Dienstag, 13. April 1976
NR Hellwagner ersucht mich für das Stift Reichersberg, Abt Millacher
hat ihn darum ersucht, bei Gen.Direktor Diwald der RAG zu intervenie-
ren, damit diese Ölbohrgesellschaft eine Sonde nach Heilwasser
bei ihnen bohrt. Diwald verspricht mir, sich mit Millacher ins
Einvernehmen zu setzen. Er hat zwar einen Abt Rentmeister bereits
vor Monaten auf meine Intervention informiert, dass momentan eine
Bohrung nicht in Frage kommt. Die Oberste Bergbehörde verbietet
ihnen eine solche, weil das Bohrgerät dringend für Öl- und Gas-
suche benötigt wird. Ich erkläre Diwald, dass wenn er im Bohrprogramm
eine Möglichkeit sieht, ich auf alle Fälle als Oberster Bergherr
diese Wasserbohrung tolerieren würde. Leider muss er 2.000 m bohren
und die Kosten sind 6–8 Mill. S. Das Stift dürfte sich darüber
nicht ganz klar sein ! Bei dieser Gelegenheit sagt er mir,
dass Min.Rat Mayer sein Ansuchen um Verlängerung der Bohrkonzession
für Wels und Rettenbach, die im Juli 1980 auslauft, noch immer
nicht positiv reagiert hat.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Lass Dir bitte berichten.
Botschafter Enderl aus London berichtet mir allerdings nur bekannte
Tatsachen von der Insel. Grossbritannien ist nach seiner Auffassung
nicht verloren, ich glaube eine solche Behauptung kann wirklich
nur jemand aufstellen, der Geschichte und ganz besonders nicht
die der britischen Insel kennt, dass die Gewerkschaften zersplittert
sind in 126 Organisationen und man drüber unsere Sozial- und Wirt-
schaftspartnerschaft bewundert, war mir auch nichts Neues. Auch hier
muss man die Tradition und vor allem einmal die Geschichte und die
Mentalität der Briten genau kennen. Dass die Regierung sich nicht von
Europa wegwenden will, andererseits eine doch noch einigermassen
unabhängige Politik versucht, ist vielleicht das Dilemma. Jenkins
meint er, der extremste Europa-Vertreter, wird wahrscheinlich, wenn
er als Präsident zur Europäischen Gemeinschaft gerufen wird, diese
Berufung annehmen. Die Konservativen unter der neuen Führung
von Frau Thatcher hat seiner Meinung weder ein Programm, noch haben
sie Chancen, bei den Wahlen wirklich zu gewinnen. Eine Wahlreform,
wie man seinerzeit in Anlehnung an das europäische Verhältniswahl-
recht, wird jetzt weniger verlangt, besprochen und diskutiert.
Die am meisten davon Benachteiligten sind die Liberalen.
Turnauer berichtet mir über sein Sulfatzellstoff-Projekt. Seiner
Meinung nach müsste es zu diesem Projekt unter allen Umständen
kommen, weil wir erstens Sulfatzellstoff brauchen, zweitens er
die notwendigen Holzmengen in Niederösterreich ohne weiteres aufbringen
könnte und er selbst zugibt, dass seine Sulfitzellstoff-Produktion –
wie er sich ausdrückt – man bald vergessen kann. Total veraltet
und zu klein. Das Projekt, erkläre ich ihm, verteuert sich aller-
dings von Monat zu Mont, von 1,6 Mia. S ist man jetzt schon auf
2 bis wahrscheinlich aber 2,4 Mia. S gelandet-. Wenn man will,
eine 50 %-ige Verteuerung innerhalb der paar Jahre, was es diskutiert
wird. Turnauer sagt zwar, er sei sich mit Borregaard jetzt wegen
der kapitalmässigen Beteiligung einig, kann mir aber selbst in groben
Zügen keine endgültige neue Finanzierung mitteilen. Noch immer
gilt 500 Mill. S Eigenkapital von Turnauer und den Borregaard-Leuten
aufgebracht, 300 Mill. Waldbesitz, der Rest durch Kredite der Banken
und durch irgendwelche öffentlichen Fonds.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Haffner soll jetzt endlich versuchen, eine
Stellungnahme aller Beteiligten zur Finanzierung zu bekommen.
Gen.Dir. Rabus von Steyr-Daimler-Puch ruft verzweifelt an, dass jetzt
10 Traktoren von Polen Type Ursus gekommen sind. Der Importeur und
Händler Moser verweist in einem Rundschreiben, dass jederzeit jede
Menge lieferbar sei. Meisl teilt mir mit, dass vor längerer Zeit
10 Traktoren genehmigt wurden, dass jetzt aber 10 Traktoren bereits
abgelehnt worden sind. Die Polen versuchen hier Fuss zu fassen und
liefern die Traktoren um 30–50 % billiger. Ich hatte seinerzeit
den Steyr-Daimler-Puch-Leute empfohlen, sie sollten sich mit den
Polen arrangieren, denn wenn sie jetzt mit Polmot ein so grosses
Lieferprogramm abwickeln, müsste es doch möglich sein, die Traktoren-
Frage mit den polnischen Stellen zu besprechen. Natürlich müssen die
Polen ja früher oder später die Milliarden-Kredite zurückzahlen und
versuchen deshalb, jedweden Export ihrer Produkte in Österreich, wenn
Steyr-Daimler-Puch geschickt ist, nimmt sie die Generalvertretung
von Ursus-Traktoren und versucht irgendein Arrangement. Ansonsten werden
die Polen auf alle Fälle versuchen, hier in Österreich mit ihren Waren
Fuss zu fassen.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Lass Dir bitte genau über die Entwicklung berichten.
Waagner-Biro – Dir. Böhm – beschwert sich, dass Leykam nicht den
Laugeverdampfer mit 50 Mill. S Wert ungefähr bei ihnen bestellt hat.
Ich setze ihnen auseinander, dass ich mit Gen.Dir. Spiegelfeld
darüber eine Aussprache gehabt habe und dieser mir nachgewiesen hat,
dass in seinem Verfahren die amerikanische Lizenz, welche Waagner-
Biro produziert und vertritt, nicht zweckmässig ist. Die Eindickung
erfolgt nur bis 50 % und er braucht eine 57 %-ige Eindickung. Wenn
Spiegelfeld dazu gezwungen wäre, müsste er ein ungeheures Risiko
eingehen. Im Rahmen dieses Milliardenprojektes könnte dann durch den
Ausfall der Lauge-Eindickung die ganze Produktion gefährdet sein.
Ähnlich, sagt Spiegelfeld, und das erkläre ich den Waagner-Biro-Leuten,
ergehe es Steyrermühl mit dem Kopplendverfahren und der einen Ma-
schinen von der VÖEST. Dort wird jetzt seit Monaten herumexperimentiert
und die VÖEST hat grosse Aufwendungen und einen schlechten Ruf auf
diesem Gebiet sich mit dieser Durchführung und dem Anbot eingewirt-
schaftet. Waagner-Biro gibt zu, dass durch meine Intervention
sie sofort den Kessel bekommen haben und dass ich mich sehr wohl für
ihre Firma ja überhaupt für die gesamte Wirtschaft, wie der General-
direktor Böhm sich ausdrückte, einsetze. In diesem Fall muss er zugeben,
wäre das Risiko zwar wie er behauptet nicht goss, ich aber werde
keinesfalls und kann es auch gar nicht, auf Leykam hier noch einen
stärkeren Druck, um österr. Waren zu kaufen, ausüben. Leykam selbst
versicherte mir ja, dass auch das nordische Lizenzverfahren zu 50 %
mit österreichischen Firmen – Andritz – ausgeführt wird.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Haffner soll sich ständig berichten lassen.
Wegen der Aufsichtsratsreduzierung bei den Sondergesellschaften
rufe ich LH-Stv. Sebastian und Czettel an. Sebastian ist einver-
standen, dass er auf sein Mandat bei der Drau sofort verzichtet, wenn
auch die ÖVP auf ihr steirisches Mandat verzichtet. Beides wird mir
aber sicherlich nicht gelingen. Damit ist die Reduzierung von 2
Landesvertretern auf einen eigentlich bevor ich mit Niederl noch
spreche in meinen Augen schon gescheitert. Niederl kann ich aber
leider nicht erreichen. Czettel wieder hat grösste Bedenken, dass
Maurer allein in der Donau jetzt als nö. Vertreter aufscheint. Er
möchte deshalb unter allen Umständen seinen SPÖ-Vertreter dort behalten.
Gassner und König haben eine Pressekonferenz abgehalten, wo sie
über die Terror-Personalpolitik der Sozialisten und König u.a.
auch über die in der Elektrizitätswirtschaft berichtet. Ich
ersuche Erbacher sofort eine entsprechende Reaktion zu setzen,
da er persönlich zitiert wird. Was den Angriff auf das Ministerium
betrifft, so veranlasse ich sofort, dass wir eine entsprechende
Darstellung, wenn auch kurz, weil die Zeit drängt, hinausgeben.
Unglückseligerweise ist die Elektrizitätswirtschaft nach langen
Jahren wieder einmal zu diesem Zeitpunkt zusammengebrochen. Erbacher
erklärt deshalb Sekt.Chef Frank, dass er sich zwar dagegen wehren
wird, aber momentan keine Zeit hat. Da es sich scheinbar um einen
grösseren Zusammenbruch handelt, fahre ich zum Bundeslastverteiler.
Dort wird mir zu meiner grössten Verwunderung mitgeteilt, dass
ein deutsches Umspannwerk ausgefallen ist und wir mitgerissen wurden.
Ich hatte immer fest angenommen, dass eine Trennung zwischen den
beiden Netzen – Deutschland und Österreich – entweder automatisch
erfolgt oder so schnell durchgeführt werden kann, dass wir nicht
ebenfalls fast im ganzen Osten und Mitte zusammenbrechen. Erbacher
und seine Fachleute geben mir zwar eine plausible Erklärung, doch
bin ich über diesen Zustand nicht sehr glücklich. Ich sage daher
auch, man sollte Vorkehrungen treffen, dass dies in Hinkunft nicht
wieder passieren kann. Die Techniker müssten doch eine entsprechende
Lösung finden. Anfangs konnte sich überhaupt niemand erklären, wieso
der rapide Zusammenbruch des fast gesamten Netzes erfolgte. Es
hat angeblich keinerlei Anzeichen gegeben, Dies kann ich mir wieder
nicht vorstellen.
Tagesprogramm, 13.4.1976