Freitag, 14. Mai 1976
Im Parlament wurde, nachdem sich die Sozialpartner über die
Marktordnung und das Preisgesetz geeinigt hatten, der Unteraus-
schuss des Handelsausschusses zu einer Sitzung eingeladen.
Dr. Wais hatte mich vom Flugplatz abgeholt und mir alle Details
erörtert, was mit dem Rohstofflenkungs- und Lastverteiler-
gesetz geschehen wird.
Das Energiesicherungsgesetz, soweit es die Lagerung und die
Meldung betrifft, wurde einstimmig angenommen..
---
Bezüglich der Rohstofflenkung und der Energielenkung hatte mir Benya
mir den Vorwurf gemacht, dass ich sie, d.h. die Verhandlungsdele-
gation der Sozialpartner nicht informiert habe, als sie über Preis-
regelung und Marktordnung verhandelten. Ich bin zwar fest überzeugt,
dass sie kaum eine Chance gehabt hätten, Rohstofflenkung und Energie-
lenkung in den Verhandlungen als Paketlösung auch noch unterzubringen.
Doch ist der Vorwurf, wie ich jetzt feststellen muss, leider berechtigt.
Der Rohstofflenkung, die jetzt auf Grund der Vorschläge der Wirtsch.
Landesverteidigung viele neue Rohstoffe aufgenommen werden. Theoretisch
bin ich ja daran interessiert, in der Praxis bin ich mir klar, dass
wir sie gar nicht administrieren könnten. Wenn daher die ÖVP die
Ausweitung ablehnt, so kann es mir nur recht sein. Ich habe diesen
Standpunkt auch der Fraktion mitgeteilt. Der Energielenkung muss die
ÖVP ein gewisses Zugeständnis machen, weil wir auf Grund des Internat.
Energieagenturvertrages gewisse Lenkungsmassnahmen brauchen. Wahr-
scheinlich wird sie dies aber in den Lastverteilergesetz einbauen.
Hier gibt die Haltung der ÖVP mir die Möglichkeit, früher oder
später darauf hinzuweisen, dass ich eine allumfassende Energielenkung
verlangt habe, die sie allerdings abgelehnt hat. Auf die Dauer muss
ich mir aber trotzdem überlegen, ob es tatsächlich zweckmässig ist,
immer wieder allumfassende Vorschläge zu machen, die man dann letzten
Endes ja doch nicht gegen die ÖVP durchsetzt. Alibihandlungen, die
ich jetzt erreichte, sei es beim allumfassenden Preisgesetz, beim
Energielenkungsgesetz und auch beim Rohstofflenkungsgesetz, müssen
einmal aufhören. Was in der Politik zählt, ist nur der Erfolg. Lieber
einen kleinen Erfolg, wie jetzt bei der Energielagerung als grosses
Ergebnis hinstellen, das man erreicht hat, als ständig zu sagen, das
hätte ich noch gebraucht und jenes hätte ich noch gebraucht usw.
Beim Jour fixe mit der Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund setzte
ich den Genossen, die diesmal vollzählig erschienen sind, diesen
Standpunkt insoferne auseinander, als ich ihnen dezidiert erklärte,
die Rohstofflenkung mangels eines behördlichen Apparates im Handels-
ministerium kaum durchführen zu können. Mein Vorschlag geht dahin, die
Militärs heranzuziehen. Lütgendorf hat in seinen Verwaltungsakademien
und vor allem in seinem grossen Reservoir von Intendantur usw.
eher die Möglichkeit die Rohstofflenkung durchzuführen. Bei der Ben-
zinverteilung ist es gelungen das Verkehrsministerium einzuschalten.
Dieses hat sich sogar um die Materie gerissen. Sie haben je keine
Ahnung was ihnen da ins Haus steht. Wenn es nicht gelingt das Militär
für die Rohstofflenkung heranzuziehen, dann bleiben uns nur noch die
Länder. Kompetenzmässig kann man ohne weiteres sie beauftragen, sie
Rohstofflenkung in ihrem Bericht durchzuführen. Es müsste doch auch
gelingen, die Kompetenzklarstellung dahingehend zu treffen, dass
einige Länder behaupten, dies sei ihre Aufgabe, worauf ich mich dann
sofort dazu entschliessen würde, es ihnen tatsächlich zu übertragen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Vielleicht gelingt Dir dasselbe bei Rohstoffen
wie es beim Benzin geglückt ist.
Betreffend des neuen preisgesetzlichen Paragraph über Weitergabe
von Rohstoffen erklärte ich den Genossen beim Jour fixe dezidiert,
dass es praktisch schwer möglich sein wird, einige typische Fälle
auch als Musterbeispiel durchzuziehen. S.Chef Jagoda hat, wie er mir
mitteilte, eine grosse Angst, dass er innerhalb 3 Monaten einen
einwandfrei, auch vom Verwaltungsgerichtshof dann haltbaren Bescheid
erlassen kann. Das Gesetz schreibt uns aber diese Befristung vor.
Die Wirtschaftsgesetze werden 2 Jahre verlängert, dies geht auf einen
Wunsch Kreiskys zurück. Benya wäre bereit gewesen, sogar bis 4 Jahre
die neuen Marktordnungen in Kraft zu lassen. Kreisky hat meiner Meinung
nach aber vollkommen zurecht erkannt, dass er in 2 Jahren wieder die
Möglichkeit hat, dann entsprechende Änderungen vorzuschlagen. Für
die Handelskammer wird diese Lösung mit der Zeit unerträglich, weil
sie alle 2 Jahre irgendwelche Zugeständnisse machen muss. In 2 Jahre
siegt, wie man so schön sagt die Vernunft, und die Handelskammer hat
wieder ein Stück ihrer Ideologie oder ihrer wirtschaftspolitischen
Konzeption aufgeben müssen um die Landwirtschaft befriedigen zu
können.
Tagesprogramm, 14.5.1976