Freitag, 25. November 1977
Die Länderprüfer der Internationalen Energieagentur – zwei Schweden,
darunter der Leiter, ein Belgier und ein Türke – haben mir gegen-
über keine besonderen kritischen Bemerkungen gemacht. Der Belgier
aus dem Sekretariat, Ovar, kennt sich sehr gut aus, hat sogar die
österr. Bundesverfassung studiert und interessierte sich dafür,
wie in einem Notstandsfall die Versorgung und Verteilung funk-
tionieren sollte. Seine heftigste Kritik war, dass nicht genügend Per-
sonal in der Sektion V dafür zur Verfügung steht. Da ein allumfassen-
des Energiesicherungsgesetz vom Parlament abgelehnt wird, wir die
2/3-Mehrheit brauchen, was er genau wusste, habe ich klargestellt,
welche Möglichkeiten wir derzeit haben. Bezüglich der Vorbeu-
gung für den Notstandsfall verwies ich darauf, dass wir die wirt-
schaftliche Landesverteidigung ganz neu organisieren und dafür
die Industriesektion zuständig sei. Der kritischste Punkt, nämlich,
dass wir anstelle von 90 Tagen Vorrat nur die Hälfte haben, wurde
gar nicht erwähnt. Ich bin sehr gespannt, was dann im schriftlichen
Bericht drinnenstehen wird.
Die Überreichung der Staatspreise für Werbung wurde heuer erstmals
so organisiert, dass die Staatspreisträger AUA, Licona, ÖCI jeweils
den Staatspreis vorstellten. Zwei hatten sogar Tonbänder mitge-
bracht, um zu demonstrieren, wie sie auch akustisch ihre Ideen
verwertet haben. Prof. Mittag ging dann auch auf meine Bemerkung
bezüglich der Übersetzung der Postwurfsendungen ein und meinte,
der Werbeausschuss des Konsumentenbeirates wird dies genau unter-
suchen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Nach Vorliegen des Ergebnisses bitte an die
sammelnden Hausfrauen in Linz einen Brief schreiben.
Der Fachverband der Nahrungsmittelindustrie intervenierte wegen
der Konservierungsverordnung, die mit 1. Jänner 1978 in Kraft
treten sollte neuerdings bei mir. Eine Rücksprache mit Dr. Havlasek
vom Gesundheitsministerium ergab, dass diese bereit sind, den Termin
hinauszuschieben. Strittig war nur, ob dies durch Einzelbescheide
erfolgen kann oder ob nicht doch eine Verordnung notwendig ist.
Magister Goldmann ist dann mit der Delegation ins Gesundheitsmini-
sterium gewandert.
ANMERKUNG FÜR WAIS : Erkundige Dich, was dabei herausgekommen ist.
Hofrat Tschach, der Fremdenverkehrsdirektor vom Burgenland, ist,
wie er sagt, durch eigene Initiative zu mir gekommen, um die Angriffe
des Min.Rat Würzl gegen Ortmann zu widerlegen. In einem Wirts-
hausgespräch wurde unter Anwesenheit von Bundeshandelskammer-
Industriereferenten Dr. Placek und dem Handelsdelegierten in
Budapest Kuzmich von Tschach Würzl informiert, dass er den Bürger-
meister von Neudorf und seine Gemeinderäte aufgefordert hat, die
Abteilung Ortmann einzuladen, damit diese sich unmittelbar infor-
mieren, wie es um ihren Badezuschuss-Antrag steht und gleich die
örtlichen Fragen zu besprechen. Bei dieser Gelegenheit hätte er sol-
len auch in Parndorf den Reiterhof zeigen. Hier handelt es sich
nach Angabe Tschachs ausschliesslich um eine übliche normale
Einladung, die überhaupt nichts mit Bestechung zu tun hat. Würzl
hat nämlich behauptet, Ortmann möchte auf Gemeindekosten feiern
und sogar reiten. Ortmann hat dies ganz entschieden abgelehnt,
war sehr empört und hat sich bei Tschach beschwert. Ich habe sofort
Sekt.Chef Jagoda dazu gerufen und ihn ersucht, die Angelegenheit
disziplinarmässig richtig in Ordnung zu bringen.
Beim Jour fixe mit AK und ÖGB kann ich immer wieder feststellen,
um den Broda'schen Ausdruck zu gebrauchen, wie der Lernprozess
ständig fortschreitet. Vor Wochen diskutierten wir die Einführung
eines Österreich-Zeichens A auf alle Österreich-Produkte und
eines Qualitätszeichens für Waren bestimmter nachgewiesener Quali-
tät. Damals waren alle damit einverstanden und Wanke wurde beauf-
tragt, einen diesbezüglichen Gesetzentwurf auszuarbeiten. Jetzt
gibt es vereinzelt grosse Bedenken, wenn wir das A-Zeichen allge-
mein gültig machen. Wer wird es kontrollieren, wie soll es durch-
gesetzt werden usw. Die Mehrheit war fast dafür, dass wir nur das
Qualitätszeichen jetzt propagieren sollen. Überhaupt wird jetzt
kritisiert und dies besonders von NR Heindl, der aus der Praxis jetzt
mit Hilfe von Dutzenden Geschäften Erfahrungen sammelt und Dr. Lachs,
der im Konsum diesbezüglich scheinbar negative Informationen hat,
dass eigentlich alle unsere Kennzeichnungsverordnungen ganz sinn-
los sind. Niemand prüft sie, daher hält sich auch niemand dran.
Beide verlangten, dass wir stichprobenartig entsprechende Kontrollen
vornehmen. Richtig ist, dass immer mehr Gesetze, Verordnungen, Erläs-
se ergehen und die Bürokratie gar nicht imstande ist, dies zu über-
blicken geschweige denn zu kontrollieren. Ich habe bereits vor Jahren
daraus die Konsequenz gezogen und wehre mich so gut ich kann, gegen
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jede gesetzliche Regelung, de neue Arbeiten der Bürokratie
überträgt. Sie ist überfordert und denkt gar nicht daran, durch
besonderen Einsatz die ihr übertragenen Aufgaben zu erfüllen.
Jeder Bürokrat, wenn er eine neue Tätigkeit zugeschanzt bekommt,
verlangt mehr Beamte, kriegt er diese nicht, dann hat er eben
keine Möglichkeit, das wirkungsvoll zu kontrollieren und durch-
zuführen. Da im neuen Massnahmenpaket der Finanzminister über-
nommen hat, die Kennzeichnung an der Grenze § 35 UWG durch-
zuführen und dies angeblich jetzt mit dem Verhandler vom
Finanzministerium zu einem positiven Ergebnis führen wird,
erklärte ich zu diesem Zeitpunkt dann auch die Unterbehörde
anzuweisen, in den Geschäften entsprechende Stichprobenkontrol-
len zu machen. Herauskommen wird dabei kaum etwas, aber Heindl
und Lachs meinen, wenn 5 kontrolliert werden und vielleicht auch
bestraft, dann wird sich dies in der Branche sofort herumsprechen
und entsprechend Einhaltung der Verordnungen erreicht werden.
Kammeramtsdirektor Zöllner ging gleich so weit, dass er meinte,
man müsse eben dann die Waren beschlagnahmen und ich weiss nicht,
was nicht noch alles von der Behörde straf- und sanktionsmässig
durchgeführt werden müsste. Meine einzige Antwort an Zöllner war
ich bin zwar gerne bereit, 1979 mein Amt zu verlieren, aber ich
will nicht unbedingt die Ursache sein, wenn man nur weil eine Ware
nicht gekennzeichnet ist, wie sie gewaschen gehört, diese Ware
beschlagnahmen würde, wäre dies nicht nur ein Aufschrei in der
Wirtschaft sondern würde auch die Bevölkerung niemals verstehen.
Neu für die Anwesenden, weniger für mich, war die Tatsache,
dass wegen der Ölmühlenerrichtung die Konsumgenossenschaft
zumindestens Lachs und einige neue Direktoren, die in Hinkunft
dieses Gebiet betreuen werden, grosse Bedenken an einer Be-
teiligung der Konsumgenossenschaft haben. Für dieses Projekt
müssten jetzt 100 Mill. aufgebracht werden. Die Konsumgenossen-
schaft fürchtet, dass ihre 25 Mill. S Kapitalanteil für sie
keine besondere Rentabilität bringt, weshalb Lachs die Idee hat,
man soll von den anderen zwei resp., wenn die Unilever mitmacht,
drei Partnern, ihnen die 25 Mill. S mit 10 % als Darlehen
verzinsen. Kluge Ideen hat Lachs sicher, nur muss er Dumme
finden, die ihm dies dann auch bezahlen. Übereinstimmend wurde
festgestellt, dass es nicht so dringend notwendig ist, die
Ölmühle jetzt sofort zu errichten, sondern wesentlich wichtiger
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ist. mit dem Anbau von Ölsaaten in grösserem Ausmass zu beginnen.
Es ist meiner Meinung nach ganz unmöglich, jetzt 5.000 ha Öl-
saaten innerhalb kürzester Zeit auf 50.000 ha zu vergrössern.
Jedes Jahr, wo wir zu spät beginnen, wird ein noch grösserer
Teil zugekauft werden müssen. Solange die Ölmühle in Österreich
nicht errichtet ist und Ölsaaten anfallen, kann man leicht
mit Ungarn ein Kooperationsabkommen treffen, dass dort die
Verarbeitung erfolgt. Die Ungarn, wie ich ihnen berichtete, waren
daran brennendst interessiert.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte besprich dies mit dem Büro des
Landwirtschaftsministers.
Die Strompreiserhöhung wurde neuerdings beschlossen, soll nur
im Zusammenhang mit einer Tarifreform erfolgen und zum spätest
möglichen Zeitpunkt in Kraft treten. Die ablehnende Haltung des
ÖGB Kärnten wird der Hohenstaufengasse und der Arbeiterkammer
mitgeteilt, damit sich diese mit ihrer Landesexekutive resp.
Landeskammer ins Einvernehmen setzen. Zöllner und auch Tumpel
waren sehr erschüttert über diese ablehnende Haltung der Landes-
exekutive und der Landeskammer.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte einen Beantwortungstermin vom ÖGB und
AK festlegen.
Über die Verordnung der Realitätenvermittler konnte bis jetzt
keine Einigung erzielt werden. Die Handelskammer und die
Arbeiterkammer ist meilenweit noch auseinander. Ich ersuchte
Jagoda einen Vermittlungsvorschlag zu versuchen, ähnlich
wie dies auch beim Berufsausbildungsgesetz letzten Endes ge-
glückt ist. Jagoda wird vorher noch einmal mit der Arbeiter-
kammer Kontakt aufnehmen. Beim Jour fixe musste ich feststellen,
dass tatsächlich Knittler noch sehr extreme Standpunkte ver-
tritt, die sicherlich sachlich grösstenteils begründet sind.
Um zu einer Einigung zu kommen, müsste man wahrscheinlich
ausser Knittler noch andere zu dieser internen Vorbesprechung
von der AK und vom ÖGB beiziehen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Versuche Zöllner und Schmidt dafür zu gewinnen.
Der Generaldirektor und Präsident der ENIT war auf Durchreise
und hat offiziell bei mir vorgesprochen. Ihr Vertreter, Dr. Bortoluz-
zi, hat innerhalb der Enit einen sehr guten Ruf. Dieser wieder
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verwies darauf, dass er stets eine grosse Unterstützung von
mir bekommt. Meine Erklärung dafür war simpel, ich unterstütze
zwar jeden ausländischen Vertreter auf Wirtschaftsgebiet, auch
dann, wenn sie wie die Enit natürlich im Sommer Konkurrenz
von uns ist, darüber hinaus ist aber meine Frau Italien-Fanatikerin,
die nichts über dieses Land kommen lässt, was auch schon ganz
natürlich eine entsprechende familiäre Vorzugsstellung von Italien
ergibt, In Wirklichkeit, ohne dass ich es sagte, bin ich bestrebt,
allen ausländischen Handelsdelegierten, Fremdenverkehrsfachleuten
usw. optisch Unterstützung zu geben, indem ich immer ihre Reprä-
sentanten, wenn sie hohen Besuch bekommen, die Möglichkeit gebe,
mit mir Kontakt aufzunehmen. Scheinbar ist es in anderen Staaten
wesentlich schwieriger, zu einem Minister vorzudringen, weshalb
alle diese Vertretungen mit mir im grossen und ganzen zufrieden
sind.
Dieselbe Einstellung konnte ich beim Antrittsbesuch des Botschafters
Meyer aus Südafrika dokumentieren. Dieser offerierte uns eine
stete Unterstützung aller Stellen in Südafrika, ganz besonders,
einer wirtschaftlichen Forschungsgruppe, die Unterlagenmaterial
von ganz Afrika besitzt und dieses gerne unseren Unternehmungen
zur Verfügung stellt. Natürlich bin ich auf dieses Angebot gar
nicht eingegangen, denn mit Südafrika gibt es grosse politische
Differenzen. Ich getraue mir kein einfaches Urteil zu fällen –
weiß – schlecht, schwarz – gut – ebenso wenig wie ich bis jetzt
weiß – gut und schwarz – schlecht gesagt habe. Wenn ich mir vorstel-
len wie schwierig wir unser Problem mit den Slowenen lösen, dann
kann ich ungefähr ermessen, wie es in Afrika schwer sein muss,
die dortigen Probleme einigermassen befriedigend zu einer Lösung
zu bringen. In New York oder Wien sieht die Sache halt anders
aus als in Pretoria.
Frau Dr. Stadler hat mich angerufen und mitgeteilt, sie hätte eine
Information, dass jetzt wieder ein roter Sektionschef im Handels-
ministerium als Nachfolger Schippers von mir ernannt werden soll.
Ich wies diese Unterstellung mit aller Entrüstung zurück und
erklärte, dass ich bis jetzt noch niemals entgegen dem Vorschlag
meines Präsidiums Dr. Schipper die anderen Sektionschefs bestellt
habe. Ganz im Gegenteil habe ich lange bevor das Ausschreibungs-
gesetz bestand durch job description – wieder ein neudeutsches Wort –
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und durch Kommissionen versucht, den besten Anwärter zu finden.
Es gibt, erklärte ich Stadler , wo ich auf Weisung irgendetwas anderes
verfügt hätte als mir letzten Endes vorgeschlagen wurde. Wenn sie
mir jetzt mitteilt, dass Kazda der neue Sektionschef werden wird,
dann weiss sie mehr als ich. Die Kommission wird nämlich erst zusam-
mentreten. Ich werde mich nach den Vorschlägen der Kommission halten,
Stadler meinte, sie sei sehr froh, dass sie mich angerufen hat,
denn ihr Informant hätte sie vollkommen anders informiert. Ich
ersuchte sie sofort, diesem Informanten mitzuteilen, er möge sich
entweder mit mir ins Einvernehmen setzen und wenn er glaubt im
Recht zu sein, dann eine entsprechende Anfrage im Parlament, ge-
gebenenfalls sogar eine Dringliche durch die ÖVP zu veranlassen.
Ich bin sehr gespannt, was Stadler unternehmen wird. Jagoda teilte
mir dann nach 5-stündiger Beratung am Freitag-Abend mit, dass
kein Dirimierungsbeschluss gefasst werden musste. Nach Ausscheiden
der nicht in Frage kommenden Bewerber wurden mit 2 Stimmen Kazda,
Jagoda, Pertusini, mit einer Stimme Schwarz von unserem Gewerkschafts-
vertreter und 1 Stimme Twaroch vom Gewerkschaftsvertreter des
Bautenministeriums vorgeschlagen. Jagoda als Vorsitzender kann
daher in dem Bericht festhalten, dass ohne Dirimierung mehrheitlich
Kazda für diesen Posten von der Kommission vorgeschlagen wird. Ich
bin über diese Lösung sehr erfreut, weil sich klar und deutlich
zeigte, dass damit dem Verlangen der 6.000 Bautenministerium-
Angehörigen gegen unter 1.000 des Handelsministeriums der Kandidat
zum Zuge kommt, der die Interessen der Mehrheit, in dem Fall der
Bautenministeriums-Leute, besser vertreten kann, weil er letzten Endes
ja auch aus diesem Ministerium kommt. Ich hatte Stadler bereits ange-
kündigt, dass dieser Gesichtspunkt in wesentlich stärkerem Umfang
glaube ich berücksichtigt werden sollte, wenn ein entsprechender
Vorschlag von Seiten der Kommission kommt. Dies ist jetzt geschehen
und der Fall für mich ist daher die Entscheidung sehr einfach.
Tagesprogramm, 25.11.1977