Donnerstag, der 29. September 1977

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Donnerstag, 29. September 1977

Die "Argumente"-Sendung befasst sich neuerdings mit dem
Fremdenverkehr. Herrn Schiejok, dem Leiter dieser Sendung,
war es geglückt, den deutschen Reporter, der über Kärnten
so schlecht berichtete, zur Sendung zu bekommen. Ferrari-
Brunnenfeld
, der zuständige Landesrat von Kärnten, hatte Ge-
legenheit Allert stark zu kritisieren. Die Behauptung, dass
alles nur ungünstigst aufgenommen wurde, beim 5-Uhr-Tee
sonst die Terrasse voll sei, nur um 4 Uhr beim Beginn sei sie
leer gewesen, konnte Allert insofern widerlegen, als er sagte,
in mehreren Tagen waren sie auch zum späteren Zeitpunkt dort
und die Terrasse war niemals voll. Dass allerdings nur ein einziges
Paar dort die ganze Zeit tanzte, konnte er nicht aufrechterhalten.
Zum Glück hatte ich damals sofort bevor noch Ferrari-Brunnenfeld
oder andere mir entsprechende Vorschläge machten oder mich
kritisieren konnten, dass ich gegen die tendenziöse Berichter-
stattung nichts unternehme, Allert und sein Team eingeladen.
Jetzt konnte ich meiner Enttäuschung Ausdruck geben, dass
auf diese Einladung keine Reaktion erfolgte. Allert schilderte
dann, wie bei der ARD, also der offiziellen deutschen Fernsehanstalt,
der Länder, bürokratisch mein Schreiben wochenlang von einer
Stelle zur anderen wanderte, bis sie jetzt erst bei ihm eintraf.
Ich wiederholte deshalb zum Schluss meine Einladung mit der
Aufforderung, bevor man etwas über Österreich sendet, soll man
doch auch den anderen eine Chance geben zu zeigen, wie es wirklich
ist. Niemand will das Fernsehen zensurieren, jeder sollte aber
doch versuchen, ein objektives Bild zu bringen. Wichtiger aber
als Allert war der Vertreter der deutschen Zeitschrift Warentest
und Dr. Koppe für Konsument, die über Österreich entsprechende
Erhebungen machten und Hotels, Gasthäuser in verschiedensten
Regionen testeten. Insgesamt wurden 600 Betriebe besucht, analy-
siert und wie selbst Komm.Rat Scheiner zugeben musste, sehr objektiv
dargestellt. Die Zeitschrift Warentest aus Berlin hat 175.000
Exemplaren von diesem Sonderheft gedruckt. Das Heft kostet
35.– S und die Stiftung Warentest, eine Art Konsumentenhilfe,
hofft, sie auch tatsächlich verkaufen zu können. 10.000 Stück
hat die ÖFVW, Dr. Zolles, bereits angekauft. Der grosse Nachteil
für Koppe, VKI – Österreichische Konsumenteninformation – ist,
dass "Warentest" in Deutschland wesentlich gründlicher arbeiten
kann, vom Wirtschaftsministerium bekommt er 8 Mio. DM jährliche


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Subvention, 30 Mill. DM erwirtschaftet er aus seinen Veröffent-
lichungen. Jetzt besteht für Koppe die grosse Gefahr, dass "Waren-
test" auch nach Österreich eindringt und damit ihm natürlich eine
grosse Konkurrenz entsteht. Anschliessend an die Erfahrung, die
diese beiden Konsumentenorganisationen mit dem österreichischen
Fremdenverkehr insbesondere mit der Preisgestaltung gemacht haben, ergab
natürlich dieses Thema eine recht hitzige Diskussion. Komm.Rat
Moser, Bürgermeister von Alpbach und Organisator in diesem Dorf,
auch der Alpbacher Wochen, wehrte sich dagegen, dass man die
österr. Hoteliers wegen der hohen Preise kritisiert. Er meinte,
so wie Komm.Rat Scheiner und Ferrari-Brunnenfeld, dass hier in
Österreich die Preise absolut richtig seien, der Vertreter der
Kärntner Arbeiterkammer hatte die Möglichkeit, seine Erhebungen
im Fremdenverkehrsgebiet, allerdings nur bezogen auf Sodawasser,
Mineralwasser, Kaffees zu erläutern. Da er bei dieser Gelegenheit
gleich darauf hinwies, dass eine Wörthersee-Firma, die besonders
hohe Preise hat, jetzt neuerdings mit 2.000 S bestraft wurde,
entwickelte sich daraus eine grundsätzliche Diskussion über die
Möglichkeiten, gegen überhöhte Preise einzuschreiten. Für mich
ergibt sich bei solchen Diskussionen die Schwierigkeiten, dass
ich als Handelsminister auf der einen Seite nicht alle Firmen
verdächtigen lassen kann, als Preistreiber darzustellen, auf der
anderen Seite aber natürlich auch Preisexzesse der einzelnen Firmen
gar nicht verteidigen will. Ich muss immer wieder versuchen, meine
Glaubwürdigkeit zu erhalten als ehrlicher Makler zwischen den
Interessensvertretungen, als Schützer der Konsumenten aber auch
der seriösen Betriebe. Angeblich wurde bei der Aufzeichnungen von
den Technikern, die immer gleich die erste Kritik schon während
der Sendung abgeben und die uns dann zur Kenntnis gebracht wurde,
erklärt, man hätte jetzt endlich einmal gehört, wie es ist und welche
Möglichkeiten es in Hinkunft gibt, hier bessere Verhältnisse zu
schaffen. Ob das wirklich zutrifft, wird er die Reaktion auf die
Sendung ergeben. Schiejok ist brennendst daran interessiert,
dass womöglich nur in Argumente eine Fremdenverkehrssendung gebracht
wird, Gegebenenfalls möchte er am liebten ein eigenes Fremdenver-
kehrsreferat mit entsprechenden Aufträgen vom Generalintendant
bekommt.Angeblich wird jetzt im Fernsehen darüber diskutiert,
jemanden anderen noch mit entsprechenden Fremdenverkehrssendungen
zu beauftragen. Daran ist weder Koppe noch eigentlich ich interessiert
denn man weiss nie, wer dann über dieses Gebiet berichten wird.



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ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte kläre, was an dieser Befürchtung wahr
ist.

In der Lebensmittelgewerkschaft musste ich feststellen, dass
die Tabakarbeiter, insbesondere der Sekretär wieder einmal im
wahrsten Sinne des Wortes geschlafen hat. Wir haben bei den
Betriebsratswahlen nicht sehr günstig abgeschnitten. Sogar in
Linz an Stimmen und Mandaten verloren. In der gesamten Branche
aber gelang es den Genossen, statt 29 Mandate 30 Mandate zu errei-
chen. Die Volkspartei hat von 53 auf 51 und die KP von 2 auf 1
abgenommen. Gewonnen hat eigentlich eine Namensliste, die in Linz
uns Stimmen kostete und der Obmann der Namensliste sogar von
uns seinerzeit protegiert wurde. Ich ärgerte mich ein wenig, dass,
als gestern die Resultate schon bekannt waren, niemand sofort eine
entsprechende Aussendung: VP verliert 2 Mandate, SPÖ gewinnt 1
hinausgeschickt hat. Wenn man einigen Tagen dann sozusagen, wenn
das offizielle Ergebnis geprüft und in Kraft getreten ist usw.
dann eine halboffizielle Erklärung und Erläuterung der Ergebnisse
erfolgt, ist dies ein kalter Kaffee und ausserdem wahrscheinlich
in der Zwischenzeit schon überall der angebliche Verlust der
Sozialisten propagiert. Wie sehr ich recht hatte, konnte ich bei un-
serem christlichen Gewerkschaftssekretär feststellen, der ebenfalls
sehr überrascht war, zu erfahren, dass in Summe mit Arbeitern
und Angestellten gemeinsam die ÖVP verloren und die SPÖ gewonnen
hat. Wie man so wenig propagandistisch denken kann, ist mir
ein Rätsel.

Mit Minister Leodolter besprach ich das Lebensmittelrecht. Sie
hat grosse Schwierigkeiten, weil jetzt immer mehr von ihren Un-
tersuchungsanstalten aber auch von der Bürokratie der Vorwurf
kommt, dass in allen Lebensmitteln und bei allen Herstellungs-
vorgängen jahrzehnte-, ja wahrscheinlich jahrhundertealte
Traditionen vorliegen, die man jetzt angeblich nicht mehr ak-
zeptieren kann. Z.B. soll bei Kakao auch in Hinkunft erlaubt
sein, Fremdfette z.B. Soja beizumischen. Die Fanatiker am Lebens-
mittelrecht wünschen, dass Kakao womöglich nur Kakao enthält.
und sonst nichts anderes. Mit der Apothekerkammer konnte sich
jetzt Leodolter einigen, dass der Grosshandel und die Apotheker
ihre Spanne um 135 Mill. S in Summa ermässigen werden. Dies
kommt insbesondere der Krankenkasse und so weit man halt die
Medikamente selbst kauft auf jeden einzelnen Konsumenten gleich
direkt zugute. Leodolter hat mir zugesichert, dass für die


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Betriebsgenehmigung des Kernkraftwerkes Tullnerfeld die
Anlieferung von Brennelemente in der nächsten Zeit wird genehmigt
werden. Sie selbst sieht es vollkommen ein, dass die entsprechenden
Bescheide für den Transport und die Lagerung der Brennelemente
in absehbarer Zeit erfolgen müsste. In Deutschland steht man teil-
weise auf dem Standpunkt, dass die Einführung der Brennelemente
in den Reaktor schon ein Teil der Betriebsgenehmigung ist und
deshalb diese Phase bereits eine kritische Auseinandersetzung
mit den Atomgegnern darstellt. Ich glaube, dass wir uns auf diese
Diskussion nicht einlassen sollten. Die wirklich kritische Phase
der Betriebsgenehmigung ist erst der Probebetrieb. Leodolter
teilt diese Meinung.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte versuche mit Frank und Nentwich diese
Frage so schnell wie möglich mit dem Gesundheitsministerium posi-
tiv zu klären.

Min.Rat Schwarz teilte mir mit, dass unser Entwurf, Verkauf von Heiz-
öl schwer mit mehr als 3 % Schwefel zu verbieten, von den Länder-
vertretern abgelehnt wird. Da Vorarlberg bereits eine Landes-
regelung von 2,5 % hat, sind die anderen Ländern und vor allem
einmal Vorarlberg nicht bereit, einen Staatsvertrag nach 15 a unse-
rer Bundesverfassung abzuschliessen, dies bedeutet, dass die
Wünsche der ÖMV als Übergang die 3 % Schwefel zu genehmigen von
uns nicht durchgebracht werden kann. Ich verständigte sofort
Gen.Dir. Bauer von der ÖMV und dieser ersuchte mich, man möge
ihm zwei Wochen Zeit geben, er hofft mit Ländervertretern dieses
Problem dahingehend zu lösen, dass diese doch der 3 %-igen
Genehmigung zustimmen würden. Ich glaube, hier ist er vollkommen
falsch informiert. Schwarz wird jetzt die 2 Wochen zuwarten und
dann werden wir den Entwurf mit 2,5 % hinausgehen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte beachte den Zeitablauf.

Gen.Dir. Lunacek vom Verband ländlicher Genossenschaften hat bei
Aussprache mit mir zugegeben, dass die 13 Bauern, die in Waidhofen
an der Thaya jetzt nicht mehr von der Genossenschaft beliefert
werden ein sehr schwieriges Problem darstellen. Die Bauern haben
sich an mich gewandt als zuständig für die Gewerbeordnung und
verlangen, dass die Genossenschaft, mit deren Leitung sie in einen
persönlichen Krieg verwickelt sind, unbedingt ihre Produkte kauft
und vor allem ihnen Produkte verkaufen muss. Lunacek wird jetzt


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leider drei Wochen abwesend sein und wenn er zurückkommt noch
einmal mit mir eine Aussprache pflegen. Ich selbst habe dem
Sprecher dieser 13 Bauern ein Schreiben mit der Sachverhaltsdar-
stellung geschickt.

ANMERKUNG FÜR JAGODA UND WAIS : Bitte die Rechtssituation prüfen.

Der Industrie- und Energieminister aus Uruguay Meyer kam mit seinem
Geschäftsträger und dem Handelsdelegierten. Uruguay hat grosses
Interesse daran, die Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich zu
verbessern. Insbesondere haben jetzt schon einige Firmen wie
Plasser & Theurer aber ganz besonders die Fa. Stollack entsprechende
Kooperationsverträge mit uruguayischen Firmen. Die österreichischen
Produkte sind in Uruguay gut angeschrieben, ich erwähnte ganz
besonders, dass die VÖEST 10.000 t Schienen nach Uruguay liefern
möchte. Der Handelsdelegierte Biase wird in Hinkunft engeren Kontakt
noch mit unserem Ministerium halten. Eine Wirtschaftsmission wird
jetzt nach Uruguay von der Handelskammer geschickt. Bei der letzten
im Jahre 1975 hat man der dortigen Regierung empfohlen, sie soll
einen Handelsdelegierten nach Österreich schicken und die Re-
gierung hat tatsächlich unmittelbar darauf am 1. Juli 1976
Biase nach Österreich entsandt. Daraus zeigt sich für mich deutlich,
das Uruguay wirklich ein grosses Interesse an österreichischer
Wirtschaftsverbindung hat.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Für den südamerikanischen Raum müssten wir
eine grössere Konzeption entwickeln.

Die Staatsbürgerversammlung in Lenzing war, den Eindruck hatte
ich dort, eine reine Parteiveranstaltung. In der Diskussion hat
sich kein einziger Gegner gemeldet. Trotzdem waren die Genossen
dort sehr froh, wieder einmal eine direkte Information zu be-
kommen. Insbesondere im Lenzinger Chemiefaserwerk haben sie
derzeit einen sehr schweren Stand, denn Linz-Chemie möchte die
Acrylfaserproduktion aufnehmen. Diese Produktion ist aber für
Lenzing lebenswichtig. Derzeit sind zwar nur 300 Arbeiter daran be-
teiligt, hin Hinkunft aber müsste ja diese Acrylfaserproduktion gross
ausgebaut werden um überhaupt konkurrenzfähig zu sein. Ich
konnte zum Glück darauf verweisen, dass ich seit Monaten mit Gen.Dir.
Seidl von Lenzing auf der einen Seite und Gen.Dir. Buchner auf
der anderen Seite verhandle und es jetzt geglückt ist, einen


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Waffenstillstand zu erreichen. Chemie-Linz wird momentan nicht
weiter Acrylfaserausbau verfolgen und Experten sollen klären,
wie und wo die zweckmässigste Produktion dann wenn einmal
die allgemeine Überkapazität weltweit abgebaut ist, gegebenenfalls
die grössere Produktion in Österreich dann aufgenommen werden soll.

ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Bitte über die Expertengespräche
genaue Berichte anfordern und ein Konzept entwickeln.

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Tagesprogramm, 29.9.1977


GND ID: 1017902909


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    Tätigkeit: GD ÖMV


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      Tätigkeit: Sekr. JS, ab 1973 GF VKI


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        Tätigkeit: Gesundheitsministerin


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          Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


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            Tätigkeit: MR HM


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              Tätigkeit: Obmann Sektion FV BHK


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                Tätigkeit: GD Lenzing AG, Vizepräs. HK, AR-Präs. OÖ. Ferngas


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                  Tätigkeit: Chemie Linz


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                    Tätigkeit: Direktor ÖFVW


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                      Tätigkeit: SChef HM
                      GND ID: 12195126X


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                          Tätigkeit: Chef Energiesektion


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                            Tätigkeit: Kabinett Staribacher


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                              Tätigkeit: Verband ländlicher Genossenschaften; evtl. ident mit A Lunacek, GD Fa. WÖV


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                                Tätigkeit: Sekt.R HM


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