Samstag, 7. Mai 1977
Der ganze Tag war dem Landesparteitag Wien gewidmet.
Da Kreisky erst mittags von Ägypten zurückkam, musste
eine Mittagspause eingeschaltet werden, die Wiener Or-
ganisation musste dafür das Essen bereitstellen, was eine
ganz schöne Stange Geld kostet. Ich kam zum Landespartei-
tag zu spät, weil ich noch den britischen Handelsminister
begleiten musste. Nachmittag war dann das Referat von
Kreisky über die Aussenpolitik, von Gratz und dem Präsidium
scheinbar als Höhepunkt des Landesparteitages gedacht. Kreisky
stellte einleitend gleich fest, er hätte bereits einmal als
junger Staatssekretär bei einer Wiener Konferenz über Aussen-
politik sprechen können. Jetzt zweifelsohne am Gipfel seiner
aussenpolitischen Tätigkeit, er kam ja gerade von einer Ver-
mittlungsmission aus dem Nahen Osten zurück, erwarteten
sich viele eine sensationelle Information. Diese ist für
mich verständlich, ausgeblieben. Selbst angebliche Be-
merkungen, die ich in der Presse gelesen habe, wie "Mit Rabin
konnte man keinen Frieden mit den Arabern erwarten", dagegen
"mit dem hart verhandelnden Peres wird dies eher gehen" hat er
bei der Konferenz nicht mehr gesagt. Jede sensationelle Mit-
teilung ist also unterblieben, auch die Polemik, weder gegen
die ÖVP noch gegen irgendeine ausländische Gruppe war zu
verzeichnen. Mich persönlich interessiert Aussenpolitk
sehr wenig. Ich habe immer das Gefühl, dass dort ungeheuer
viel herumgeredet wird, wahrscheinlich auch herumgeredet
werden muss, ohne dass etwas konkretes ausgesagt wird, geschweige
denn registriert werden kann. Natürlich kann es durch Inter-
vention, Information usw. zu einer wesentlich anderen Ent-
wicklung kommen als dies ursprünglich beabsichtigt resp.
man erwartet hat. Da es in der Aussenpolitik genauso ist,
vielleicht sogar noch mehr als in der Innenpolitik persönliche
Beziehungen eine grosse Rolle spielen, dass andererseits aber
persönliche Bemerkungen viel stärker noch wirken können,
so sind es nicht immer nur Sachentscheidungen, die die
Aussenpolitik beeinflussen. Dies gilt für die grosse Aussen-
politik wie z.B. das angeblich schlechte Verhältnis zwischen
Carter und Schmidt genauso wie wahrscheinlich zwischen
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israelischen Vertretern und Kreisky. Mit Golda Meir hatte
er grosse Schwierigkeiten, mit Rabin, wenn die Zeitungs-
meldungen stimmen und ich hoffe, dass es jetzt mit Peres,
wenn er Ministerpräsident werden sollte, besser funktioniert.
Mit den Lieferungen für Steyr-Daimler-Puch nach Syrien
dürfte es nicht sehr zum besten stehen, denn sonst hätte
Kreisky bestimmt eine entsprechende Bemerkung, wenn auch
nur in einem Nebensatz in seinem Referat gemacht. Ganz bewusst
hat er aber jedwede wirtschaftliche Seite sowohl was Syrien
als auch Ägypten betrifft, ausgeklammert. Die wirkliche
Situation werde ich leider sehr bald bei meinem Besuch in
Ägypten selbst feststellen können.
Bei den Neuwahlen ist unsere Sekretärin LAbg. Tischler, die
im Wahlkomitee sass, sofort zu mir gerannt gekommen und hat
erklärt, ich hätte nur 2 Streichungen, die anderen haben ich
weiss nicht 10 – 50 oder 60. Meine Erklärung dafür war und
dies halte ich tatsächlich aufrecht, dass ich den Delegierten
weder in negativer vielleicht auch gar nicht in positiver
Hinsicht aufgefallen bin. Manche mögen sich daraus weiss Gott
was ableiten, ich selbst lege darauf überhaupt keinen Wert.
Eine leichte Auseinandersetzung mit einem Bezirk und schon hat
man die Streichungen.
Tagesprogramm, 7.5.1977