Freitag, 13. Jänner 1978
Min.Rat Dr. Prachar von der Energiesektion, in ständigem Streit
mit seinem Vorgesetzten Min.Rat Peyerl, behauptet, als Bauingenieur
nicht seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt zu sein. Derzeit
gibt er zu, hat er fast nichts zu tun. Ich bin überzeugt, diese
Situation herrscht bei vielen unserer Ministerialräte. Sekt.Chef Frank
hat, glaube ich, sehr zu recht versucht, so schnell wie möglich die
alten Ministerialräte aus der seinerzeitigen Energiesektion im
Verkehrsministerium loszuwerden. Nicht nur wenn es eine politische
Änderung in der Sektionsleitung resp. Ministerienführung gibt, kommt
es zu Stillegung von Arbeitskapazitäten, weil, sei es aus persönlichen,
manchmal auch getarnt aus politischen Gründen nichts tun eine grosse
Tat wird, weil die Neuen es sowieso nur schlecht machen und die
sogenannte Leistung der Alten nicht entsprechend honorieren.
Mit jedem Ministeriumwechsel wäre es dann notwendig, so und so
viele Leute aus Positionen ebenfalls zu versetzen, da dies nicht
geht, werden sie früher oder später alle pensioniert. Damit steigt
die Last des Staates. Prachar ist ein guter Freund von Präs. Leberl,
Patentamt, und ich hätte nichts dagegen, wenn Leberl ihn vielleicht
im Patentamt zweckmässiger und arbeitsintensiver einsetzen könnte.
Prachar ist, glaube ich, jetzt bereit, nicht entsprechende hohe
Dienstpostenforderungen im Patentamt zu stellen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte auf die nächste Sektionsleitersitzung
setzen.
Gen.Dir. Wolfsberger, Siemens, ist mit der amerikanischen Bau-
elementteilfertigungsfirma AVX zu einer Vorsprache wegen eventueller
Beteiligung dieser Firma an der Fabrik in Deutschlandsberg gekommen.
Die Repräsentanten dieser Firma, Mister Seisman und Borsen, beinharte
Geschäftsleute, hatten sich vor allem zuerst in England erkundigt,
welche Möglichkeiten es dort an staatlicher Unterstützung für
Ansiedlungen gibt. Ich habe meinen Ohren und Augen nicht getraut, als
ich ihre Prospekte und die konkreten Vorschläge der Regierung ins-
besondere für Nordirland gesehen und gelesen habe. Wenn ein Staat
solche Konditionen für nicht nur das Investitionskapital, sondern
auch für die laufenden Betriebskosten bis zu 2 Pfund täglich pro Arbeiter
Zuschuss gewährt, dann kann er nur von vorneherein solche Projekte
nicht mehr rechnen, sondern nur mehr Arbeitsplatzbeschaffung um jeden
Preis betreiben. Staatssekretär Nussbaumer erörterte die österr.
Unterstützungsmöglichkeiten des Bundeskanzleramtes. Vorher hatten
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wir uns mit dem Sozialministerium schon ins Einvernehmen ge-
setzt und erfahren, dass für 200 Arbeitskräfte, die in Deutschlands-
berg man als Umschulung gegebenenfalls konstruieren kann, ca.
7 Mill. S zur Verfügung gestellt werden können. All diese Unter-
stützungen des österr. Staates sind ein Bruchteil dessen,
was die englische Regierung bereit ist zuzuzahlen. Siemens ist
aber an diesem Projekt in zweifacher Hinsicht brennendst inter-
essiert. Erstens muss für Deutschlandsberg eine neue Produktion ge-
sucht werden, weil die dortigen errichteten Hallen und sonstigen
Gebäude viel zu gross für die jetzigen Produktion sind. Der
zweite, aber wichtigste Punkt ist, dass diese neue Elementenferti-
gung von den Amerikanern die nächste Generation bereits ist und
wenn Siemens nicht mit dieser Firma zu einem joint venture
resp. Kooperation kommt, dann ist die Produktion Siemens welt-
weit gefährdet. AVX würde aus England den ganzen westeuropäischen
Markt in Kürze erobern. Wolfsberger versicherte mir daher nachher,
sie werden alles unternehmen, um die Firma zu eir Kooperation
gegebenenfalls auch die deutsche Mutterfirma zu gewinnen.
Wolfsberger hat mir unter vier Augen mitgeteilt, dass das Profil
jetzt von ihm ständig ein Interview will. Wolfsberger weiss, dass
Profil Abschriften von Briefen hat, die er nur dem Bundeskanzler
persönlich geschickt hat. Mir hat er dann eine Durchschrift dieses
Schreibens über die Transportmöglichkeit von Brennstäben zukommen
lassen. Wolfsberger ist sehr erschüttert, dass diese Schreiben in
die Hand vom Profil gelangt sind. Ich habe sofort mit Wais
geprüft, ob und inwieweit von unserem Haus die Unterlagen an
Profil gelangt sein könnten. Wais sagt mit einer an Sicherheit
grenzenden Wahrscheinlichkeit, dass dies unmöglich bei uns ge-
schehen ist. Allerdings haben wir eine Ablichtung dieses Briefes
wieder an die GKT, Direktor Nentwich, persönlich weitergeleitet.
Wichtiger als diese blöde Terrorsicherung, die jetzt im
Bundeskanzleramt, aber auch bei uns im Ministerium durchgeführt
werden soll, die meiner Meinung nach sowieso für die Katz ist,
wäre es, Vorkehrungen zu treffen, dass nicht das Vertrauen der
Unternehmer an die Verlässlichkeit von Informationen, die sie
weitergeben, erschüttert wird.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Verfolge bitte diese Sache, vielleicht können
wir wenigstens Teilaufklärungen erreichen.
Der Wirtschaftsminister von Kamerun, DAOUDA, der bei der
UNIDO zu tun hatte, ist, von der Vöest betreut, auch zu mir
zu einer Aussprache gekommen. Präs. des Aufsichtsrates Koller
und der Betreuer für die Ausländer, ehemaliger Handelsdelegierter
Pallfy, begleiteten ihn. Die Beziehungen zwischen Kamerun und der
Vöest durch das grosse Zellulosewerk, welches errichtet wird,
sind sehr gut, DAOUDA teilte mir mit, sie hätten jetzt für
dieses Projekt von den arabischen Staaten so viel Unterstützung
bekommen, dass mehr Geldmittel zur Verfügung stehen, als sie brau-
chen. Neuerdings wurde ich wieder nach Kamerun eingeladen und
ich fürchte, wahrscheinlich im nächsten Jahr spätestens neben
der längst fälligen Asienreise auch eine Afrika-Reise absolvieren
zu müssen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte sammle sozusagen die ganze Not-
wendigkeiten dieses Besuchsprogrammes.
Da wir seit längerer Zeit keinen Jour fixe mit AK und ÖGB hatten,
kam es zu einer umfangreichen Tagesordnung von 15 Punkten. Ein-
vernehmen besteht, dass Bruchreis nicht in die GATT-Kündigung
aufgenommen wird, obwohl dies von der Landwirtschaft unbedingt
urgiert wird. Für die Qualitäts-Österreichwaren-Kauf-Aktion
"kauf Dir Deinen Arbeitsplatz – kauf österr. Qualitätswaren"
wird nicht ein paritätischer Ausschuss auf Grund des Handelskammer-
gesetzes durch das Handelsministerium und auf Grund des Arbei-
terkammergesetzes durch das Sozialministerium geschaffen, sondern
es wird versucht, einen Verein zu gründen. Das Zuckerarrangement,
welches mit 1. Feber abläuft, soll doch in irgendeiner Weise
verlängert werden. Die AK und der ÖGB wären bereit, den Zuckerpreis
von 9.30 auf 10.30 zu erhöhen, nach längerer Diskussion ist es mir
dann doch gelungen, Erich Schmidt vom ÖGB zu überzeugen, wie
er mir nachher unter vier Augen zusicherte, dass wir eine Verlängerung
des längerfristigen Zuckerkonzeptes versuchen sollten. Seiner
Meinung nach müsste es nur gelingen, die Zuckerindustrie dafür
zu gewinnen, aus der jetzigen Vertragsvereinbarung mit der
Landwirtschaft, jede Zuckerpreiserhöhung geht zur Hälfte der
Industrie, zur anderen Hälfte aber den Bauern zugute, herauszukommen
um Produktionsmöglichkeit für den Zuckerexport zu schaffen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Versuche die Stellungnahme des Landwirtschafts-
ministeriums zu dieser Idee kennenzulernen.
Die AK und der ÖGB sind nicht bereit, für die Papierindustrie
eine Sonderregelung zu schaffen. Nicht einmal das Sonder-
unterstützungsprogramm vorzeitige Pensionierung soll vom
Bergbau auch auf die Papierindustrie ausgedehnt werden. Ganz
kategorisch wird der Frachtzuschuss von 250 Mill. S abgelehnt.
Für die nächstjährigen Investitionen, die Papierindustrie behauptet,
die bräuchte 5 Mia, sollen maximal 3 Mia in das 10-Mia-Regierungs-
programm eingebaut werden.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte Detailbesprechungen mit AK
und ÖGB weiterführen.
Ein Versorgungssicherungsgesetz mit einer Generalklausel wird dem
Rohstofflenkungsgesetz vorgezogen. Da die Handelskammer jetzt be-
reit ist, ein Schrott-Lenkungsgesetz unbefristet zu machen, müsste
es gelingen, die Handelskammer und damit auch das Parlament für
ein so allgemein gehaltenes und für die wirtschaftliche Landes-
verteidigung dringendst notwendiges umfassendes Bevorratungsgesetz
zu gewinnen.
Die Verhandlungen mit der Fa. Hofer über Einkauf österr. Waren
soll jetzt auf ABM, IKEA, Denner usw. ausgedehnt werden. Ins-
besondere Tommy Lachs steht auf dem Standpunkt, wir sollten
mit den Internationalen und Multis sprechen, damit diese sich
innerhalb ihrer Möglichkeiten anstrengen, das Import- und Export-
verhältnis der einzelnen Firmen zu verbessern. Mit Unilever werde
ich diese Frage als erstes anschneiden. Die grossen Konzerne
insbesondere am Lebensmittelsektor, aber auch die Ketten wie Spar,
Adeg usw. könnten dazu angehalten werden, nicht nur mehr österr.
Waren in ihren Läden zu verkaufen, sondern auch österr. Waren
europaweit durch ihre Organisationen zu exportieren.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte die Firmen einzeln jetzt vorladen.
Die Ölextraktionsanlage könnte jetzt in ein konkretes Stadium
treten, da Unilever und Olioprot sich über die Anbaumöglich-
keiten geeinigt haben. 24 t Raps ist 57 t Saat, 28.500 ha
mal 2.000 kg Hektarertrag. 24.000 t Soja ist 230.000 t Saat
Import, 27.000 t Sonnenblumenöl ist 60.000 t Saat, 37.000 ha
mal 1.600 kg pro Hektar. Der Schlaglohn von 20 Dollar pro
Tonne, wie die Ungarn verlangen und Eisenberg gestern akzeptiert hat,
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kann nicht gehalten werden. Wohl gibt es aber jetzt einen stark
reduzierten Vorschlag von 600 S pro t.
Bezüglich der Immobilienmakler wird die AK noch einmal mit
Sekt.Chef Jagoda die endgültige Fassung besprechen. Wenn es ge-
glückt ist, eine Personalkreditverordnung zu machen, so müsste es
doch auch möglich sein, diese Immobilienmakler jetzt endlich unter
Dach und Fach zu bringen.
Die Preisregelung für Inlandsgas soll nun sowohl für die ÖMV als
auch für RAG durch das Ministerium erfolgen. Die seinerzeitige
Delegierung an Oberösterreich für RAG wird jetzt zurückgenommen.
Die Begründung ist verhältnismässig einfach: weil die gesamte
Gaspreisregelung über die einzelnen Länder hinaus erfolgen muss.
Beim Strompreis wird von der AK nach wie vor gefordert, für den
Mehrverbrauch z.B. über 3.000 kWh pro Jahr einen entsprechenden
höheren Preis zu verlangen. Wir einigen uns darauf, dass Min.Rat
Burian versuchen soll, im Zuge der Preisverhandlungen ein solches
System zu finden und einvernehmlich zwischen den Interessens-
vertretungen zu vereinbaren.
Die Konsumentenpolitik soll dadurch verstärkt werden, dass in
Hinkunft Länderbeamte in Seminaren geschult werden sollen. Diese
Ausbildung der Ausbildner soll dazu führen, dass dann in den
einzelnen Ländern die eingesetzten Beamten mehr Fachwissen mit-
bringen.
Lachs teilt mit, dass im ERP-Verfahren die Fa. Kunert, Dir. Zeller,
mitgeteilt hat, dass er die Strumpfhosen um 3.75 S herstellt.
Seine Begründung ist, dass die Kräuselgarne er billiger hat und
vor allem einmal keine Verpackungs- und Vertriebsspesen darin
sind. Da er bei unseren seinerzeitigen Verhandlungen über die
Mindestpreisverordnung erklärt hat, 6.50 S, allerdings verpackt,
betragen seine Kosten, so werden wir auf Grund dieser Angaben
die Firma mit den neuen Behauptungen konfrontieren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte verschaffe Dir die notwendigen schrift-
lichen Unterlagen von Lachs, bevor wir Massnahmen unternehmen.
Ossi Grünwald teilt mit, dass sich die ÖIAG an der Renault-
Betriebsgründung in Gleisdorf Silberbad mit einem Viertel
an der Gesellschaft beteiligen wird. Die dort zu errichtende
Giesserei wird 65 Beschäftigte haben, also vollkommen uninter-
essant sein. Trotzdem haben wir schon heftigste Proteste von
Seiten der Vorarlberger Giessereifirma König bekommen, die
natürlich eine weitere Konkurrenz auf diesem sehr schwierigen
Gebiet erwartet. Grünwald hat nur vollkommen recht, dass es das
erste Mal ist, dass eine ausländische Autofirma in Österreich
einen Betrieb errichtet und deshalb tatsächlich jedwede Unter-
stützung bekommen soll. Die Wolfsegg-Trauntaler Kohlegesell-
schaft WTK wird jetzt von der ÖIAG endgültig zur Stillegung vor-
geschlagen, die Arbeiterkammer Oberösterreich wird deshalb am
24. Jänner eine Pressekonferenz veranstalten und Ersatzarbeits-
plätze verlangen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte die OB auf diese Entwicklung besonders
aufmerksam machen.
Der grösste Erfolg dieses Jour fixe war, dass endlich die
Arbeiterkammer zugestimmt hat, die Preisregelung für Importeier
aufzuheben. Damit kann ich, wenn ich von den Handelsorganisationen
angeschossen werde, dass ich gar nichts für die Aufhebung der
sozial kalkulierten Preise mache, darauf verweisen, dass doch
wenigstens wieder ein Teilerfolg für diese Politik, die ich
unterstützen würde, erzielt wurde. Vielleicht gelingt es dies-
mal, bei den Verhandlungen über die Preisregelung im Zuge der Wirt-
schaftsgesetze-Verhandlungen im Parlament eine andere Lösung als
diese Detailpreisverhandlungen für einzelne Produkte zu er-
zielen. Hier, glaube ich, wäre es wirklich zweckmässiger, eine
entsprechende Aufhebung dieser Preisregelung zu akzeptieren,
Voraussetzung dafür ist aber, dass ich ein Rute-im-Fenster-
Gesetz bekomme.
Tagesprogramm, 13.1.1978