Donnerstag, 27. November 1975
Sekretär Gehart von der Perlmooser berichtet mir, daß sie die Kirch-
dorfer Zementfabrik gekauft haben, die auch ein Elektrizitätswerk
beinhaltet. Da ein Versorgungsgebiet von 13.000 Anschlüssen daran-
hängt, möchte die OKA dieses kaufen, gegebenenfalls aber sogar ver-
staatlichen. Im OKA-Aufsichtsrat haben auch die Sozialisten dieser
Idee von Gen.Dir. Klimesch zugestimmt. Gehart wünscht eine Unter-
stützung, wenn es so weit käme, denn er möchte und erwartet eine
friedliche Lösung, d.h. einen normalen Verkauf. Da Perlmooser
aber nur 40 % der Kirchdorfer besitzen und 9 private Gruppen
noch daran beteiligt sind, wird die Verhandlung nicht leicht sein.
Ich hoffe auch, daß es gelingt eine einvernehmliche Lösung zu er-
zielen. Andererseits aber wäre es sehr interessant und für mich
politisch eine gute Argumentation, wenn tatsächlich die schwarz
geführte OKA das Verstaatlichungsgesetz anwenden würde.
Abg. Steininger erzählt mir im Klub, daß sie in der Landesparteivor-
standssitzung eine heftige Diskussion wegen der Strompreiserhöhung
gehabt haben. Die OKA-Vertreter, LHStV. Hartl plädierten für einen
höheren Prozentsatz als Andere als Konsumentenvertreter wollten.
Was Steininger und wahrscheinlich viele, die es wissen aufregten,
daß ehemaliger LHStV. Fridl 80.000 Schilling als Generaldirektor-
stellvertreter bei der OKA bezieht, ein herrlich ruhiges Leben
hat, mit einem Wort ein guter Versorgungsposten für ihn. Anderer-
seits sehe ich aber nicht ein, warum ein gelernter Industriekauf-
mann, der auch vorher, bevor er Politiker wurde, gearbeitet hat,
nicht wieder eine ruhige Arbeit bekommen sollte. Das lustigste
war, daß zum Schluß die Bemerkung fiel, was streitet ihr euch,
der Staribacher setzt doch dann sowieso einen tieferen Preis auf
alle Fälle fest.
Der Vorstand des Verbandes der Elektrizitätswerke Klimesch kam
nachmittags dann mit einem Dutzend Direktoren um die Preisanträge
und Wünsche zu besprechen. Ich ließ ihnen einleitend gleich
keinen Zweifel, daß wenn sie den Preisantrag positiv erledigt
haben wollen, ich von ihnen erwarte, daß der Ausbau der Verbund-
gesellschaft und Landesgesellschaften nicht nur koordiniert, sondern
jetzt auch wie besprochen durchgeführt werden muß. Darin muß
auch die endgültige Bezugsaufteilung von Voitsberg III geregelt
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werden. Ich erwarte ganz besonders an die Adresse Steiermarks
Gen.Dir. Altziebler von der STEWEAG gerichtet, daß sich auch diese
Gesellschaft daran beteiligt. Außerdem muß eine Reorganisation
deutlich sichtbar wie bei der letzten Strompreiserhöhung Enns an
die Donau, jetzt durch Neuordnung der Atomkraftwerke erfolgen.
Es entspannte sich eine lange Diskussion, in der die EVUs
Direktoren erwarteten, daß ich mich so wie im Jänner l974, als
ich die Kompetenz übernommen habe, mich für ein schnelles Ver-
fahren entschließe. Ich erwiderte, daß dies sehr schwer sein wird
weil jetzt ein ganz anderes Klima bei den Interessenvertretungen,
ob bei Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund oder Handelskammer, Land-
wirtschaftskammer vollkommen gleich herrscht. Die Polemik in den
Zeitungen müßte für sie ein deutliches Zeichen sein.
Im Bundesrat erklärt mir Häuser, daß er mit Igler vereinbart hat
als erste Tranche 12–15 Millionen für die Textilorganisation Ost
aus der Arbeitsmarktförderung zuzuschießen. Die weiters gewünschten
2.7 Milliarden für Abfertigungen, die in den Abfertigungsrücklagen
nicht gedeckt sind, lehnt Häuser auf das entschiedenste ab. Am
Nachmittag treffe ich Igler bei Sallinger im Spital und er will
mir über die Aussprache berichten. Er ist sicherlich sehr erstaunt,
daß ich bereits alle Details weiß und nimmt nur zur Kenntnis,
daß auch die Aktionäre noch wesentliche Beiträge werden leisten
müssen. Igler verweist darauf, daß jetzt bereit die Aktionäre
durch entsprechende Einschüsse und Aufkäufe von Konkursunterneh-
mungen usw. einen großen Verlust erlitten haben. Er ist aber bereit
zur Finalisierung, wenn die entsprechenden Berichte dann vorliegen,
noch einen wesentlichen Beitrag zu leisten.
ANMERKUNG für REIM: Das Branchenreferat die bisherigen Leistungen
der Aktionäre zusammenstellen.
Bei der Eröffnung von Unilever hat Mussil anstelle von Sallinger
eine sehr humorvolle und geschickte Ansprache gehalten. Natürlich
konnte ich darauf entsprechend replizieren. Auch Benya als Präsident
des Nationalrates, dort allerdings als Gewerkschaftsbundpräsident,
hatte laut Protokoll das letzte Wort. Die Triple-Conference würde
ich fast sagen ging um sehr ernste Probleme, wenn auch humorvoll
vorgetragen und diskutiert. Sind Multinationale gut oder böse,
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sollen Unternehmer Gewinn machen, ist es Aufgabe der Gewerk-
schaften auch dafür zu sorgen. Vollkommene Übereinstimmung
herrschte darüber, daß in qualitativer Hinsicht auch die
Gewinnchancen der Unternehmer für die Gewerkschaft von Bedeutung
sind. Multinationale sind weder schlecht noch gut, sondern
wenn starke Gewerkschaften existieren können sie nicht über die
Stränge schlagen. Natürlich sollen Unternehmer Gewinne machen,
es kommt immer nur eben auf die Quantität an. Die Multinationalen
wurden seinerzeit wahrscheinlich wirklich gegründet um in anderen
Nationen günstige Ausbeutung sei es von Material und Rohstoffen,
sei es von Arbeitskräften, durchzuführen und besondere Profite
zu erreichen. Wenn dies nicht mehr möglich war, haben sie sich
sofort in ihre nationale Produktion zurückgezogen. Dies mag in
der Zeit der Entstehung der Multinationalen oder vielleicht sogar
noch um die Jahrhundertwende und in den 30er-Jahren üblich
gewesen sein. Heute ist es sicherlich anders.
Die Fabrik ist mit 450 Millionen Schilling Investitionen sehr groß-
zügig angelegt. Für 400 produktive Arbeiter bedeutet dies fast
1 Million Schilling pro Arbeitsplatz. Der Unilever-Konzern der mit
fast 3.800 Beschäftigten 4 Milliarden Schilling Umsatz macht,
macht auch pro Beschäftigten ca. 1 Million Schilling Umsatz. Da-
raus ersieht man schon die irrsinnige Kapitalintensivität. Bei
der Besichtigung konnte ich dann feststellen, daß Waschpulver in
Haushaltspackung, also fast in kleinsten Einheiten für Nigeria
abgefüllt wurde. Tatsächlich ist der Produktionsbetrieb für den
österreichischen Bedarf zu groß und muß deshalb 1/3 exportieren.
Die Zuwachsraten waren bis zum Jahre 1975 ca. 3–4 % pro Jahr. Im
heurigen Jahr ist ein minus von 10 % zu verzeichnen. Ich kann mir
dies nur so erklären, daß der technische Bedarf so zurückgegangen
ist und daher dort die Umsatzschrumpfung eintrat.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte laß dies genau feststellen.
Präs. Dittrich von der Wiener Handelskammer wollte sich unbedingt
vorstellen kommen. Natürlich besprach ich sofort mit ihm was er
zu der Studie von Lethmayer sagte, wo das Ministerium einen größeren
Betrag zuschießen soll, um zu ergründen ob Hotelneubauten in
Moskau möglich sind. Dittrich bestätigte mir, daß er keine
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Interesse daran hat. Am Abend beim Empfang des Fachverbandes
der Bauindustrie haben mir dann auch die beteiligten Bau-
unternehmer, ja selbst alle dort Anwesenden gesagt, daß sie keine
Chance mehr sehen dieses Geschäft zu bekommen. Die Sowjets
zahlen zwar 30.000 Rubel pro Bett, aber die Preisbasis 1974, die
durch keine Gleitung bis 1980 abgesichert ist, stellt ein unge-
heures Risiko dar. Auch die Zinsdifferenz, die Russen wollen nur
7 % anerkennen, 9 % müssen aber bezahlt werden, ist im Preis nicht
drinnen. Mit Recht sagen deshalb die 4 beteiligten Firmen,
Unilever, Porr, Neue Reform und Hofmann-Maculan, Geld können sie
auch im Inland verlieren, da brauchen sie es nicht nach Moskau
tragen. Die Franzosen haben 3.600 Betten, also dieselbe Größe
die auch uns reserviert wäre, abgeschlossen.
ANMERKUNG für GEHART: Das Branchenreferat soll bei der Erhebung
Lethmayer nicht eine Hoffnung machen.
Dittrich ersuchte auch ob eine Möglichkeit besteht, daß sie die
Kleinkreditaktionen, wo die Gemeinde Wien ca. 2 Millionen, die
Handelskammer Wien 2 Millionen und der Bund 2 Millionen gibt,
aufstocken könnte. Im Prinzip sagte ich, daß eine Möglichkeit
besteht, denn wir werden im heurigen Budget zu den 12.3 Millionen
die vorgesehen sind, noch ca. 3 Millionen zuschießen, Ich rief
sofort Jagoda, der die Details mit Marhold besprechen wird.
Dittrich teilte mir mit, was mit der Gemeinde Wien, insbesondere
Stadtrat Mayr, aber auch mit der WIBEBA engstes Einvernehmen
hält, weil er entsprechende Möglichkeiten der Ansiedlung resp.
Umsiedlung von kleineren Gewerbetreibenden in Wien erreichen
möchte. Er sieht auch in der Absiedlung von Wiener Gewerbetrieben
nach NÖ und andere umliegende Ortschaften eine große Gefahr.
Dittrich wird als Präsident der Wiener Handelskammer wesentlich
aktiver sein, als seine Vorgänger.
Exekutivdirektor Lantzke hat mit Frank, Hladik, Gehart, Wanke
und mir sehr offen über die internationale Energieagentur und
die österreichischen Probleme gesprochen. Er hatte Vormittag eine
Gelegenheit mit 40 Experten von Österreich auch sehr hart zu
diskutieren. Was ihn erschüttert hat war, daß er den Eindruck
hatte, es fehle teilweise in Österreich schon der politische Wille
d.h. die Bereitschaft in der internationalen Energieagentur so
mitzuarbeiten, wie eigentlich von Mitgliedern erwartet wird.
Frank meinte, dies sei nur bei Romig von der ÖMV mit seinem
negativen Beitrag möglich zu vermuten. Ich selbst bin dieser
Ansicht sofort entgegengetreten, denn das wäre wirklich ver-
heerend, wenn man in Paris in der Exekutive den Eindruck hätte,
Österreich hat nicht objektive Schwierigkeiten, sondern hat
subjektive Abneigung gegen die Intensionen des Abkommens. Lantzke
hat zugegeben, daß wir personelle Schwierigkeiten haben und dies
auch für andere kleine Länder, wenn auch nicht so stark für
Dänemark, Schweden und Schweiz zutrifft. Die großen Mitglieds-
länder haben ja gigantische Bürokratien auf diesem Gebiet.
Großbritannien 10.000, Amerika 2.000 und selbst in Deutschland
kennt Lantzke die Situation genau und hat dort allein im Wirt-
schaftsministerium von wo er kommt, 70 Akademiker zur Verfügung ge-
habt. Lantzke meint was funktionieren muß, ist das Informations-
system im Notstandsfall und die Verpflichtungen die für den Notstands-
fall übernommen wurden. Österreich ist glaube ich jetzt
das einzige Land, was noch in Verzug ist. Das Informationssystem
sonst insbesondere für die langfristige Politik, kann eine generelle
Verzögerung ohne weiteres aushalten.
Die internationale Energieagentur hat derzeit 44 Akademiker, in
Summe 100 Beschäftigte und wird eine Forschungsabteilung jetzt
noch mit 7 Akademikern aufbauen. Bis jetzt ist kein einziger Öster-
reicher in Paris. Lantzke macht Zeitkontrakte von 3 Jahren zu den
Japanern von 4 Jahren und nimmt die Leute meistens aus den Regierungs-
stellen, damit sie nach Zeitablauf dorthin wieder zurückkehren
können. Er glaubt, daß schon auch für Österreich eine Möglichkeit
besteht, jemanden dort unterzubringen.
ANMERKUNG für GEHART und FRANK: Trotz unserer Personalschwierigkeit
sollten wir versuchen tüchtige 1–2 Personen Lantzke zu offerieren.
Derzeit hat die Energieagentur einen Notstandsstab, darüber für
die langfristige Analyse des Weltmarktes und auch für die Energie-
politik und langfristiges Programm für Energieressourcen ausgenommen
Öl und Gas. Eine eigene Abteilung besteht dann für Erdölmarkt und
Gas und die Beziehungen zu den Förderländern. Frank erklärte, daß
wir insbesondere daran interessiert seien, an den Sicherheitsfor-
schungen für Atomenergie und an der Abfallbeseitigung. Diese ist
wie 1985, wie Lantzke erklärte, derzeit beherrschbar, dann weiß
niemand wie es weitergehen soll. Frank meinte auch, daß in der
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Frank meinte auch, daß in der Tertiärförderung Erdöl wir einige
Informationen dringendst benötigen. Frank steckt wie ich auch
abends bei der Vorsprache der Elektrizitätswerke feststellen konnte,
in einem richtigen Dilemma. Auf der einen Seite möchte er zusätz-
liche Informationen, weil er mit Recht feststellt, daß er dort
oder da nicht alles weiß und letzten Endes Entscheidungen treffen
muß, ohne eben gründlichst vorbereitet zu sein. Auf der anderen
Seite aber hat er für die Aufarbeitung dieses Materials nicht ge-
nügend Leute und wird wahrscheinlich auch nie so viele bekommen
können, um die gründliche Arbeit, die ihm vorschwebt, zu leisten.
Den einzigen Ausweg sehe ich darin, daß er eben Vorarbeiten,
sei es von internationalen Stellen, sei es von österreichischen
Stellen oder vielleicht sogar Firmen machen läßt. Diese liefern
ihm aber entweder die Unterlagen unvollständig oder zu spät.
ANMERKUNG für GEHART UND WANKE: Wie kommt Frank und damit auch wir
aus diesem Dilemma heraus, ohne große Personaländerung.
Meisl hat mir vorgeschlagen, daß ich mich nicht mehr an der
Strumpfhosensitzung beteiligen soll, da er mit der Handelskammer
nur mehr Details besprechen möchte. Er ist auch jetzt zu der Über-
zeugung gekommen, daß ich die Strumpfhosenverordnung nach der
Konsultation der EG und dem Gemischten Ausschuß unbedingt unter-
fertigen muß. Wenn ich dies nämlich nicht machen würde, müßte
bei den Europäischen Gemeinschaften in Brüssel der Eindruck ent-
stehen, man muß Österreich nur irgendwie zu verstehen geben, daß
dies ein unfreundlicher Akt ist und schon ziehen sie selbst
berechtigte Wünsche zurück. Da ich ja seit eh und je dazu ent-
schlossen war, wenn die Interessenvertretungen eine Überein-
stimmung erreichen, dann tatsächlich die Verordnung zu erlassen,
ergibt sich für mich keine neue Situation. Ich war mir nämlich
von allen Anfang an klar, daß wir das formelle Verfahren in den
internationalen Organen einhalten werden und einhalten müssen,
ich aber dann doch im Interesse der österreichischen Strumpfhosen-
betriebe und vor allem der dort Beschäftigten, selbst eine unwirk-
same Maßnahme wie die Mindestpreisverordnung erlassen werde.
Botschafter Karski, der übrigens behauptet er hat bei mir keinen
Termin zeitgerecht bekommen und mußte deshalb schon mit Bundes-
kanzler Kreisky über die Probleme sprechen, erzählte mir auch
nichts anderes, als was wir schon wußten, oder zumindestens, wie ich
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hoffe, unsere Abteilungen wissen. Fälbl war anwesend und hat
zumindestens keine gegenteilige Bemerkung gemacht. Karski be-
richtet, daß jetzt endlich die Verhandlung mit der Simmering-
Graz-Pauker über Lokomotivlieferung auch von 3.000 PS erfolgen
soll. Die SGP könnte auch Zisternen liefern gegen Heizöl. Eine
Möglichkeit ergibt sich auch Metrozüge die Polen braucht und die
angeblich in Wien sehr gefallen haben, zu verhandeln. Plasser &
Theurer wird 130 Maschinen à 5 Millionen Schilling liefern können.
Mit der ÖMV soll ein Petrolkoksabkommen geschlossen werden, wo
die VÖEST dafür 1.5 Milliarden Schilling Investitionen liefern
könnte. Steyr-Daimler-Puch hat auch eine Chance jetzt für 50.000
Fahrräder ein Offert abzugeben. Außer dem Konsumkredit soll jetzt
noch eine Paketlösung, die Hrynkiewicz vorgeschlagen hat als ich
in Polen war von 50–100 Millionen Dollar möglich sein. Konkret
hat Fälbl dann neuerdings festgestellt, daß das Anker 2.500 Kassen
Lieferungsgeschäft noch immer nicht endgültig abgeschlossen ist.
Karski konnte darauf nur feststellen, was auch ich ihm bestätigen
mußte, daß sich der Direktor bei allen schon bedankt hat, daß
jetzt endlich dieses Geschäft zur Auslieferung kommt.
ANMERKUNG für REIM: Bitte stelle fest, was hier wirklich los ist.
Karski kam in Wirklichkeit, um für Hrynkiewicz, der die technisch
polnischen Wochen eröffnet, wo auch ich anwesend sein werde, dann
das weitere Programm zu besprechen. Ich bot ihm sofort einen Opern-
besuch an, den er ablehnte weil an dem Abend die Handelskammer
einen Heurigenbesuch macht und selbstverständlich ein Mittagessen.
Auch ein neuer Minister für Kohle der von der VÖEST Alpine Berg-
baumaschinen kaufen will, wird nach Österreich kommen. Ich habe
mich auch für ihn selbstverständlich sofort zur Verfügung gestellt
und ein weiteres Essen offeriert. Das Traurige bei diesen ganzen
Besuchen ist, daß die Bürokratie versteht zu verhindern, daß
diese Minister Samstag oder Sonntag kommen, wo ich wesentlich
mehr Zeit hätte mich ihnen zu widmen. Karski hat ganz offen erklärt,
wenn er am Samstag oder Sonntag einen Empfang geben würde, ist er
überzeugt, daß niemand kommen würde.
ANMERKUNG für WIESINGER: Vielleicht kann man doch im Laufe der
Monate mit den Botschaftern Lösungen finden, wo die Wochenenden
zur Ministerbetreuung zur Verfügung stehen würden.
Beim Empfang des Fachverbandes der Bauindustrie im Hotel
Hilton waren höchstens an die 40 Personen. Dies ist nicht
zu verwundern, denn der ganze Fachverband der wie mir dort
übereinstimmend versichert wurde, nur durch meine Initiative
und Unterstützung zustande kam, umfaßt nur 42 Unternehmungen.
Diese allerdings haben 22 Milliarden Schilling Bauaufträge,
d.h. die Hälfte des gesamten Bauvolumens. Anwesend war auch der
neue Obmann der Sektion Gewerbe und gleichzeitiger Obmann des
Baumgewerbes Molzer. Wir unterhielten uns mit einem größeren Kreis
von Bauindustriellen und ihm über die Wirtschaftslage. Die Bau-
unternehmer erwarten, daß frühestens in 1 – 1 1/2 Jahren ihre
Konjunktur wieder beginnt. Selbst wenn 1976 ein Konjunkturaufschwung
ist, dauert es infolge der Ausschreibung und Zuschläge usw.
lange bis endlich dann auch sie den Konjunkturaufschwung spüren.
Die großen Industrieunternehmungen haben derzeit keine Aufträge
zu vergeben. Da auch die Wohnbauten sehr zurückgegangen sind,
leidet die Bauindustrie, außer eben die großen öffentlichen
Infrastrukturaufträge unter einem irrsinnigen Arbeitsmangel.
Mein Hinweis, daß wir in der BÜRGES-Aktion große Aufträge jetzt
vergeben, daß dort noch niemals so viele Ansuchen kamen und
letzten Endes auch zugeschlagen wurde, wird rundweg erklärt, geht
meistens in den Pfusch. Meine Hoffnung, daß wir z.B. heuer anstelle
der 150 Millionen ERP, 560 Millionen vergeben haben und dies für
die kleinen örtlichen Bauunternehmer von Bedeutung ist, weil es
sich um Fremdenverkehrsbetriebe handelt, die letzten Endes die
Aufträge geben werden, wird erklärt, belebt nur den Baustoffhandel
resp. Produktion. Der größte Teil davon wird in Pfusch geleistet.
Molzer selbst hat zugegeben, daß die Baumeister selbst daran
schuld sind, da sie ihre Konzessionstafel zur Verfügung stellen.
Ein Aufschwung in der Bauwirtschaft bin ich überzeugt, wird tat-
sächlich erst kommen, bis wieder die Industrie mit größeren Bau-
aufträgen bei einem zu erwartenden oder abzuzeichnenden Konjunktur-
aufschwung Aufträge vergibt.
Die Großwohngemeinschaften von Kaplan Pöschl der diese schon
in meiner Arbeiterkammerzeit gründete, sind jetzt auf 7 angewachsen.
Die Letzte besuchte ich, dort waren ca. 20 Mädchen. Insgesamt hat er
160 Mädchen jetzt so untergebracht. Die letzte Wohnung kostet ihm
zum adaptieren 700.000 Schilling. Was sich die Mädchen dort wünschten
war ein Fernsehapparat. Da mir klar ist, daß ich nicht einen nur
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zur Verfügung stellen konnte, habe ich Pöschl vorgeschlagen,
wir werden uns mit dem Fachverband für Elektroindustrie, Dolinay
in Verbindung setzen und sehen, daß eventuell alte, auch Schwarz-
Weiß-Fernseher in alle 7 Wohngemeinschaften gegeben werden.
Jagoda hat es übernommen mit Dolinay zu sprechen. Sollte es aller-
dings Schwierigkeiten geben, dann bin ich fest entschlossen, dies
aus meinem Budget irgendwo billigst anzukaufen und den Wohngemein-
schaften zu geben. Roden von der Arbeiterkammer, der die Lehr-
lingsheime verwaltet war ebenfalls anwesend und bestätigt mir
immer wieder, daß diese Art der Fürsorge für diese 160 Mädchen
eine wesentlich billigere ist als wenn man irgendwo ein großes
Mädchenheim bauen würde. Die Initiative von Kaplan Pöschl
hat mir schon immer imponiert.
Tagesprogramm, 27.11.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)