Mittwoch, 3. August 1977
Auf Intervention des Landtagsabgeordneten Sevcik wurde der
Beleuchtungsfirma Gastol die Führung des Staatswappens genehmigt.
Ich kümmere mich überhaupt nicht, wer einreicht, wer inter-
veniert und wer letzten Endes dann das Staatswappen führen
darf. Meine Devise lautet nur, je mehr um so besser. Hier bin
ich wirklich sehr froh, dass die Beamten nach Richtlinien prüfen
müssen, ob die Voraussetzungen, die das Gesetz stellt, auch tat-
sächlich erfüllt sind. Ausserdem müssen in jedem einzelnen Fall
auch die Interessenvertretungen zustimmen. Ich kann mir sehr
gut vorstellen, dass jeder Beamte froh ist, je mehr er letzten
Endes positiv erledigen kann. Dies hebt auch dessen Ansehen.
Dem Gesetz ist Genüge getan, die Firma freut sich, mein Prinzip
je mehr umso besser kommt zum Durchbruch und damit auch der
Hintergedanke, wenn es viele haben, wird vielleicht das Streben
nach immer mehr Privilegierte zu sein, ad absurdum geführt.
Für das Handelsministerium auf alle Fälle ist dies die einfachste
Methode, bei Betrieben sich beliebt zu machen.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Zu meiner Beruhigung wer einmal wieso und
aus welchem Grund der Hundeleinen-Erzeuger damals die Auszeichnung
bekommen hat.
Herr Giuli kam angeblich um das Round-Table-Gespräch in Italien
mit mir zu besprechen und mich nach Como einzuladen. Dort hätte ich
die Gelegenheit, den italienischen Handelsminister, der so wie ich
den Ehrenschutz über die Tagung übernommen hat, zu treffen. Da ich
zu diesem Zeitpunkt bereits für die Regierungskampagne in Salzburg
eingeteilt bin, müsste die Tagung um eine Woche verschoben werden.
Ich bin neugierig, ob dies überhaupt möglich ist. Nachdem bereits
die Einladung erfolgte. Der wirkliche Grund vom Kommen Giulis
dürfe aber gewesen sein, sich für die Auszeichnung zu bedanken
und mich gleichzeitig zu bitten, ob ich nicht bei der Verleihung
zu einem Festbankett zu ihm ins Imperial kommen würde. Unwahrschein-
lich, was Firmen bereit sind, für Aufwendungen zu machen. Giuli
machte mich aufmerksam, dass die Autosondersteuer nach Prüfung
des GATT-Vertrages gegen den Artikel 2 verstossen würde. Dieser
Hinweis von ihm sollte mich nur vor einer Sackgasse als Handels-
minister bewahren. Andere Interessen verfolgt er mit diesem Hinweis
nicht. Ich glaube ihm dies.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte lass ohne dass Willenpart weiss, dass
für ein besonderes Interesse daran habe, die Sache prüfen.
Der Vertreter der Fa. Eisenberg Dr. Swoboda kam mit seiner
Vertreterin, um sich bei mir zu erkundigen, wie die Fa. Eisenberg in
den sowjetisch-österreichischen Handel stärker eingeschaltet werden
könnte. Swoboda meinte, dass Eisenberg dann grössere Projekte in
der SU verwirklichen dürfte, wenn er vom Handelsminister dazu auf-
gefordert wird. Angeblich war die sowj. Handelsdelegation bei Swoboda
der noch aus seiner Unido-Zeit gute Verbindungen hat, um ihn für
Aktivitäten in der SU zu gewinnen. Ich erklärte ihm sofort, dass wir
an einer Ausweitung brennendst interessiert sind und dass gerade
die Passivität unserer Handelsbilanz gegenüber der SU im vergangenen
Jahr höher als unsere Exporte eine gute Startmöglichkeit gibt.
Angeblich sind jetzt auch die Vietnamesen interessiert, die Fa.
Eisenberg dafür zu gewinnen, dass sie ausser ihren zwei Konserven-
fabriken, welche allerdings in Südvietnam errichtet wurden und jetzt
stillstehen, eine solche in Nordvietnam nach Wiederinbetriebnahme
der Südvietnam gelegenen errichten soll. Darüber hinaus seien Wasser-
kraftwerke, Zellulosefabriken, Sodafabriken zur Debatte gestanden.
Die österr. Kontrollbank hätte ihm mitgeteilt, für 50 Mill. $
könnte die Ausfuhrgarantie und -finanzierung übernommen werden.
Eisenberg will jetzt auch mit Moskovics vom Bankhaus Winter
nach China fahren, um dort ebenfalls den Handel zu vergrössern.
Selbstverständlich nützte ich die Gelegenheit, um Swoboda zu fragen,
wieso es noch immer nicht zu einer Konkretisierung des Ölmühlen-
projektes gekommen ist. Swoboda meinte, daran sei primär die
agrarische Seite schuld. Eisenberg wollte vor Jahren ohne Rücksicht
auf die offentwirtschaftliche Absicherung diese Ölmühle errichten.
Hat dann aber leider zuviel auf die Agrarvertreter gehört. Swoboda
war einigermassen erstaunt, von mir zu hören, dass die Absicherung
sogar von der Arbeiterkammer jetzt zugesichert wird und dass es
sich nur mehr darum handelt, das Projekt zu konkretisieren. Der Ein-
wand Swobodas, dass vor allem aber auch die Unilever zuerst alles daran-
gesetzt hat, das Projekt zu verhindern, wurde von mir insoferne
entkräftet, als jetzt Generaldirektor Seefranz sehr wohl sehr inter-
essiert wäre, zu einem gemeinsamen Projekt zu kommen. Swoboda ersuchte
mich, nachdem er mit seinen Partnern gesprochen hatte, ein Gespräch mit
Unilever und Eisenberggruppe bei mir einzuladen. Jetzt ist jede dieser
Gruppen nur daran interessiert, dass der andere den ersten Schritt
macht, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Scheinbar befürchtet
jeder bei der Verhandlung dadurch entsprechende Nachteil durch die
Initiative zu erhalten. Ich erklärte mich zu einer solchen Vermittler-
rolle oder wenn man will Katalysatortätigkeit sofort einverstanden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte nach Rücksprache Swoboda entsprechende
Einladung durchführen.
Der Vorsitzende der Untersuchungskommission für Uranabbau in
Australien und Regierungsberater Fox hatte Hirsch, Frank und mir
die australische Politik erörtert. Für mich war diese Aussprache
nur interessant, dass Australien in absehbarer Zeit nicht beabsichtigt,
Atomkraftwerke zu errichten, weil sie ihre Kohlevorräte günstig
abbauen können und daraus Strom erzeugen. Am wichtigsten aber war
mir die Bemerkung, nachdem ich die Schwierigkeiten unserer End-
lagerung für Atommüll geschildert habe, die Frage, ob Australien
gegebenenfalls bereit wäre, im internationalen multilateralen
Verfahren sich an solcher Atommüllagerung zu beteiligen. Frank ver-
wies ganz besonders darauf, dass auch die Franzosen jetzt im Südpazifik
solche Überlegungen anstellen. Die kleinen Staaten können nämlich
nur hoffen, dass es entweder eine internationale Regelung gibt
oder dass die grossen Atommächte letzten Endes doch den Atommüll
zurücknehmen.
Die Verhandlungen mit der französischen Wiederaufbereitungsfirma
und der Kernkraftwerksgesellschaft Tullnerfeld wegen eines Vertrages
nähern sich jetzt dem Punkt, wo die österr. Regierung eine Rücknahme-
erklärung des Atommülls abgeben müsste. Interessant und neu für mich
ist, da mir Nentwich dies bis jetzt noch niemals sagte, obwohl er
es schon vorher wissen musste, dass die Franzosen bezüglich des
wiedergewonnenen Plutoniums sich die Option vorbehalten und nur
abgeben, wenn Plutonium in einem Reaktorverfahren wieder verwendet
wird. Die für die Atombomben interessanten Bestandteile sollen
also in Frankreich bleiben, Atommüll dagegen soll nach Österreich
zurückkommen. Ich bin sehr gespannt, ob Kreisky eine solche
Proposition überhaupt akzeptieren wird. Ich denke nicht daran,
mich jetzt in irgendeiner Weise zu präjudizieren, da aus dieser
Frage wahrscheinlich das grösste Politikum in Österreich werden wird.
In Wirklichkeit ist es eine ungeheure Zumutung, dass wir uns an der
Wiederaufbereitungsanlage kapitalmässig und insbesondere mit irrsinnig
hohen Betriebskosten beteiligen müssen, dass gleichzeitig die franzö-
sische Seite sich die wertvollen Bestandteile wie Plutonium in ihrer
Option gelegen, zurückhält und wir nur, wie Kreisky immer ausdrückt,
den Murrer zurückbekommen. Diese Frage soll nur er selbst entscheiden.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte achte, dass Frank nicht vorzeitige Stellung-
nahme abgibt.
Tagesprogramm, 3.8.1977