Donnerstag, 24. November 1977
Dir. Sponder von der Fa. Wertheim hat an Hand von konkreten
Beispielen nachgewiesen, dass öffentliche Ausschreibungen durch
Vernachlässigung des österreichischen Anteils und des Steuer-
aufkommens dem Staat bei Zuschlag des Billigstbieters, der
meistens ein Ausländer ist, schlussendlich, wie die Schweizer
sagen, den Staat mehr belastet und kostet. Er hat dieses Problem
Stadtrat Mayr wegen Rolltreppen bereits vor längerer Zeit ge-
sagt, doch keinerlei Reaktion bis jetzt feststellen können.
Sekt.Chef Wanke und ich konnten ihm klar machen, dass das
Handelsministerium in der Arbeitsgruppe öffentliche Ausschrei-
bungen mit den anderen Ministerien bereits vor längerer Zeit
verlangt hat, dass diese Forderung der Fa. Wertheim berücksich-
tigt wird und Teilerfolge zu verzeichnen sind.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Vielleicht gelingen andere Bei-
spiele, um so schnell wie möglich den Ministerratsvortrag schlag-
kräftig fertigzustellen.
Herr Mitterbauer mit seinem Sohn und Schwiegersohn, Repräsentant
des Familienbetriebes Miba, die Gleitlager in Laakirchen, OÖ,
erzeugen, beschwerte sich bei mir, dass sie bei gewissen Auto-
produktionsfirmen wie z.B. Mercedes Benz keine Chance haben, ihre
Produkte zu verkaufen. Ihr grober Schlüssel ist 10:1, d.h.
10 % können sie maximal liefern. Bei 350 Mill. S Umsatz und
ca. 800 Beschäftigten sind sie aber weitestgehend davon abhängig,
was die ausländischen Lieferwerke bei ihnen bestellen. Sie sehen
vollkommen ein, dass es Monate langer technischer Prüfungen be-
darf, bis ihre Produkte als einwandfrei klassifiziert übernommen
werden. Immer wieder aber stellen sie fest, dass wenn wie dies
in der letzten Zeit der Fall war die Einkaufsabteilungen bereit
wären, bei ihnen zu bestellen, dann die technischen Abteilungen
und insbesondere die Kontrollstellen sehr zögernd, um nicht zu
sagen sabotierend die Prüfung vornehmen. Meine Behauptung, das
ist eine beliebte Methode, um alte Lieferbeziehungen aufrecht
zu erhalten und neue nicht zuzulassen, wurde bestätigt und sogar
zugegeben, dass wo sie stark im Geschäft sind, genau dieselben
Methoden anwenden. Meine in den letzten Monaten geführten Aus-
sprachen mit den Einkaufsleitern der Autofirmen hat für
Miba einen grossen Erfolg gebracht. Sie haben jetzt auch mit
neuen Abnehmern Kontakt aufgenommen und andererseits, wo sie
39-1361
bereits hinliefern konnten, ihren Anteil vergrössern können.
Sie waren sehr erstaunt, von mir zu erfahren, dass ich gerne
bereit bin, durch Briefe an die Vorstände die Firma zu unter-
stützen. MR. Gröger wird in ständigem Kontakt zum gegebenen Zeit-
punkt die notwendigen Entwürfe mit der Firma absprechen. Präs.
Igler, ein Aufsichtsrat dieser Firma, hätte ihnen gesagt, es wäre
notwendig, dass ich öfters mit dem deutschen Wirtschaftsminister
und auch anderen offiziell zusammenkommen müsste, um dort die
individuellen Wünsche der Firma zu deponieren. Sie waren sehr
erstaunt von mir zu erfahren, dass ich sehr wohl einen inoffiziellen
Kontakt mit Brugger als auch mit Friderichs gehabt habe, ohne
dass ich es sagte, habe ich mich aber wirklich gedacht, es wird
dringendst notwendig, bei erstbester Gelegenheit, auch mit dem
neuen deutschen Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff zusammenzu-
kommen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte besprich die inoffizielle Zusammenkunft
mit dem deutschen Botschafter bei einer passenden Gelegenheit.
Die Betriebsvertreter der Fa. Schmalbach, BRO Sotoschek, und Sekr.
der Metallarbeiter wollten von mir wissen, ob und inwieweit
sie durch meine Erklärung, die Einwegflaschen und Dosenerzeugung
nicht zuzulassen, ihre Existenz gefährdet ist. Die Firma hat in
Gerasdorf für 92 Mill. eine grosse Dosenfabrik im Bau, derzeit
werden 60 Mill. Stück Dosen importiert. Der Bedarf wird auf
80 Mill. Stück geschätzt, ohne dass aber Bier, Coca Cola und andere
alkoholfreie Getränke wesentlich ausgeweitet werden soll. Dieser
grosse internationale Konzern hat damit gerechnet, dass die Brauereien
und andere heute noch auf Glasflaschen abfüllende Produkte in stärke-
rem Masse auf Dosen übergehen wird. Wanke und ich setzten ihnen
auseinander, dass die Firma hier scheinbar eine Fehlspekulation
betrieben habe. Die Brauereien haben unisono erklärt, sie wollen
von der Glasflasche nicht weggehen, ohne dass deshalb meine Erklärun-
gen eine entscheidende Rolle spielen, muss jetzt ein vernünftiger
Ausgleich gefunden werden. Ich selbst erklärte, dass es kaum möglich
sein wird, die schon jetzt in Dosen abgefüllten perzentuellen
Anteile wieder wegzunehmen, für Schutzhütten z.B. wird man immer
verlorene Packungen akzeptieren müssen. Was es nur zu verhindern
galt und gilt, ist, dass in grösserem Umfang und auf neue Produkte
wie z.B. Mineralwasser, die verlorene Packung ausgedehnt wird.
Die Delegation war mit meiner Erklärung sicherlich nicht zu-
frieden, andererseits aber überzeugt, dass damit ihre Existenz
nicht bedroht wird, wohl aber die beabsichtigte Ausdehnung oder
Verbreiterung der Dosenabfüllung womöglich auf alle Getränke.
Einmal mehr zeigte sich, wie notwendig es ist, so schnell wie mög-
lich eine gesetzliche Regelung zu treffen, um Unklarheiten und Ungewiss-
heiten zu beseitigen.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte so rasch wie mögliche Gesetz-
entwurf fertigstellen und in die Begutachtung schicken.
Komm.Rat Böhm von der Fa. Schöps und Huber von der grössten Trikotagen-
fabrik wollten über die zukünftige Textileinfuhrpolitik mit mir ver-
handeln. Bei der Diskussion stellte sich heraus, dass beide befürch-
teten, wir würden jetzt durch Kennzeichnungsvorschriften den Import
von Bekleidungen nicht nur erschweren sondern sogar unmöglich machen.
Die Gefahr, die sie befürchtete, war ähnlich wie in England zu ver-
langen, dass jedes Kleidungsstück mit dem Ursprungskennzeichen ver-
sehen sein muss und durch entsprechende Ursprungszeugnisse nachgewiesen
werden muss. Huber hat zugegeben, dass er selbst 15 % von ihm
nicht erzeugten Produkten importiert, um seine Abnehmer auch mit
Billigstware versorgen zu können. Durch diese Billigsteinfuhren
kann er in der Kalkulation einen Schnittpreis machen, d.h. auch an
diesen Billigstimporten profitieren. Dies wird heute in der ganzen
Branche so getätigt, sodass eigentlich niemand mehr eine wirkliche
Drosselung, ja Einstellung der Importe wünscht. Huber hat nur allen
Ernstes gemeint, wenn es zu einer Kontingentierung oder Reglemen-
tierung kommen sollte, dann müsste man die inländischen Produzenten
von einer solchen ausnehmen, denn sie erzeugen ja zum grössten
Teil doch noch Waren in Österreich und hätten deshalb alles Recht
auch Billigstimporte weiterhin ausschliesslich importieren zu
dürfen. Er war glaube ich sehr erstaunt zu erfahren, dass eine solche
Ungleichbehandlung schon allein verfassungsmässig gar nicht möglich wäre
oder zumindestens sehr schwer möglich wäre. Böhm wieder schlug vor,
wir sollten eine Selbstbeschränkung der Importe insbesondere einmal
wieder bei Strumpfhosen versuchen. Beide Vertreter waren sehr beruhigt
von mir zu erfahren, dass wir trotz der Bedenken, die Sekt.Chef Meisl
gegen eine Selbstbeschränkung vorbrachte, doch versuchen werden,
auf gewissen Gebieten eine solche zu versuchen. Keinesfalls ist
derzeit beabsichtigt, eine allgemeine Kennzeichnung verpflichtend ein-
zuführen, sondern nur durch ein "A" die österr. Ware und durch einen
39-1363
Qualitätssiegel die österr. Qualitätsware auf freiwilliger Basis
zu schützen. Wer dieses Zeichen verwendet, darf damit nur österr.
Ware kennzeichnen. Die Vorsprache hat mich auf die Idee gebracht,
wirklich zu überlegen, ob wir nicht eine solche verpflichtende Kenn-
zeichnung androhen soll, damit dann umso leichter und umso schneller
die freiwillige Kennzeichnung durch Gesetz geregelt werden kann.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND WAIS: Bitte dieses Argument durchdenken.
Von der Kronen-Zeitung hat Red. Weidnitzer angerufen und mich zu
meiner grössten Verwunderung auf meine Aussprache bei den Transit-
händlern angesprochen. Ich hatte nicht angenommen, dass dort ein Journa-
list sitzt. Weidnitzer war aber von meinen Ausführungen sehr beeindruckt,
weil wie er mir mitteilte, nachher alle dort Anwesenden erklärt haben, dass
noch niemals eine Minister sich so intensiv mit ihren Problemen
beschäftigt hat. Für mich war dies eine heilsame Lehre, dass ich bei
Aussprache in scheinbar geschlossenen Gesellschaften auch immer daran
denken muss, gegebenenfalls ein Redakteur oder sonstiger Journa-
list nicht nur eines Fachblattes sondern auch einer Massenzeitung
anwesend sein kann, den ich nicht kenne. Wenn ich in so einem Fall
mit gespaltener Zunge bei Unternehmern anders als bei Pressekonferenzen
oder bei Gewerkschaftern sprechen würde, wäre ich bald in des Teufels
Küche.
Prof. Spiel hat mich in sein Institut eingeladen, um zu demonstrieren,
dass wesentlich mehr Kinder und Jugendliche unter psychischen Schäden
leiden, als man landläufig annimmt. Er selbst möchte deshalb sein
Institut wesentlich ausdehnen und ersuchte mich auch um Intervention
bei Firnberg, was ich bereits vor einiger Zeit auf Veranlassung
unserer Sekretärin bei den Lebensmittelarbeitern gemacht habe. Die
Tatsache, dass jetzt wesentlich mehr Jugendliche einer ärztlichen Be-
handlung bedürfen, ist nach Meinung Spiels auch darauf zurückzuführen,
dass durch die vielen Impfungen gegen die verschiedensten Krankheiten
zwar diese Krankheiten zurückgedämmt werden konnten, dafür aber die
Abwehrreaktionen des Gehirnes wesentlich in anderer Hinsicht leidet.
Präs. Melichar vom Verfassungsgerichtshof wollte sich unbedingt
bei mir vorstellen. Nach einer netten Plauderei versicherte ich ihm,
ich hoffe, dass unsere Beamten so arbeiten und die Gesetze so
gut sind, dass beim Verfassungsgerichtshof nicht allzu viele Beschwerden
landen werden. Wir kamen aber bei dem Gespräch überein, dass die
wirtschaftlichen Tatbestände ungeheuer schwierig durch eine einwand-
freie gesetzliche Regelung verfassungsmässig gut abgesichert werden
kann. Dies gilt z.B. auch für das Preisgesetz mit der Definition des
volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises.
Die Firma Jodlbauer und die Fa. Taus, der Bruder des Parteiobmannes
des ÖVP, führen aus der Schweiz de-Sede-Möbel ein (Leder). Wenn der
Import auch noch verhältnismässig klein ist, hat sich trotzdem, glaube
ich mit Recht, die Firma Wittmann bei mir beschwert, dass in grossem
Umfang heute unbearbeitet in die Schweiz exportiert werden. Jodlbauer
glaubt nun, dass niemand diese Qualität von de-Sede-Möbeln herstellen
kann. Um sein Angebot abrunden zu können, sind deshalb solche Importe
dringend notwendig. Billig-Importe wie z.B. IKEA heute nach Österreich
bringt, sind seiner Meinung nach für die Einrichtungshäuser keine Kon-
kurrenz. Die wirkliche Konkurrenz dieser Importe trifft die Möbel-
händler. In den Einrichtungshäusern sind aber derzeit schlechte Umsätze
zu tätigen. IKEA hätte nach Aussagen Jodlbauers aber den Einrichtungshaus
Vösendorf der KGW harte Konkurrenz gemacht, weshalb auch um 16 % die
Preise zurückgenommen werden mussten. Jodlbauer meint, dass jetzt durch
diese starke Preisreduktion Kunden immer wieder kommen und auch von
ihm entsprechenden Rabatt verlangen. Die normale Forderung ist dann,
keine Mehrwertsteuer zahlen zu wollen.
Beim Klub der ausländischen Handelsräte hatte ich zum dritten Mal
Gelegenheit, die österr. Wirtschaftspolitik insbesondere die Handels-
politik zu erklären. Selbstverständlich habe ich dort insbesondere
unser Massnahmenpaket im Detail geschildert. Der Vorsitzende des
Donaueuropäischen Institutes, der den Klub betreut, Vizekanzler
a.D. Bock, hat mir nachher versichert, in Anwesenheit von CA-Direktor
Schneider, ihm importiert mein Engagement und meine freie Rede
und vor allem meine Sachlichkeit immer wieder. Richtig ist, dass in
der Diskussion, wie Schneider befürchtete und mir nachher sagte,
einige kritische Anfragen kamen, wie z.B. unsere zukünftige
Währungspolitik usw. Schneider meinte, da dies ja nicht meine Kompetenz
sei, sei er verwundert gewesen über mein geschicktes Parieren
39-1365
dieser vielleicht sogar versteckten Angriffe. Ich wollte es ihm
nicht sagen, aber Diskussionen sind wirklich nicht die schwerste
Belastung meiner Arbeit.
In der Bezirkskonferenz Josefstadt hat es eine wirklich umfangreiche
Diskussion gegeben, die sich zu meiner grössten Verwunderung nur
auf Wirtschaftsprobleme erstreckte. Dort allerdings von der Schilling-
währungspolitik bis zum Kernkraftwerk.
Bei der Geburtstagsfeier von Dr. Zaki, zu der ich spät abends erst
kam, hatte ich doch noch Gelegenheit mit Vertreter Waagner-Biro
und der Bundeskammer sowie Zaki über das Sudan-Projekt zu diskutieren.
Übereinstimmend wurde festgestellt, dass dieses Projekt für Öster-
reich sehr interessant wäre, doch der Kreditrahmen von 1,2 Mia. S
nicht aufzubringen ist. Wenn zur Kreditfinanzierung die Weltbank oder
auch nur ein arabischer Fonds herangezogen wird, dann muss man mit
einer internationalen Ausschreibung rechnen. In diesem Fall aber hat
Österreich kaum eine Chance, dieses Projekt zu bekommen. Österreichische
Firmen wären aber an der Errichtung dieser Eisenbahnstrecke, die
ca. 2.000 km lang ist, sehr interessiert. Da mehrere Firmen an
diesem Projekt arbeiten, bin ich persönlich fest davon überzeugt,
dass auch irgendwelche Kombinationen mit anderen Ausländischen
Firmen gefunden werden können, und letzten Endes die Kontrollbank
einen Teil der Garantien und Finanzierungen mit übernehmen kann
und wird. Ich versicherte alle Anwesenden neuerdings, dass ich
gerne bereit bin, zur Finalisierung dieses Projektes einen sudanesische
Minister nach Österreich einzuladen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte halte diese Projekte in Evidenz.
Tagesprogramm, 24.11.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)