Montag, 7. Feber 1977
Beim Jour-fixe war ich mit Sallinger allein, der mir erklärte, er
sei sehr enttäuscht gewesen, dass ich bei Dir. Stoss und insbesondere
Handelskammerpräsident Graf meine Enttäuschung wegen des Falls Klade
ihm mitteilte. Er, Sallinger, hat sofort so entschieden, wie er mir ver-
sprochen hat, und Klade soll sich in Hinkunft stets, wenn er sich
beschwert fühlt, an Sallinger wenden.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Klade soll dies unbedingt immer machen.
Ich informierte Sallinger über die 100-%ige Kompensation bei Importen
für das Bundesheer. Sallinger glaubt nicht, dass ich dies durch-
setzen kann und plädiert insbesondere für die Pfändung von Steyr-
Produkten. Malzacher war bei ihm und hat ihm auseinandergesetzt, dass
sie diese Panzer herstellen müssten. In der Ministerratsvorbespre-
chung hat Kreisky dieses Problem auch angeschnitten und ebenfalls
für die Steyr-Beschäftigten bei Lütgendorf interveniert. Ich erörterte
eine Verteidigungskonzeption, die dieselbe ist, wie die ........
beim zweiten Weltkrieg, nämlich beim Frontalangriff sofortige Kapi-
tulation, wozu ich nicht erst schwere Panzer brauche. Lütgendorf
meint, er wird ein Gutachten Kreisky geben, dass diese schweren Panzer
dringendst erforderlich sind. Wenn das Bundesheer nicht auf solche
umgerüstet resp. ausgerüstet wird, kann Steyr seine Schützenpanzer, die
die Grenadiere transportieren nicht mehr dem Bundesheer verkaufen.
Ich plädierte für eine Verschiebung dieser ganzen Panzerbestellung,
weil in einem Jahr die ganze Situation vielleicht schon wieder anders
aussieht. Lütgendorf ist mit seiner Vorgangsweise einverstanden.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND HAFFNER: Vielleicht ist die Verzögerung der
Ausweg. Verhandlungen bitte nicht beschleunigen.
Die Industriellenvereinigung wollte in die UdSSR eine Delegation von
3–4 Leuten schicken. Nikolaenko hat diesbezüglich auch mit Sallinger
gesprochen. Dieser erklärte ihm sofort, dafür sei nur die Handels-
kammer zuständig und er wird jetzt eine 30- bis 40-köpfige Delegation
selbst anführen. An dieser Delegation, teilt er mir mit, wird auch
Flöttl und Hrdlitschka teilnehmen.
Neuerlich urgiert er wegen Staatswappenauszeichnung für die Kärntner
34-0139
Hoteliers. Pulverer, erklärte ich ihm, geht, wenn der Arbeiterkammer-
tag zustimmt, nachdem die Kärntner Arbeiterkammer ihre Stellungnahme
geändert hat. Bei Warmbad Villach erkläre ich ihm, gibt es wegen der
7.000 Schilling Verwaltungsstrafe wegen Verstoss gegen Lehrlingsbe-
stimmungen unüberwindliche Schwierigkeiten. Ein Betrieb der gegen
Gesetze verstosst, kann auch kaum ausgezeichnet werden. Sallinger ruft
sofort die Besitzerin Lubesitsch an, diese weiss von der Bestrafung
nichts, wird sich aber erkundigen und Sallinger dann Bescheid geben.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte womöglich Pulverer sobald als möglich
ausfertigen.
Sallinger ist erschüttert, dass für die technisch wissenschaftliche
Woche der Österreichischen Handelskammer in Bukarest kein rumäni-
scher Minister den Ehrenschutz übernommen hat. Angeblich haben sie
dies deshalb so hinausgezögert und keine positive Mitteilung ge-
macht, weil sie auch den Deutschen den Ehrenschutz abgelehnt haben.
Sallinger meint, wenn die in Österreich einmal eine Woche machen,
sollen wir auch dann den Ehrenschutz ablehnen. Mir kommt das Ganze
kindisch vor und ich ersuche neuerdings in Bukarest zu inter-
venieren.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte diese Frage beschleunigt lösen. Vielleicht
kann rumänischer Minister zur Eröffnung kommen, wenn Einladungen schon
gedruckt sind.
Im Journalistenfrühstück berichtet Zolles über die Informations-
und Verkaufsreise von ihm in der Bundesrepublik. In Deutschland
dominiert noch immer der Autotourismus und Fernreisen werden wieder
zunehmen. Da die Vorhersage 1976, der 140 Veranstalter in Deutschland
wegen der Österreich-Urlaube überhaupt nicht zutrafen, sind sie dies-
mal mit Prognosen sehr vorsichtig. Auch 1976 waren die Jänner Anmel-
dungen sehr gut. Ein sehr konkreter Vorschlag ist die Vereinheit-
lichung des Mautsystems in Österreich. Insbesondere wollen die
deutschen Gäste z.B. über den Brenner ausreisen und über die Tauern-
Autobahn oder Felbertauernstrasse zurückfahren resp. umgekehrt.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Bitte mit Zolles sofort Schreiben an die
österreichischen Gesellschaften von mir vorbereiten.
Zwei Aktionen, "Gönn Dir einen guten Morgen" und "Bodenständige
Speisen", kommen bei den Deutschen besonders gut an. Der deutsche
Autoklub ADAC hat berechnet, dass Österreich mit einer dreiköpfigen
Familie zwei Wochen inklusive Anreise in Knittelfeld mit 2.210.– DM
liegt. Die Schweiz und Niederlande sind höher, Deutschland ungefähr
gleich. Die anderen durch die Abwertung billiger. Fernsehveranstal-
tungen wie Ischgl, aber jetzt Jahrmarkt in Obergurgl, waren in
Deutschland ein grosser Erfolg. Demgegenüber halte ich fest, dass
die Perry-Como-Show leider in Amerika nicht diesen Erfolg gebracht
hat, weil die Verkaufswerbung dort nicht entsprechend organisiert
wurde. In der Diskussion kommt selbstverständlich die Frage, ob die
Mitteilung vom Österreichischen Verkehrsbüro, dass es sich der ÖFVW
bedienen will, meine Politik beeinflussen wird. Zolles teilte mir
vorher mit, dass der neue Generaldirektor Sokol diesbezüglich mit
dem Finanzminister Gespräche geführt hat. Ich erkläre sofort, dass die
ÖFVW wesentlich auf Verkaufswerbung und Marketing umgestellt wird, aber
für alle, die sich dafür interessieren, in Frage kommt. Wir werden
nicht die 140 deutschen Veranstalter, das sind meistens Reisebüros
verärgern, indem wir ein 141. Reisebüro in der Form der ÖFVW
dort installieren. Hier gilt dasselbe wie bei Ölpreis und Ölversor-
gung, ich möchte am liebsten ein Tausendfüssler sein. Auf je mehr
man die Politik aufbaut, umso grösseren Erfolg kann man rechnen,
nur kein Monopol.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER UND TIEBER: Bitte vorsichtig vorfühlen, was an
dieser Mitteilung wahr ist.
Liebl berichtet über die Fremdenverkehrserfolge des vergangenen
Jahres. Eindeutig haben die Komfortzimmer und besser ausgestatteten
Hotels und Pensionen positiv abgeschnitten. Österreich 8.4 % A1,
B 3.5 %, minus 1.5 % C und D. In Kärnten zwar überall negativ A1 minus
1 %, B minus 1.82, die anderen minus 7.2 %. Der Anteil der Komfort-
zimmer ist von 37.42 in 1975 auf 39.82 in 1976 gestiegen. Leider kam
es wieder zu einer 3.4-%igen Bettenvermehrung auf 1,122.000.
596.000 gewerbliche, 446.000 Privatbetten, 96.502 Betrieben, 21694
Gewerbe, 71.473 private.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte diese Ziffern in meiner seinerzeitigen
Aufstellung richtigstellen.
Natürlich gab es dann in der freien Diskussion Anfragen wegen
des Benzinpreises. Ich erklärte freimütig meine Stellungnahme zu
diesem Problem, insbesondere das Versagen der PR-Leute der
Ölgesellschaften. Die Massenmedien können eine Frage, wie z.B. die ge-
samten Preisangelegenheiten oft sehr verzerrt darstellen. Manchmal
zu meinem Vorteil, manchmal aber auch, selbst wenn es sehr lustig
gemacht ist, wie Graber heute in der Presse verzerrt. Wenn man die
Details kennt, sieht dies alles ganz anders aus. Die Zusammenhänge
sind wesentlich komplizierter, manchmal aber auch viel einfacher als
die Redakteure glauben. Die Darstellung aber von Graber hat mich weni-
ger wegen dieser Punkte gestört, ich muss sogar gestehen, mich be-
lustigt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Wie weit ist Dein PR-Konzept mit Koppe.
Der Geschäftsführer der Firma Underberg, Dr. Kobatsch, möchte den
Import von alkoholfreien Bier. Da nach Kodex alkoholfreies Bier ver-
boten ist, musste er seine Etiketten auf Birell, alkoholfreies Gersten-
und Malzgetränk umtauschen. Jetzt bekommt er noch Schwierigkeiten,
weil er in 0.33-Liter-Flaschen abfüllt. Diese sind nach Flaschenver-
ordnung nur für Bier und Mineralwasser zulässig. Alle anderen Getränke
müssen in 0.35 Liter abgefüllt werden. Bis jetzt hat er 400.000 Fla-
schen pro Jahr importiert. Die Erzeugung erfolgt in Zürich, er
sieht sich jetzt um eine österreichische Brauerei um, die in Lizenz
entweder abfüllt, oder vielleicht sogar selbst erzeugt. Ich wünsche
ihm dazu viel Glück und erkläre ihm, dass die Brauereien, aber auch
die Brauereiarbeiter sich sehr gegen dieses alkoholfreie Bier wenden.
Vor Jahren haben die steirischen Brauereien eine solche Produktion
eingeführt um die Stahlarbeiter in den Hitzebetrieben mit Bier zu
versorgen, als dort der Alkohol verboten wurde. Der Erfolg war nie-
derschmetternd. Kobatsch hat eine ähnliche Erfahrung bei der Hütte
Linz jetzt gemacht. Er glaubt allerdings, dass insbesondere der Preis
dafür verantwortlich ist. Wegen Unterstützung seiner Bestrebungen ver-
wies ich ihn auf den Präsidenten des Abstinentenbundes, meinen alten
Jugendfreund Obermedizinalrat Dr. Rot.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Lass Dir über die ständigen Erfolge oder Miss-
erfolge Kobatsch's berichten.
Bürgermeister Gratz war jetzt in Ägypten und hat mit dem dortigen
34-0142
Bürgermeister von Kairo vereinbart, dass er seine Fachleute für
Ausschreibungen der Kairoer Kommune nach Ägypten schickt. Da diese Fach-
leute bei den Ausschreibungen entscheidendes mitzureden haben, werden
österreichische Firmen leichter zum Zug kommen. Gratz hat mit
Dittrich und Sallinger Gespräche aufgenommen, damit man Einband-
gesellschaften gründet, die die Ägypter mit dem entsprechenden Ma-
terial, Kabel, Wasserleitungsrohre usw., beliefern. Ich erklärte Gratz
sofort, dass die Handelskammer niemals imstande sein wird, eine
solche Monopolgesellschaft zu akzeptieren. Ich habe bei der Ausschreibung
über das Suez-Kanal Tunnelprojekt ad hoc eine Arbeitsgemeinschaft ge-
gründet. Ähnlich würde ich vorgehen, wenn mir Gratz mitteilt, um welche
konkrete Lieferungen es sich handelt. Gratz ist mit dieser Vorgangs-
weise einverstanden. Ein ähnliches Projekt hat er in Assuan festge-
stellt, wo die Sowjets jetzt keine Ersatzteile für die Elektrizitäts-
maschinen liefern. Die Franzosen haben den Ägyptern erklärt, sie
müssten jetzt alle sowjetischen Maschinen durch französische ersetzen.
Gratz meint wir sollten sowjetische Ersatzteile bestellen, ohne zu
sagen um was es sich handelt und dann den Ägyptern liefern. Eine
solche Vorgangsweise halte ich für fast unmöglich. Ich schlug ihm vor,
unsere Maschinenfabriken wie Voith, Waagner-Biro, Andritz, VÖEST usw.
sollen eventuell versuchen mit sowjetischen Stellen Kooperationsver-
träge über das Drittland Ägypten abzuschliessen. Die Sowjets können
wir nicht hinters Licht führen. Entweder sie stimmen zu, oder sonst
geht dieses Projekt nicht.
ANMERKUNG FÜR WANKE UND HAFFNER: Bitte diese beiden Pläne sofort in
Angriff nehmen und Gratz dann entsprechend informieren.
Dir. Frey und sein Verkaufsservicemann beschwerten sich bei mir, dass
das Zollamt Salzburg jetzt ihre Toyotas nicht mehr zollermässigt mit
8 % hereinlassen will. Sie haben die Preise auf Grund der bisherigen
Zollpraxis gesenkt, jetzt heisst es der Bodenabstand ist nach Ö-Norm
gemessen nicht 17 cm. Ihr japanische Werk wird dieser neuen Auffassung
des österreichischen Zolles Rechnung tragen. Von Feber bis Mai würden
aber noch 2.500 PKWs bei der Firma Frey und bei Tarbuk ca. 1.500
hereinkommen, die für Toyota 14 Mio. Schilling zukünftige Be-
lastung und 4 Mio. Nachzahlung betreffen würden. Der Zoll in Salzburg
hat bis jetzt ein Gutachten von einen Sachverständigen bezüglich des
17 cm Bodenabstandes akzeptiert. Jetzt wurde in Wien eine neue Ö-Norm
34-0143
Weisung erteilt. Die ganze Verkaufskampagne von Frey ist auf
diese Zollsenkung aufgebaut.
ANMERKUNG FÜR HAFFNER: Verständigung des Büros im Finanzministerium
und zuständigen Referenten auch Erfolglosigkeit offiziell interve-
nieren lassen.
Die französische Spezialitätenwoche im Hotel Hilton trägt sicher-
lich dazu bei, dass die pikant gute und vorzügliche französische Küche
im Hilton und bei deren Gästen mehr bekannt wird. Ein grosser Erfolg
aber mit Massenwirkung wird sicherlich diese Veranstaltung kaum.
Imponiert hat mir, dass unser Kollege Wais ablehnte daran teilzu-
nehmen, weil er für seine Linie fürchtet. Noch mehr hat mir imponiert
dass ich dort war und nichts gegessen habe. Verlockend wäre es aller-
dings gewesen.
Bei der Ministerratssitzung gab mir Bundesminister Lütgendorf unseren
Verschlussakt, der mir unerklärlicher Weise irrtümlich zu ihm ge-
kommen ist. Zum Glück stand nichts wesentliches anderes drinnen, als
ich sowieso mit Lütgendorf dann besprochen habe. Eine solche Irrleitung
dürfte aber wirklich nicht passieren. Lütgendorf ist bereit, den Truppen-
übungsplatz anzuweisen, dass er die genau beschriebenen Personen das
Betreten gestattet wird und gleichzeitig die Bohrarbeiten aufgenommen
werden dürfen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Die Verbund soll sofort schriftlich ansuchen.
Kreisky macht sich grosse Sorgen, dass die Demokratie bei der Bevölke-
rung abgewertet wird. Die Volkspartei hat in ihrer Oppositionspolitik
in jeder Frage das System der Rangordnung. Zuerst spricht Taus, dann
Koren, dann noch ein dritter Bedeutender und dann ist Schluss. Mit
Rednern, auf die man noch achtet und es kommt eine ganze Anzahl von be-
deutenden Rednern, wodurch sich die Debatte stundenlang dahinzieht
und dahin plätschert. Anfangs wird sofort das grösste Votum, nämlich ein
Mißtrauensantrag eingebracht. Niemand interessiert sich dann mehr, wie
es weitergeht.Nicht einmal die Zeitungen oder das Fernsehen berichten
dann. Kreisky glaubt und fragt Fischer, ob es nicht zweckmässiger
wäre, die Minister im Parlament nicht nur kurze Zwischenbemerkungen
und Repliken von der Ministerbank geben, sondern grundsätzliche Er-
klärungen. Wenn die Oppositionsrolle der ÖVP nicht besser zum Ausdruck
kommt, glaubt er wird um so stärker und härter der Kampf mit den Massen-
medien. Die Zeitungen übernehmen heute die Funktion der Opposition,
34-0144
um die Regierung zu stürzen. Ich persönlich glaube, dass sich diese
Situation erst ändern wird, wenn die ÖVP tatsächlich die angekündigten
Initiativen vorlegen wird. Als wir in der Opposition waren, haben
auch wir ständig zuerst einige Jahre herumgesucht, bis wir dann mit
unseren Alternativen die ÖVP wirklich konfrontiert haben. Ich selbst
habe damals, ein um die Debatte aufzulockern und sie eben nicht mir den
ersten Rednern zu beenden, mich immer, wenn ich schon reden musste,
zum Schluss gemeldet. Auch bei uns war es nämlich üblich, dass zuerst
die sogenannten bedeutenden Redner zu Wort kamen. Womöglich haben die,
wie man so schön sagt, die Wiese abgegrast und für die anderen blieb dann
kaum mehr etwas übrig. Dasselbe System herrscht jetzt bei der ÖVP.
Ändern kann sich das nur, wenn die Parlamentarier selbst mehr Auf-
merksamkeit dem parlamentarischen Geschehen zuwenden. Dies ist aber
weder bei der ÖVP, noch bei der FPÖ, geschweige denn bei unserem Klub
der Fall.
Kreisky macht Moser darauf aufmerksam, dass die in der Ö-Norm vorgese-
henen Preiserhöhungswege für die gleitenden Preise bei Bauunternehmungen
von der Gewerkschaftsseite selbst stark angekämpft werden. Moser teilt
mit, er wird jetzt versuchen, diese gleitenden Preise nicht mehr von
einem Expertenkomitee beim Finanzministerium bearbeiten zu lassen,
sondern damit die Paritätische Kommission versuchen zu betrauen. In
Hinkunft müssen die Unternehmer auch eine Meldung über die Lohntangente
abgeben. Derzeit behaupten sie nur, sie sei 50 % ohne den Nachweis für
die einzelnen Bauten zu erbringen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte kläre wie dies weiter geht und lass Die in-
formieren.
Zum 20. Jahrestag des Antrittes des Bundespräsidenten Schärf schlägt
Bürgermeister Gratz vor, soll ein Denkmal am 20. Mai projektiert werden.
Kreisky erinnert, dass seinerzeit die Regierung als ........ für
eine Schaffung eines Denkmals sich konstituiert hat. Er selbst glaubt
allerdings es ist unzweckmässig ein Denkmal für jemanden zu errichten,
denn dies ist eine Art wegstellen. Auch das Renner-Denkmal hat nicht
annähernd den Erfolg, den man erwartete. Vielmehr werden an Menschen
Leute erinnert, wenn eine Strasse nach ihnen benannt ist. Mir per-
sönlich muss ich mir eingestehen ist eigentlich die ganze Frage ziemlich
egal. Wichtig ist, dass ein Denkmal gerade bei der Enthüllung einmal
34-0145
erwähnt wird. Ist es modern, lehnen es die Leute ab, ist es konser-
vativ, sind die Künstler alle enttäuscht und dann wirklich nie mehr
wieder eine Rolle spielt. Kreisky nimmt aber an, dass die Tochter
Schärf's, Frau Kyrle, unbedingt auf einem Denkmal beharren wird.
Die Meinungsumfrage vom Verband der österreichischen Elektrizitäts-
werke wird von Kreisky mit Recht kritisiert. Jetzt in einer Phase der
Aufklärungskampagne, die sowieso äusserst schwierig ist, kommt eine
solche Umfrage von der die Massenmedien, aber ganz besonders die
Bevölkerung annimmt, dass sie manipuliert ist. Der Bericht des ORF
war nach Meinung Kreisky's auch entsprechend. Dozent Lötsch hat die
Politiker beschimpft. Ich hätte zu heftig für das Atomkraftwerk ausge-
sagt und Klimesch hat zwar versucht auch den Standpunkt der Elektri-
zitätswirtschaft zu erklären, doch immer wird es heissen, dass sind
alles Interessensvertretungen. Der Narr Lötsch, wie Kreisky sich aus-
drückte, kommt immer mehr im Fernsehen zu Wort, anstelle von
vernünftigen Wissenschaftlern wie Universitätsprofessor Broda, Weiss-
kopf, Weizsäcker , Gen.Dir. der Internationalen Atomenergiebehörde usw.
Kreisky hat Kunz, seinen Pressereferenten beauftragt, er soll jetzt
dafür sorgen, dass im Fernsehen eine objektive Diskussion stattfindet.
Kunz hat mitgeteilt, dass die Atomgegner, die man auch für die dritte
Phase, nachdem von der zweiten Phase die Wissenschaftler mit den
Elektrizitätsunternehmungen hätten diskutieren sollen und die Politiker
einladen wollte. Die Atomgegner haben aber abgelehnt, sie wollen jetzt
nur mehr mit Politikern diskutieren. Kreisky erklärt sofort, es darf
niemand zu den Versammlungen gehen, weil dort nur mehr Wirbel heraus-
kommt und keinerlei objektive Veranstaltungsabwicklung gewährleistet
ist. Kreisky spricht sich ganz entschieden auch dagegen aus, dass
man glaubt, man kann die Atomdiskussion durchziehen resp. Staatsgewalt
die Eröffnung und Bau von Atomkraftwerken erzwingen. Da mache ich nicht
mit, erklärte er, ähnlich wie bei der seinerzeitigen Arenalösung. Ich
bin davon überzeugt, dass wenn wir uns geschickt verhalten, wir in
Österreich nicht westdeutsche Verhältnisse bekommen. Die Elektrizi-
tätswirtschaft arbeitet nur jetzt ohne zu koordinieren. Ich zumindestens
habe von dieser Meinungsumfrage nichts gewusst. Genauso bin ich überrascht,
als Kreisky einen Brief Bandhauers vorliest, wo dieser anfragt, ob
die zuständigen Beamten, im Handelsministerium ist die angeblich ein
gewisser Hirsch , zu einer Pressezustdie nach Schweden fahren kann.
Ich verstehe Bandhauer nicht, dass er ohne mit uns Kontakt zu haben,
einer solche Aktion, Meinungsumfrage, Presseinformation usw. startet.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Was hat Frank davon gewusst?
Haiden?? stellt fest, dass er den Personenkraftwagen nicht aus dem Ar-
beitsmarktbeschaffungsbudget sondern aus dem Grundbudget finanziert
hat. In der Diskussion stelle sich dann allerdings heraus, dass er
ursprünglich kein Auto in seinen Budgetziffern hatte, dann eines an-
schaffen musste und zwar aus dem Grundbudget finanzierte, der Rech-
nungshof aber dies entdeckte und sofort den Nationalrat mitteilte.
Androsch hat übrigens, wie ich Haiden ausdrücklich aufmerksam machte,
in der Arbeiterzeitung erklärt, dass dies richtig sei und damit den
Vorgang zugegeben. Aus den Bemerkungen Haiden's konnte ich entnehmen,
dass er die Arbeiterzeitung gar nicht genau gelesen hat und vor allem
von seinem Pressedienst darauf nicht aufmerksam gemacht wurde. Schein-
bar herrschen in anderen Ministerien dieselben Zustände wie bei uns.
Zu spät und unzulänglich wird der Minister informiert. Klubobmann
Fischer meinte mit Recht, es bräuchte ja wegen des Berichtes gar niemand
sich gross zu fürchten, denn die Regierung schneidet dabei ganz gut
ab. 96 % oder ähnlich Prozentziffern werden ja nachgewiesen ist auch
im Arbeitsbeschaffungsbudget tatsächlich für Arbeitsbeschaffung ver-
wendet worden. Nur unbedeutende andere Zahlungen wurden vom Rech-
nungshof festgestellt. Meiner Meinung nach allerdings ist es nicht sehr
glücklich, wenn so optisch schlechte Beispiele, wie PKW-Anschaffung
oder Bezahlung von anderen Rechnungen, die kaum etwas mit Arbeitsbe-
schaffung zu tun haben, aus diesem Budget bestritten wurden. Hier
kann ich allerdings leicht reden, weil wir hier kaum etwas anderes
machen konnten, da wir eine spezifische Auflage, resp. ein zusätz-
liches Arbeitsmarktbudget gar nicht erhielten.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte beachte, dass in Hinkunft bei unseren
Budgetvollzug so etwas nicht passiert.
Ausser der Diskussion wegen der Panzer mit Lütgendorf fragt dieser an,
ob er den Wunsch der Familie Mayer-Gunthof folgend, bei dem Begräbnis
die Gardemusik abstellen darf. Zuerst hat er grosse Bedenken, weil
noch niemals für Private dies der Fall war. Kreisky erinnert, dass , als
er provisorischer Verteidigungsminister war, die Beistellung der Garde-
musik für einen Nazioffizier, der damals gestorben war, ablehnte.
Lütgendorf meint, er hätte jetzt allerdings feste Richtlinien dies-
bezüglich erlassen. Kreisky sagt mit Recht, dann wird man für wichtige
Personen – und Mayer-Gunthof war ein solcher, der sich um Österreich
34-0147
sehr verdient gemacht hat – eben entsprechende Ausnahmen machen.
Der grösste Wunsch Mayer-Gunthof's war, dass an seinen Grab ein Bläser
Abschied bläst. Ich warf die Bemerkung ein, wenn es niemand anderer
macht, dann werde ich dies tun. Dies würde ich sicherlich, wenn
auch nicht einwandfrei zusammenbringen. Unwahrscheinlich wie manch-
mal formelle Fragen auch in dieser Hinsicht eine grosse Rolle
spielen. Hier muss ich sagen, bewundere ich immer das richtige poli-
tische Gspür von Kreisky. Wen interessiert sich schon, nach welchem
Gesichtspunkt die Gardemusik abgestellt wird?
Tagesprogramm, 7.2.1977
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)