Sonntag, 21. September 1975
Die Wahlveranstaltung in Bad Gastein war deshalb wesentlich besser,
als ich erwartet hatte, als sie nicht im Saal stattfand sondern
die Genossen die Idee hatten, dies am Hauptplatz vor dem neuen Kongress-
haus durchzuführen. Dort war für 1/2 11 Uhr übrigens vom Kameradschafts-
bund eine Fahnenweihe vorgesehen, der Altar war sogar schon aufge-
richtet und es kamen dann gegen Ende meiner Versammlung schon sehr
viele Zuseher für die Fahnenweihe. Ausserdem waren dort natürlich
eine grosse Anzahl von Kurgästen. Bei dem anschliessenden Autogramm-
schreiben konnte ich immer wieder hören, dass man sagte, wir sind
aus Wien oder wir sind aus der BRD usw. Ich habe dem neuen jungen
Landesparteisekretär gesagt, wenn sie dies so geplant gehabt hätten,
hätte ich ihnen meine volle Anerkennung ausgesprochen. Leider war
es ein reiner Zufall, der zu dieser günstigen Konstellation führte.
Der Landessekretär meinte sogar, es sei in Salzburg gar nicht gut,
wenn man vor einer Veranstaltung einer neutralen Organisation eine
Parteiveranstaltung legt. Da ich die Salzburger Verhältnisse nicht
genau kenne, kann ich mich dazu nicht äussern.
In Hofgastein war ein Jahrmarkt, wo ungeheuer viele Standler aufge-
stellt hatten und auch sehr viele Personen dort durchgingen. Daher
war dieser Marktbesuch sicherlich ganz gut und der soz. Bürgermeister,
ein Gewerkschafter, der das Metallarbeiterheim leitet, meinte, er
hätte auch eine Versammlung in einem Saal machen können, den er
sicherlich gefüllt hätte. So überzeugt bin ich gerade nicht, aber
das Besuchen des Frühschoppens mit einer riesigen Musikkapelle,
Autogrammen, Diskussionen mit ÖVP-Funktionären, insbesondere auch
mit Bauernvertretern hat mir sehr gut gefallen und den paar Umstehen-
den den Eindruck vermittelt, der Minister kann sich mit jedem unter-
halten, hat gute Gegenargumente und vor allem einmal den Wiener
Schmäh. Die Werbewirksamkeit ist allerdings sehr beschränkt. In Hof-
gastein beschwerte man sich bei mir bitter, dass Stockinger jetzt
in einem Interview mit den Salzburger Nachrichten erklärt hat, zur
Sanierung müsse das E-Werk jetzt verkauft werden. Man erwartete von
mir sowohl in Bad Gastein als auch in Hofgastein, dass ich eine dezi-
dierte Erklärung abgebe, wie die Bundesregierung die Sanierung dieser
Gemeinden vornehmen wird. Ich habe natürlich nur erklärt, dass wir
bestrebt sein werden, im Einvernehmen mit der Gemeinde, dem Land, vor
27-1027
allem aber und vielleicht durch entsprechende Unterstützung
des Bundes hier eine Lösung zu finden. Die Erklärung von
Stockinger war daher ein ausgesprochener Fehlgriff und hat in
der Partei dort grosse Unruhe ausgelöst. Ich habe es ihm
daher in Salzburg, als ich ihn bei der Diskussion mit dem Freien
Wirtschaftsverband und dem BSA getroffen habe, in ganz kleinstem
Kreis gesagt. Steinocher, der auch zufällig dabeistand, war so
wütend auf Stockinger, dass er meinte, der soll sein Mandat zurück-
legen. Wirklich empört waren aber alle ganz besonders glaube ich
in ganzen Salzburger Parteikreisen, weil Stockinger jetzt erst
von einer dreiwöchiger Studienreise aus Südamerika zurückge-
kommen ist. Dass Walter einen solchen Fehler macht, hätte ich
niemals von ihm erwartet. Wie allerdings die Gemeinden saniert
werden können, weiss ich momentan auch nicht. Hier wird selbst-
verständlich das Institut der Salzburger Sparkasse, wo Stockinger
ein gewichtiges Wort mitzureden hat, und vor allem das Land ent-
sprechende Vorschläge machen müssen. Dass die Bauten in diesen Ge-
meinden, sie es das Kongresshaus, sei es in Hofgastein das Kurzen-
tum, notwendig sind und waren, steht ausser jeder Diskussion.
Mit Friderichs hatte ich die erste Aussprache sowohl in der Oper
als auch anschliessend in einem Restaurant in der Döblinger Haupt-
strasse. Dieses Zusammensein war ausdrücklicher Wunsch von Friderichs
der abgelehnt hat, mit den deutschen Herren und insbesondere den
offiziellen deutsch-österreichischen Handelskammer-Leuten zusammen
zu sein. Er war noch so beeindruckt von dem letzten improvisierten
Heurigen-Besuch, dass ich gerne die Gelegenheit ergriff, mit ihm
wohin zu fahren. Dr. Dersch hat dies ganz gut organisiert, aller-
dings auf Vorschlag und Information der Direktion der Staatsoper.
Ich glaube, dass Friderichs immer wieder beeindruckt ist von
unserer Improvisationskunst. Die ersten Gespräche ergeben schon,
dass Friderichs damit rechnet, im nächsten Jahr doch zu einem
grösseren Konjunkturaufschwung zu kommen, wobei er allerdings
glaubt, dass der Vorschlag der 5 weisen, 5,5 % Bruttonational-
produktsteigenung zu erreichen, nicht drinnen ist. Für die Regierungs-
parteien ist es aber vorteilhaft, da jetzt die Opposition nicht
mehr die Regierung angreifen kann, wegen Optimismus sondern
höchstens den Sachverständigenrat. Friderichs selbst hat sich sehr
zurückhaltend über diese Produktionssteigerung resp. den Konjunktur-
aufschwung geäussert. Friderichs war jetzt auch in China und wir
27-1028
haben festgestellt, dass sich an der Auffassung der chinesischen
Regierung nichts geändert hat. Keine Kreditgeschäfte, alles bar
bezahlt, keine Konsumgüter nur notwendige Produktionsmittel. China
möchte aber jetzt auch Rohstoffe exportieren und wird dadurch
in ein wesentlich besseres Zahlungsbilanzverhältnis kommen und
mehr Waren aus Westeuropa importieren. Friderichs, der am nächsten
Tag mit der FPÖ-Leitung frühstückt, wollte auch von mir wissen,
wie es jetzt in der FPÖ und insbesondere im Verhältnis zur
SPÖ steht. Ich erklärte ihm nur, dass ich korrekte Beziehungen
insbesondere zu den Wirtschaftsleuten Hanreich und Stix unterhalte.
Da ich eine Personalfrage positiv für die FPÖ löste, weil diesem
Mann im Ministerium wirklich Unrecht geschehen ist, habe ich der
FPÖ ein gewisses objektives Verhalten gezeigt. Ich erklärte Fri-
derichs, dass Peter vor den letzten Wahlen erklärt hat, keinen
sozialistischen Bundeskanzler zu unterstützen und jetzt erklärt,
es muss die absolute Mehrheit der SPÖ gebrochen werden und dann
wird man sehen, wer in das Regierungsprogramm mehr freiheitliche
Ideen aufnimmt. Peter hat auf alle Fälle erklärt, eine Koalition
wird es nicht über Nacht geben wie in der BRD. Friderichs meinte,
sie hätten das müssen machen, weil sie innerparteilich sonst nie-
mals einen Beschluss hätten durchsetzen können. Friderichs hat
mir auch zugesichert, er wird nach dem Frühstück mit der FPÖ
sofort zu meinem Pressefrühstück kommen. Friderichs legt grössten
Wert darauf, mit mir guten Kontakt zu haben, lehnt selbst Einladungen
von höheren deutschen Gästen ab, was mich eigentlich sehr verwundert.
Die Deutschen sieht er zwar immer, braucht sie aber auch, mich
aber nicht.