigten war ebenfalls anwesend. Der Schwiegersohn hat auf
einem Klavier sehr nett gespielt, also musikalisch umrahmt, am
meisten überrascht war ich, dass dort auch Präsident Dittrich
von der Wiener Kammer war, der allerdings überhaupt kein Wort
redete. Entweder hat Ehgartner vergessen ihn aufzufordern, oder
Dittrich hat vorher gesagt, er möchte nicht sprechen. Dittrich hat
nur – und das hat mich wieder sehr verwundert – grössten Wert
darauf gelegt, dass wir drei uns noch fotografieren lassen,
damit, wie er sagte, dies in die Wiener Handelskammer-Zeitung kommt.
Beim Weggehen hat sich Dittrich bei mir dann noch bedankt, dass
jetzt seine Auszeichnung vom Ministerrat genehmigt wurde. Er möchte,
dass ich sie ihm, bei der Präsidiumssitzung in der Wiener Handels-
kammer überreiche, was ich natürlich sofort zusagte.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Wie weit ist dieses Verfahren.

Rauhofer, ein Funktionär des Freien Wirtschaftsverbandes, hat seinen
neu eröffneten Elektrobetrieb durch einen Tag der offenen Tür er-
öffnet. Gagmässig hat er jeden einen Schlüssel geschickt, um damit
zu dokumentieren, jedermann könnte jederzeit in seine Fabrik kom-
men. Ich habe auf alle Fälle probiert, ob man die Tür tatsächlich
aufsperren kann. Selbstverständlich habe ich dann – ich glaube viele
anderen haben dies auch getan – den Schlüssel dort zurückgegeben.
Sicherheitshalber – bin ich überzeugt – wird Rauhofer dann das
Türschloss auswechseln. Rauhofer hat auf ein Industriegelände der
Wiener Betriebsansiedlungsgesellschaft sehr zweckmässig und –
wie er mir sagte – sehr kostengünstig diesen Betrieb errichtet.
Ein Künstler hat dann noch auf einem Kupferstich entsprechende Ab-


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züge für alle Gäste, im sogenannten Rauhofer-Rot geliefert.
Über diese künstlerische Ader war ich eigentlich sehr über-
rascht. Für mich lustig war es nur, wie mir der Mann, den ich
nicht kenne, der allerdings auch mich nicht genau kennt, die
Druckverfahren erklärte. Ich habe ganz andächtig zugehört, so
als ob ich nichts verstehen würde.

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Tagesprogramm, 16.5.1979


Tätigkeit: MR HM


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vorsteher Gremium Büromaschinenhandel


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Bauunternehmer


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Dir. Chemie Linz


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: Kabinett Staribacher


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: SChef HM
              GND ID: 12195126X


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Chef Energiesektion


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Staatssekretär BKA


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg., GPA, NR-Abg.


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Bundeskanzler
                        GND ID: 118566512


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Chemie Linz


                          Einträge mit Erwähnung:


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Präs. Wr. HK


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