Samstag, 28. Feber 1976
Bei der Bundesvorstandssitzung des ARBÖ berichtete ich über das Energie-
sicherungsgesetz, Mineralölpreisverhandlungen und über die Bestrebungen,
die Autopreise zumindestens teilweise zu dämpfen. Ich schlug dem Vorstand
vor, sie sollten jetzt aktiv gegen überhöhte Preisforderungen und auch
gegen die 50 gr Mineralölsteuer auftreten. Ich hatte mit Gen.Sekr. Effenber-
ger vor längerer Zeit schon besprochen, wenn die Preise zu einem konkre-
ten Verhandlungszeitpunkt kommen, dann der ARBÖ aktiv für seine Mit-
glieder in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten sollte. Da nun
für mich endgültig feststand, dass auch Androsch bereit ist, von den
50 Groschen Mineralölsteuer entgegen dem Moser -Wunsch abzurücken,
so hätte der ARBÖ meiner Meinung nach eine gute Argumentation gehabt,
eine Steuerreduktion zu verlangen. Präs. Broda und Vizepräsident Hobl
wurden von den ARBÖ-Funktionären hart kritisiert, weil sie in der
Tagung nicht die ARBÖ-Interessen entsprechend vertreten haben. Broda
dürfte aus dieser Erkenntnis jetzt nicht bereit sein, sich aktiv in
diesen Kampf einzuschalten. Er meinte, sie würden hier nur einer Ent-
wicklung nachlaufen. Sie wollen sich noch überlegen, ob und inwieweit
sie in der nächsten Woche diesbezügliche Vorschläge resp. Kritiken
erstatten werden. Ich habe dem ARBÖ-Vorstand dezidiert erklärt, mich
stört es nicht, wenn sie mich angreifen und von mir verlangen, entspre-
chende Berücksichtigung der ARBÖ-Mitglieder bei den zu erwartenden Preis-
steigerungen. Bezüglich der Wünsche der Diskussionsteilnehmer wegen Er-
höhung des Pauschales für die Autofahrer insbesondere der Pendler
konnte ich sie allerdings nur auf Androsch, der angeblich mittags eben-
falls beim Bundesvorstand referieren sollte, verweisen. Broda bedankte
sich bei mir, dass ich so grosses Verständnis für den ARBÖ haben und dass
ich auch insbesondere mich bereiterklärt habe, ihre Radfahrsektion zu
unterstützen.
ANMERKUNG FÜR TIEBER: Was ist auf diesem Sektor bis jetzt wirklich
konkret gemacht worden?
Die Besprechung mit Ludviger, Ziberna, dem Botschafter, dem Handelsdele-
gierten und dem jug. Handelskammer-Mann auf der einen Seite, Botschafter
Schober , Meisl, Handelsdelegierter Maier in Belgrad und mir auf der
anderen Seite als sogenanntes kleines informatives Gespräch war zwar
kein kleines, dafür aber vielleicht wirklich informativ. Wir besprechen
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wieder das Problem der Gemischten Gesellschaft, wobei jug.seits
in dieser Gesellschaft Wirtschaftsunternehmungen, Banken und vor allem
einmal der Exportkreditfonds von Baum sein wird, der allerdings in
kürzester Zeit in eine Bank umgewandelt wird. Die Jug. hoffen, damit
auch ausländisches Kapital in diese Bank bringen zu können. Dies brauchen
sie dringendst vor allem aber um auf Drittmärkten Investitionen finanziere
zu können.
Ziberna, die Staatssekretärin im Aussenhandelsministerium, erörterte
dann ihre Stellung in den multilateralen Fragen. Sie war jetzt in
der Konferenz der 110 Entwicklungsländer in Manila. Dort hat man die
Forderung aufgestellt, es müsse ein System der permanenten Komponenten
zollfreien Präferenzen für die Entwicklungsländer vom GATT geschaffen werden.
Sie glauben sogar, dass dies ohne einen Waiver möglich ist. Für die
Importe, die diese Staaten aus Industriestaaten tätigen, erwarten sie
eine tägliche Reziprozität in Form von Zollfreiheit aller ihrer Waren,
die sie verkaufen können. Die differenzierten Schemata der Länder sollen
in ein allgemeines Schema umgewandelt werden. Das Ganze selbstverständlich
ohne Reziprozität. GATT-Reform müsste Platz greifen, wo die Entwicklungs-
politik mehr aktive politische Orientierung dokumentiert. Mein Hinweis,
dass wir aber, solange GATT nicht reformiert ist, auf Grund der GATT-
Bestimmungen und auch unserer Verträge mit den EG, aber ganz besonders
unserer EFTA-Mitgliedschaft uns eine spezifische ienseite Präferenzierung
nicht erlaubt, wurde von Ziberna zwar eingesehen, aber trotzdem verlangte
sie eine Lösung. Dies gilt ganz besonders für die jug. Exporte. In EG
wurde für Furniere 2 % jetzt Zoll festgelegt, sie müssen 8 % bezahlen.
Für elektrische Kabeln stehen 4,4 % zu 11 %. Für Aluminium-Geschirr
3 % für 13,5 % zeigte sie an Beispielen. Ich schlug deshalb neuerdings
vor, die einzige und beste Lösung ist, wenn entweder GATT eine allge-
meine Zollsenkung macht, wie wir in Tokio beschlossen haben oder
Jug. sich doch dazu entschliesst, mit der EFTA einen entsprechenden
Vertrag zu machen. Letzteres will die jug. Regierung dann, wenn es
möglich wäre, die anderen Entwicklungsländer nicht zu diskriminieren.
Dies geht aber nicht, weil weltweit wird die EFTA sicherlich keine
Vereinbarung mit irgendwelchen Staatengruppen treffen. Jug. wünscht aber
mit der EFTA einen besseren Kontakt herzustellen. Österreich, das mehr
oder minder die Vermittler-Rolle hiefür übernommen hat, wird sich dies-
bezüglich einsetzen. Ich versprach Ludviger, bei der nächsten EFTA-
Tagung die Minister davon zu informieren. Die Entwicklungsstaaten nicht
eine einheitliche Linie verfolgen geht darauf hervor, dass in Lomé
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die Konvention mit der EG 46 afrikanische Staaten von den 110
Entwicklungsländern ein besonderes Präferenzabkommen abgeschlossen
haben. Dies war für Jug. eine bittere Erkenntnis. Ziberna sagte
mir, nach Rücksprache mit Ludviger werde sie mir offen diese Mitteilung
machen.
Steiger habe ich, nachdem er Funktion beim Sportklub Handelsministerium
ist, beim Gesellschaftsabend in Schönbrunn von dieser Unterredung
eingehend informiert.
Tagesprogramm, 28.2.1976
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)