Dienstag, 9. November 1976
Dr. Holzer Vorsitzender unserer EGKS-Kommission für die Registrierung
der Stahlpreise beschwerte sich zurecht, dass seit 1973 noch immer
nicht ihre Gebühren festgesetzt wurden. Unsere Personalabteilung hat
den Antrag zwar an das Bundeskanzleramt weitergeleitet, sich aber
dann nicht mehr darum gekümmert.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte stelle fest, wieso dies möglich war und
wer daran die Schuld trägt.
Der namensgleiche Dr. Holzer, unser Geologe, berichtete mir, dass
nach seinem Vorschlag in Mitterberg 20 Mill. S aufgewendet werden
sollten, um festzustellen, ob im Westfeld tatsächlich die Kupfer-
vorkommen weiter in die Tiefe sinken und damit in Zukunft niemals
abbauwürdig sein würden, oder ob sie nicht doch wieder nach oben
steigen. Die ÖIAG, Dr. Grünwald, ist allerdings nicht bereite, noch-
mals 20 Mill. S nur damit die Geologen dann die Lage der Kupfer-
vorkommen genauer orten können, zu bezahlen. Ich habe eigentlich für
diesen Stnadpunkt auf viel Verständnis.
Prof. Nebert von der geologischen Bundesanstalt hat mit den unga-
rischen Geologen Geominco wegen der Kohlenvorkommen an der burgen-
ländisch-österreichischen Grenze Gespräche geführt. Die Ungarn haben
die 1 Mia. t Vorräte jetzt auf 500 Mill. reduziert. Sicher ist, dass
der Ausbiss, d.h. die Kohlenvorkommen zur österr. Grenze hin,
ansteigend sind und wenn man abbauen will, in Österreich beginnen
müsste. Austromineral wird auf alle Fälle, wenn die Bergberechtigung
hier anfallen, in den nächsten Jahren die Untersuchungen beginnen.
Austromineral erwartet aber, dass die Bergbauförderung die gesamten
Prospektionskosten übernimmt. Dies ist sicherlich nicht möglich.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte Austrominieral davon verständigen.
Holzer hat mir neuerdings versichert, dass er sehr wohl grosses
Interesse hätte im Ministerium zu bleiben. Die geologische Bundes-
anstalt möchte sein Abstellen jetzt beenden und ihn zurückberufen.
Eine Übersiedlung nach Leoben zur Universität hat Holzer abgelehnt,
weil er dort nicht entsprechend bezahlt wird. im Ministerium würde
er aber auch nur verbleiben, wenn er Aussicht hat in die Gruppe VIII
Dienstklasse zu kommen. Wird er allerdings bei uns in die Ministerial-
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klasse genommen, besteht die grosse Gefahr, dass ihn dann die
Universität auch mehr bezahlt und er dann doch als Petrascheck-Nach-
folger abwandert. Ich habe Frank ersucht, er soll mit Holzer eine
Lösung versuchen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte absichern, dass nicht wir ihn in die
höhere Dienstklasse bringen und er dann doch letzten Endes nach Leoben
geht.
Handelsrat Kowalski von Polen teilt mir im Auftrag von Minister
Olszewski, der in Wien zwischenlandete mit, dass sich die Polen
jetzt mit den Tschechen über den Stromliefervertrag geeinigt haben.
Ich verständige sofort auch die anwesende tschechische Delegation
zur Gemischten Kommission, als diese bei mir einen Höflichkeits-
besuch abstattet. Die Tschechen bestätigen mir dies. Verbund-General-
direktor Erbacher, dem ich dies sofort mitteile, fragt, ob er jetzt
zuwarten soll, bis sich die Polen oder Tschechen bei ihm melden.
Genau das Gegenteil schlage ich ihm vor, nämlich sofort auf Grund der
beiden Bestätigungen mit den Tschechen und mit den Polen Verhandlungen
zu verlangen, um so schnell wie möglich jetzt den endgültigen Vertrag
abzuschliessen. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass wir neuerdings
bei der Durchführung grosse Schwierigkeiten bekommen werden. Stromliefer-
vertrag wird vom Energie bezugsmässig aber auch von bezahlungsmässigen
Standpunkt dringend notwendig. Min.Rat Fälbl teilt mir mit, dass die
Kontrollbank ihm vertraulich zuflüsterte, dass die Polen bereits über
40 Mia. S Kredite von uns bekommen haben. Fast die Hälfte dieses Betrages
sind Kredite, die der Staat – Kreisky und Androsch – mit den Polen ver-
einbart haben. Niemand weiss, auch ich nicht, wie die Polen dies jemals
zurückzahlen werden, wenn nicht auch die Sowjetunion einspringt, wie
dies auch bei den Bulgaren schon geschehen ist.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Min.Rat Müller soll natürlich ohne Aufsehen ver-
suchen, diese Finanzsituation systematisch zu ergründen und ständig
referieren.
Denzel teilt mir unter vier Augen mit, dass Gen.Dir. Geist von der ÖIAG
mit ihm über die Erzeugung eines österr. PKW gesprochen hat. Denzel
meint, ein solcher Wagen könnte ohne weiteres konstruiert werden,
er würde sich zur Verfügung stellen, wobei er gleichzeitig mit Honda
Verhandlungen beginnen möchte. Honda sollte die österr. Autos in
Kooperation mit einer österr. Firma herstellen. Zuerst sollten nur
die Blechlieferungen der VÖEST eine Absatzmöglichkeit verschaffen,
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bis die österr. Produktion dann schön langsam das gesamte Auto
herstellen würde. Ich bin nach wie vor sehr skeptisch. Denzel
dürfte die Absicht haben, seine jetzt ausgebaute und im Ausbau be-
findlichen Reparaturwerkstätten und Service-Stellen in ganz Österreich
für dieses Österreich-Auto dann zur Verfügung zu stellen, resp.
damit zu beschäftigen. Denzel selbst muss mir gegenüber zugeben,
dass mindestens 200.000 Stück Autos pro Jahr in der Endausbaustufe
produziert werden müssten. Für diese Menge sehe ich weder im Inland
geschweige denn im Ausland eine Absatzmöglichkeit.
Im Ministerrat stellt Kreisky bei einem Reiseantrag für die Landesver-
teidigung, obwohl es sich in diesem Fall um einen Lehrgang für Trieb-
werksprüfstände, die bereits in Österreich angeschafft wurden und
2,5 Mill. S kosteten, sowie für eine Abnahmereise für 25 Mill. S
fest, dass keine Dienstreise dem Verteidigungsminister mehr zur Ver-
fügung steht. Dieser kann allerdings nachweisen, dass er ein Limit
von 419 Dienstreisen hätte und nur 375 bis jetzt ausnützte. Wie daher
das BKA die Reisen tatsächlich gerechnet hat, ist Lütgendorf aber
auch mir ein Rätsel. Sekt.Chef Jiresch versucht Kreisky dann auch
flüsternd aufzuklären und dieser gibt dann auch nach.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte lass prüfen, wie das BKA zu einer solchen
Auffassung kommt und wieviele Reisen wir noch haben.
Haiden gibt einen mündlichen Bericht über die Dürreschäden und ver-
langt neuerdings 70 Mill. S, insgesamt haben wir damit über 300 Mill. S
aufgewendet. Kreisky und der Finanzminister sind scheinbar damit ein-
verstanden, da Haiden mit dieser Dürreschädenpolitik erstens die
Genossenschaften auch heranziehen möchte und zweitens die Auszahlung
nicht mehr über die Landwirtschaftskammern sondern eben direkt erfolgen
soll. Wie Haiden diese Abwicklung dann ohne Personalvermehrung über
sein Ministerium wird in Hinkunft bewerkstelligen, ist mir nicht ganz
klar. Entweder sind seine Beamten bis jetzt überhaupt nicht ausgelastet
gewesen oder sie werden in Hinkunft mit der Abwicklung grosse
Schwierigkeiten haben.
Lütgendorf teilt mit, dass in Weitersfeld, Waldviertel jetzt eine
Einheit von Soldaten für Kartoffelernte eingesetzt wird, weil in dem
weichen Boden die Maschinen nicht eingesetzt werden können. Lütgendorf
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macht aufmerksam, dass es sich um eine einmalige Hilfe handelt,
die nicht mehr wiederholt werden kann und soll. Durch Intervention
von Kreisky hat er sicherlich nachgegeben, da er im Wehrgesetz
dafür keine Deckung findet. Wenn allerdings dieses Beispiel
Schule macht, wird er sich schwer gegen weiteren Heereseinsatz
wehren können. In meinen Augen ist ein Kartoffeleinsatz über-
haupt ein Ernteeinsatz zweckmässiger als das Exerzieren in
Kasernen.
Mit Eumig – Vockenhuber, seinem zweiten Gesellschafter und dem
Finanzdirektor – verhandle ich zuerst über die Endfinanzierung
des Fohnsdorf-Projektes. Androsch kommt erst später und Kreisky
dann gerade zum Finalisieren. Vockenhuber hat einen Finanzierungs-
plan vorgelegt, wo nicht nur die gesamte Fremdfinanzierung vom Staat
zu leisten ist sondern auch noch 70 Mill. S Anlaufverluste von
vornherein abgedeckt werden sollten. Androsch ist bereit, die Hälfte
davon zu übernehmen. Allerdings bringt er die Mittel nicht aus
seinem Budget auf sondern erwartet, dass das Handelsministerium
mit dem Sozialministerium die Deckung vornimmt. Mir gelingt es,
weil ich zeitgerecht bei der Sitzung bin, nachzuweisen, dass ich
dafür keine budgetäre Deckung habe. Die rund 40 Mill. S dienen
für die Finanzierung der Papierindustrie-Projekte und Zusagen. Da
der Sozialminister nur durch Sekt.Chef Lenert vertreten ist, muss
dieser über die Umschulung und über Zinsenzuschüsse für Kredite
aus der Produktiven Arbeitsmarktförderung die entsprechenden Be-
träge bereitstellen. Das ERP-Büro wird eine optimale Finanzierung
von 280 Mill. S aus ERP-Mitteln ebenfalls bereitstellen. Vocken-
huber hat hier eine einmalige Finanzierungsmöglichkeit bekommen.
Kreisky sagt allerdings mit Recht, dass Vockenhuber es war, der
sofort zugestimmt hat, als er ihn wegen des Betriebes in Fohns-
dorf angesprochen hat. Vockenhuber hat die Chance genützt, so
wie er seinerzeit einen guten Polaroid-Produktionsvertrag abge-
schlossen hat, jetzt auch für Fohnsdorf eine optimale Unter-
stützung zu bekommen. Mir erscheint aber primär wichtig und dies
gilt sicherlich für die gesamte österreichische Regierung, dass sich
eine solider grosser Unternehmer zur Verfügung stellt, um für
500 Arbeitsplätze einen Betrieb zu errichten.
Bei der Passagendiskussion am Nachmittag werde ich von Linken
hart wegen der Fohnsdorfer Arbeiter-Entlassung attackiert. Ich
kann sofort auf die Besprechungen und die neue Situation verweisen.
In der deutsch-österreichischen Handelskammer hat Goppel und
dort ganz besonders Jaumann den österreichischen Unternehmern
Rede und Antwort gestanden über die bayerische Wirtschafts-
politik. Natürlich kommt primär die Verkehrssituation zur Sprache.
Jaumann erklärt mit einer Offenheit, die ich mir eigentlich nicht
erwartet habe, dass Bayern ganz bewusst die Mittelmeer-Südhafen
deren Ausbau und deren Entwicklung fördert. Angesprochen darauf,
dass er damit Bremen, welches heuer um 21 %, Hamburg welches um 30 %
weniger Fracht hat, schädigen würde, meint Jaumann er muss die
Chancen nützen. Wenn Bonn will, dass es auch Chancen verzichtet,
dann müsste es einen Finanzausgleich Bayern geben. Jaumann ist
z.B. auch Verwaltungsrat der deutschen Bundesbahn und gibt zu,
dass jetzt bayrische Waren über die DDR nach dem Norden Deutschlands
verfrachtet werden. Schuld daran sei die Deutsche Bundesbahn, weil
sie degressive Tarif abbaut. Auch gegen eine Stillegung der
Bahnen nach der österr. Grenze z.B. auch Tödling-Simbach spricht
er sich ganz entschieden ist . Er meint, die Deutsche Bundesbahn
sei unfähig, da sie vor eineinhalb Jahren eine Strecke elektrifiziert
hat, jetzt aber im neuen Plan diese Strecke längerfristig stillegen
will. Natürlich kommt auch die LKW-Steuer-Debatte. Jaumann erwähnt auch
die gestern mit uns geführten Gespräche wegen des Ausbaues
der Kanäle und der Häfen, hat den Wunsch, die Oststaaten stärker
einzuschalten. Jaumann meint, Österreich sei dafür präjudiziert,
und ich erkläre, dass wir hier vollkommen übereinstimmen. Eine
grosse Differenz gibt es, als wir über die österr. LKW-Steuer
sprechen. die anwesenden Unternehmer, insbesondere Vertreter der
Verkehrssektion der Handelskammer sind sehr erfreut zu hören, dass
Deutschland Retorsionsmassnahmen ergreifen würden. Sie hoffen, dass
dadurch diese österreichische Steuer von Lanc fallengelassen wird.
Jaumann berichtet, dass für das kurze Stück Kufstein-Brenner eine
30 %-ige Verteuerung entstehen würde. Jaumann deutet an, dass
ein Ausgleichssystem zugunsten Österreichs gefunden werden müsste.
Dies ist ein neuer Gedanke und ich sage nach der Veranstaltung zu
Jaumann, dass ich darüber sofort Lanc verständigen werde.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte das Büro Lanc über diese Äusserung Jaumanns
informieren, wenn es nicht schon ein Unternehmer getan hat.
Dir. Büttner von der Unilever möchte die neue Diät-Margarine aus der
Verbraucherpreis-Empfehlung herausnehmen. Bicell sollte 9.80 für 1/4 kg
für den Letztverbraucher kosten. Die ADEG- und SPAR-Organisation hat
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aber jetzt bereits wissen lassen, dass sie mit der rund 21 %-igen
Gross- und Kleinhandelsspanne nicht einverstanden ist, sondern für
dieses Produkt 30 % verlangt. Unilever kann und will dies nicht
geben und empfiehlt daher nur einen Fabrikabgabepreis festzusetzen.
Ich verspreche für diesen Vorschlag, den ich verstehe und begrüsse
mit der Arbeiterkammer zu reden.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte aufs nächste Jour fixe setzen.
Unilever wird jetzt konkretere Besprechungen wegen der Ölmühle führen.
Noch immer ist das Projekt 300.000 Saat zu verarbeiten, wovon
100.000 Sonnenblumenkerne aus Österreich kommen könnten. Derzeit
werden erst 200 ha angebaut, die Ergebnisse sind aber sehr befrie-
digend. Die Unilever übernimmt die Sonnenblumenkerne mit 6.30 S
pro kg. Dies ist ein verhältnismässig guter Preis und die Landwirtschaft
würde, wenn Unilever jetzt stärker daran Interesse hat, bis zu
50.000 ha anbauen können. Büttner ersucht, dass Haffner nach Mann-
heim fahren kann, um sich dort eine Ölmühle der Unilever anzusehen.
Wanke empfiehlt und ich bin auch dieser Meinung, es sollten auch die
Interessenvertretungen, AK und HK, mitfahren. Wanke will und ich
teile diese Meinung, dass nicht der Eindruck entsteht, es wird hier
nur ein Beamter des Ministeriums zu einer Besichtigung eingeladen
auch die Interessensvertretungen einschalten. Die Ölmühle würde
ohne Grund 500 Mill. S Investitionen erfordern. Büttner ersucht
mich wenn sie einen öffentlichen Grund dafür finden, ihn zu
unterstützen, dass sie ein Baurecht darauf bekommen. Unilever möchte
auch hier scheinbar mit den Investitionen soweit wie möglich mit
einer halben Milliarde auskommen. Wenn das Werk dann sehr konkret
von Unilever geplant ist, es wird auf alle Fälle in der Nähe Wiens
an der Donau liegen, wird die Unilever sich dann um einen Partner
umsehen. Ich denke sie werden primär mit den landwirtschaftlichen
Genossenschaften vielleicht auch mit der Konsumgenossenschaft dann
verhandeln. Unilever möchte auf alle Fälle vor der zweiten Interessen-
tengruppe jetzt ihre Muttergesellschaft eine endgültige positive Ent-
scheidung durchsetzen.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte das Landwirtschaftsministerium Haiden
informieren.
Die Besprechung über den Fremdenverkehrstag – Rost, Hoteltreuhand,
Zolles ÖFVW, Heindl und Tieber zeigt mir deutlich, dass ich bei meiner
Eröffnungsansprache viel mehr die Leistungen des Handelsministeriums
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herausstreichen muss. Würzl hat bis jetzt nur Unterlagen ge-
liefert, die eine flaue Darstellung unserer Aktivitäten zeigt.
Ich will Würzl allerdings nicht unterstellen, dass er unsere
Leistungen herunterspielen will. Ich nehmen im Gegenteil an,
da er weiss, dass ich frei spreche, sowieso nur bescheiden
von seinen Unterlagen Gebrauch machen werde. Da die Eröffnungs-
sitzung um 6 Uhr abends beginnt, müssen wir am Montag vormittags
bereits der Presse die gesamten Informationen zur Verfügung stellen
Diesbezüglicher Waschzettel wird von Tieber vorbereitet.
Tieber hat mit Ortmann den beanstandeten Fall von Bürgermeister
Pölz aus Amstetten überprüft. Die Hoteltreuhand hat dort
tatsächlich gegen alle bisherigen Gepflogenheiten gegen den
Ansuchenden ohne Grund entschieden. Es ist anzunehmen, dass es
viele solcher Fälle gibt, die wir bis jetzt nicht erfahren
haben und die doch eine politischen Grund haben dürften. Dir.
Rost wird in Hinkunft von unserer Seite mit allen Beschwerden be-
schäftigt werden. Tieber wird die Landessekretariate und Fremden-
verkehrsverantwortlichen der dabei aufmerksam machen, in Hinkunft
auf alle Fälle uns sofort Mitteilung zu machen, damit wir sie
überprüfen können.
Die AEZ-Passagen-Diskussion war dies wieder sehr hart. Junge Leute
hauptsächlich von Kreisen, attackieren dort ständig.
Dies würde mir weniger auf die Nerven gehen, als das immer wieder
teils Betrunkene Zwischenrufe machen und deshalb eine geordnete
Diskussion immer schwieriger wird. Trotzdem werde ich diese
Passagen-Diskussion nicht aufgeben, sondern im bisherigen
Rhythmus beibehalten. Heindl erzählte mir dann abends, die
kurze Zeit, die er rückwärts gestanden ist, ich habe ihn gar
nicht gesehen, hätte er immer wieder hören können, bei Leuten
die vorübergehen, aha das ist der Staribacher, der sich hier
immer wieder stellt. Schon allein diese Tatsache, dass Leute
dies positiv vermerken, wird mich veranlassen, weiterhin diese
mühsame Arbeit und gar nicht lustige Unterhaltung fortzu-
führen.
Im Präsidium und Vorstand der SPÖ III diskutierten wir die
Öffentlichkeitsarbeit. Bürgerversammlungen, wird allgemeine
mitgeteilt, sind in ganz Wien eine Pleite und nicht nur gestern
bei uns im Schwechaterhof. Eine gewisse Ermüdung ist jetzt leider
auch bei unseren Funktionären festzustellen. Obwohl in der
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wir in der Bezirkszeitung Landstrasse annonciert haben, die alle
Haushalte gelesen haben, kommt kaum jemand zu solchen
Veranstaltungen. Wir werden uns bemühen, in den Bezirkszeitungen
zum Unterschied von vielen anderen Bezirken einen besseren Einfluss
zu gewinnen. Dr. Luchinetti, Pressereferentin von Stadtrat Nittel
und gleichzeitig von unserer JG wird die Betreuung der Landstrasser
Bezirkszeitung übernehmen. Im Vorstand hat unser SJ-Obmann Woller, der
gleichzeitig jetzt auch Wiener Obmann ist, sich bitter beklagt, wie
jugendfeindlich manche Sektionen und Zentren weniger auf der Land-
strasse aber in anderen Bezirken eingestellt sind. Da Kreisky
die SJ auch als kindisch, als nicht vorhanden hinstellt, haben
sie es sehr schwer, sich bei den Jugendlichen überhaupt eine positive
Resonanz zu erhoffen. Die antiautoritäre Einstellung der Jugend ver-
stärkt durch diese Politik führt zu immer einer grösseren Hinneigung
zur Oppositionspartei. Ausserdem stellt Woller fest, werden die
Rechtsextremen immer aggressiver. Die NDP hat jetzt eine zweite
rechte Organisation – Aktion Neue Rechte – zum grössten Teil
16 – 18-jährige sind aufgebaut. Als Abwehr und um vielleicht doch
die Aktivitäten abzustimmen, wird jetzt von den 14 Jugendorganisa-
tionen der SPÖ in Wien zumindestens ein sozialistischer Jugendrat
geschaffen, der gemeinsame Veranstaltungen durchführen soll und
jetzt einmal wenigstens Kontaktgespräche hält. Auch unser Kinder-
freunde-Obmann der junge Genosse Fauthofer beschwert sich, dass
die Jugendzentren für die sogenannten offenen Gruppen, d.h. nicht
organisierten Jugendlichen zu günstigeren Bedingungen zur Verfügung
stehen als für unsere Kinderfreunde z.B. Diese müssen bezahlen, Bei-
träge einheben, die anderen können gratis dort ihre Aktivitäten
entfalten. Dies muss ich sagen, ist ja nicht gerade der Weisheit
letzter Schluss. Hart diskutieren wir dann auch noch über die Laden-
schlussfrage, wo ich zwar alle von der Richtigkeit meiner Argu-
mentation überzeugen kann, sicher aber bei einem Grossteil der Bevölke-
rung schief liege. Da die Opposition, die weniger von der ÖVP ausgeht,
sondern wenn man will von antiautoritären Gruppen und Einzelpersonen
so werde ich kaum Gelegenheit haben, eine Sachdiskussion darüber zu
führen. Bei der AEZ-Diskussion wurde ich auch in diesem Punkt hart
attackiert. Dort meinte man, Demokratie und Freiheit sei, dass
jeder tun und lassen kann, was er will. Auch der Unternehmer solle
aufsperren und zusperren können, wann es ihm beliebt. Sozialgesetze
soziale Schutzbestimmungen spielen jetzt scheinbar keine Rolle
mehr.
Am interessantesten für mich war, dass übereinstimmend im
Vorstand festgestellt wurde, Busek hat in Wien gute Chancen.
Die Methode, "Mir san mir, im Rathaus" und nicht einmal ignorieren
den Busek wird nicht gut ankommen. Bei den Bürgerfeiern, sei es im The-
ater an der Wien oder bei Jazz-Festival bekommt er bei der
Begrüssung immer demonstrativ wesentlich mehr Applaus als die von uns
anwesenden Mandatare. Für mich ist dies ein deutliches Zeichen,
dass Jugend eventuell mehr mit der Opposition geht als mit den
Regierungsvertretern. Nur unser Bildungssekretär Wanner, ein Ge-
meindebediensteter Obersenatsrat, meint, ihm ist unerklärlich,
dass ein so freches Lausbuben-Gesicht wie Busek jetzt mit dem
Plakaten von der ÖVP auf diese Art und Weise propagiert werden
soll. Ich bin überzeugt, dass man Busek jetzt so darstellen wird,
wie er sich auch gibt, nämlich als optimistischer junger Politiker
und eben der Autorität Rathaus die nicht sehr beliebt ist, wie
sich bei dem Bauring-Skandal jetzt immer wieder zeigt, offen
entgegentritt. Mit diesem Mann wird es Bürgermeister Gratz sehr
schwer haben in der nächsten Wahlauseinandersetzung.
Tagesprogramm, 9.11.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 50. Ministerratssitzung, 9.11.1976
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Nachtrag TO 50. Ministerratssitzung, 9.11.1976
hs. Notizen (Nachtrag TO MR-Sitzung Rückseite)