Montag, der 13. Juni 1977

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Montag, 13. Juni 1977

Beim Jour fixe in der Handelskammer verlangten Sallinger und Mussil,
dass ich zur Ladenschlussumfrage der Handelskammer bei den Unter-
nehmern 50.000 S bezahle. Ich erklärte sofort, dass ich ausser
dem Drittel für die Konsumenten – die AK und die Handelskammer
zahlen das jeweils zweite Drittel – jeden Schilling, den ich
der Handelskammer für die Umfrage draufzahle auch der Privatangestell-
tengewerkschaft für die Handelsangestellten-Umfrage draufzahlen
muss. Meine Budgetmittel sind begrenzt und wir einigten uns des-
halb auf 35.000 S.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort im Konsumentenbeirat-Ausschuss
entsprechenden Beschluss fassen.

In der Gemischten Kommission mit Ungarn wird jetzt ungarischerseits
angeregt, eine Untergruppe für Bauwesen zu gründen. Die Handels-
kammer ist dagegen und hat grösste Bedenken, die auch ich teile.
In diesen Unterausschüssen kommt genauso wie bei den ganzen Gemisch-
ten Kommissionen ständig nur Forderungen der Oststaaten an Öster-
reich heraus. Sallinger vermutet, dass sie sogar über diese
Kommission österr. Bauaufträge in Österreich bekommen wollen.
Ich verspreche, diesen Plan, wenn irgendwie möglich, zu durchkreuzen
und maximal eine wissenschaftlich-technische Arbeitsgruppe
zu konstituieren. Auch dies soll aber unser letzter Ausweg sein.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte erkundige Dich, was hier wirklich
die Ungarn unserem Haus mitgeteilt haben.

Sallinger urgiert neuerdings die Auszeichnung für Zellinger, Traun,
Staatswappenverleihung, weil er bereits jetzt durch das Schreiben
des Kammeramtsdirektors der Arbeiterkammer von Oberösterreich
nachweisen kann, dass es sich nur darum handelt, eine gewerkschaft-
liche Organisation dort zu errichten, resp. einen Betriebsrat
zu installieren. Dies könne aber nicht Aufgabe des Handelsministers
sein, so etwas zu erzwingen, eine Ausrede für die Begutachtung zu-
ständig sei der AKT und dieser hätte ein solches Schreiben nicht
verfasst, ist natürlich sehr windschief. Die einzige Lösung ist,
der AKT versucht sofort eine einvernehmliche Lösung mit der Firma
oder ich muss ihm das Staatswappen auf alle Fälle verleihen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte noch vor dem Sommer erledigen.



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Mussil teilt mir mit, dass die Kärntner, wer weiss ich nicht,
im Rahmen des Accordino Südtiroler Rotweine importieren wollen.
Dagegen spricht sich die Handelskammer entschieden aus. Genauso
wie gegen den beabsichtigten Mehlimport im Rahmen des Accordino.
Gleichzeitig hat mir Wallnöfer einen Brief geschrieben, wo er
sich beschwert, dass über administrative Massnahmen das Accordino
nicht so funktioniert, wie er es will und wie auch ich mich
ständig dafür eingesetzt habe. Er spricht mir für meine positive
Haltung seinen Dank aus. Es wird jetzt höchste Zeit, dass wir
endlich eine klare Linie mit den Interessensvertretungen und
dem Land Tirol in der Administration des Accordino und deren
weiteren Fortbestand besprechen.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Die Handelskammer soll Dir die Rotwein-
wünsche Kärntens mitteilen, lass dies bitte neben der Beschwerde
Wallnöfers genau prüfen.

Mussil teilt mir mit, dass die Handelskammer ganz entschieden gegen
ein neues Handelsabkommen mit der CSSR ist, wo die alte Formulie-
rung, wonach die Vidierung nur nach Konsultation im Rahmen der
multilateralen Verfahren wie z.B. beim GATT durchgeführt werden.
De facto haben wir derzeit nur bilateral mit der CSSR über die
Vidierung gesprochen. Mussil möchte diesen Standpunkt auch
im neuen CSSR-Vertrag expressis verbis vereinbaren. Er gibt
selbst zu, dass es grosse Schwierigkeiten machen wird. Ich per-
sönlich bin sehr skeptisch.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Information von Gleissner, die
Mussil mir gegeben hat, vom Länderreferat bearbeiten lassen und
berichten.

Die Fa. Tirolia, Präs. Heiss, hat für passive Veredelung 3.000 t
Alu-Abfälle angesucht. Die Handelskammer hat diese Forderung
auf 500 t reduziert, weil die Fa. Boschan, die diese Alu-Abfälle
hier in Österreich verarbeitet, ganz entschieden dagegen pro-
testiert hat. Diese 500 t sollen aber jetzt gemacht werden, sonst
würde Tirolia den § 68(6) anwenden, einen Zollvormerk beantragen
und das ganze Problem ein Jahr später, wenn die entsprechenden
Mengen wieder eingeführt werden müssen, unlösbare Schwierigkeiten
bereiten.. Ich versprach nur, diesen Fall genau zu prüfen und wenn
möglich, den Wunsch der Handelskammer zu erfüllen.

ANMERKUNG FÜR WANKE UND PLESCH: Gehen diese 500 t Kompromissmenge
zu exportieren?



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Mussil spricht sich ganz entschieden gegen die Transitabgabe
auf LKW für alle Länder aus. Die Handelskammer könnte sich
scheinbar nur vorstellen, dass man als Retorsionsmassnahme
nur gegen die Länder vorgeht, die von uns entsprechende Abgaben
verlangen wie Jugoslawien und Türkei. Ich verweise darauf, dass
man abwarten soll, was der neue Verkehrsminister mit dieser
Transitabgabe weiter machen wird.

ANMERKUNG FÜR MEISL UND HAFFNER: Bitte mit Verkehrsministerium
neuerdings die internationalen Bedenken – GATT, EFTA, EG – besprechen.

Mussil regt neuerdings an, dass ich unbedingt Venezuela, Brasilien,
Argentinien, d.h. die südamerikanischen Staaten besuchen müsste.
Scheinbar haben ihn die dortigen Handelsdelegierten neuerdings
diese Forderung mitgeteilt. Da am 9. September Sallinger und
Mussil mit den Klubobmännern der drei im Parlament vertretenen Parteien
zu einer Südamerika-Tour aufbricht, ersuche ich ihn, dort an Ort
und Stelle zu klären und mir dann dies mitzuteilen.

Mussil ist über die Erhöhung der Bankrate um 1,5 % wirklich
erschüttert, weil noch niemals eine so stark Bankratenerhöhung von
4 auf 5,5 % es gegeben hat. Er behauptet, dies richtet sich aus-
schliesslich gegen die kleinen und mittleren Betriebe. Mein Gegen-
argument ist, dass die Klein- und Mittelbetriebe jetzt in der
Bürges doppelt so hohe Anträge einreichen als im Vorjahr, weshalb
die ganze Argumentation, die Regierung macht nichts für diesen
Betriebstyp resp. die Wirtschaft geht ständig zurück und ist sehr
skeptisch überhaupt nicht stimmt. Zur Bankratenerhöhung hat jetzt
sogar der Fachverband der Banken einstimmig seine Zustimmung
gegeben. Was soll also diese wieder total danebenliegende rein
politische Argumentation? Sallinger fragt auch an, ob ich
mit Mühlbacher über seine Beschwerde gesprochen habe. Wir gehen
alle Punkte durch wie z.B. dass Organe Der Handelskammer im
spezifischen Sektion Handel oder die Bezirkskammer in Knittelfeld
reine österr. Wirtschaftsbundpolitik betreiben und die Ziele und
Unterlagen des Wirtschaftsbundes ständig als Handelskammer aus-
geben und vertreiben. Sallinger gibt zu, dass dies vorgefallen ist,
aber bereits abgestellt wurde. Er erwartet, dass ihn Mühlbacher vorher
informiert, bevor er damit in die Zeitung geht. Bezüglich des Haus-
verkaufes der gewerblichen Sozialversicherung in Graz an den Wirt-
schaftsbund ist er nicht informiert und wird dies prüfen. Verant-
wortlich dafür sind aber die Organe in der Sozialversicherung und
nicht die Handelskammer.



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ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Gespräch mit Mühlbacher bei nächster
Nationalratssitzung vereinbaren.

Mussil urgiert neuerdings, was gegen die Umgehungsimporte aus
Billigstländer geschehen soll. Die Handelskammer hat noch immer
keinen anderen Vorschlag als die automatische Lizenzierung ein-
zuführen. Meisl berichtete mir, dass bei der Gemischten Kommission
EG-Österreich in Brüssel er den Eindruck hat, dass die EG, obwohl
sie selbst keinerlei Zugeständnisse wegen eines weiteren Inte-
grationsschrittes machen kann, wenn überhaupt, kommt höchstens
Papier in Frage, auf jede Massnahme, die Österreich treffen wird,
sofort scharf reagieren wird. Genau wie es uns bei den Strumpf-
hosen ergangen ist, wird es uns bei jedweden anderen Versuch
ergehen, wenn wir den Handelsverkehr durch Non-tariff barriers
oder durch sonstige administrative Massnahmen erschweren.
Gleichzeitig aber kann die EG nichts gegen die Einführung der
Vidierung in England bezüglich der Stahlimporte etwas unternehmen.
Ich verlange von Meisl und von Wanke, dass sie unverzüglich
alle Massnahmen, die wir in Erwägung ziehen können, zusammen-
stellen, damit bei der Aussprache wegen der Billigstpreisimporte
wir Vorschläge unterbreiten können und nicht nur sagen, eine
Vidierung kommt nicht in Frage.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte die Zusammenstellung sofort veranlas-
sen, damit sie vor der Sitzung noch vorliegt.

Im Energiesparbeirat berichten die einzelnen Arbeitskreise
und solange ich anwesend bin, wird alles einstimmig genehmigt
nach verhältnismässig einer kurzen Debatte. Interessant ist
nur, dass der Vertreter der Industriellenvereinigung Kapral
fragt, welche Massnahmen jetzt das Handelsministerium zu er-
greifen gedenkt. Ich verweise sofort darauf, dass ich keinerlei
gesetzliche Ermächtigung besitze und mich mit freiwilligen
Appellen begnügen muss. Die seinerzeit von der Energiesektion
angestellten Wünsche bezüglich eines Energiesicherungsgesetzes
wurde ja schon in der Begutachtung wesentlich reduziert und im
Parlament dann neuerdings auf weniger als ein Minimum gekürzt.

Auch beim Pressefrühstück, wo ausschliesslich über den Energie-
sparbeirat berichtet wird, ziehe ich dieselben Konsequenzen.
Ich bin mir allerdings vollkommen darüber klar, dass es sich
hier um eine reine Alibi-Handlung handelt, auf die Dauer werde
ich mich nicht ausreden können, da man früher oder später von
mir eben verlangen wird, ich sollte neuerdings eine gesetzliche


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Grundlage verlangen. Kreisky hat aber eine sehr gute Idee,
er will, dass die ganzen Sparmassnahmen nicht von den Ministerien
durchgeführt werden, sondern ein Kuratorium gründen. Solange
nämlich Staatsstellen Sparmassnahmen verlangen, wird es über-
haupt sinn- und wirkungslos verhallen. Ein mit einem guten
Manager geführtes Kuratorium, das er sogar bezahlen wird,
weil es sich hier um Aufklärung handelt, soll in Hinkunft die
Durchführung der Vorschläge des Energiesparbeirates übernehmen.

ANMERKUNG FÜR FRANK UND WAIS: Bitte mit Büro BKA sofort die
entsprechende Vorgangsweise absprechen.

Bei einem Arbeitsessen mit der FV-Gemischten Kommission
Bulgarien - Österr. stelle ich fest, dass z.B. die bulgarische
Seite an der Donau-Reisen-Zusammenarbeit sehr interessiert
wäre, Die derzeitigen Donauschiffe aller Staaten sind über
den ganzen Sommer ausverkauft, so dass Deutsche aber auch Amerikaner
kaum mehr eine Möglichkeit haben, diese Donaureisen zu buchen.
Hier könnten tatsächlich auf der einen Seite Schiffe gebaut werden
und in Kooperation mit Bulgarien auch betrieben werden.

ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte diese Idee mit VÖEST besprechen.

Im Wiener Vorstand werden die Ausnahmen bezüglich der
mehrfach bezahlten Funktionen besprochen. Für die Zentral-
sparkasse, die Städtische Versicherung und Hypo-Bank werden
vorübergehend einige Ausnahme genehmigt, bis die Gesetze der
Nominierung entsprechend novelliert sind. Nur die Gewerkschafts-
fraktion hat vorgeschlagen, eine ganze Reihe von Genossen
Ausnahmegenehmigungen zu geben. Braun, Dallinger, Seidl, Hirsch,
Rautner, Schmölz, Blümel, Sekanina, Benya, Metzker, Hobl
kenne ich. Raimund Kapfensteiner, Franz Beschka sind mir unbe-
kannt. Ausserdem ein Mayerhofer und auch Mühlbacher braucht
diese Ausnahme. Insgesamt sollen 123 angesucht haben und 99
jetzt in Bearbeitung sein.

Ein Problem ist die Veranstaltung zum 15. Juli 1927, also die
50-jährige Wiederkehr, weil Gratz mit Recht bemerkt, die Arbei-
terbewegung soll doch nicht unbedingt immer ihre Niederlagen
so gross feiern. Eine wirkliche Diskussion gibt es nur


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über das Problem der Einführung der Ganztagsschule. Dies wurde
etliche Male schon verlangt und neuerdings jetzt von den Frauen
urgiert. Meiner Meinung nach handelt es sich wie zurecht
gesagt wurde, hier in diesem Fall immer nur um Erinnerungs-
resolutionen. Alle sind überzeugt, dass es nicht so leicht mög-
lich sein wird, die Ganztagsschule einzuführen. Derzeit gibt
es nur sieben in Wien und diese werden im Rahmen der 5 %-igen
Schulversuchsgrenze geführt. Hans Mayr fürchtet, wenn die Ganz-
tagsschule in Wien käme, sich sein Budgetansatz verdoppelt würde
und 2,1 Mia. S kostet. Gratz meint, es gibt auch noch andere Gründe,
dass es nicht so schnell kommen kann, denn auf der einen Seite
will man die Ganztagsschule und auf der anderen Seite aber gleich-
zeitig die 5-Tage-Woche. Samstag soll dann nur mehr eine Beauf-
sichtigung für Schüler sein, die eben nicht mit den Eltern schon
ins Weekend fahren.

Die Junge Generation und die SJ Wien berichten, dass jetzt eine
Kernkraftwerksdiskussion mit Blau und Kienzl sowie Janitschek
und einem Atomkraftwerksgegner aus Deutschland durchführen
werden. Sie sind überzeugt, dass es sich hier um ein ausgewogenes
Präsidium handelt und dass allerdings in der Diskussion die Atom-
kraftwerksgegner überwiegen werden. Trotzdem wird die Veranstal-
tung demokratisch verlaufen und jedermann die Möglichkeit zu
einer sachlichen und ruhigen Diskussion haben. Kienzl hat angeb-
lich Befürchtungen gehabt, bevor er dort zustimmte, dass es
zu Tumulten kommen könnte wie bei der Regierungsaufklärungs-
kampagne und dass man deshalb Kreisky fragen sollte, der aber dann
zustimmte.

Bei der Regierungsvorbesprechung hat Kreisky auch ausschliesslich
über die Kernkraftproblematik gesprochen. Vorerst allerdings hat
er erwähnt, dass Brantl Selbstmord begangen hat, weil er über
den Tod seiner Frau vor einem Jahr nicht hinweggekommen ist.
Er hat zwar immer diesbezügliche Bemerkungen gemacht, aber
niemand wusste oder vermutete, dass es ihm so ernst ist.Für
mich ist dies wieder einmal mehr ein Beweis, wie wenig menschliche
Beziehungen wir untereinander haben. Brantl war in meinen Augen
einer der fähigsten Zeitungsleute und Propagandisten. Das von
ihm geführte "Heute", welches man dann leider wieder einstellte,
war eine äusserst gut gemachte Zeitung. Die von ihm festgelegte
Propagandalinie hat meiner Meinung nach wesentlich zum Erfolg 1970


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1971 und dann ganz wesentlich auch 1975 beigetragen. Sicher
kann man sagen, dass Kreisky sein bester Propagandist ist und
dass er daher auch die Propaganda bis oft ins kleinste Detail
Einfluss nimmt. Andererseits aber wieder hat er wahrscheinlich
ungeheuer viel von Brantls Vorschlägen aufgenommen, sie letzten
Endes dann ohne dass er es vielleicht wusste als seine Ideen ausge-
geben und vor allem durchgezogen. Der Erfolg hat ihm aber letzten
Endes auch der Methode Brantls Recht gegeben. Wer diese Arbeit
in Zukunft machen wird, weiss ich nicht.

Kreisky wiederholte einmal mehr die weitere Vorgangsweise für
das Kernkraftwerk Tullnerfeld. Die Demonstration hatte er nicht
abgewertet, wie in den Zeitungen steht, sondern ganz im Gegen-
teil, wenn auch nur 5.000 demonstrierten, hunderttausende fürchten
sich. Lanc hat mir mitgeteilt, dass zuerst 2.500 von den Veran-
staltern erwartet wurden, tatsächlich aber 3.700 dort gewesen sind.
Kreiskys Grundsatz, das Kernkraftwerk kann erst in Betrieb
gehen bis die Lagerfrage gelöst ist, bleibt nach wie vor aufrecht.
Zwentendorf darf weiterhin unter gar keinen Umständen mehr be-
lastet werden. Für weitere Kernkraftwerke muss man die Technik
abwarten. Firnberg und Staribacher sollen alternativ Energie-
vorschläge machen. Insbesondere müsste Firnberg die zwei Forschungs-
fonds auffordern, mehr Geld in diese Forschung zu stecken. Die
Aufklärung über die Atomenergie muss weitergehen. Er, Androsch
und ich sollen die Teilhaber an der Kernkraftwerk Tullnerfeld
empfangen und ihnen klarmachen, dass sie die Kosten aus Eigen-
mitteln tragen müssen. Univ.-Prof. Higatsberger erzählt jetzt
überall, dass das Kernkraftwerk Tullnerfeld falsch gebaut ist
und der Wasserhaushalt resp. die Sicherheit des Kernkraftwerkes ge-
fährdet ist.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort überprüfen lassen.

In der Diskussion hat Leodolter vorgeschlagen, sie wird jetzt
alle Sicherheitsbestimmungen zusammenschreiben lassen und ein
Buch herausgeben ich selbst habe auf die Terminplanung hingewie-
sen, weil Kreisky meinte, man könne sich im Parteivorstand
21. Juni über alles unterhalten nur soll nicht der Eindruck entstehen,
dass übereilt gehandelt wird oder gar der Parteivorstand unter
Zeitdruck gestellt wird. Androsch selbst hat auch befür-
wortet, gegebenenfalls jetzt noch nicht den Bericht in die


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Regierung und damit ins Parlament zu bringen, sondern eben-
falls noch zuzuwarten. Kreisky stellt zwar ständig fest, dass
auch ich der Meinung bin, nur Tullnerfeld in Betrieb, alles
andere abzuwarten, nur über die Lagerung müsse man sich noch
einigen, ohne dass die ÖVP dann wieder abspringt. Maurer erwartet
er, dass dieser keinesfalls die Zustimmung gibt, im Waldviertel
zu lagern und die Bürgermeister sind alle dagegen, obwohl er sie
jetzt einladen wird. Czettel meinte während der Diskussion und
insbesondere nachher mit mir in meiner Besprechung, man sollte
nicht ein Tieflager jetzt anlegen, sondern gegebenenfalls einen
Ingenieurbau für Lagerung der Brennelemente resp. gegebenenfalls
auch des Atommülls irgendwo anders als im Waldviertel. Er glaubt,
dass sich Gemeinden finden würden, die diese Lagerungsaufgabe
übernehmen. Dem Waldviertel würden dann entsprechende Investitionen
entgehen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte lass sofort schriftlich Dir von den Ge-
sellschaften einen Bericht geben, was an Investitionen in so einem Fall
an Infrastruktur, Strassenbauten usw. gemacht werden muss und um welche
Beträge es sich dabei im Detail handeln kann.

Kreisky und Androsch sind übrigens der Meinung, dass man durch
zusätzliche Investitionen die Wärme, die man jetzt in die Donau
ableitet, dafür verwenden könnte um z.B. in Zwentendorf die ganzen
Haushalte womöglich gratis an eine Wärmeabgabe anschliessen könnte.
Ich berichtete nur, dass die E-Wirtschaft bereit ist, eine zusätz-
liche Wasserleitung für Zwentendorf durchzuführen, weil es dort
in ganz grossem Ausmass schon seit eh und je eine schlechte Wasser-
versorgung vorliegt. Androsch hat Czettel versprochen, er würde
flankierende Massnahmen für Orte, die sich bereiterklären, diese
Lagerung durchzuführen, in Erwägung ziehen.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte sofort einen schriftlichen Bericht, warum
die Kühlung durch die Donau und die Abwärme im Tullnerfeld nicht genützt
wurde. Ich will Kreisky diesen Bericht beim Parteivorstand übergeben.

Der einzige Gegensatz, den ich mit Kreisky feststellen konnte, war,
dass er auf dem Standpunkt steht, ist in der Abwicklung resp.
Verwirklichung der Kernkraftwerk-Inbetriebnahme nicht bis jetzt ge-
schehen. Er geht mit Recht davon aus, dass es noch nicht möglich war,
die ÖVP dafür zu gewinnen und die einzelnen Landeshauptleute ihre


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eigene Politik machen werden, d.h. auch abspringen können.
Er nimmt u.B. an, dass Kessler ohne weiteres erklären wird, er
steigt aus der Kernkraftwerksgesellschaft aus. Maurer wieder wird
demagogisch wie nur ebenfalls sich um eine Zustimmung drücken.
Auf die ÖVP im Parlament rechnet Kreisky scheinbar überhaupt nur
insoferne, dass sie zwar mit uns reden wird, dann früher oder
später aber ebenfalls uns im Stich lassen wird. Die FPÖ hat sich
ja bereits eindeutig dagegen ausgesprochen. Was bis jetzt
wirklich erreicht wurde, konnte ich ihm in dieser Sitzung nicht
sagen, dass es nämlich wichtig war, die eigene Partei insbe-
sondere ihn selbst einmal dazu zu bringen, wie es weitergehen
soll und jetzt einmal die Einschaltung von Tullnerfeld ausser
Streit zu stellen. Das Ganze ist noch immer verklausuliert
mit dem Problem der Lagerung, je später es aber ins Parlament kommt,
um dort besprochen zu werden, umso später wird man sich dann
überhaupt erst dazu entschliessen, den Nullbetrieb zu genehmigen,
damit könnten Verzögerungen eintreten, deren Ursache oder wenn
man besser sagen wollte das Verschulden bei der Behörde liegt.
Jetzt ist es ausschliesslich die bauende resp. betreibende Ge-
sellschaft gewesen, die dafür die Verantwortung trägt. Da sowohl
Androsch als auch Kreisky bemerkten, dass sie für die Klausurtagung
des Parteivorstandes ihr Parteiprogramm – Entwurf – noch nicht
vorlegen können, bin ich überzeugt, dass wir für den Bericht über
die Kernkraftwerke mehr Zeit haben werden, dadurch wird es zu einer
umfassenden Diskussion kommen, was ich sehr begrüsse, weil vielleicht
doch auch dann dieses Gremium die entsprechenden Beschlüsse
fassen wird.

Kreisky hat auch seine Idee, in Belgrad eine Energiediskussion
auszulösen und einen Europa-Verbund für Energie zu entrieren,
neuerdings vorgetragen. Sie SU hat die grösste Ölproduktion
und die grösste potentielle Ölenergie, ebenso gilt dies für Erdgas.
Die Polen haben die grössten Kohlenvorkommen und sind jetzt gerade
dabei mit den Deutschen eine neue Vergasung zu machen. Die deutsche
Schwerindustrie, die unter Führung Amerongen geglaubt hatte, sie
kann eine gewisse Erpresserpolitik gegenüber den Oststaaten machen,
hat jetzt kapitulieren müssen. Gegen Kreiskys Idee, diesen europä-
ischen Energie-Verbund zu schaffen, hat jetzt die SU grössere Be-
denken. Nicht verstehen kann Kreisky und Pahr hat mich vorher
schon darauf aufmerksam gemacht, dass Sekt.Chef Frank hier immer
noch passive Resistenz macht und ich sollte hier ganz entschieden
dagegen auftreten. Ich habe Pahr bereits aufmerksam gemacht,


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hier handelt es sich um ein Personalproblem, das Aussenamt möchte
nämlich immer haben, dass wir die Arbeit leisten, weil er mit
seinen Leuten dies unter gar keinen Umständen kann. Auch Frank hat
dafür nicht die notwendigen Beamten. Ich habe Pahr darauf verwiesen,
dass Kreisky die Situation kennt, weil er mich ausdrücklich auf-
merksam gemacht hat, ich sollte ja alles unternehmen, damit
Frank ja nicht in Frühpension geht, wie er mir dies schriftlich
angedroht hat. Mir ist es ja nicht ganz klar, warum Frank einen
diesbezüglichen Brief an das Aussenamt geschrieben hat.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte lass Dir den Schriftverkehr mit Pahr
von Frank geben.

Im Tullner Bazar hat die Regionalisierung des Fernsehens z.B.
gezeigt, dass Intendanten dann natürlich ihre Politik machen
werden. Neben dem LH Maurer, der ständig in Erscheinung trat, hat man
auch Busek herangezogen, der wirklich dort nichts verloren hat,
es ging um die Erziehung der Kinder zur Demokratie und der Reporter
stellte noch die ungeschickte Frage: Sie werden doch sicher-
lich auch Kinder haben. Was dieser glatt verneinen musste. Kreisky
meint, man soll sich im Kuratorium darüber beschweren und nicht
die Regierung dafür verantwortlich machen. Aus einer Bemerkung
habe ich nur entnommen, dass Sinowatz eingeladen wurde, auch an
diesem Bazar teilzunehmen und ablehnte. Wenn jetzt tatsächlich eine
diesbezügliche Beschwerde kommen wird, wird allgemein nur ge-
sagt werden, dass eben der zuständige Minister abgelehnt hat.
Sinowatz hat eine FS-Diskussion am Sonntag gehabt und war deshalb bei
der Eröffnung in Neusiedl abwesend. Jetzt erzählte er mir, dass
sie diese Veranstaltung besprochen haben und über meine Ausführungen
begeistert waren. Ich selbst hatte dort nichts anderes getan, als
mit Wiener Schmäh den Burgenländern gesagt, was sie tatsächlich
geleistet haben, und dass es der Wunsch des ÖVP-Bürgermeisters
von Neusiedl gewesen ist, dass der LH nach mir spricht. Dies
sagte ich, entspricht dem bgld. Protokoll – der Landeshauptmann
ist der wichtigste – und ich schliesse mich gerne dieser Auffassung
an, wünsche ihm alles Gutes, was natürlich eine Zustimmung selbst bei
den Schwarzen befunden hat. Sinowatz ist auch der Meinung, dass
es zweckmässig war, nicht über die Atomablagerung bei der Neu-
siedler Eröffnung zu sprechen, er teilt die Meinung, die auch
Kery hat, dass auch dies im Burgenland keine nachteiligen Folgen
mehr zeigen wird. Die bgld. SPÖ wird im Gegenteil jetzt zum
Angriff übergehen und die ÖVP kann immer nichts anderes machen als


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Burgenland mit Totenkopf, Burgenland mit Friedhof und so weiter
zu vergleichen. Ich versicherte Sinowatz, dass ich für ihren
Wahlkampf immer zur Verfügung stehe, wo immer und wann immer sie
es wünschen.

Kreisky wird die Anfrage wegen seiner Urlaubskosten in Kärnten
dahingehend beantworten, wie er Fischer mitteilte, dass es
sich hier nicht um eine Vollziehung des Bundes handelt und
deshalb er keine Antwort gibt. Die Partei solle sich daher wegen
dieser Äusserung keine Sorgen machen. Hier unterschätzt Kreisky
sicherlich die Stimmung in Kärnten. Wagner hat mir gegenüber sich
sehr pessimistisch geäussert und meinte, als er gefragt wurde,
sagte er, es handelt sich um eine unglückliche Äusserung.

Justizminister Broda ersuchte mich mündlich und hat es mir sogar
handschriftlich gegeben, dass wir unbedingt daran festhalten
sollen, dass das Entsendungsrecht für die Obersten Patentgerichte
nur durch den OGH geschehen dürfe. Jede Änderung zu Ungunsten des
OGH ein Prestigeverlust für das Justizministerium und ganz besonders
für ihn persönlich sei. Ich sagte ihm zu, dass ich unseren ur-
sprünglichen Wunsch ändern werde, umso mehr als dies ja auch
die ÖVP verlangt und dann einstimmig die Patentgesetznovelle be-
schlossen wird. Eine sachliche Erklärung, warum nur OGH-Leute und
z.B. nicht Leute vom Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichts-
hof herangezogen werden können, konnte mir auch Broda nicht geben.
Für ihn ist es eine reine Prestigesache.

Verteidigungsminister Rösch hat grosse Schwierigkeiten mit den
Lieferungen der Schweizer Panzer. Sein Ministerium drängt darauf,
dass jetzt endgültig der Vertrag abgeschlossen werden muss, denn
die diesbezüglichen Vorverhandlungen seien längst abgeschlossen
und die Entscheidung muss noch im Juli fallen. Rösch möchte
dies unbedingt auf Herbst hinausschieben und auch dann wahrschein-
lich negativ votieren. Rösch wollte von mir wissen, wie weit die
Kompensationsverhandlungen gediehen sind und ob eine hundertprozentige
Kompensation schriftlich garantiert haben. Ich erklärte ihm, dass
dies nicht der Fall ist, denn hier müssten erst die entsprechenden
Verträge abgeschlossen werden, Voraussetzung dafür ist, dass er
diese Panzer aber überhaupt zuerst kauft. Rösch war sehr glücklich,
als ich ihm anbot, Bundesrat Brugger telefonisch auf freundschaft-
licher Basis die neue Situation mitzuteilen. Rösch möchte die Panzer
unter gar keinen Umständen kaufen.

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Tagesprogramm, 13.6.1977

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hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)


Tätigkeit: Unterrichtsminister


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Vors. ÖGB-Frauenreferat, SPÖ-NR-Abg.


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: ÖGB-Präs., NR-Präs.
      GND ID: 119083906


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: SChef HM
        GND ID: 12195126X


        Einträge mit Erwähnung:
          GND ID: 119100339


          Einträge mit Erwähnung:


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Wr. SPÖ-GR-Abg., GPA, NR-Abg.


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: Wr. SPÖ-BR-Abg. bis 1978


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: SPÖ-Wahlkampfmanager, Journalist


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Finanzminister
                      GND ID: 118503049


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: ZS GPA, ab 1980 Sozialminister


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: ZS Gew. Eisenbahner


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Innenminister bis 1977, danach Verteidigungsminister


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: Chefredakteur AZ, ÖGB-Bildungsreferent


                              Einträge mit Erwähnung:


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: Gesundheitsministerin


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: -obmann


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: KKWP; evtl. ident mit Janitschek, A


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: Chef Energiesektion


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: nö. LH-Stv., SPÖ


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: LUGA-Zentralsekretär


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: Schweizer BR f. Wirtsch.


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: Obmann SPÖ Innere Stadt, BRO Wr. Elektrizitätswerke


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: MR HM


                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                    Tätigkeit: dt. Unternehmer


                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                      Tätigkeit: Justizminister


                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                        Tätigkeit: Wr. Wirtschafts- u. Finanzstadtrat


                                                        Einträge mit Erwähnung:


                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                            Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                              GND ID: 1017902909


                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                Tätigkeit: bgld. LH


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                                                                  Tätigkeit: Vizepräs. BHK, Präs. FWV


                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                    Tätigkeit: LH Vbg., ÖVP


                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                      Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                                                                      Einträge mit Erwähnung:


                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                          GND ID: 125942052


                                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                                            Tätigkeit: Ministerialrat, Leiter Grundsatzabteilung


                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                              Tätigkeit: LH Kärnten, SPÖ


                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                Tätigkeit: Außenhandel BWK


                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                  Tätigkeit: Obmann Gew. Bau-Holz


                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                                    Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                                                                                    Einträge mit Erwähnung:
                                                                                      Tätigkeit: nö. LH (ÖVP), AR-Vors. DoKW


                                                                                      Einträge mit Erwähnung:
                                                                                        Tätigkeit: Tirolia Herderzeugung


                                                                                        Einträge mit Erwähnung:
                                                                                          Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                                                                          GND ID: 11869104X


                                                                                          Einträge mit Erwähnung:
                                                                                            GND ID: 118764136


                                                                                            Einträge mit Erwähnung:
                                                                                              Tätigkeit: Unterrichtsminister, Bgm. Wien


                                                                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                Tätigkeit: IV


                                                                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                  Tätigkeit: Bundeskanzler
                                                                                                  GND ID: 118566512


                                                                                                  Einträge mit Erwähnung:
                                                                                                    Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


                                                                                                    Einträge mit Erwähnung: