Mittwoch, der 1. Februar 1978

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Mittwoch, 1. Feber 1978

Im Klub berichtet Landwirtschaftsminister Haiden über seine Absicht
bei den Marktordnungsgesetzen, die er unverändert verlängern will.
Mit 1. Juli soll auch die neue Milchmarktordnung wirksam werden.
89 % der Anlieferung 1976, 2,5 % für Härteausgleich. Für den Bauern
einkommensneutral, denn er erhält 3,66 S, zu Vergleichszwecken müsste
man die 41 Krisengroschen abziehen, dies entspricht 3.25 S. Haiden
hat jetzt den Krisengroschen um 13 Groschen, 1/2 Bauer, 1/2 Staat,
erhöht und ist auf heftigsten Widerstand des Bauernbundes, insbesondere
des Präsidenten Minkowitsch gestossen. Das wirkliche Problem ist, und
dies kommt bei der Diskussion klar und deutlich zum Ausdruck, auch die
Angst der soz. Mandatare, dass diese Regelung nicht einkommensneutral
ist, sondern sehr wohl die einzelnen Bauern Einkommenseinbussen hin-
nehmen müssen. Bedingt wird dies sein, weil 1977 doch im grossen und
ganzen mehr Milch geliefert wurde, einzelne Bauern, die dies nicht taten,
werden vielleicht ganz gut fahren, manche, die weniger lieferten, sogar
von der neuen Regelung profitieren. Diese werden aber schweigen und
die anderen werden sich bitter beschweren. Ich habe ja Haiden vorge-
schlagen, um dieser Diskussion, besser gesagt diesem Streit und Angriffen
gegen ihn auszuweichen, die Aufteilung nicht über den Milchwirtschafts-
fonds auf Grund der Weisung oder Einteilung des Landwirtschaftsmini-
steriums vornehmen zu lassen, sondern ein einzelnen Molkereien ein
Kontingent zuzuteilen und sie haben es aufzuteilen. Dazu konnte sich
Haiden aber nicht durchringen. Fischer berichtete über die Verhandlungen
wegen des Kernkraftwerks-Berichtes, meinte nur, man würde bezüglich der
Sitzungen, der Entscheidung, ob ein Unterausschuss und wie dieser sich
zusammensetzt, sehr flexibel sein. Niemand diskutierte oder wollte
dieses Problem diskutieren. Selbst als mich Fischer fragte, ob ich
dazu etwas zu sagen hätte, schwieg ich. Immer mehr kommt mir nämlich zu
Ohren, dass einzelne Abgeordnete, und diese sagen mir es auch jetzt schon,
die Meinung Kreiskys teilen, dass die Wahlen durch das Kernkraftwerk
zu verlieren. Selbst die sogenannten Elektrizitätsfachleute, weil sie
in der E-Wirtschaft arbeiten, wie Köck und Zingler glauben, die beste
Lösung wäre, das Kernkraftwerk jetzt nicht in Betrieb zu nehmen, sondern
zuzuwarten. Beim Abendessen in der spanischen Botschaft kam ich
mit Benya, Igler, Taus über die Zusammenarbeit zu sprechen. Taus meinte,
er hätte zweimal den Bundeskanzler ein Gesprächsangebot gemacht,
welches von diesem aber schnoddrig und überheblich – diese Ausdrücke ver-
wendete er zwar nicht, aber aus seinem Tonfall und seinen Mienen war
deutlich herauszuhören und zu sehen, dass er dies so meinte - zurückge-
wiesen wurde.



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Ausgelöst wurde die Diskussion damit, dass über die Kooperation
im allgemeinen gesprochen wurde, Taus sich darüber beschwerte
und ich ihm klar und deutlich auseinandersetzte, dass noch kein
Handelsminister mit der Handelskammer so kooperiert hat wie ich.
Taus meinte, mein Verhalten sei auch ausser jeder Diskussion und
ich hätte doch auch gar keine Schwierigkeiten mit der Opposition
mit Ausnahme eben jetzt der Kernkraftfrage. Benya hat dann Taus
mit einer Deutlichkeit, Härte und ich würde auch sagen für mich
äusserst eindrucksvoll seinen Standpunkt noch einmal wiederholt.
Er meinte, er sei nur bis 1979 noch verantwortlich, wie die nach ihm
kommen sich verhalten, weiss er nicht, aber bis zu diesem Zeitpunkt
wird er keinesfalls sich vor den Zug werfen. Wenn man alles zerstören
will, dann wird er sich für die Arbeitnehmer alles herausholen
und nicht so wie bis jetzt die letzten Lohnrunden um die Hälfte
der vorjährigen abschliessen. Wenn die ÖVP so unverantwortliche
Energiepolitik betreibt, dann wird er es zu verhindern wissen,
dass womöglich über die Preise oder gar über einen Staatszuschuss
der E-Wirtschaft geholfen und den Konsumenten die Kosten aufgewälzt
werden. Ich erklärte mit aller Deutlichkeit, dass dies das
finanzielle Ende der Verbundgesellschaft, aber auch der Landes-
gesellschaften ist. Igler meinte, hier müsste man unbedingt
eine Lösung finden. Taus sagte zwar dann kein Wort mehr, war aber
sichtlich sehr beeindruckt.

Im Plenum kam in der Fragestunde dann auch die Einfuhr von den
Brennstäben mit Flugzeug zur Diskussion, zu meiner grössten
Überraschung erklärte Leodolter, dass sie von dem Zeitpunkt
des Einfluges nichts gewusst hat.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte dieses stenographische Protokoll be-
sorgen.

Bgm. Wallner, der Nachfolger des ehemaligen Nationalrates Spiel-
büchler
, kam mit diesem, um sich vorzustellen und vor allem, um
positive Erledigung des bereits seit September im Handels-
ministerium liegenden Freizeitzentrums zu ersuchen. Für das Hallen-
bad haben sie vor Jahren für einen Kredit von 2 Mill. S, 2.5 %
Zinsenzuschuss bekommen. Jetzt sind die 5 Jahre um und er ersuchte um
eine Verlängerung. Die konnte ich ihm nicht zusagen. Wichtig wäre aber,
so schnell wie möglich die Freizeitzentrumszuschüsse – er erwartet
600.000 S – zu gewähren. Auch entsprechende Zuschüsse für Hotels
resp. Restaurants, die sie dringend brauchen, benötigt er Zuschüsse.
Gosau wird, so glauben sie zumindestens oder haben ihnen Fachleute


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erklärt, in kürzester Zeit denselben Aufschwung machen wie
seinerzeit Saalbach. Die Nächtigungsziffern sind sehr ansteigend,
insbesondere in der Wintersaison

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte unverzüglich die Entscheidung für
das Freizeitzentrum verlangen.

Der Obmann der Fremdenverkehrssektion Komm.Rat Scheiner besprach
mit Heindl und mir den Wunsch resp. die Beschwerde des Abg. Schranz
wegen der Hochsaisonpreise in der Winterferienwoche. Scheiner hat
ein Ersuchen an alle Fremdenverkehrsverbände und Firmen gerichtet,
nicht höhere Preise zu verlangen, als eben saisonal zu diesem Zeit-
punkt sonst auch verlangt werden. In Tirol, Vorarlberg und Teilen
von Salzburg war nämlich Feber immer Hochsaison-Zeit. Viel
wichtiger erscheint es Scheiner, dass wir für den Sommer
Familienpaket zustandebringen, dass nämlich Familien mit 1, 2
oder vielleicht noch mehr Kindern nicht die hohen Sommerpensions-
preise durch Zusammenziehen der einzelnen Preise zahlen müssen,
sondern eben eine grössere Ermässigung gewährt wird.

ANMEBKUNG FÜR HAFFNER : Bitte diese Idee sofort bei Würzl deponieren
und entsprechende Vorschläge ausarbeiten lassen.

AK-Präsident Ileschitz intervenierte, dass jetzt für die Firma
Geko-Metall in Fürstenfeld doch die Auszeichnung § 68 übergeben
werden soll. Diese Firma, die vorerst von ihm abgelehnt wurde,
jetzt alle Auflagen bezüglich Mitwirkung Betriebsräte usw.
erfüllt, da diese Firma eine Vertretung der Vöest in Jugoslawien
ist, der Vöest 100 Mill. Devisenreserve zur Verfügung gestellt hat,
sollte jetzt unbedingt von mir ausgezeichnet werden.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Schau Dir bitte den ganzen Akt an und
referiere mir.

Die erste komplette Sektionsleitersitzung war, wie Wais mir nachher
sagte, ein guter Erfolg und lief längere Zeit äusserst günstig.
Ich erklärte, dass dieses Forum die Politik des Handelsministeriums
besprechen, diskutieren vor allem und dann letzten Endes fest-
legen sollte. Die Grundkonzeption müsste nach wie vor sein,


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mit der Handelskammer weitestgehend zu kooperieren. Ich anerkannte
in der Diskussion, dass dies für die einzelnen Sektionen äusserst
schwierig ist und ganz davon abhängt, wie von der Handelskammer-
seite die Kooperation aufgefasst wird. Meisl erwähnte mit Recht, dass
Dr. Gleissner jetzt immer weniger sich scheinbar innerhalb der
Handelskammer zu einer einvernehmlichen Politik durchringen kann
und für jede Kleinigkeit jetzt bereits einen Präsidialbeschluss
herbeiführen muss. Am liebsten ist es dann der Kammer, wenn das
Handelsministerium womöglich autoritär entscheidet, um die Handels-
kammer auch ihrem Dilemma zu befreien. Das typische Beispiel dafür
ist die Novelle zum Antidumpinggesetz, wo die Handelskammer tatsächlich
den Händlern insoferne Rechnung getragen hat, als alle auf Trans-
port befindlichen Sendungen ausgenommen werden sollen. Wir einigten
uns, dass wir trotz alledem die Politik der Kooperation fortsetzen
werden, ich in vereinzelten Fällen aber sehr wohl entsprechende
Entscheidungen herbeiführen muss und werde, um der Handelskammer
oder gewissen Gruppen deutlich zu demosntrieren, dass selbstverständl-
lich nicht nur die Initiative, sondern auch die letzte Entscheidung,
wenn sich die Handelskammer nicht dazu durchringen kann, im Handels-
ministerium liegt. Bezüglich der Wirtschaftsgesetze einigten wir uns
darauf, jetzt an alle zu begutachtenden Stellen ein persönliches
Schreiben von mir zu richten. In diesem Schreiben soll festgehalten
werden, dass ich auf die allumfassende Preisregelung, auf ein
allumfassendes Bevorratungs- und Versorgungsgesetz, auf die allumfas-
sende Energiewirtschaft nach wie vor bestehe. Ich frage also an, ob bei
den begutachtenden Stellen die Geneigtheit besteht, auf Grund der
wirtschaftlichen Etnwicklung der letzten Zeit eine solche Novelle
ins Auge zu fassen. Wir waren alle überzeugt, dass insbesondere
die Handelskammer, aber auch Länder dies ganz entschieden ablehnen
werden. In diesem Fall habe ich aber die Möglichkeit, wenn einmal
eine Krisensituation eintritt und man nach einer entsprechenden
Lösung von mir schreit, die ich aber mangels gesetzlichen Unter-
lagen gar nicht dann erbringen könnte, darauf zu verweisen, dass
ich entsprechende gesetzliche Massnahmen stets und ständig verlangt
habe. Vielleicht wird es dann auch möglich sein, durch Einzel-Novelle
wichtige Änderungen der Preis-, Energie- und Rohstofflenkungsgesetze
herbeizuführen. In der Frage der wirtschaftlichen Landesverteidigung
wird jetzt nach der Lösung für die Bevorratung von Öl und Ölprodukten


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Zucker noch versucht, den Schrott so zu regeln, dass daraus
keine Belastung für den Fiskus entsteht. Damit kann ich demonstrieren,
dass wir systematisch Produkt für Produkt einer Bevorratung einbe-
ziehen, ohne dass der Staat dafür budgetäre Zuschüsse aufwenden müsste.
Kein Finanzminister ist nämlich imstande, eine solche Bevorratungs-
politik zu finanzieren, geschweige denn Androsch bei der jetzigen
Budgetsituation. Mit dem Gesundheitsministerium wird Jagoda, Frank
und auch Wanke Verhandlungen führen, um die Abgrenzung kompetenz-
mässig richtig zu treffen. Wir sind bereit bezüglich der Immissionen
des Umweltalarms, der Umweltverträglichkeit, ja auch bezüglich der
Abfallwirtschaft dem Gesundheitsministerium die Oberhoheit anzu-
erkennen. Das Gesundheitsministerium soll entsprechende Richtlinien,
Verordnungen generell erlassen können. Problematisch wird nur ihr
Kompetenzanspruch für die Emmissionen, weil dadurch die Einzel-
genehmigungen für die Betriebe auch durch das Gesundheitsministerium
erfolgen müsste. Dafür haben sie überhaupt keinen Apparat, darüber
hinaus aber müssten sie jeden einzelnen Akt neben der Betriebsgeneh-
migung auf Grund der Gewerbeordnung noch durch eine eigene Genehmi-
gung abwickeln. Die Problematik der Abfallwirtschaft ist unserer
Meinung nach auch mehr vom Standpunkt der Wirtschaftlichkeit als
ausschliesslich des Umweltschutzes zu sehen, zu beurteilen und
womöglich zu lösen. Das typischste Beispiel ist derzeit die Ein-
wegflaschen-Diskussion. Ich hoffe, dass es Jagoda gelingt, mit
Sekt.Chef Pindur vom Gesundheitsministerium womöglich eine schrift-
liche einvernehmliche Regelung zu erzielen. Ich könnte dann in
diesem Fall sofort Leodolter das Ergebnis anbieten, ohne dass wir
wieder einmal lange Sitzungen darüber haben, wo es dann letzten
Endes doch zu keinem Ergebnis gekommen ist und wahrscheinlich auch nur
sehr schwer kommen wird. Generell lässt sich nämlich ungeheuer lange
streiten, im Detail muss so schnell wie möglich die Lösung ge-
sucht werden und schriftlich fixiert werden.

Das Hauptproblem war von Frank der Wunsch, die Bergbauförderung jetzt
durch Ausdehnung des Katalogs zu erweitern. Hier hat der zuständige
Sektionschef im Finanzministerium zwar schon zugesagt, der wirklich
entscheidende Mann Min.Rat Kaber mit Recht dagegen Einspruch erhoben.
Kaber sieht in der Ausdehnung der Bergbauförderung für die Zukunft
eine schwere finanzielle Belastung des Finanzministers. Diese Meinung
muss ich teilen, da auch ich diesen Standpunkt sei eh und je vertre-
ten habe. Frank hat nur geglaubt, er kann auf kaltem Wege das


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Finanzministerium, wie man so schön sagt, überfahren. Bei
den Sektionschefs ist es ihm scheinbar geglückt. Der wirklich
aber tüchtige und seine Funktion ernstnehmende Kaber hat dies
aber sofort bemerkt.

ANMERKUNG FÜR BURIAN: Versuche zu klären, wie im Büro des
Finanzministers die Sache steht.

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Tagesprogramm, 1.2.1978


Tätigkeit: Bgm. Gosau


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
        GND ID: 119083906


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: SChef HM
          GND ID: 12195126X


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: Ministerialrat Finanzministerium


            Einträge mit Erwähnung:


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., BRO DoKW


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Finanzminister
                  GND ID: 118503049


                  Einträge mit Erwähnung:
                    Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Gesundheitsministerin


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: -obmann


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Bundeskanzler
                          GND ID: 118566512


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Chef Energiesektion


                            Einträge mit Erwähnung:
                              GND ID: 118756265


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Präs. Bauernbund
                                GND ID: 118894366


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: MR HM


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    GND ID: 1017902909


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg., BRO STEWEAG


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: Bgm. Gosau


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Obmann Sektion FV BHK


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Außenhandel BWK


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Dir. Bundesforste, später Sts., dann LWM


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: steir. AK-Präsident


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: SPÖ-NR-Abg.


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: 1970-1973 Büro Staribacher, SPÖ-NR-Abg., stv. Vors. SPÖ-Landstraße
                                                        GND ID: 102318379X


                                                        Einträge mit Erwähnung: