Donnerstag, 13. November 1975
Durch Zufall traf ich Min.Rat Willenpart und bat Meisl auch
zu mir wegen der Strumpfhosen. Ich hielt Willenpart vor, daß
er nicht selbst an den Sitzungen teilgenommen hat und daß die
Stellungnahme seiner Abteilung nicht entsprechend rechtzeitig
mit Hillebrandt koordiniert wurde. Dadurch entstand der Eindruck
in der Handelskammer, daß zuerst von der internationalen Seite
her alles geregelt erscheint und die Strumpfhosen-Mindestpreis-
verordnung ohne weiteres möglich ist, während jetzt die großen
Bedenken kommen, In einer schriftlichen Stellungnahme meint nun
Willenpart an Hillebrandt, wo er alle Wenn und Aber aufzählt,
man müsse abwarten, ob ich definitiv entscheide, daß tatsächlich
diese Mindestpreise-Verordnung erlassen wird. Ich hatte aber von
allem Anfang keinen Zweifel gelassen, daß wenn eine Überein-
stimmung zwischen den Interessensvertretungen erzielt wird, ich
selbstverständlich gar keinen anderen Ausweg mehr habe als
gegen meinen Willen diesen Mindestpreise-Verordnung zu erlassen.
Willenpart und auch Hillebrandt und seine Leute wollen sich nun
auf die formelle Seite zurückziehen und erklären, das Kompromiß
sei nicht die im Gesetz vorgesehene Vorgangsweise. Ich verlangte
von Meisl, aber ganz besonders von Willenpart, sie müßten jetzt
im engsten Einvernehmen mit der Handelskammer die notwendigen Schrit-
te bei der EG, EFTA und GATT überlegen und was immer sie unter-
nehmen, vorerst diesen Schritt mit der Handelskammer koordinieren.
Meisl ist nämlich, so wie ich, fest davon überzeugt, daß diese
Verordnung in kürzester Zeit wird wieder aufgehoben werden müs-
sen. Er wünschte es sogar, sollte nämlich diese Verordnung tatsäch-
lich von den internationalen Organisationen akzeptiert werden,
dann befürchtet er, daß noch ein ganzes Dutzend von anderen
Mindestpreisverordnungen von der Handelskammer zu erwarten sind.
ANMERKUNG FÜR WANKE: UND GEHART: Personell ist es mal Vorsitz
Meisl und inhaltlich Grundsatzgruppe, müssen solche Entscheidun-
gen besser vorbereitet sein.
In der Arbeitsgemeinschaft Messen regte ich an, die Prospekte,
immerhin 75.000 Stück um 306.000 S anders zu gestalten, die
Vertreter der Messen haben eindeutig erklärt, daß der jetzt
herausgekommene Prospekt wesentlich besser ist als der in den
vergangenen Zeiten, weil ich auch schon bisher die allein graphisch
sehr ungünstigen Prospekte kritisiert habe. Trotzdem schlug
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ich vor, sie sollen sich überlegen, ob der Prospekt sich an die
Aussteller oder an die Besucher richtet. Richtet er sich an die
Besucher, dann ist er anders zu gestalten, aber auch wenn er, was
ich annehme, an die Aussteller sich richtet, müßte mehr Infor-
mation drin sein. Als Beispiel, allerdings auf einem anderen Ge-
biet und für einen anderen Personenkreis, zeigte ich ihnen die
von der Österreichischen Fremdenverkehrswerbung herausgegebene
Zusammenfassung der Informationsmappe für die ausländischen Reise-
büros.
ANMERKUNG für REIM: Wagner oder Drössler sollen für sich selbst
einmal eine solche Zusammenstellung der Leistungen der österrei-
chischen Messen in Angriff nehmen.
Nach einer langen Diskussion wegen des Salzburger Ausstellungszen-
trums hatte ich den Eindruck, daß es schwer sein wird, momentan
dies in die Arbeitsgemeinschaft einzugliedern. Derzeit wird dieses
Ausstellungszentrum von Dir. Gross des Kongreßhauses mitverwaltet.
Die Stadt, das Land und die Handelskammer haben 25 Millionen
Schillinge beigebracht. 80 Millionen aber wurden aus Krediten,
die jetzt zurückgezahlt werden müssen, finanziert. Im Ausstellungs-
zentrum gibt es vier bis fünf Ausstellergruppen, die auf Teufel
komm raus, da sie ja keinen finanziellen Rückhalt der Ausstellungs-
geschäfte betreiben. Natürlich beschweren sich die anderen wegen
der Konkurrenz, vielleicht in einzelnen Fällen sogar wirklich der
Schmutzkonkurrenz. Weder die Themen noch die Termine werden abge-
stimmt. Im Ausstellungszentrum ist auch niemand, der als Messeleitung
in Erscheinung treten könnte. Es gibt dort angeblich nur einen Haus-
meister und eine Schreibkraft.
ANMERKUNG für WIESINGER: Wenn ich das nächste Mal mit Salzburgern
zusammenkomme, bitte mich an dieses Problem zu erinnern, damit ich
es mit ihnen bespreche.
Die Arbeitsgemeinschaft wird sich jetzt Statuten geben und dadurch
noch straffer organisiert sein als bisher. Eigentlich haben wir
in den fünf Jahren einen sehr schönen Erfolg auf diesem Gebiet.
Früher waren die Messen, die natürlich gegeneinander konkurren-
zieren, sehr verfeindet.
Die Vertreter der Welser Messe kamen dann zu mir, verstärkt durch den
Bürgermeister Spitzer, um mich um Unterstützung zu ersuchen, damit
auch sie als Internationale Messe anerkannt werden. Die Wiener, die
Einzigen in dieser internationalen Union sind, haben bis jetzt sich
dagegen ausgesprochen und dadurch den Beitritt von Wels verhindert.
Jetzt hat es angeblich zwischen Wels und Wien Kontaktgespräche ge-
geben und die Welser hatten gehofft, daß alle Bedenken der Wiener
ausgeräumt sind. Dies trifft aber nicht zu.
Bei meiner Amtsübernahme hatte ich mich dagegen ausgesprochen, daß
die Messen ganz ohne irgendwelchen Konzept Subventionen bekommen.
Ich schlug deshalb damals vor, wir würden die Planungskosten von
Umbauten und Neubauten übernehmen, oder zumindestens einen Teil
davon, weil gerade auf diesem Gebiet meistens gesündigt, d.h.
oftmals auch gespart wird. Nun stellt sich in Wels heraus, daß
dort keine Planungskosten insoferne auflaufen, als die Beamten des
Magistrats selbst als Planungsfachleute auch für die Messe diese
Arbeit übernehmen. Dafür bezahlt die Messe 400.000, dies nicht nur
für die Planung als Abgeltung der Leistung des Magistrats. Rein
formell hat nun Wagner Bedenken, da keine Rechnungen gelegt wer-
den können, für Wels eine Subvention zu geben. Marhold, den wir
dann dazugerufen haben, hat sofort eine entsprechende Lösung ge-
funden. Größere Sorgen bereitet es Marhold, daß er jetzt erst
erfuhr, daß die Welser Messe gar keine eigene Gesellschaft ist,
sondern ein Unternehmen der Gemeinde, ohne Rechtspersönlichkeit.
Dadurch dürfte er eigentlich nur über den Finanzausgleichsansatz
irgendwelche Unterstützung geben. Marhold meinte aber großzügig,
vergessen wir dies.
Die Besprechung mit dem Minister Kusalik und Mucha brachte keiner-
lei neue Erkenntnisse und Ergebnisse. Beide sind von der Aufnahme,
die sie bei den Firmen erleben, sehr beeindruckt. Dies hatten sie mir
schon gestern erzählt und auch über die Absicht, die die tschechische
Seite jetzt mit weiteren Lieferungen und Kooperationen hat. Ich
selbst bin auch überzeugt, daß jetzt nachdem die politische Seite
in Ordnung ist, die Wirtschaft noch größere Ergebnisse wird
erzielen können als zur Zeit der gespannten Vermögensverhandlungen,
Grenzzwischenfälle usw.
Beim Mittagessen kam nicht nur Hrdlitschka, sondern auch Igler.
Da Mucha zwischen uns saß, kamen wir natürlich auch auf die Vös-
lauer zu sprechen, die die tschechische Delegation auch besucht hat.
Igler hofft, daß es möglich ist eine Kooperation zu erreichen,
wo wir die übernumerierten Garne liefern und aus der CSSR dafür
niedrige beziehen. Mucha hält eine solche Lösung wünschenswert.
Igler ist auf Grund seiner Verbindungen und seiner regen Tätig-
keit und nicht zuletzt durch seinen Fleiß auf allen
Gebieten irgendwie verbandelt und nützt natürlich jede Gelegen-
heit um hier aktiv in Erscheinung zu treten. Dies wird ihm sicher-
lich von vielen sehr übel genommen, nicht zuletzt spielt ja der
Neidkomplex auch in diesen Kreisen eine bedeutende Rolle, sodaß
ich fast überzeugt bin, früher oder später wird das deshalb zu
Fall kommen.
Igler erklärte mir auf meine Frage, daß er mit der Chefredaktion im
Kurier große Schwierigkeiten hat. Feichtlbauer hat nach seiner
Meinung zu wenig Verbindung und Kenntnis von der österreichischen
Wirtschaft gehabt, deshalb sei er abgelöst werden. Auch Löbl hat
diese nicht, worauf ich schließe, daß auch sie ihn wieder er-
setzen werden. Ob allerdings Bacher diese Wirtschaftsbeziehungen
und vor allem mal Kenntnisse gehabt hat, weiß ich nicht. Ich
glaube, daß immer mehr von den 500 Kommanditisten zur Überzeugung
kommen, daß sie ihr Geld nie mehr wieder sehen werden. Ob sie,
wenn der Kurier wirklich in rote Zahlen kommt, wenn er nicht schon
drinnen ist, was ich fast annehme, bereit sein werden dann nachzu-
schießen, bezweifle ich sehr.
Der Redakteur Waldstein vom Trend macht eine Zuckerreportage und
hat deshalb einige Details von mir gewünscht. Selbstverständlich
sind bei diesem Interviews jetzt immer Puffler, in diesem Fall
sogar auch Wais anwesend. Ich fragte Waldstein gleich einlei-
tend unverblümt wie lange noch Trend erscheinen wird. Er meinte
nach dem 5. Oktober hätten sie einen ungeheuren Zulauf an Inseraten
gehabt, der allerdings jetzt wieder abgerissen ist. Ich begründete
meine Skepsis damit, daß ich sagte, ich kenne kein anderes Wirt-
schaftsmagazin, das so aufwendig gedruckt wird, als der Trend.
Von Ökonomist ganz zu schweigen, der wirklich ökonomisch herge-
stellt wird, bis zu den deutschen Kapital, das auch nicht annähernd
so aufwendig produziert wird. Waldstein ist zumindestens nach außen
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hin sehr optimistisch, die Zeitschrift aufrechterhalten zu
können.
Vertreter des Stickereiverbandes unter Führung von Konsul Fend
aus Vorarlberg, Dr. Hagen und anderer, sowie insbesondere be-
gleitet von Dr. Koch, Bundeskammer, und Textilverband, Huber,
wollten eine Aussprache wegen der Exporte nach Nigeria. Zirka
1,4 Milliarden Produktion gehen zu 97 % in den Export. Der größte
Teil davon nach Nigeria. Vom Septemberexport 175 Millionen allein
110 nach Nigeria. Dort werden diese Luxusstoffe, darüber kann es
ja gar keinen Zweifel geben, mit 100 % Zoll belegt. Da die Importeure
dort aber hochgestellte Persönlichkeiten der Regierung sind, resp.
zumindestens Verwandte, wird durch entsprechende andere Deklaration
diese Zollbestimmung weitestgehend umgangen. Am Anfang, als vor eini-
gen Jahren diese Exportmöglichkeit erschlossen wurde, glaubte man,
daß es sich hier nur am faule Geschäfte handelt. In Wirklichkeit
können die aber mit der 10 %-igen Zollbelastung, österreichische Ge-
setze werden ja dadurch nicht verletzt, einen riesigen Export auf-
bauen. Auf meine Intervention wie sie erklärten, hat sich auch jetzt die
Kontrollbank bereit erklärt, sie mehr zu unterstützen als bisher.
Sie haben eine so große Auftragslage, daß sie die Schweizer
Firmen als Lieferanten heranziehen müssen. Ein großes Problem für
sie stellt aber jetzt der Transport nach Nigeria dar. Der Hafen
ist total verstopft, dort warten die Schiffe monatelang bis sie
entladen werden und deshalb muß alles über die Luft transportiert
werden. Die Schweizer Speditionsfirma Transhelvetia ? hat nun kein
Interesse mehr die österreichischen Transporte durchzuführen, da
sie mit den Schweizer Transporten vollkommen ausgelastet ist. Ich
erkläre mich sofort bereit, daß ich einen diesbezüglichen Brief
an die österreichische Filiale mit einer entsprechenden Beschwerde
richten werden.
Die Stickereifirmen Österreichs aber auch aus der Schweiz und
andere Westeuropas, haben einen eigenen Musterschutz sich aufgebaut.
Darin werden ca. 50.000 Designs durch 5 Jahre geschützt, für
jedes Design 60 Groschen pro Jahr zu bezahlen. Die Westeuropäer,
ganz besonders aber die Österreicher fürchten nun, daß aus Hongkong
und Korea solche nachgemachte Designs Billigware kommen könnten.
Der Fachverbandsekretär Dr. Huber meinte, wir sollten die Muster-
schutzorganisation vom Ministerium unterstützen, d.h. subventio-
nieren, damit sie gegebenenfalls in Korea oder Hongkong entsprechende
gerichtliche Schritte unternehmen könne. Ich erklärte sofort,
daß wir dafür keine Möglichkeit haben und ich auch das für
ganz sinnlos halte. Wenn in diesen Staaten dort jemand gegen die
Vereinbarung oder das Musterschutzrecht verstößt, auch wenn sie
nicht Mitglieder dieser Vereinigung sind, wird dies sicherlich
eine große Firma so machen, daß sie kaum gefaßt werden kann.
Gegen unbedeutend kleinere kann man aber auf gar keinen Fall vor-
gehen, weil die irgendwo wieder rausschlüpfen oder sich sonst wie
behelfen. Der Schutz könne nur im Inland resp. in Westeuropa oder
anderen Märkten so gefunden werden, daß man die Importeure an das
Abkommen bindet. Wir werden aber das Ganze überdenken und unter-
suchen.
ANMERKUNG FÜR REIM: Die Industriesektion soll mit dem Patentamt
diesbezügliche Untersuchungen und Vorschläge ausarbeiten.
Stadtrat Nekula und Gen.Dir. Reisinger kommen, um Jagoda und mir
die Gaspreiserhöhung zu unterbreiten. Bürgermeister Gratz hat das
letzte Mal gewünscht, daß wir die Preisfestsetzung an ihn delegie-
ren. Diesmal aber möchte er, daß auf alle Fälle das Handelsministerium
die Preisprüfung und Erhöhung vornimmt. Dazu bin ich selbstverständ-
lich bereit, weil Gratz scheinbar aus dem Schußfeld, daß er alles
verteuert, herauskommen möchte. Nekula wird die Unterlagen auch der
Arbeiterkammer zuschicken. Um die Verkehrsbetriebe ein wenig zu
entlasten, haben die Stadtwerke sowohl beim Strompreis als auch
bei den Gaswerken Kostenbestandteile untergebracht. Dies sagte ich
sofort den beiden auf den Kopf zu. Da aber die Elektrizitätswerke
und die Gaswerke, wenn sie keine Preiserhöhung bekommen würden,
ihre Investition einschränken müßten, weil die finanziellen Mittel
dort nicht vorhanden wären, glaube ich, daß wir auf alle Fälle
über diese, vielleicht preisrechtlich nicht ganz einwandfreie
Vorgangsweise hinwegsehen sollen. Wenn die Arbeiterkammer oder die
anderen Interessenvertretungen dies nicht besonders herausstreichen,
sehe ich gar keine Begründung meinerseits hier scharf vorzugehen.
Ich bin auch überzeugt, daß man dies gar nicht so leicht entdecken
wird.
Reisinger berichtete mir auch von den Preisverhandlungen im
Elektrizitätsverband und meint, sie würden sich doch jetzt
auf eine entsprechende Formel einigen. Jedes Land wird extra
einreichen und es wird gigantische Preiserhöhungen von über 30 %
teilweise geben. Alle sind sich überdies klar, daß ich nicht an-
nähernd eine solche Preiserhöhung genehmigen werde.
Die Eröffnung vom Modehaus Fürnkranz in der Favoritenstraße gab
mir Gelegenheit, auf die Leistung dieser Firma hinzuweisen. Schon
der vor mir sprechende neue Kammerpräsident Dittrich, der ja alle
persönlich kennt und mit ihnen befreundet ist, hatte es in dieser
Beziehung leichter. Trotzdem hatte ich durch die Detailinformation
die Möglichkeit sehr familiär, teilweise sogar lustig, auf alle
Fälle sehr persönlich, dort zu sprechen. Dies ist was ich gerne
mache und führt sicherlich auch dazu, daß der Ruf des Handels-
ministers in diesen Kreisen ein ganz guter ist. Nach der Ansprache
sagte man mir zumindestens von Genossen, die dort waren, fällt
auf, daß man jetzt immer von unserem Handelsminister spricht und
nicht von der Handelsminister. Sicherlich ein Fortschritt gegen-
über den 5 1/2 Jahren, als wir begonnen haben.
Tagesprogramm, 13.11.1975