Sonntag, 10. Oktober 1976
Zur sowjetisch-österreichisch Technischen Woche ist nicht nur Minister
Rudnew angekommen mit seinen Leuten, sondern auch im selben Flug-
zeug der Botschafter und der Astronaut Popow. Zwei Dutzend Russen
waren zum Empfang bereit. Von der Bundeshandelskammer kam nur
das Wifi und der Ostreferent, da aber ich erschienen war, ist
auch Sallinger gekommen. Es wäre furchtbar blamabel gewesen, wenn
nicht wenigstens ein Minister den russischen Minister geholt hätte.
Die Russen sind sowieso so empfindlich. Auf der Fahrt ins Inter-
continental fragte er mich über die österreichischen wirtschaftlicher
Verhältnisse insbesondere über Einkommen, Lebenshaltungskosten usw.
Vielleicht hatte er den Prawda-Artikel über die verschlechterte
Situation in Österreich gelesen, denn er wollte unbedingt wissen,
ob es in den letzten Jahren schlechter wurde oder doch besser.
Ich brauchte ihm gar nichts anderes zu erzählen als die Wahrheit,
um die beweisen, dass der Prawda-Artikel nicht stimmt. Ob er es
mir geglaubt hat, weiss ich nicht, er bedankte sich, als ich mich
verabschiedete für diese Information, wobei er ausdrücklich allen
anderen dies besonders vermerkte.
Viereinhalb Stunden musste sich Komm.Rat Scheiner als Repräsentant
des Österr. Fremdenverkehrs Obmann Sailer von der Gastarbeitergewerkschaft , Fritz Koppe vom Verein für Konsumenteninformation und auch
ich allerdings nur eine Stunde die dreiteilige Serie des deutschen
Fernsehens über die Familie Semmeling ansehen. Die Story – eine
deutsche Familie, die auch ihren Traumurlaub in Österreich ver-
bringt resp. verbringen will und einen Alptraum-Urlaub dann mit-
macht. De Film ist krass überzeichnet und lässt am österr. Fremden-
verkehr, insbesondere auch an den Kellnern kein gutes Haar. In
der anschliessenden Diskussion wollte dann Swietly einen gewissen
Gegensatz zwischen die Diskutanten bringen. Dies war beim besten
Willen nicht möglich, selbst Koppe musste zugeben, dass so viel
Unzulänglichkeiten in Österreich sicher nicht anzutreffen sind.
Ich habe als Minister für den Fremdenverkehr gegen diese Darstellungs-
weise gewettert, allerdings zugegeben, dass es Unzulänglichkeiten
gibt und geben wird. Um aber dem Gast zu helfen und Unzulänglich-
keiten abzustellen, habe ich die Beschwerdestelle für Reisebürokunden
eingerichtet. Ich kündigte auch an, dass wir eine solche Beschwerde-
stelle, welche sich mit Unzulänglichkeiten in der Hotellerie be-
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schäftigen errichten wollten. Dies ist bis jetzt an den Länder-
einsprüchen gescheitert, die ihre Kompetenz wahrnehmen wollen
und es leider nicht überall und immer machen. Komm.Rat Scheiner
hat mir zugestimmt, dass die Handelskammer gar nichts gegen eine
solche Beschwerdekommission einzuwenden hätte, ganz im Gegenteil
diese unterstützen würde. Ich werde deshalb alles unternehmen,
um spätestens beim Österr. Fremdenverkehrstag in Eisenstadt
dieses Projekt zu verwirklichen.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte entsprechende Briefe an die Länder schrei-
ben mit Hinweis auf diese Fernseh-Serie.
Staatssekr. Beil aus der DDR und seine Begleitung kamen zum
Glück so spät, dass ich sogar noch zur Siegerehrung und
grössten Traber-Ereignis in die Krieau fahren konnte. Frau Horn,
die dort eine bescheidene Rolle spielt, aber immer sehr froh ist,
wenn ich sie unterstütze, aber auch der Generalsekretär dieser
Organisation war sehr froh, dass ich erschienen bin. Angeblich
wollten die ÖVP-ler Taus einladen, die Siegerehrung vorzunehmen.
Den Kranz überreichte der Präsident Mautner Markhof, der glaube ich
schon 52 Jahre dort tätig ist, den Pokal konnte ich dem Fahrer geben.
Bei dem Essen, das ich Beil gab, aber schon bei der Fahrt ins Hotel
erzählte er mir, dass unsere Ziffern nicht den letzten Stand zeigen.
Seiner Information nach, ohne dass er die Transitgeschäfte mit einbe-
zieht, haben mit Stichtag 30.9. für 350 Mark Aufträge und für 240 Mark
bereits beschlossene Lieferungen Ostdeutschland erreicht. Damit würden
wir den Export heuer um 10 % vergrössern können, allerdings auch
den Import aus der DDR um 16 %. Dies ist auch notwendig, denn im
vergangenen Jahr betrug der Export 2 Mia. S während der Import nur
1,2 Mia. S ausmachte. Unser Handelsdelegierter Wratschko ist bei
Beil gut angekommen, sehr zum Unterschied von seinem Vorgänger
Castek. Beil bestätigte mir unter vier Augen, dass er mit ihm sehr
gut zusammenarbeitet, seine Leute oft kommen und sagen, der Öster-
reicher hat schon wieder Wünsche, worauf er seinen Leuten nur
immer wieder sagt, dann schaut, mit ihm klar zu werden. Wratschko
bemüht sich um entsprechende Aufträge, versucht ebenfalls solche
in Österreich unterzubringen. Wratschko hat übrigens mit bestätigt,
dass er sich nicht nur um Exporte Österreichs in die DDR bemüht,
sondern auch überlegt, wie die DDR ihr Handelsbilanzdefizit in
Österreich zumindestens teilweise abdecken kann. Staatssekretär
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Beil ist übrigens fest davon überzeugt, dass der Ausbaus unserer
Beziehungen sich wesentlich verbessern wird, wenn er nicht nur
mit der VÖEST-Alpine, was bereits vor Jahren geschehen ist, sondern
jetzt mit Linz-Chemie in späterer Folge dann mit Semperit und wenn
es nach der DDR geht, noch mit vielen anderen Gross- und Mittelunter-
nehmen Rahmenvereinbarungen abschliesst. Er möchte nicht Jahr für
Jahr immer um Aufträge verhandeln sondern langfristig grössere Auf-
träge vergeben. Uns kann dies nur recht sein.
Tagesprogramm, 10.10.1976