Freitag, 9. April 1976
LAbg. Stockinger, der in der ERP-Kommission sitzt, rief mich an
und fragte, wann und wieviel von den Zoo Mill. S ERP-Mitteln,
die wir für die Elektrizitätsförderung erhalten, für die SAKOG zuteilen werden.
Ich erklärte ihm sofort, dass daran überhaupt nicht zu denken sei. Die Änderung
des Titels statt Elektrizitätswirtschaft Energie bedeutet keinesfalls, dass wir
jetzt aus diesen Zoo Mill. auch für den Bergbau etwas abzweigen können. Stockinger
stellte dies so dar, dass Min.Rat Schütz eine solche Erklärung oder Andeutung
in der Kommission gemacht hat.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Bitte mit Frank sofort einen entsprechenden Brief an ERP-
Kommission und SAKOG schreiben.
Dr. Zolles ruft an und fragt vor der Direktoriumssitzung der ÖFVW, ob er nun mit
Mix wegen Anmietung des Lokals Prinz-Eugen-Strasse weiter verhandeln kann. Mix hat
ihn soeben verständigt, dass er anstelle der 85 – 110.– S nur 95 S pro m² verlangt
und nur mehr den halben Lebenshaltungskostenindex als Wertsicherung. Die schein-
bare Herabsetzung des m²-Preise lasse ich durchrechnen und stelle fest, dass es
früher 2,3 Mill. waren jetzt 2,5 Mill. Entscheidend ist aber, dass er wegen des
Lebenshaltungskostenindex Wertsicherung mit sich reden lässt. Ich verständige
Würzl, dass man jetzt mit Mix weiterverhandeln soll, trotzdem aber die Idee,
in der Hohenstaufengasse zu renovieren nicht ganz ad acta legen soll.
Red. Zwirschitz von der Bezirkszeitung Landstrasse kommt mit einem Kollegen
um mich als Bezirksmandatar zu interviewen. Da ich die Bezirksprobleme ja kaum kenne
beginne ich ihm zu schildern, wie ich in den Bezirk kam und vor allem, welche
Aktivitäten zur Information der Mitglieder aber auch der Bevölkerung wir auf-
gebaut haben. Passagendiskussionen, Opinion-Leader-Aussprachen, ganz besonders
der Versuch, Bezirksparlamente mit der ÖVP schon aus der Oppositionszeit
der SPÖ beginnend zu starten. Mit gelingt es, die beiden zu motivieren, ob nicht
sie als unabhängige Zeitung an solchen Diskussionen ÖVP-SPÖ Interesse hät-
ten. Jetzt ist ja die ÖVP im Vorteil, da sie in der Opposition ist. Sie erklären,
sie werden sich das überlegen und werden eventuell solche Forderung erheben.
Beide teilen mir mit, dass jetzt grosse Gefahr besteht, dass diese unabhängigen
Bezirkszeitungen von der ÖVP gekauft werden. In diesem Fall aber würde die
gesamte Redaktion sofort austreten und sie würden das Blatt weiterführen, wissend
dass sie dann einen Schadensersatzanspruch bekommen. Diese jungen Leute sind
noch sehr unbeleckt gegenüber Rechts- oder Eigentumsproblemen.
Bei der Unterzeichnung des Zollfrei-Handwerksvertrages mit Spanien, die
diesmal anstelle Willenparts Meisl vornimmt, stelle ich fest, dass dieser
blendend französisch spricht, wahrscheinlich besser als englisch, denn er
bedient sich dieser Diplomatensprache. Natürlich verstehe ich jetzt von dem was
er sagt kein Wort, auch nicht von der Antwort des Botschafters, was mich an
und für sich wieder ein wenig vergrämt.
Beim Essen stelle ich fest, wenn ich anstelle des Tagebuches diese Zeit für
Englisch-Studien verwenden würde, wäre mein Englisch endlich so, dass ich
damit einigermassen zufrieden sein könnte. Plesch teilt mir zu meiner grössten
Überraschung mit, er wüsste gar nicht, dass auch andere Tagebuchnotizen machen
sollen. Ich will damit mit aller Deutlichkeit nochmals alle auffordern, die die
Tagebücher lesen, dass sie auch entsprechende Fragen, die ihnen wichtig er-
scheinen, selbstverständlich festhalten sollen.
Beim Jour fixe berichtete Knittler von der Arbeiterkammer über die Kredit-
vermittlungsgespräche im Handelsministerium, Sowohl Kinscher als auch Buchmann
haben dort, als extreme Juristen sofort als die Handelskammer-Vertreter gegen
unseren Entwurf polemisierten, die Forderungen entsprechend abgeschwächt. Die
Verordnung auf Grund der Gewerbeordnung nach ein Verhaltenskodex der Kredit-
vermittler statuiert werden soll, ist juristisch wahrscheinlich ziemlich
kompliziert, vor allem aber für die reinen Juristen und das sind Kinscher
und Buchmann keine Ideallösung, Sie sind daher prinzipiell sofort bereit,
irgendwelchen Gegenargumenten zu folgen und den Verordnungsentwurf; wie ihn
Jagoda wahrscheinlich von den beiden selbst ausarbeiten liess, aufzugeben.
Hier hat sich wieder gezeigt, wie notwendig es ist, dass die Sektion von Jagoda
geführt wird. Er konnte leider an der Sitzung nicht teilnehmen, weil er sich
in der Hera einer Operation unterziehen musste. Er hätte schon vor längerer
Zeit einen Eingriff notwendig gehabt, hat ihn aber nur wegen der Pflicht-
erfüllung als Vorsitzender der Ausschreibungskommission zurückgestellt.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte lass Dich ständig über solche Aussprachen informieren
damit wir einen gewissen Einfluss, wenn Jagoda abwesend ist, nehmen können.
Beim Preisgesetz wird der ÖGB ersuchen, auf Sozialpartnerebene die Möglichkeit
bei Rohstoffpreissenkung und Devisen-Währungskursänderungen Preissenkungen
auch dann für die Letztverbraucher zu erzielen, ins Gesetz einzubauen. Ich
brauche den Vorschlag von den Sozialpartnern, damit wenn ich dann einen § 3a)
oder 3b) anwende, mich darauf berufen kann, dass auch die Handelskammer einer
solchen Lösung zugestimmt hat. Ja sogar initiativ wurde.
Auf der Expertenebene wird zur Nahversorgung jetzt von Seiten des ÖGB aber
auch von Lachs versucht, erst die diversen Standpunkte zu klären. Dies wird
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längere Zeit dauern. Meine Erklärung im Ausschuss, dass ich bereit bin, von der
amtlichen Preisregelung auf Grund des neuen Preisregelungsgesetzes Abstand zu
nehmen, wurde von Mühlbacher so ausgelegt, dass dann diese Produkte auch nicht
mehr der Paritätischen Kommission unterliegen werden. Dies ist natürlich eine
vollkommen falsche Auffassung und Lachs aber auch die AK-Vertreter sind den
Mühlbacher'schen Thesen entgegengetreten. Ich werde bei besserer Gelegenheit
genau dies tun. In der Zeitung "Lebensmittel-Kaufmann" wurde meine Stellung-
nahme ziemlich genau wiedergegeben, die ich bei einer Vorsprache von Komm.Rat
Zach mit seinem Gremium abgegeben habe. Die Gewerkschafts- und Kammervertreter
sehen ein, dass ich gar keine andere Möglichkeit gehabt habe, um den Vorwurf
der Lebensmittelkleinhändler zu entgehen, dass ich sie nur noch in Hinkunft
allein drangsalieren könnte. Wenn das neue Preisgesetz käme, was allerdings
gar niemand will, so müsste ich tatsächlich dieses Gesetz nur als Rute im
Fernster handhaben.
Beim Marktordnungsgesetz kann ich allen berichten, da Dr. Schmid dies aus
Loyalitätsgründen gegenüber den anderen Verhandlern nicht machen will, dass sich
die Interessensvertretungen weitestgehend jetzt auf das System, wie vorgegangen
wird, und wahrscheinlich auch letzten Endes über das Kompromiss, das erzielt werden
wird einig sind. Jetzt, wo natürlich noch die Punktation sehr konträre Auffassungen
gezeigt hat, wird davon bin ich überzeugt in Zukunft sehr bald in eine einver-
nehmliche Lösung enden. Allerdings wird dies nicht auf Expertenebene sondern
sicherlich dann in einem Gipfelgespräch der Präsidenten geschehen. Wichtig er-
scheint dem ÖGB jetzt, dass alle Beschlüsse, die die Fonds bis jetzt gefasst
haben, aufgehoben werden und durch neue Beschlüsse zu ersetzen sind. Dadurch
würde selbst die Organisationsform der jetzigen Fonds akzeptiert werden.
Überschuss-Getreideproduktion erklärt Blaha, dass er mit Mauthner, so wie Plesch auch,
eine Aussprache gehabt hat. Dieser möchte zu den 71.000 ha Kontrakt-Weizen noch
in diesem Jahr 15.000 zusätzlich anbauen lassen. Damit würden 45 – 50.000 t
Kontraktweizen zur Verfügung stehen, die entweder im Inland gebraucht oder gege-
benenfalls exportiert werden könnten. Mauthner fürchtet, dass allein seine Züch-
tung für Füllweizen, die mindestens doppelte Hektar-Erträge bringt, den Weizen-
überschuss gigantisch steigern wird. Die Gefahr, die ich seit Jahren gesehen
habe und predigte, dürfte nun tatsächlich eintreten. Riesiger Füllweizen-Überschuss,
Mangel an Kontrakt-Weizen, wenn wir nicht sehr bald das ganze Getreidesystem ändern
Ich sehe keinen anderen Vorschlag als die Preisregelung für Weizen aufzugeben
und nur für Kontraktweizen Lieferverpflichtungen und Abnahmegarantien von
den Mühlen resp. Lagerhäusern den Bauern gegenüber anstelle der staatlichen Preis-
garantie mit Abnahmeverpflichtung für die gesamten angebauten Weizenmengen. Schön
langsam beginnt der ÖGB und die AK einzusehen, dass selbst damit die Brotpreis-
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erhöhung durch Wegfall des Roggenzuschusses das kleinere Übel ist.
Zur Produktionssicherung von Hefe schlägt Blaha vor, soll das Finanzministerium
Überlegungen anstellen, ob tatsächlich eine Zollerhöhung zweckmässig wäre. Ich
stimme diesem Vorschlag zu.
ANMERKUNG FÜR PLESCH: Bitte bei einer interministeriellen Sitzung im Handelsmi-
nisterium das Finanzministerium durch entsprechenden Beschluss darüber ersuchen.
Betreffend die Wertsicherung von Geschäftslokalen durch den Lebenshaltungskosten-
index selbst bei Neubauten sehen alle ein, dass hier etwas geschehen muss. Die
Mieten verteuern sich derartig für die Geschäftsleute, dass früher oder später
für diese eine vollkommen untragbare Situation wird. Heindl kann dies jetzt
bei Schöps immer wieder feststellen. Dort ist er stark genug, den Vermieter zu
zwingen, von seinem Recht, das er vertraglich zugesichert bekommen hat. Abstand
zu nehmen. Die kleineren und mittleren Firmen haben aber ein solches Druckmittel
nicht. Heindl, Holoubek und ich werden mit entsprechenden Experten dieses
Problem versuchen zu klären.
Ein Brief des Fachverbandes der Ölindustrie wegen der unbefriedigenden Preisfest-
setzung werde ich dahingehend beantworten, dass ich ihm nicht zustimmen kann,
aber die Besprechungen, die jetzt zwischen der Ölindustrie und den Sozialpartnern
AK, ÖGB stattfinden, abwarten. In einem späteren Zeitpunkt werde ich dann in
Verhandlungen mit der Ölindustrie eintreten. Dies war der Wunsch der ÖMV, aber
auch ganz besonders von Heindl. Er möchte, dass vor dem 6. Mai, wo im Parlament
das Lagergesetz einfachgesetzlich beschlossen wird, es keine konkreten Gespräche
mehr mit der Ölindustrie geben sollte.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte den Brief nicht von der Abteilung sondern mit Heindl
besprechen und mir die Antwort vorlegen.
Über die Industriekommission referiert Wanke. Die AK und der ÖGB möchten, dass
unbedingt auch die Änderung der Konkurs- und Ausgleichsordnung nicht beim Justiz-
ministerium sondern bei uns im Handelsministerium ähnlich wie beim Konsumenten-
schutzgesetz behandelt wird. Selbstverständlich würde dann, wenn wir zu einem
Einvernehmen mit den Sozialpartnern kommen, dann das Justizministerium dann die
entsprechende Gesetzesformulierung vornehmen. Ich bin nicht überzeugt, dass Broda
resp. selbst nicht einmal Sekr. Keller von ihm dieser Vorgangsweise zustimmen
werden. Wanke wird aber die diesbezüglichen Gespräche mit Keller führen. Kabinetts-
chef Gehart kommt gerade zu recht, um das zweite Problem der Industrie-Kommission
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nämlich die Reform des ERP-Fonds und E+E-Fonds mit uns zu besprechen. Kreisky
hat auf Vorschlag von Igler wie Gehart mitteilt, eine Sitzung für dieses Problem
einberufen. Gehart hat gar nichts dagegen, dass wir fraktionell uns vorher über
diese Probleme unterhalten, damit wir womöglich eine einvernehmliche Auffassung
dem Bundeskanzler mitteilen könnten. Gehart hat, wie er mir nachher versicherte,
auch eine Schwierigkeit, dass ERP-Angelegenheiten Veselsky betreffen. Hier bin
ich allerdings fest überzeugt, dass Kreisky sich herzlich wenig schert, wenn
wir tatsächlich einen vernünftigen Vorschlag machen, was Veselsky dazu sagt.
Trotzdem möchte ich unter gar keinen Umständen, dass irgendjemand von Regierungs-
kollegen das Gefühl hat, dass ich ihm in seine Kompetenz hineinregieren möchte,
oder gar. dass ich ihn ausschalten möchte. Da ich persönlich auch es nicht für
kollegial ja sogar manchmal als ausgesprochen unangenehm empfinde, wenn so etwas
geschieht, möchte ich auch keinesfalls mich eines solchen Vergehens oder Über-
tretung schuldig machen.
ANMERKUNG FÜR WANKE: Bitte unbedingt mit Veselsky auch abklären, wie wir vorgehen
sollen.
Plesch gelingt es, von der Personalvertretung Dr. Degischer ist nur anwesend,
letzten Endes doch die Zustimmung zu bekommen, dass ich Wanke noch vor seinem
Osterurlaub mit der Betreuung der Sektion Industrie dekretmässig festlegen kann.
Degischer verlangt, dass auch die beabsichtigte Bestellung von Kinscher als
Gruppenleiter und Huber als Abteilungsleiter erfolgen soll. Damit bin ich
selbstverständlich einverstanden. Bei der Überreichung erkläre ich allen dreien,
dass ich ihre Eigenart sehr zu schätzen weiss, wenn ich auch mit Kinscher und das
streiche ich besonders heraus, grosse ideologische Gegensätze habe. Kinscher
ist ein sehr eigenwilliger Mensch, der gerade durch die katholische Aktion, wo
er stark verankert ist, auch die notwendigen Schwierigkeiten jedermann aus
dieser ideologischen Einstellung macht. Die Schwierigkeiten, über die sich
die Arbeiterkammer und der ÖGB immer heftig beklagen, macht er nicht nur dieser
Seite sondern auch der Handelskammer. Ich erkläre sofort, dass ich ihn ja kaum
werde ändern können, auch gar nicht ändern will sondern dass ich aber auf
eine loyale Zusammenarbeit so wie bisher weiter rechne. Die Anwesenheit von
Dr. Degischer benütze ich, um neuerdings zu dokumentieren, dass es gelungen ist
den gewünschten Akkord mit der Personalvertretung zu erzielen. Degischer, der
ja zeitweise durch Engelmayer ausgeschaltet war und darüber sehr verärgert
ist, muss mehr oder minder zugeben, dass ich damit mein Versprechen gehalten
habe. Für Wanke ist es sicherlich ein grosser Tag, als Sektionsleiter bestellt
zu werden. Als wir in das Ministerium gekommen sind, hat keiner von uns geglaubt,
dass es so schwer ist, ihn als Sektionschef einzusetzen, damals haben wir dies
auch nicht einmal geträumt. Erst im Laufe der Jahre hat nicht zuletzt durch
Wankes unerhörten Fleiss und vor allem seiner einmaligen Aufgabe, sich aller
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Prüfungen zu unterziehen, dies möglich gemacht. Dafür gebührt ihm grosse
Anerkennung. Ich hätte dies wahrscheinlich nicht zustandegebracht.
Tagesprogramm, 9.4.1976