Donnerstag, der 8. Juli 1976

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Donnerstag, 8. Juli 1976

Präsident Skene, Leipnik-Lundenburger, Gasserer, Hohenauer, und der Verbands-
sekretär Dr. Leyerer, ersuchen einen Beobachter bei dem Internationalen Zuk-
kerabkommen, welches jetzt verhandelt wird, als Beobachter eingeschleust zu
werden.

Zuerst versuchten sie ohne Formalität daran teilzunehmen, wurden
aber abgewiesen. Alle anderen Staaten haben dort entsprechende
Vertretungen. Österreich ist bis jetzt nicht vertreten, da erst
im Rahmen der UNCTAD solche Gespräche aufgenommen werden sollen.
Mit Recht sagen sie aber, dass jetzt bereits bei den inoffiziellen
Vorbesprechungen viel entschieden wird. Sie fürchten, da wir jetzt
Zucker exportieren, sie in die Reihen der Entwicklungsländer kommen
die natürlich dann ihr Interesse ausschliesslich vertreten und auf
die österreichische spezifische Situation sicherlich nicht Rücksicht
nehmen. Die nächste Konferenz soll im September in Genf sein. Ich
versprach ihnen alles zu tun, um ihnen irgendeinen Status zu geben,
als Beispiel verwies ich darauf dass auch Interessensvertretungen
von mir bei den Verhandlungen über den EWG Vertrag in die Ver-
handlungskommission eingeschleust wurden.

Die Zuckerindustrie hat von Landwirtschaftsminister Weihs die Zu-
sicherung schriftlich, 55.000 Tonnen Schnitte exportieren zu können.
Auf Grund dieser Zusicherung haben sie für 26.000 Exportverträge ab-
geschlossen. Jetzt sind sie sich vollkommen klar, dass bei dieser
Futtersituation sie nicht 1 kg exportieren werden können. Trotzdem
brauchen sie aber die Lizenz, damit ihre Abnehmer nicht Ersatzein-
deckung vornehmen. Da sie keinerlei Vorbehaltsklausel haben, müssten
sie dann die entsprechenden höheren Preise bei Ersatzdeckung bezahlen.
Die Zuckerindustrie ersucht daher, dass das Landwirtschaftsministerium
ihr jetzt die Lizenz gibt, dann aber im Herbst selbstverständlich die
Ausfuhr verbietet. Dies ist dann force majeure – höhere Gewalt –
und sie werden von der Zahlung und Ersatzlieferung befreit. Ich
spreche mit Landwirtschaftsminister Weihs nachher über dieses Problem
und er ist bereit, auf meine Intervention diesen Vorgang zu akzeptieren.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte kläre im Landwirtschaftsministerium wie
dies abgewickelt wird.



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Die Industrie muss ständig Zuckernachweise von Wirtschaftsprüfer
ausarbeiten lassen, die entsprechend auch dann für die Preis-
kalkulationen vorgelegt werden. Dadurch entsteht der Zuckerindustrie
ein verhältnismässig grosser Aufwand, der letzten Endes bei der
Preisfestsetzung überhaupt niemals eine Rolle spielt. Um diese
Kosten ersparen zu können erkläre ich mit der Arbeiterkammer dies-
bezügliche Gespräche zu führen.

ANMERKUNG FÜR WIESINGER: Bitte auf nächstes Jour fixe setzen.

Der Würfel- und Staubzuckerpreis ist überhaupt nicht mehr kosten-
deckend. Der beste Beweis, wenn eine Zuckerfabrik, die Würfelzucker
nicht erzeugt, es wurden nur mehr zwei verpflichtet diese Zucker-
sorte zu erzeugen, dann muss die Bezugsfabrik der Produktionsfabrik
50 Schilling zuzüglich zum amtlich genehmigten Fabrikabgabepreis
bezahlen, um den Verlust der produzierenden Fabrik nicht noch zu
vergrössern. Die ÖVP hat seinerzeit anstelle des perzentuellen
Erhöhungsantrages für die Spezialzuckersorten einen absoluten
Schillingbetrag als Zuschlag eingeführt. Für mich ist dies vollkommen
klar, weil dadurch die Bauern, die ja vom Normalkristall ihren Rüben-
preis ableiten, einen günstigeren Preis erzielen können. Bei der
nächsten Preisfestsetzung wird man dies besonders berücksichtigen
müssen.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte die Detailunterlagen mit der Arbeiterkammer
besprechen.

Die Zuckerindustrie möchte einen gewissen Reservefond für die
Exportzuckerstützung schaffen. Sie befürchtet dass der Exportpreis
doch unter die 6.20 Schilling, die sie jetzt im Schnitt erreichen
konnten, sinken wird. Derzeit stützt dieser Exportpreis bis zu einem
gewissen Grad den nicht kostendeckenden inländischen Verbraucher-
preis. Der Rübenanteil ist 3.70 Schilling, die variablen Kosten
1.10 Schilling. Für Risiko und sonstiges 20 Groschen, sodass jetzt
ein Exportpreis von ungefähr 5.– Schilling noch einigermassen kosten-
deckend ist. Da wir 6.20 Schilling minus 20 Groschen Fracht, also
ungefähr 6.– Schilling erreichen können, verbleibt 1.– Schilling für
die 171.000 Tonnen, also 170 Mio. Schilling in Summe für die Stützung
der inländischen Zuckermenge. Ich erinnere mich, dass Rauscher sei-


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nerzeit in der Arbeiterkammer für die Buntmetalle Blei und
Kupfer eine, auch vom steuerlichen Standpunkt sehr günstige
Regelung indiziert hatte. Dadurch wurden die Explorationsarbeiten
in Bleiberg und in Mitterberg finanziert. Vielleicht können wir eine
ähnliche Regelung auch bei Zucker, allerdings für einen anderen Zweck
konstruieren.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte mit der Arbeiterkammer besprechen.

Präsident Tillian vom Arbeitsbauernbund legt ein Gutachten von
Prof. Löhr, einem ihm persönlichen Bekannten, der jetzt schon in
Pension ist, vor. Löhr wurde uns seinerzeit, als ich noch in der
Arbeiterkammer war, vor Jahrzehnten, als der Agrarfachmann empfohlen.
Die Berechnungen von dieser Studie sind umfangreich. Beim Milch-
preis kommt er aber zu dem Ergebnis, dass er um 1 Schilling erhöht
werden müsste, um den Arbeitsbauern auch den Arbeiterlohn von 45
Schilling pro Stunde zu sichern. Ich verspreche nur, dass man diese
Studie auch zu den Akten nehmen wird. MR Kurzel hat sich sowieso
beschwert, dass der Arbeitsbauernbund keine Unterlagen geliefert hat.

Die Präsidentenkonferenz hat jetzt für ihren Getreidepreis eine
neuerliche Erhöhung von 29 Groschen auf 43 Groschen angekündigt. Ich
verlange von Kurzel, dass er sich sofort um diese Berechnungen kümmert,
Kurzel ist gar nicht sehr interessiert, sondern meint, das Verfahren sei
sowieso schon abgeschlossen.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte dränge darauf, dass er diese Unterlagen
trotzdem sofort mit Gegenüberstellung, was bisher von der Präsidenten-
konferenz verlangt wurde verlegt.

Mit Dir. Bandhauer, Frank und Burian und Wais bespreche ich den Wunsch
von der stromintensiven Industrie, keinerlei Erhöhungen mehr zu akzep-
tieren. Insbesondere Schützelhofer von der Bleiberger möchte für
Elektrolyse einen einheitlichen Tarifansatz, der selbstverständlich
nur den Ranshofner-Preis, 23 Groschen, beinhalten sollte. Burian er-
wägt noch immer 1.5 Groschen an alle Tarifabnehmer aufzuschlagen,
damit dann die stromintensive Industrie billiger Strom bekommen
kann. Dieser Vorschlag ist meiner Meinung nach unrealistisch, die
Arbeiterkammer wird ihm kaum akzeptieren und auch ich habe eigent-
lich grosse Bedenken dagegen.



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Die Aufsichtsratsreduktion bei den Tauern soll am 23.9. im Auf-
sichtsrat der Tauernkraftwerke zur Sprache kommen. Manche glauben,
dass es möglich sein wird, dass ohne, dass wir eine Hauptversamm-
lung haben, einige auf ihr Mandat verzichten. Diesen Weg halte ich
für wenig aussichtsreich.

Neuerdings kommt die Vorstandfrage der Verbundgesellschaft zur Debatte.
Da die ÖVP einer Nichtverlängerung von Arthold dies als ein Politikum
betrachtet, andererseits zu meiner grössten Überraschung mir mitge-
teilt wird, dass Erbacher nach dieser jetzt laufenden Periode nicht
mehr eine Verlängerung seines Vertrages anstrebt, ergibt sich eine
ganz neue Kombination. Wenn Erbacher dies tatsächlich im Verbundvorstand
einmal erklärt, habe ich die Möglichkeit festzuhalten, dass in Hinkunft
die Verbund nur mehr mit einen Zweier-Vorstand geführt wird. Jetzt
wird Arthold gekündigt und dann lauft der Vertrag von Erbacher aus.
Dies wäre die idealste Lösung, wenn sie gelingt.

SChef Jagoda und Würzl besprechen mit mir die Budget-BÜRGES-Schwierig-
keiten. Unsere Aktionen schlagen so ein und die Anmeldungen werden
immer grösser. Für 1976 kommen wir leicht über die Runden. Durch die
Budgetkürzung 1977 kann es schon Schwierigkeiten geben. Das grösste
Problem ist, dass ich doch nicht zuletzt auf Drängen von Würzl die
Ausdehnung der Komfortzimmeraktion auch für sanitäre Anlagen ange-
kündigt habe. Jetzt meint Würzl könnte er aber nicht mehr die not-
wendigen Mittel dafür bereitstellen. Da ich mich jahrelang gewehrt
habe, jetzt aber dann vor einigen Monaten doch zugestimmt, sehe ich
keine Möglichkeit jetzt mein Wort zurückzunehmen. Wir einigen uns
deshalb, dass ich zum spätest-möglichen Zeitpunkt, nämlich knapp
vor dem Österreichischen Fremdenverkehrstag in Burgenland, die Aktion
aktenmässig genehmigen werde. Die Einreichungen die dann 1976 erfolgen
werden, müssen wir ins Jahr 1977 hinüberziehen. Ausserdem wird die
BÜRGES aufgefordert, alle Sonderaktionen und sonstige Spassetteln
sofort einzustellen. Die Fälle müssen jetzt rigoros geprüft werden,
damit wir ja nicht in die Situation kommen, die BÜRGES sperren zu
müssen, wie dies mein Amtsvorgänger tat. Ich habe bei jeder BÜRGES-
Beiratssitzung immer wieder die Geschäftsführer verantwortlich gemacht,
dass sie alle Vorkehrungen treffen müssen, einen solchen Zustand zu
verhindern.

ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte mache Steyrer ausdrücklich noch einmal auf
meine Erklärungen aufmerksam.



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Die Aussprache mit Kreisky und Schmidt war insofern interessant,
als Schmidt – ein typisch deutscher Bundeskanzler – er heisst nicht
umsonst Schmidt Schnauze – eigentlich viel Selbstkritik und sehr
leger sich gegeben hat. Natürlich betrachtet sich Schmidt unter Freunden
und ist deshalb auch offener. Kreisky meint, die Entspannungspolitik
muss fortgesetzt werden, einerseits mit den Abrüstungsgesprächen
MBFR in Wien, andererseits auf Zusammenarbeitsbasis. Dafür ist
die Energiesituation Europa eine gute Verhandlungsgrundlage. Wir
beziehen jetzt schon aus Polen und der UdSSR entsprechende Energiemengen
und man müsste eine gesamte Europa-Energiepolitik betreiben. Die
Zusammenarbeit kann entweder in der OECD erfolgen, dann sind Kanada
und Amerika sowie Japan dabei, oder in Strassburg, wo nur die
europäischen Staaten anwesend wären. Die Aktion dürfte sich aber
nicht auf die Konsultativversammlung des Europarates beschränken,
sonst gibt es sofort eine Konfrontation mit dieser Organisation.
Schmidt meint, er ist auch dieser Meinung dass die Entspannung
fortgesetzt werden soll, aber wirkt, dass sowohl in der UdSSR
Breschnew, als auch in Amerika, wer immer Präsident wird, die Politik
fortsetzen muss. Er selbst hat bei den MBFR-Gesprächen immer Initia-
tive gezeigt, da er vor 17 Jahren schon im Bundestag wegen der Ab-
rüstung aufgetreten ist. Er hat auch zwei Bücher und mehrere Auf-
sätze darüber geschrieben, die er besonders herausstreicht. Die Handels-
verträge mit den Osten, auch bezüglich der Energiesituation, sind
äusserst wichtig. Die Deutschen haben, wie ich von anderen erfuhr,
bereits 40 Mia. DM Kredite den Osten gegeben. Mit der UdSSR führen
sie seit 2 Jahre Gespräche über Gas, Öl, Kraftwerke aller Art und
Stromlieferungen. Wichtig ist für sie immer wieder der Einschluss
von Berlin. Für die Gipfelgespräche ist er, doch nicht im Rahmen
der OECD, sondern doch in Strassburg. Kreisky kommt dann auf das
Gespräch der europäischen Integrationsverdichtung. Österreich und
die Schweiz mit immerwährenden Neutralität haben keine Möglichkeit
eines Beitrittes. Schweden, welches ja nur die Bündnisfreiheit
neutralitätsmässig garantiert, hat ja eine andere Stellungnahme.
Im europäischen Vertrag ist eine Evolutionsklausel mit uns und diese
sollte deshalb so bald als möglich in Wirksamkeit treten. Die EFTA-Staaten
werden von uns informiert, wenn es geht wäre es gut, dass die EFTA
überhaupt zu einer entsprechenden Verhandlung mit der EG sich auf-
rafft, wenn auch – dies ergibt der-EFTA Vertrag – automatisch jedes
Land einzeln verhandeln muss. Wenn aber die EFTA Staaten dies nicht
anstreben oder erreichen, Österreich wird es dann bilateral versuchen.



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Bei den jetzigen Besuch in Frankreich hat Kreisky feststellen
müssen, dass die Franzosen glauben, wir sind in einer totalen Abhängig-
keit von Deutschland. Er hat aber ihnen auseinandergesetzt, dass wir
sehr gute Beziehungen, aber absolut selbstständige Beziehungen mit
Deutschland nur haben und keinerlei Abhängigkeit existiert. Er
dankt auch noch ganz besonders Ertl für die Unterstützung bei öster-
reichischen Agrarwünschen in der EG. Schmidt ist ebenfalls für eine
Verengung, obwohl jetzt ein immerwährender Streit – wie er sich aus-
drückt – in der EG existiert. Dies gilt insbesondere für den Agrar-
sektor, wo Protektionismus und Dirigismus immer ärger werden. Bei
der Landwirtschaft, wenn er Inventur macht, muss er feststellen, dass
das System erstens zu teuer, zweitens jeder Strukturänderung feindlich
gegenübersteht und drittens Handels- und politische Hemmnisse errichtet.
Kreisky kommt dann auf den Rhein-Main Donaukanal zu sprechen und
meint, Österreich sei an der Fertigstellung irrsinnig interessiert.
Er hätte diesbezüglich auch mit Goppel, dem bayrischen Ministerpräsi-
denten, fast konspiriert. Schmidt wirft sofort ein, wieviel Geld
wird Goppel leisten. Dann aber meint er ernst, 75 420 Mio, 76 101 Mio
77 140 Mio, 78 156 Mio Dm aufwenden. 1985 wird der Kanal fertig.
Schon jetzt werden 30% aller Wasserstrassenaufwände für den Rhein-Main
Donaukanal aufgebracht. Die Deutschen stehen aber ganz klar auf dem
Standpunkt, dass es sich hier nicht um eine internationale Wasser-
strasse handeln kann und wird. Die Kultur kommt zur-Sprache und
Schmidt bewundert uns, dass wir keinen Numerus clausus haben auf den
Hochschulen, den er ebenfalls als Unsinn bezeichnet, in Deutschland
zum Verschwinden bringen wird. Er meint, da sei nur die Bürokratie
daran interessiert, um selektiv sich Arbeit zu verschaffen. Die
Länder aber in Deutschland müssten aber zustimmen und Firnberg meint,
es gibt auch Schwierigkeiten mit der Anerkennung der Reifezeugnisse
und sonstiger Prüfungen. Sie wird sich mit der Kultusministerkonferenz
ins Einvernehmen setzen. Schmidt meint, das sei ein polnischer Reichstag,
dort herrschten die Kulturbürokraten, die überhaupt nicht bereit
seien irgendwelche flexible Beschlüsse zu fassen. Wenn sie Schwierig-
keiten hat, soll man ihn verständigen und er wird dann mit der Minister-
präsidentenkonferenz über diese Probleme verhandeln. Kreisky kommt
auf das UNO-Center zu sprechen und meint, hier handelt es sich nicht
um eine Fremdenverkehrsattraktion und Fremdenverkehrsgründe seien
deshalb ausschlaggebend gewesen, sondern dies ist ein Teil der Sicher-
heitspolitik Österreichs. Die Investitionen kosten 20 Mia. Schilling
Da die Sitzung vertraulich ist, meint er die Schweiz nehme eine un-
verständliche Haltung ein, damit jetzt UNO-Einheiten nach Wien verlegt


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werden. In Genf seien 15.000 Beamte und jetzt gibt es Schwierigkeiten
die 4.500 Zimmer zu belegen. Schmidt hat in einem Briefwechsel im
Oktober 74 bereits grundsätzlich die Unterstützung zugesagt und wird
sich bei der nächsten UNO-Vollversammlung dafür wieder einsetzen.
Die UNO schafft ständig neue Organisationen und er ist überzeugt,
dass dies möglich sein müsste, auch Wien als deutschsprachiges Zentrum
zu belegen. Ein anglophones Amerika, ein frankophones Genf gibt
es ja schon. Kreisky verweist auf den Fremdenverkehr, wo von 10 Mio
Gäste, die bei uns wohnen, fast 7 Mio. von Deutschland sind. 80% der
Übernachtungen sind Deutsche. Schmidt meint, wie sich die benehmen –
und ich kann ihm sagen – ganz gut. In der Rezession wird diskutiert
hat der Fremdenverkehr nicht gelitten. Bei Deutschland muss man fest-
stellen, sogar im Gegenteil, es sind alle zu uns gekommen. Schmidt ver-
weist darauf, dass jetzt bei Salzgitter, einem verstaatlichten Be-
trieb, ein VÖEST-Vorstandsmitglied in den Aufsichtsrat genommen wurde.
Der deutsche Botschafter macht die Bemerkung, dies wäre in der
österreichischen Elektrizitätswirtschaft auch zweckmässig. Ich ver-
weise sofort, dass in den bayrischen-österreichischen Kraftwerken
und in den Inn-Kraftwerken sowieso Parität herrscht. Der Botschafter
sagte mir nachher er hätte eigentlich die Illwerke gemeint. Selbst-
verständlich bin ich auf diese Idee überhaupt gar nicht eingegangen,
ja nicht einmal daraufgekommen. Meine Erklärung war ihm gegenüber
sofort, dass wir jetzt in allen Aufsichtsräten die Reduzierung
der Sitze vornehmen, weshalb eine solche Idee wirklich nicht er-
wogen werden kann.

ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte versuche herauszubringen, wer eigentlich im
Salzgitter Aufsichtsrat sitzt.

Kreisky kommt auf das Kreuznacher-Abkommen zu sprechen und meint, es
wäre eine abschliessende Hilfe für in Not geratene Österreicher
notwendig und im Nationalrat wird ein diesbezügliches Problem
jetzt beraten. Schmidt erklärt ordnungshalber, weil Kreisky ebenfalls
die Bemerkung machte, dies möchte er nur ordnungshalber mitteilen,
dass keine Möglichkeit besteht. Sie hätten bei den jüdischen Ab-
schlussverhandlungen eine Art Abschlusszahlung machen wollen, doch
hätte die deutsche Opposition dann sofort im Bundesrat für die Flücht-
linge, für die § 131, für die Heimkehrer, ja sogar für alte Nazis
entsprechende Entschädigungen ebenfalls verlangt. Schmidt kommt auch
dann noch auf die Terrorismusbekämpfung zu sprechen und meint, dass


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die österreichisch-deutschen Sicherheitsorgane ganz gut zusammen-
arbeiten. In der UNO sollte nicht eine nichtssagende Entschliessung
beschlossen werden, sondern man soll die Probleme ernstlich disku-
tieren. Deutschland hat von Israel über die Aktion nichts gewusst.
Die Deutschen hatten aber bereits bevor die Israelis diese Aktion
starten, mit den Franzosen gemeinsam den Botschaftersprecher in
Kampala darauf aufmerksam gemacht, dass eine Entlassung der Geiseln
nicht von einer Entlassung der Terroristen in Deutschland abhängig
gemacht werden dürfe. Die Deutschen haben seit der Botschaftsbesetzung
in Stockholm schon gezeigt, dass sie gegenüber Terror eine neue Haltung
einnehmen werden. Kreisky meinte, jeder Terrorfall muss sui generis
betrachtet werden. Bei den OPEC-Fall waren wir unter dem Druck der
OPEC-Staaten, die ihre Minister unter allen Umständen herausholen
wollten. Als sich die Regierung einschaltete, hat es bereits die
drei Toten gegeben. Kreisky verstand es treffend, den OPEC-Fall als
ganz einen anderen Terrorfall darzustellen als alle anderen bisher.
Schmidt meinte, die deutsche Regierung sei eben jetzt nicht so unter
Druck gestanden als die österreichische Regierung damals bei den
OPEC Überfall in Wien. Notwendig erscheint ihm, dass die Transit-
passagiere in Hinkunft besser kontrolliert werden, als dies der-
zeit der Fall ist. Schmidt fragte nach, ob es bei uns jetzt ebenfalls
im Gefolge solcher Aktionen immer wieder eine Todesstrafe-Diskussion
in der Öffentlichkeit gibt. Kreisky antwortete mit ja, was mir aller-
dings komisch vorkommt, denn jetzt ist mir zumindestens nichts aufge-
fallen. Kreisky verwies allerdings dann auch gleichzeitig, dass
Linke bei uns, wenn sie sich besonders gegen Todesstrafe aussprechen,
dann von ihm auf die Basis verwiesen werden, dort nämlich verlangt
man immer im Gefolge von solchen Terroranschlägen sofort entsprechende
Todesstrafen. Zum Schluss kam man überein, dass beim Abendessen
frei geredet wird, damit es kürzer ist. Die Abendansprachen waren
aber dann von Kreisky verhältnismässig sehr geschickt und humorvoll,
von Schmidt aber dann sehr lang und an unserem Tisch sagte man, er
hat meditiert. Für mich ergibt sich nur eine einzige Frage. Schmidt
regiert natürlich und ist fest davon überzeugt, zumindestens war dies
sein äusserer Eindruck, dass er auch im Herbst noch deutscher Bundes-
kanzler ist. Ich selbst habe mir nicht verkneifen können bei Gesprächen
unter uns, d.h. nur wo Österreicher waren – und das nur im kleinsten
Kreis mit Firnberg, Androsch usw. – zu bezweifeln. Ich fürchte nach wie
vor, dass zwar die CDU, CSU nicht die absolute Mehrheit machen wird,
aber die FDP, wenn es dann nur ganz wenige Abgeordnete braucht, um
eventuell mit der CDU die Regierung stellen zu können, sich dann auf-


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spaltet. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dann ein oder zwei
Abgeordnete ganz einfach von der CDU gekapert oder gewonnen werden
und dann doch im Herbst ein Anderer Bundeskanzler wird als Schmidt.

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Tagesprogramm, 8.7.1976


GND ID: 1017902909


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: BRD-LWM


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: Leiter Sekt. III HM


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: BK BRD, SPD


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: MR, Büro des Bundesministers


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: ehem. Sts. (SPÖ), Leiter Öst. Gesellsch.- u. Wirtsch.museum bis 1972


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: Obmann öst. Zuckerverband


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: GF Evidenzbüro öst. Zuckerfabriken


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: Büro des Bundesministers (Sekretärin)


                  Einträge mit Erwähnung:


                    Einträge mit Erwähnung:
                      Tätigkeit: Präs. SPÖ-Arbeitsbauernbund


                      Einträge mit Erwähnung:
                        Tätigkeit: Landwirtschaftsminister bis 1976
                        GND ID: 130620351


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Dir. BBU


                          Einträge mit Erwähnung:
                            Tätigkeit: Chef Energiesektion


                            Einträge mit Erwähnung:
                              Tätigkeit: MR, Leiter Gruppe FV u. Gewerbeförd. HM


                              Einträge mit Erwähnung:
                                Tätigkeit: Kabinett Staribacher


                                Einträge mit Erwähnung:
                                  Tätigkeit: GD Verbund


                                  Einträge mit Erwähnung:
                                    Tätigkeit: GD Verbund


                                    Einträge mit Erwähnung:
                                      Tätigkeit: Bundeskanzler
                                      GND ID: 118566512


                                      Einträge mit Erwähnung:
                                        Tätigkeit: MR HM


                                        Einträge mit Erwähnung:
                                          Tätigkeit: bayr. Min.präs. bis 1978


                                          Einträge mit Erwähnung:
                                            Tätigkeit: Finanzminister
                                            GND ID: 118503049


                                            Einträge mit Erwähnung:
                                              Tätigkeit: GF BÜRGES, SPÖ


                                              Einträge mit Erwähnung:
                                                Tätigkeit: stv. GD Verbund


                                                Einträge mit Erwähnung:
                                                  Tätigkeit: Wissenschaftsministerin
                                                  GND ID: 11869104X


                                                  Einträge mit Erwähnung: