Samstag, 14. Feber 1976
In der Bezirkskonferenz in Baden berichtete ich selbstverständlich
nur über die wirtschaftspolitischen Fragen und die Situation. Da ich
schon während meines Referates immer wieder forderte in der Dis-
kussion werden wir dann vielleicht in der einen oder anderen Frage
geteilter Auffassung sein und ich sehr provokant eine solche
Diskussion forderte, haben sich dann wenigsten 6 Diskussionsredner
gemeldet. Bürgermeister Pallinger von Pottendorf erklärte warum sie
ein Aktionskomitee gegründet haben und dass sie nicht deswegen
Kirchturmpolitik betreiben sollten, sondern sich den Arbeitern und
ihrer Bevölkerung dort verpflichtet fühlen. Ich habe deshalb auch
gar nicht gegen dieses Aktionskomitee polemisiert, sondern erklärt,
man soll nur versuchen sich von den Kommunisten abzugrenzen.
Ansonsten habe ich volles Verständnis dafür, dass Funktionäre unter
einen ungeheuren Druck kommen und sich daher zu Kommission zusammen.
schliessen, die nicht sofort alles was von oben kommt akzeptieren
und als gut und richtig befinden. Zwei Vertreter des Freien Wirt-
schaftsverbandes Flammer und Tiel ersuchten mich um eine Lösung
des Nahversorgungsproblemes und um mehr Unterstützung der Kleingewerbe-
treibenden. Bei Mitterndorf meldete sich Genosse Platzek, der
sich beschwerte, dass Landesmann, obwohl er 90 Beschäftigte hat,
überhaupt der Gemeinde keinerlei Unterstützung gewährt. Durch
Zufall traf ich abends dann Landesmann im Akademietheater und
habe ihm diesbezüglich sofort zur Rede gestellt. Landesmann
erklärte, er sei ein landwirtschaftlicher Betrieb, weshalb er der
Gemeinde weder Lohnsummensteuer, noch sonstige Abgaben zu leisten
hat. Ich ersuchte Landesmann, er soll sich doch mit der Gemeinde
zusammensetzen, um diese schlechte Stimmung zu beseitigen. Dies
hat er mir versprochen.
ANMERKUNG für TIEBER: Bitte mit Mitterndorf, Platzek, Verbindung
aufnehmen und schauen was Landesmann wirklich bereit ist dort zu
machen.
Die Ferienmesse-Eröffnung gab mir Gelegenheit mit den einzelnen
Landesfremdenverkehrsdirektoren und deren Ausstellern zu reden.
Die Länder haben dies wirklich im Messepalast viel schöner ge-
staltet und es ist grosszügiger, als dies früher in der Sezession
war. Ich halte es auch für zweckmässig, dass man 5 Schilling Eintritt
29-0198
verlangt und dann alle Broschüren und Unterlagen gratis den
Interessenten gegeben werden. Durch entsprechende musikalische
und sonstige folkloristische Veranstaltungen wird tatsächlich
die ganze Zeit über ein Programm abgewickelt, sodass die 5 Schillinge
berechtigt sind. Luczensky hat sich nur namens der DDSG bei mir
beschwert, dass sie nicht entsprechend. ausstellen konnten. Die
Österreichische Fremdenverkehrswerbung hat es bis jetzt immer
der Dachorganisation aller öffentlichen Verkehrsträger, Post, Bahn,
DDSG usw. überlassen. Dies dürfte aber nicht funktionieren. Zolles
wird daher in Hinkunft jeden Einzelnen anschreiben.
Das Pressegespräch hat so spät begonnen und die einzelnen Länder-
vertreter haben so lange berichtet, dass es schon 1/2 3 war bis
Zolles und ich noch hätten ausführliche Erklärungen geben sollen.
Ich bemerkte wie ungeduldig und vor allem hungrig die Journalisten
schon waren, weshalb ich als Gag nur sagte "Bitte zum Buffet –
Mahlzeit". Damit hatte ich natürlich grossen Erfolg. Hätte ich
dort eine lange Rede noch gehalten und die Fremdenverkehrspolitik
des Handelsministerium erörtert, hätte es ein Negativ-Image in jeder
Beziehung geben müssen. Hier konnte man den Spruch von Bukowski
"Hast Du ein Publikum, dann mißbrauche es" beim besten Willen nicht
anwenden.
Tagesprogramm, 14.2.1976