Donnerstag, 13. Juli 1978
Gen.Dir. Vak und Direktor Höfinger von der Zentralsparkasse
informierten mich über ihre Exportklub-Tätigkeit. Durch Infor-
mation ihrer Kunden, durch Vorträge von Fachleuten für gewisse
Länder und gewisse Exportmärkte und -probleme, durch eine Repräsen-
tanz in Mailand schalten sie sich jetzt in die Exportbemühungen
ihrer Kunden ein. Diese Tätigkeit ist sicherlich sehr positiv
zu werten. Ihre grösste Leistung ist aber, dass sie eine Handels-
gesellschaft mit dem deutschen Handelshaus Lohmann in Bremen
gründen werden, die Zentralexport heisst, Graf von der
Schulenburg wird dieses Handelshaus in Österreich leiten. Die
Zentralsparkasse begeht damit ganz neue Wege, ähnlich wie mit der
Aktivität für die Investorenberatung ihrer Kunden. Dort hat
sie jetzt besonders die Mikrobauteile ihren Kunden nähergebracht.
Haffner hat bereits mit der Generalsekretärin des Exportklubs
Dr. Schwarz vereinbart, dass er ihr jede Information über Minister-
besuche und Auslandsreisen von mir so zeitgerecht mitteilt, dass
auch die Z entsprechende Wünsche an uns herantragen kann. Ich
selbst versichere ihnen, dass ich genauso bereit bin, auch für
die Z zu intervenieren, wie ich dies für andere Firmen und Banken
mache. Vak ist über diese Unterstützung sehr befriedigt.
Der Getreideausschuss der Arbeitsbauern, Obmann Schneider, Sekretär
Fux und der Bgm. von Andau Peck beschweren sich bei mir, dass
sie innerhalb einer Stunde zu einer Verhandlung hätten ins Ministe-
rium kommen sollen. Kurzel behandelt alle Bauernorganisationen
formell, glaube ich, ganz richtig, indem er sie nur einmal kurz
zu einer Sitzung mit der Preiskommission einlädt. Unmöglich ist
es aber, dass er ihnen so kurze Termine gibt.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Kurzel darauf aufmerksam machen.
Die Arbeitsbauern haben sich jetzt auch mit dem Getreideüber-
schuss befasst, denn wie Peck richtig sagt, steuern wir auf diesem
Gebiet einer Überschusskatastrophe entgegen. Ähnlich wie bei Wein,
wo die heurige Ernte noch untergebracht werden kann, die nächste
aber dann kaum mehr in den Fässern Platz finden wird, muss,
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wenn es nicht zu einer Kontingentierung kommt, der Getreide-
überschuss sich für die Bauern katastrophal auswirken. Fux
glaubte, die beste Lösung wäre, wenn man die Normalweizenmengen,
die zur Vermahlung kommen, Kleinbauern, die keine andere Mög-
lichkeit haben, als eben diesen Normalweizen zu erzeugen, vorbehält.
Da für nächstes Jahr maximal eine Monatsmenge Normalweizen ver-
mahlen werden, das sind 35.000 t, 10 Monatsmengen werden Qualitäts-
weizen sein, eine Monatsmenge aberkannter Qualitätsweizen, so
sehe ich natürlich überhaupt schon von der Menge her gar keine
Möglichkeit, solche Produktionsvorbehalte für gewisse Kleinbetriebe
oder gewisse Gegenden für Normalweizen auszusprechen. Um einen
grösseren Verbrauch an Normalweizen zu erreichen, soll die Ver-
mahlung herabgesetzt werden, der grössere Anfall von Schrot
könnte dann nach ihrer Meinung Schrotimporte ersetzen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass diese Frage sofort vom GAF und
Landwirtschaftsministerium prüfen.
Betriebsräte der Fa. Lenzing intervenierten bei mir, damit ihre
Erdgaspreise entsprechend herabgesetzt werden. Die Oberösterr.
Ferngas verlangt ihrer Meinung nach zu hohe Preise, weshalb die
Kalkulationen der Lenzinger mit 30 Mill. S Gaspreis belastet sind.
Die neue Leitung, Gen.Dir. Winter, hat, um aus den roten Ziffern
herauszukommen, mit den Betriebsräten auch über die Lohnerhöhung,
die 8–10 Mill. S ausmachen wird, Gespräche geführt, damit eben
auf der Kostenseite eine gewisse Ersparnis erzielt wird. Die
Betriebsräte hoffen, dass es gelingt, auf den Gaspreis diese
Ersparnisse zu erzielen. Ich liess sie nicht im unklaren, dass
dies kaum möglich sein wird. Wohl wird jetzt auch für Oberöster-
reich der Gaspreis amtlich preisgeregelt, doch sehe ich keine
Möglichkeit, diese gigantischen Preisabschläge zu erreichen.
Ähnlich wie bei Chemie Linz gibt es meiner Meinung nach eine einzige
Möglichkeit, gewisse Höchstpreise, die nicht wesentlich unter den
jetzt vertraglich vereinbarten zwischen den Firmen und der OÖ Fern-
gas liegen wird, eine klein wenig abzusenken. Die Beschäftigungslage
ist bei Lenzing deshalb so kritisch, weil sie zwar jetzt eine gewisse
Mengenkonjunktur feststellen können, ihre Kapazitätsauslastung
verhältnismässig günstig ist, die Ertragslage aber sehr schlecht.
Im Vorjahr hatten sie 200 Mill. S Verlust, allein durch den Dollar-
verfall haben sie 170 Mill. S eingebüsst. Sie konnten zwar ihren
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Ausstoss auf 300 Tagestonnen erhöhen, 260 Tagestonnen ist die
kritische Grenze, wenn sie darunter produzieren, sind sie
automatisch in der Verlustzone. Mit 260 Tagestonnen können
sie gerade noch ihre Fixkosten teilweise abdecken. Im ver-
gangenen Jahr haben sie noch für 160 Mill. S Reparaturen und
für 260 Mill. S Investitionen durchgeführt. Heuer können sie
nicht annähernd diese Ziffern erreichen, weil ihre Ertragslage
so schlecht ist. Mit der Chemie Linz haben sie jetzt bezüglich der
Acrylfaserproduktion eine Vereinbarung getroffen. Die Monomere
werden von Chemie Linz bezogen und dadurch ein Drittel deren
Produktion abgenommen. Die Acrylfaser aber muss dann produktions-
mässig von derzeit 12.000 t im nächsten Jahr auf mindestens
14, womöglich 15.000 t ausgebaut werden. Dafür ist wieder eine
Investition von 18 Mill. S zu den bereits investierten
50 Mill. notwendig. Die Acrylfaser bringt aber auch einen
verhältnismässig geringen Ertrag. Als die Produktion begann,
konnten sie das Kilo um 32 S verkaufen, jetzt erlösen sie maxi-
mal 19.– S.
ANMERKUNG FÜR SATZINGER: Neuhold soll so schnell wie möglich die
Gaspreisverhandlungen abschliessen, damit nicht jedermann sich
einer Illusion über die zukünftigen billigen amtlichen Gaspreise
hingibt.
Der Fachverband der Bekleidungsindustrie und die Textilarbei-
tergewerkschaft haben gemeinsam bei mir vorgesprochen, um
Massnahmen zum Schutze dieser Branche durchzusetzen. Die Be-
schäftigung ist ständig abnehmend und derzeit sind noch 34.600
Beschäftigte. Der harte Kern ihrer Forderungen war: Senkung
der Lohnsummensteuer und Gewerbeertragssteuer. Bundesrat
Steinle, Obmann der Textilarbeiter, ist gleichzeitig Bürger-
meister und der hat sich natürlich schon im Vorgespräch, das die
Gewerkschaft mit der Industrie führte, da es sich dabei um
Gemeindeeinnahmen handelt, ganz entschieden ausgesprochen. Alle
anderen Punkte wie Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften,
Verringerung der Importe aus den Billigstländern durch rigorose
Handhabung des Multifaserabkommens, Errichtung von Kontingenten
für Länder, die nicht dem Multifaserabkommen unterliegen wie
China und Taiwan, konnten wir weitestgehend Einvernehmen
über Massnahmen, die noch zu treffen wären, erzielen. Zum
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Glück waren die meisten ihrer Forderungspunkte schon er-
füllt resp. waren in Bearbeitung. Die Vertreter der Industrie,
aber auch die Gewerkschaft verlangten allen Ernstes von mir,
wir hätten nicht eine so lange Übergangsfrist für Kenn-
zeichnungsvorschriften bei Importen geben sollen. Ursprünglich
hatte ja das Finanzministerium überhaupt keine Übergangsfrist vor-
gesehen, sondern stand auf dem Standpunkt, da die Gesetze schon
seit eh und je in Kraft sind, müssten eben die Unternehmer mit
1. Juli, wenn die Kontrollen an der Grenze durch die Zollorgane
erfolgen, diese sofort vorschriftsmässig vorlegen. Da diese
Aktion gleichzeitig mit dem Frächterboykott zusammenfiel, hat
dann das Finanzministerium dem Verlangen Sekt.Chef Jagodas
Rechnung getragen und die Übergangsfrist jetzt bis Endes des
Jahres erstreckt. Dadurch haben die Importeure die Möglichkeit,
ihre laufenden schon bestellten Einfuhren abzuwickeln, die neuen
Bestellungen aber dann bereits mit der durch Verordnung vorge-
sehenen Kennzeichnung vorschriftsgemäss zu liefern. Die Beklei-
dungsindustrie wollte nun, dass bereits im September die rigorose
Handhabung erfolgen soll. Deutlich sichtbar ging es ihnen
darum, das Weihnachtsgeschäft durch Einhaltung der Kennzeichnungs-
vorschrift für sich in grösserem Ausmass zu reservieren, als
dies wahrscheinlich sonst der Fall ist. Eine solche kurzfristige
Umstellung und vor allem eine neuerliche Änderung der Anordnung
des Finanzministeriums an seine Zollämter erscheint mir aber
wirklich unmöglich. Ich bin froh, wenn es mit 1. Jänner d.n.J.
funktionieren wird. Anschliessend hat die Gewerkschaftsvertretung
Dr. Krehlik und Plesch sowie mir mitgeteilt, dass sie jetzt
auf dem Teppichsektor eine Lösung anstreben. Die Fa. Eybl ist
mit 40 Mill. Bankunterstützung und 50 Mill. NÖ Landeshaftung
saniert. Über die Teppichproduktion und insbesondere Abstimmung
mit GD Buchner wird am 30. August mit den davon Betroffenen
eine Aussprache stattfinden. Ich versicherte den beiden,
sie sollten jederzeit auf die Hilfe des Handelsministeriums
und insbesondere auf die Unterstützung von Krehlik und Plesch
rechnen. Diese sind für die enge Kooperation mit der Fach-
gewerkschaft zuständig.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Versuche auch solche Kontakte mit anderen
Gewerkschaften aufzubauen.
Mit den Vertretern der Handelskammer, des Gewerkschaftsbundes
und Arbeiterkammer gelang es, für die konstituierende Sitzung
des Vereines Kauft österr. Waren eine Einigung über die Defi-
nition des "A" zu erzielen. Mindestens 50 % muss die österr.
Wertschöpfung oder besser gesagt der österreichische Anteil
an einer Ware sein, damit sie als österreichisch "A" bezeichnet
werden kann. Hier weichen wir von der Ursprungsregelung, die die
Handelskammer anwendet, um im Export Waren als österreichisch
zu bezeichnen, wesentlich ab. Ich hatte deshalb grosse Bedenken
gegen eine solche Vorgangsweise. Diese wurden aber nicht nur von
der Handelskammer zerstreut, sondern mir auch von der Arbeiterkammer
nachgewiesen, dass die Schweiz eine ähnliche Regelung hat. Ich habe
meine Bedenken deshalb zurückgenommen, obwohl sie keinesfalls
zerstreut sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für eine Ak-
tion gut ist, wenn es zwei Definitionen für Made in Austria gibt.
Für den Export gibt es sozusagen wesentlich lockerere Bestimmungen,
manche behaupten gar keine, die Handelskammer gibt jedermann für
jede Ware, wenn es nur einigermassen möglich ist, ohne weiteres das
österr. Ursprungszertifikat.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass einmal zusammenstellen, wie dies
in anderen Ländern gehandhabt wird und wie dort die Differenz zwi-
schen Inland und Auslandsursprungszeugnis liegt.
Im Vorstand der Lebensmittelarbeiter diskutierten wir über die
Entwicklung der Agrarpreise, der Verbraucherpreisregelungen für
Milch und Getreide und insbesondere über die äusserst schwierigen
und komplizierten Lohnverhandlungen in diesen Branchen.
Beschwerde wurde insbesondere darüber geführt, dass es immer
so ist, die Arbeitergewerkschaft muss zuerst die Lohnverhand-
lungen führen und versuchen, so viel als möglich durchzu-
setzen. Die Angestellten, die z.B. für den Milchsektor bereits vor
Monaten ein Freigabe-Ansuchen stellten, dann auch viel früher die
Freigabe erreichten, haben überhaupt erst nach Abschluss der
Lohnverhandlungen und Kollektivvertragsregelungen ebenfalls ab-
geschlossen. Zu unserer grössten Verwunderung haben dann die
Unternehmer bei den Angestellten nachgegeben, dass auch für
die Lebensgefährtin und auch für den Lebensgefährten, also um-
gekehrt, die Abfertigung bei Tod ausbezahlt wird. Bei den
Arbeitern hat man dies verweigert. Selbstverständlich wurde nach
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Abschluss der Verhandlungen, als diese Lösung bei den Ange-
stellten bekannt wurde, unsere Forderung neuerdings aufgestellt
und Staudinger hat sie letzten Endes auch durchgesetzt. Über
die Verhandlungsführung waren manche Betriebsräte aus dem Ver-
handlungskomitee sehr verärgert. Der Betriebsratsobmann von der
Ankerbrotfabrik Jakubec hat sogar sein Mandat im Verhandlungs-
komitee zurückgelegt und ist zu den Abschlussverhandlungen
gar nicht mehr gegangen. Dieses Verhalten wurde von mir in der
Vorstandssitzung zwar sehr freundschaftlich und für ihn nicht
verletzend, aber doch ganz deutlich kritisiert. Ich halte es für
vollkommen unmöglich, dass jemand sozusagen die Flucht aus der
Verantwortung dadurch vollzieht, dass er sich von übertragenen
Aufgaben distanziert. Eine breite und lange Diskussion nahm
dann die Beschwerde von Betriebsräten über das Eindringen von
Frächtern in die Betriebe ein. In immer stärkerem Masse versuchen
Unternehmer der Nahrungs- und Genussmittelbranche fremde Frächter
einzusetzen. Diese können insbesondere durch Nichteinhaltung der
gesetzlichen Bestimmungen wesentlich billiger die Ware trans-
portieren als der eigene Fuhrpark. Übereinstimmend wurde festge-
stellt, dass diese Entwicklung von uns mit allen zur Verfügung
stehenden Mitteln bekämpft werden sollte, obwohl wir kaum Chance
haben, solche andere Zustellmethoden zu verhindern. Natürlich
kam bei dieser Gelegenheit auch gleich die ganze Problematik
des Frächterboykotts und vor allem die Nichteinhaltung der
gesetzlichen Vorschriften zur Sprache.
Mit Befriedigung wurde die Fusionierung der Gewerkschaft Hotel-
und Gastgewerbe mit persönlichen Dienstleistungen zur Kenntnis
genommen. Damit erklärte ich, war und ist die Idee endgültig
begraben, die Lebens- und Genussmittelarbeitergewerkschaft
mit den Hotel- und Gaststättenarbeitern zusammenzulegen.
Ich selbst hatte mich bereits bei meinem Eintritt in die
Lebensmittelarbeitergewerkschaft in den Fünfzigerjahren schon
ganz entschieden dagegen ausgesprochen. Damals hatte der Obmann
Berka, schon als Zentralsekretär versuchte er dies durch Verhandlungen
mit den Vertretern der Gast-Gewerkschaft , eine Fusionierung zu
erreichen. Immer ist Berka vorgeschwebt, die Mitgliederanzahl der
Lebensmittelarbeitergewerkschaft durch Aufnahme der Hotel- und
Gastgewerbe-Arbeiter zu vergrössern. Ich selbst stand aber immer
auf dem Standpunkt, dass dadurch nur die Schlagkraft unserer
Organisation leiden würde. Zwar möchte wahrscheinlich jeder Obmann
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gerne mehr Mitglieder, meiner Meinung nach aber müsste die
Priorität die geschlossene Organisation einer Branche entscheidend
sein. Aus der Bundesrepublik Deutschland wusste ich, und
dies wurde mir nachher immer wieder bestätigt, dass die Organisation
der NGG Nahrungsmittel-Gaststätten-Gewerkschaft durch den Zusammen-
schluss eben dieser beiden grossen Gruppen sehr leidet. Mein
Prinzip war und ist, lieber eine kleine schlagkräftige gute Orga-
nisation als eine grössere, zahlenmässig stärkere, die aber
letzten Endes nur innere Spannungen hat und in Wirklichkeit
für die dort Organisierten weniger erreichen kann, ja weniger
erreichen muss, als wenn sie allein als Nahrungs- und Genussmittel-
gewerkschaft agieren kann.
Tagesprogramm, 13.7.1978
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)