Freitag, 2. Juli 1976
Auf der Fahrt nach Vorarlberg besprach ich mit Frank die Probleme
im Verbundkonzern. Da ich bis jetzt scheinbar sinnlos ungeheuer viel
Zeit aufgewendet habe um die verschiedensten differenten Auffassungen
zu koordinieren werde ich in Hinkunft viel stärker als bisher Frank
einschalten. Ich selbst soll nur mit den letzten Entscheidungen be-
lastet werden, wenn es keine einvernehmliche Lösung in unserer
Fraktion gibt, Die Verhandlungen wird Frank in Hinkunft führen,
wobei Wais versuchen wird ständig auch am Laufenden zu bleiben, d.h.
dabei zu sein und gegebenenfalls kalmierend zu wirken.
Ich berichtete Frank über die Absicht des Finanzministers, dass
Elektrizitätsförderungsgesetz nicht nur nicht auf die Wärmekupplung
d.h . Umweltschutzlösungen durch Abfallverwertung auszudehnen, sondern
im Gegenteil aus budgetären Gründen das Elektrizitätsförderungsgesetz
aufzuheben. Im Zuge der Reorganisation der Kernkraftwerke wurde von
uns festgestellt, dass das Elektrizitätsförderungsgesetz in der jetzige
Fassung unzulänglich ist. Mir erscheint deshalb eine Novelle auf
alle Fälle zielführend. Frank hat ebenfalls die Meinung, man müsse das
ganze Problem neuerdings durchdenken. Ich ersuchte ihm mit Twaroch,
der vom Finanzminister beauftragt wurde die diesbezüglichen Verhand-
lungen auf Beamtenebene zu beginnen.
Zur Auslastung der Bauindustrie müsste der Speicherbau vom Ziller-
gründl in Angriff genommen werden. Osttirol kommt erst wesentlich
später dran. Dr. Fenz von Donaukraftwerken der ebenfalls im Zug
mitfuhr, erzählte mir, dass er jetzt ersucht wurde, im Prüfungs-
ausschuss Osttirol zu untersuchen. Er selbst hat seinerzeit das Projekt
Dorfer-Speicher endgültig ausgearbeitet und durchgesetzt. Ursprüng-
lich war beabsichtigt einige Speicher in Osttirol zu errichten. Dies
ist aber wesentlich teurer und nicht energiewirtschaftlich so
interessant wie das von Fenz erarbeitete Projekt.
ANMERKUNG FÜR WAIS UND WANKE: Die Elektrizitätswirtschaft und Bau-
wirtschaft muss besser abgestimmt werden.
Der Fragenkatalog wegen der Atomenergieaufklärung ist wesentlich
anders, als dies in der Bundesrepublik durchgeführt wurde. Frank
meint mit Recht, es sollte nicht eine Diskussion von Kreti und Pleti
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und von den Uranfängen der Welt bis zum Ende mit Atomenergie gehen,
sondern vereinzelt von kleinen Gruppen Spezialfragen diskutiert werden.
Dadurch wird zweifelsohne die Diskussion sehr sachlich und prägnant
geführt werden können. Ich bin aber überzeugt, dass Kreisky letzten
Endes dann mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden sein wird.
Kreisky schlägt sicherlich eine allumfassende showmässig aufgezogene
riesige Diskussion vor. Die ganze Aktion wird nur viel Geld kosten
und natürlich kaum irgendwelche neue Erkenntnisse bringen. Ich bin
sehr froh, dass ich damit nichts zu tun habe.
Nach der offiziellen Eröffnung von Rodund II habe ich zuerst mit
unserer Fraktion in Vorarlberg, Heinz, Winder, Bürgermeister von
Bludenz und einigen Landtagsabgeordneten und natürlich dem Dr. Peter
von den Illwerken eine Aussprache über unsere weitere Vorgangsweise.
Die Genossen haben vollstes Vertrauen zu meinem Verhandlungsgeschick
und wir haben dann Frank, Bandhauer und ich, mit Kessler, Mandl und
Rümmele die Gespräche geführt. Rümmele ersuchte, ich sollte bei
Semperit intervenieren, damit nicht Alemannia in Höchst eine Teil-
produktion von Schuhsohlen usw. mit März nächsten Jahres eingestellt
wird.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte mit Gewerkschaft vorfühlen, was hier ge-
schieht.
Über die Auslegung des Vertrages Abtretung der Illwerke-Aktien
an das Land, gibt es jetzt einen offenen Punkt. Mandl berechnet
die Genussrechtsanteile wesentlich anders, als Bandhauer von der
Verbund. Die Differenzen sind beträchtlich. Nach Meinung von
Mandl ist allerdings die Regelung im Kapitalberichtigungsgesetz
§ 13 Abs. 6, eindeutig definiert.Bandhauer und Mandl werden es unter-
suchen und entsprechende Vorschläge unterbreiten.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte Burian unterrichten und seine Meinung ein-
holen.
Bezüglich der Zusammensetzung des Illwerke-Aufsichtsrates, derzeit
8 ÖVP-ler, 7 SPÖ-ler, dazu kämen 6 Arbeitnehmervertreter, wo nur
einer den Sozialisten und einer den Freiheitlichen angehört, schlug ich
6 Sozialisten und 5 ÖVP-ler plus der 6 Arbeitnehmer dann vor. Die
6 wären die Mehrheitsaktien-Vertreter, die 5 gleichzeitig die Minderheits-
aktien-Vertreter, wobei 4 dem Land zustehen und 1 der FIN-Elektra.
Dieses 6:5-Verhältnis streben wir bei allen Sondergesellschaften
an und ich erklärte, dass Präsident Weiss mit Frank über diesen
Schlüssel verhandelt hat. Weiss hat noch nicht zugestimmt, sieht
aber ein, dass ein so ein Mehrheitsverhältnis berechtigt ist und
erwartet, dass wir es in den Hauptversammlungen vorschlagen und die
ÖVP maximal nichts dagegen einwendet, keinesfalls aber zustimmt.
Kessler wollte dann noch wissen, wie sich das Präsidium zusammen-
setzt und ich erklärte ein Mehrheitsvertreter, d.h. der Bund, ein
Vertreter des Landes und ein Vertreter der Arbeitnehmer wird von
den Betriebsräten verlangt. Ich werde mich gegen eine solche Forderung
nicht querlegen. In Vorarlberg war ich nämlich deshalb vorsichtig.
weil der Arbeitnehmervertreter ja auf alle Fälle ein ÖAAB-ler ist.
Ich werde mich daher nicht präjudizieren oder gar erklären, dass
dies eine Forderung ist, die ich auch in allen anderen Gesellschaften
sehr wohl unterstütze. Aus prinzipiellen Gründen kann ich deshalb kaum
in Vorarlberg dagegen sein. Kessler fragte dann noch, wer Vorsitzender
des Aufsichtsrates wird und ich schmeichelte ihm und meinte, er hätte
diese Aufgabe sehr gut erfüllt und ich sehe gar keinen Grund, ihm
nicht mehr zu bestellen. Mandl meinte dann, laut Vertrag steht dem Land
eine Virilstimme und gleichzeitig auch noch ein Vorschlagsrecht für
eine zweite Aufsichtsratsstimme zu. Dies müsse man auch berücksichtigen.
Sofort reagierte ich und meinte, die seien ja bereits in den vier,
die das Land zu delegieren hat beinhaltet. Solche radikalen Auslegungen
auf ihrer Seite steht sonst an unserer Seite die radikale Lösung
gegenüber, dass man eben nur die laut Vertrag festgelegten Stimmen
dem Land geben könnte. Ich persönlich lege aber grossen Wert auf eine
einvernehmliche Lösung, weshalb ich glaube die beste Lösung sei
6, 5, 6 und der Landeshauptmann hat den Vorsitz.
Ich fragte Kessler dann wie die Landesregierung über die weitere
Bestellung von Generaldirektor Berchtold denkt. Sein Vertrag läuft
mit 31.7.77 ab, wenn er nicht bis zum 30.9. gekündigt ist, verlängert
er sich automatisch auf 2 Jahre. Mandl meinte laut Aktienrecht kann
er nicht über 5 Jahre automatisch verlängert werden. Ich machte
Mandl sofort darauf aufmerksam, dass dann er wohl nicht mehr Gene-
raldirektor automatisch ist, wohl aber automatisch seine Bezüge
für die nächsten 2 Jahre gesichert hat. Dies will auch nicht die
Landesregierung und die ÖVP, weshalb sie vorschlug eine entsprechende
Lösung mit Berchtold zu besprechen, der bereits zu erkennen gegeben
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hat, dass er die Doppelfunktion, Generaldirektor bei den Ill-
werken und Generaldirektor bei den Vorarlberger Kraftwerken nicht
mehr im nächsten Jahr wird anstreben. Ich unterstrich, dass ich eine
einvernehmliche Lösung zwischen Berchtold, Land und Bund, sehr gerne
sehen würde.
Eine Diskussion mit NR Blenk von der ÖVP, einen freiheitlichen
Stadtrat, weil Stix nicht kam, beim Gewerbeverein von Lustenau, einer
angeblich unpolitischen Vereinigung, gab mir die Möglichkeit die
Regierungspolitik vor ca. 40 Leute zu vertreten. Es war irrsinnig
heiss und die Vorarlberger diskutierten mit alemannischer Ruhe
und Ausdauer. Ihre Hauptwünsche richteten sich primär an Androsch
wegen steuerlichen Erleichterungen. Hier bewährt sich mein seit 70
gehandhabtes Prinzip. Für Steuern erkläre ich immer, bin ich nicht
zuständig und die Regierung hat eine strenge Kompetenzteilung. Na-
türlich verteidige ich im prinzipiellen auch unsere Steuer-, Fiskal-
und Budgetpolitik. Wenn es dann aber zu konkreten Forderungen kommt,
kann ich glaube ich mit ruhigem Gewissen auf unsere Arbeitsweise
verweisen. Ob ich jemand überzeugt habe, kann ich natürlich kaum
feststellen, doch ist in Vorarlberg entscheidend, dass man sich immer
wieder der Bevölkerung stellt. In Inner-Österreich ist dies sicher
ein bisschen anders. Ich bin aber sehr interessiert, wenn ich schon
nach Vorarlberg oder ein anderes Bundesland komme, dass ich nicht
nur mit unseren Genossen Diskussionen und Informationen durchführe.
Extra aber in ein Bundesland zu fahren ist nach wie vor Wahnsinn.
Sikolor-TextildruckSchellner war begeistert, dass ich seinen
Betrieb besuchte, weil er als Wiener in Vorarlberg grosse Schwierig-
keiten hat. Jetzt aber hat er sich durchgesetzt und mit seiner
Methode glaubt er, dass früher oder später dieses Verfahren wird
viele Textildruck-Fabriken härteste Konkurrenz machen. Um mir
seine Produktion zu zeigen, er hat einen Kalander und eine Druck-
maschine, hat er seine Belegschaft bis fast 11 Uhr arbeiten lassen.
So Kleinbetriebe rechnen es ungeheuer hoch an, wenn ein Minister sie
besuchen kommt.
Tagesprogramm, 2.7.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)