31.7.1975
Juli, August in Kärnten und Osttirol
Dipl.Ing. Benedikter, derzeit Betriebsleiter vom Kraftwerk Malta,
sollte laut Vorstellung Hautzenbergs in die Verwaltung nach Klagen-
furt zurück. Er müsste Dpl.Ing. Gmeinhart, welcher wahrscheinlich zur
Österreichischen Tauernkraftwerke kommt, ablösen. Trotzdem ich per-
sönlich auch mit Benedikter einige Male gesprochen habe sowie seine
Frau gefragt habe. beide lehnen entschieden ab. Hauptgrund – er ist
durch einen Herzinfarkt und sonstige gesundheitliche Konstellation
den nervlichen Anspannungen nicht gewachsen. Er selbst bezeichnet
sich sich noch als guten Durchführungsmann, aber keinen Stabsmann.
Typisches Beispiel er organisiert ganz hervorragend die Fraktion
und vor allem auch die Parteiorganisation in der neuen Gemeinde Reisseck,
die aus Kolbnitz, Mühlbach und noch einer dritten Ortschaft besteht.
Ich selbst habe Gelegenheit überraschend bei einer Besprechung mit
Jungen Generationsleuten, die er organisiert hat, anwesend zu sein
und kann feststellen, dass er wirklich ein guter Organisator ist.
Körperlich ist er allerdings sehr gut beisammen, da wir gemeinsam
nach stundenlangen Hatscherer sogar den Salzkofel machen, den weder
er noch irgendjemand anderer uns zugetraut hätte.
Die Arbeiten in Malte gehen programmgemäss weiter. Die Stollenauf-
schliessungen sind fertig, der Rückschlag in Gösskar, wo eine Lawine
das ganze Lager zerstört hat, aufgeholt, durch einen reinen Zufall
war an diesem Tag nach Ostern überhaupt niemand im Lager. Sonst
hätte es Dutzende Tote gegeben. Die ÖDK Betriebsleitung hatte bereits
überlegt, ob man nicht die Arbeit an diesem Tag bereits aufnehmen sollte.
Wieso es dann unterblieb weiss eigentlich niemand ganz genau.
Bei der Malta-Besichtigung, an der Frühbauer ebenfalls teilnahm,
vereinbarte ich, dass es doch zweckmässig wäre wir setzen uns noch einmal
zusammen um das Kelag-ÖDK-Problem zu lösen-. Da Bandhauer beabsichtigt
hat, sowieso nach Klagenfurt zu kommen, trafen wir uns dann in Kolbnitz.
Frühbauer ist furchtbar verärgert, dass es bis jetzt noch zu keiner
Lösung gekommen ist und meinte in Vorarlberg wird alles positiv erledigt
obwohl es sich um ein schwarzes Land handelt, in Kärnten aber macht
man nichts als nur Schwierigkeiten. Dr. Hofstätter, der zweite Kelag-
Direktor, meinte mir gegenüber, die Stimmung sei sehr sehr schlecht
und ganz besonders wegen der Stimmung beklagte sich Hautzenberg.
Hofstätter meinte sie werden eine Klage wegen Zuhaltung des Vertrages,
wo seinerzeit die Direktoren der Verbund 50 % der ÖDK Aktien an die
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Kelag in Aussicht gestellt haben, einbringen. Dies würde mir gerade
noch fehlen. Die Klage ist bereits aufgesetzt, wie Pacheiner mir
mitteilte. gelang es dann nach einem Tag Verhandlungen
und vielen Vorbesprechungen vorher eine Lösung jetzt konkret auszu-
arbeiten. Über drei Punkte gelang eine Einigung und damit dürfte der
Vertrag jetzt endlich perfekt sein. Erstens die Selbstkostenberechnung
des Stromes aus Malte die die Kelag bezahlen muss. Bandhauer be-
hauptet wenn die normale degressive Abschreibung kommt, dann würde
in den ersten Jahren, wo die Kelag den 15 % Anteil des Maltastromes
nicht übernehmen kann, die Verbund die hohen Stromkosten bezahlen.
Bei der degressiven Abschreibung beginnt es mit 1.30 Schilling die
Kilowattstunde und würde nach 10 Jahren 1.13 Schilling sein. Bei
den nun geeinigten Annuitätenberechnungen, d.h. gleichmässig die
Strompreise festzulegen, wird 1.15 Schilling nach der jetzigen Lage
sein. Angenommen wird das Fremdkapital mit 9.5 % und das Jahresarbeits-
vermögen mit 913 GWh. Die Summe aller Kosten ohne Eigenkapital beträgt
derzeit 9 Milliarden 258 Millionen Schilling inkl. Bauzins. Bandhauer
errechnet für die Verbund einen Verlust von 50 bis 60 Millionen weil
er den Strom maximal um 90 Groschen die Kilowattstunde derzeit verkaufen
kann. Die Kelag wollte noch eine Pauschalierung für die Kapitaldienst
und die Betriebskosten, man einigte sich dann aber doch dass die Verbund
durchrechnen wird, was der Kapitaldienst und die Betriebskosten kosten.
Bezüglich der Abnahmeverpflichtung wurde festgestellt, dass das Anbot
der Verbundgesellschaft schlechter ist, als dass was die Kelag bereit
war zu leisten, nämlich wenn Leistung und arbeitsmässig von der Kelag
unterzubringen ist, dann wird Maltastrom laut Kelagvorschlag übernommen
Man einigte sich daher auch auf diese Formulierung insbesondere nachdem
man jetzt nicht mehr das Degressionssystem, sondern die Annuitäten-
lösung gefunden hatte. Eine lange Auseinandersetzung war die Gewinn-
zuteilung. Bandhauer war bestrebt einen bestehenden Vertrag zu ändern.
Frühbauer war natürlich nicht bereit darauf einzugehen. Dafür habe
ich volles Verständnis, denn was man vertraglich hat, braucht man
keinesfalls bei Neuverhandlungen aufgeben, wenn es der andere will.
Letzten Endes hat auch Frühbauer Pacheiner zurückgepfiffen, als
dieser die Donaulösung für die Kelag wieder ins Gespräch bringen
wollte. Auch hier meinte Frühbauer, der Vertrag ist perfekt mit der
DoKW, daher gibt es keine wie immer geartete Möglichkeit daran zu
rütteln. Letzten Endes einigten wir uns darauf, dass für die Altanlagen
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die Kelag beginnend mit Lavamünd und Schwabegg, aber auch für
andere Leistungen 3 Millionen Schilling im Jahr bekommen kann und
wird. Bandhauer wird mit diesen Kompromiss in den Verbundvorstand
gehen. Ich habe in Osttirol dann mit Erbacher darüber geredet und
ihm gesagt, dass er nötigenfalls im Verbundvorstand dirimieren
muss, wenn die ÖVP Schwierigkeiten machen sollte. Da Arthold aber
seinerzeit den 50:50-Vertrag mitunterschrieben hat, glaube ich
wird man sich jetzt endgültig zu einer Lösung durchringen. Die Klage
auf Zuhaltung ist der Kelag ohne weiteres zuzutrauen, da sie auch
seinerzeit als es um ihren Anteil Lavamünd-Schwabegg in eine Klage
eingebracht hat, er erst mit einen Vergleich 1968 in Verbindung mit
den Koordinationsverträgen aussergerichtlich endete. Ich habe niemand
im unklaren gelassen, dass ich dies gar nicht brauchen könnte. Mit
Vorarlberg einigen wir uns und mit Kärnten führen wir Klage. Berech-
tigte Wünsche und vor allem Zusagen von vorhergehenden Direktoren
aber auch Ministern, sind eben einzuhalten. Nach wie vor aber habe
ich Frühbauer immer wieder zu verstehend gegeben, dass ich nicht
verstehe, dass er nicht in seiner 3-jährigen Elektrizitäts-Minister-
zeit dieses Problem löste. Frühbauer ist selbst darüber sehr verärgert
und meint, Schuld sei die Kelag, die ihm keine diesbezüglichen In-
formationen resp. Anstösse gegeben habe.
Der Kärntnerbesuch war, da wir jetzt hoffentlich endlich zu einer
Lösung gekommen sind, sehr erfolgreich. Für mich persönlich auch,
weil ich nicht nur Malte besichtigen konnte, die Betonierung ist
ein wenig in Rückstand, sie müsste durch den harten Winter jetzt
in den 6 Monaten wo sie betonieren kann, 1 Monat einbringen, was
äusserst schwierig sein wird. Trotzdem schreitet das Bauwerk
rüstig vorwärts. Problematisch ist nur die gigantische Höhe der
Kosten. Da die Bachfassungen alle sehr hoch liegen die ich besichtigte
und ich anschliessend daran einen entsprechenden Gipfelbesuch anbinden
kann, Reisseck, Hafner usw., bin ich wirklich sehr glücklich. über
diese Kompetenz und diese Tätigkeit. Ausserdem ergibt sich hier eine
wirkliche längere Möglichkeit mit Fachleuten über Fachprobleme zu
diskutieren, aber letzten Endes auch über Personalentscheidungen.
Jedermann bestätigt mir auch dann, wenn es zu seinem Nachteil ist,
dass Gmeinhart der einzige mögliche Nachfolger von Nyvelt ist. Gmeinhart
hat sich um den Posten bis jetzt nicht einmal noch beworben. Ich
glaube dass dies aber auch gar nicht notwendig ist. Die zuständigen
Organe werden wenn sie den besten Mann nehmen, keinen anderen haben als
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Gmeinhart.
ANMERKUNG FÜR GEHART: Bitte kläre den Zeitplan und den formellen
Weg der Bestellung
In Osttirol habe ich mit Erbacher die nächste Tätigkeit und insbesondere
die energiewirtschaftliche Situation besprochen. Vor allem setzte ich
Erbacher auseinander, dass jetzt eine neue Ära mit der Kelag, nämlich,
wie ich sie bezeichnet habe, die Ära Kolbnitz beginnen soll und muss.
Bis jetzt war es üblich, dass Fraktionsgespräche, aber auch private
Aussprachen dazu dienten um den anderen dann sofort bei offiziellen
Verhandlungen oder sogar in Briefform darauf zu weisen, dass das oder
jenes von ihm angedeutet wurde. Natürlich kann die Verbundfraktion
Erbacher und Bandhauer nur dann endgültig zusagen, bis ein Vorstands-
beschluss vorliegt. Solange soll auch über fraktionelle Besprechungen
nicht bei anderen gegenüber Andeutungen oder gar Behauptungen gemacht
werden. Was ich erwarte und was mit Frühbauer und Bandhauer, Pacheiner
und Hofstätter vereinbart wurde, war eben eine loyalere Zusammenarbeit.
Erbacher war über dieses Ergebnis sehr zufrieden. Er teilt jetzt end-
gültig meine Meinung, dass Vorarlberg und Kärnten, d.h. Illwerkeaktien-
abtretung an das Land und ÖDK-Aktienabtretung an die Kelag, in einem
Zug gemacht werden müssen. Ich wünsche dass dies noch vor der Wahl
Oktober geschieht. Dies nicht aus wahltaktischen Überlegungen, sondern
im Gegenteil, dass niemand nachher zu einer anderen Überlegung kommen
könnte, wie immer die Wahlen auch ausgehen, hier handelt es sich um
Sachfragen, die jahrelang angestanden sind und die ich eben unbedingt
lösen möchte. Erbacher klagt-und ich glaube zu Recht, dass es im
Verbundvorstand immer schwieriger wird.
Die energiewirtschaftliche Situation ist so, dass wir heuer mit
maximal 4 % der Steigerung rechnen können. Dies bedeutet in meinen
Augen – und Erbacher muss mir zustimmen – dass wir lange Zeit das
Atomkraftwerk rausschieben können. Mehr denn je bin ich überzeugt,
dass wir allein aus konjunkturpolitischen Gründen die österreichischen
Rohenergiequellen weiter ausbauen müssen. Dies bezieht sich nicht nur
auf die Laufkraftwerke, nicht nur auf Voitsberg III, sondern vor
allem auch auf Osttirol. Erbacher teilt diese Meinung, wenn auch nur
zögernd und sieht vor allem die grossen Schwierigkeiten die mit den
Landesgesellschaften entstehen werden. Dies ist mir vollkommen klar,
da die Landesgesellschaften beim zweiten Kernkraftwerk direkt beteiligt
sind und dadurch einen grösseren Einfluss haben, als wenn jetzt die
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Verbundgesellschaft ihre Projekte vorzieht. Ich erkläre Erbacher
rundweg ich bin bereit mit den Landesgesellschaften zu verhandeln.
Da eine Strompreiserhöhung sicherlich kommen wird glaube ich werden
auch die Landesgesellschaften Verhandlungen leichter zugänglich sein
als wie wenn sie nicht etwas auch von mir brauchen. Erbacher fürchtet
ungeheuren Widerstand der Länder. Da die Verbund jetzt dominierend
Strom zur Verfügung stellen kann und deshalb eben der Ausbau von
Kernkraftwerk II zurückgestellt werden muss. Erbacher gibt zu, dass
ausserdem noch viele Probleme ungelöst sind. Die Endablagerung
ist noch immer nicht klar da sich jetzt herausstellt, dass sie nicht
nur bewacht werden muss, sondern hunderte Jahre auch gekühlt werden
muss.
ANMERKUNG für GEHART und WANKE: Wer kann uns hier wirklich verläss-
liche Auskunft geben.
Bevor ich die einzelnen Ortschaften besichtigte und mit den Bürger-
meistern und Fremdenverkehrsverantwortlichen Gespräche führte, hatte
ich Gott sei Dank Gelegenheit mit unseren Genossen in Lienz über
meinen Osttirolaufenthalt zu sprechen. Landtagsabgeordneter Idl,
insgesamt 10 Genossen waren sehr begeistert dass ich ihnen die Ge-
legenheit gab. Noch mehr waren sie aber beeindruckt als ich ihnen
zusicherte bevor ich wegfahre würde ich mich mit ihnen noch einmal
zusammensetzen um die Ergebnisse zu besprechen und dann ihre Wünsche
die sie auf Grund dieser Ergebnisse vielleicht hätten, mitnehmen.
Sie sagten freimütig, dies war noch niemals der Fall. Wie schwierig
es unsere Genossen in diesem Land haben zeigt ein typisches Beispiel.
In Matrei sind glaube ich von 15 Gemeinderäten einer von unserer
Fraktion. Er war nicht nur glücklich mit mir zu reden, sondern noch
mehr über Detailinformationen dann zu verfügen, die ansonsten nur
der Bürgermeister der mit mir verhandelt hat und der Vizebürgermeister
besitzt.
Die grösste Schwierigkeit gab es tatsächlich auch in Matrei, aber weniger
wegen des Kraftwerkes, als wegen der jetzigen zu bauenden 380.000-kV-
Leitung durch 35 km Gemeindegebiet. Nach zweimaligen stundenlangen
Verhandlungen zeigt sich auch hier jetzt ein Kompromiss. Der neue
Bürgermeister Köll, 11/2 Jahre im Amt, hat die Trasse seines Amts-
vorgängers nicht akzeptiert. Die Verbundgesellschaft war bereit einen
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Sportplatz zu umgehen, dadurch 700 m längere Leitung in Kauf zu nehmen
und allein deshalb 1 Million Schilling aufzuwenden. Weiters war die
Verbundgesellschaft bereit einen Betrag von 500.000 Schilling der
Gemeinde als Entschädigung zur Verfügung zu stellen. Der Bürgermeister
bildete sich ein, 1,6 Millionen Schilling zu verlangen, weil es sich
hier um eine Landschaftsbeeinträchtigung handelt. Insgesamt wollte er
überhaupt eine ehrliche Entschädigung, wie er sie von der TAC der
Pipeline mit 3 Millionen und von der Felbertauernstrasse mit 2,8
Millionen Schilling pro Jahr bekommt. Dies ist aber nach dem Gesetz
gar nicht möglich. Ausserdem ist die Verbund an die Generalversammlung
des Verbandes der EVUs gebunden, weil jedes Leitungsentschädigungszuge-
ständnis sofort auf alle anderen Gesellschaften und alle Bundesländer
wirkt. Als Kompromiss haben wir gefunden, dass die Verbundgesellschaft
eine Akonto-Zahlung von 1 Millionen zinsenloses Darlehen der Gemeinde
gibt. deren Zurückzahlung bei der Kraftwerkentschädigungsabrechnung
auf ein Minimum reduziert wird. Der Bürgermeister hat allen Ernstes
geglaubt er kann einen zinsenlosen Kredit für 5 Millionen Schilling
durch 5 Jahre bekommen. Er möchte nämlich nicht das Kraftwerk jetzt
bereits heranziehen, weil er sich dadurch präjudiziert, wie er sich
ausdrückt. Es wird hier noch grosse Schwierigkeiten geben. Anstelle
der 500.000 Schilling hat er allerdings bei der Enteignungsentschädigung
dann nur 189.397.– Schilling bekommen. Gott sei Dank war ich schnell
von Begriff und habe sofort mitbekommen wie es zu dieser Enteignung
gekommen ist. Der Bürgermeister hatte den Fehler gemacht, den Arbeitern
das Betreten des Grundstückes zu verbieten, der Leitungsbau hätte
eingestellt werden müssen, die Terminpläne wären nicht einzuhalten ge-
wesen. Deshalb hat Sekt.Rat Dr. König sofort die Enteignung innerhalb
kürzester Zeit durchgeführt. Es ist dies allerdings das erste Mal
dass eine Gemeinde enteignet wurde.
ANMERKUNG für GEHART: Wieso wurde ich vorher nicht verständigt?
Die Enteignung hat nun bei allen Bürgermeistern und Fremdenverkehrs-
verantwortlichen, ja wahrscheinlich bei der ganzen Bevölkerung den
Eindruck erweckt, die starke Elektrizitätswirtschaft kann die kleineren
Gemeinden und insbesondere die Einzelbesitzer, Bauern usw. jederzeit
an die Wand drücken. Ich habe deshalb allen Bürgermeistern von
Prägraten, Virgen, Kals und Matrei versichert, dass ich jederzeit
für sie zur Verfügung stehe, sie sollen mir schreiben, wenn sie sich
benachteiligt fühlen. Meine Funktion wird es sein, ein objektiver
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Vermittler in dieser Angelegenheit zu sein.
Die Aussprache mit dem Ökologen Prof. Franz und Prof. Wagner war für
mich sehr interessant. Ursprünglich wollten sie 11 Millionen Schilling
und wir haben uns dann auf 5 Millionen Schilling geeinigt, die 12
Professoren mit ihren Assistenten im Laufe der nächsten Jahre ver-
brauchen können, um ein ökologisches Gutachten zu erstellen. Jetzt be-
reits steht fest, dass sie die letzte dritte Variante als die beste
halten. Hier werden die Bäche verhältnismässig hoch gefasst und im
Dorfmund-tal ein Grosspeicher mit 240 Millionen cbm errichtet. Die
Aussprache mit den Bürgermeistern verliefen phantastisch gut. Ich war
selbst davon angenehm überrascht. Teilweise sind die Bürgermeister und
Fremdenverkehrsverantwortlichen mit mir bis auf die höchsten Hütten
mitgestiegen, teilweise habe ich sogar bei Ihnen bewohnt, vor allem
aber haben wir immer fleissig getrunken und gesungen. Diese Leute
können sich gar nicht vorstellen, dass ein Wiener Minister so gesellig
ist und so auf ihre Art eingeht. Ausser mit dem Schnaps gab es keine
Schwierigkeiten.
Ich erfuhr durch reinen Zufall, dass auch die Kraftwerksgegner
unter Führung eines Mittelschulprofessor Dr. Retter aus Lienz anwesend
waren. Diese haben sogar teilweise entsprechende Gegenaktionen or-
ganisiert. Ich konnte Plakate finden beim Aufstieg, wo stand, dieser
Bach soll verschwinden, oder Kraftwerksangehörigen ist das Betreten
der Schlucht verboten. Trotzdem war die Aktivität des hier ent-
wickelten verhältnismässig gering. Vor allem waren die aber erstaunt,
als ich sofort Kontakt mit ihnen aufnahm, ja sogar suchte. Wir dis-
kutierten dann stundenlang auf der Hütte, bevor wir dann auch wieder
gemeinsame Lieder sangen und vor allem beim Abstieg. Der wichtigste
und tüchtigste Mann ist aber Ing. Oberleitner von der Verbund, der
die eine Hälfte der Studiengesellschaft Osttirol repräsentiert. Der
kaufmännische Vertreter Praxmarer von der Tiwag war nicht anwesend,
sondern hatte seinen Vorstandskollegen Dr. Lauffer geschickt. Dir.
Kandolf und Nyvelt von den Tauernkraftwerken sowie zwei Vertretern
der TKW, insbesondere mit einem Kandidat für Nyvelt-Nachfolger, Ing. Ofen-
örl, verstand ich mich auch sehr gut. Die Seele aber ist nach wie vor
Oberleitner. Er spricht sich mit den Bauern und den Gemeindevertretern
sehr gut, ist überall angesehen, kennt die Materie und wird sicherlich
auch optimale Lösungen bei Verhandlungen mit Einzelbesitzern und
ganz besonders den Gemeinden erreichen. Prägraten wünscht eine
Strasse zur Johannes-Hütte. Dann sollte von dort aus eine Venediger-
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erschliessung erfolgen. Die Seilbahntrasse ist bereits geplant.
Unsere Genossen möchten, dass wir uns an der Wegbaugemeinschaft
beteiligen. Da es sich um eine Fremdenverkehrserschliessung ebenfalls
handelt, habe ich ohne dass ich es auch dort nur angedeutet habe,
die Absicht, eine Beteiligung von ca. 100.000 Schilling zu machen. Das
Land hat angeblich eine Beteiligung bis jetzt abgelehnt. Das Projekt
kostet 15 Millionen Schilling und soll zu 80% aus allen Wirtschaftsinteressengemeinschaft , d.h. aus einer Almerschliessung finanziert
werden, die scheinbar der Landwirtschaftsminister übernimmt. 20%
hätten die Gemeinden der Fremdenverkehrsverband aufzubringen.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte unverzüglich mit Würzl die Überweisung von
100.000 Schilling zu besprechen, und sofort durchführen.
Die Kalser, die am meisten betroffen sind, weil die Dorfneralm vollkommen
mit dem Speicher überflutet wird und es sich dort wirklich um ein
ausgesprochenes Ausflugsgebiet handelt, möchten dass für den Winter-
sport die Kreiwiese erschlossen wird. Hier handelt es sich um ein
50-Millionen-Projekt, wovon 20 Millionen ERP-Mittel kommen sollen.
Kals lebt ausschliesslich vom Fremdenverkehr, hat im Sommer 140.000
Übernachtungen und im Winter nur 50.000, weil keine sichere Schnee-
lage in den unteren Regionen ist. Auf den Kreiwiesen hätten sie damit
endgültig auch ein Winterski-Projektgebiet.
Felbertauernstrasse Dr. Blecha, der Direktor von unserer Seite, er-
zählte mir, als ich sie besichtigte, dass zwei Studien von ihnen
in Auftrag gegeben wurden. Eine an das Raumplanungsinstitut Dr.
Kastner über die Erschliessung dieser Region und eine zweite an das
Wirtschaftsforschungsinstitut, Seidel. Auch andere Stellen haben derzeit
Studienaufträge. Der allgemeine Eindruck ist jetzt, aber ist genug
studiert, man soll jetzt endlich konkrete Arbeiten angehen. Oberleitner
selbst meint auch, es müsste jetzt fremdenverkehrsmässig endgültig
entschieden werden, damit die Studiengesellschaft für die Elektrizi-
tätswirtschaft auch entsprechende Pläne ausarbeiten könnte, die koor-
diniert werden zwischen Wünschen Fremdenverkehr und Elektrizitätswirt-
schaft.
ANMERKUNG für WAIS und GEHART: Würzl muss unbedingt jetzt eine Sofort-
lösung in Angriff nehmen.
Ein Minister ist in dieser Gegend so selten, dass man mich überraschende
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weise am Sonntag noch zu einer Eröffnung eines Fussballplatzes
nach Prägraten eingeladen hat. Der ÖVP-Unions-Landtagsabgeordnete
meinte sogar vor Jahren hätte einmal Aussenminister Figl in Lienz
einen Fussballplatz eröffnet, jetzt sei es der Handelsminister und man
sei darüber sehr froh. Ganz bin ich davon nicht überzeugt, aber
sicher ist, dass die örtlichen ÖVP-ler von meinem Verhalten sehr über-
rascht waren. Sie haben sich einen Minister wahrscheinlich ganz
anders vorgestellt. Oberleitner hat auch vollkommen richtig nicht
nur alle Leute eingeladen, sondern uns in die jeweiligen Ortschaften
einquartiert. Durch das öftere Übersiedeln war es fast unvermeidlich,
dass letzten Endes gerade in der letzten Nacht zwei Taschen aus dem
Auto gestohlen wurden.Abgesehen von der Brille meiner Frau, die sie
dringendst braucht, sind alle Ausweise von mir und insbesondere auch
die beiden Dienstpässe weg. Ich habe deshalb auch nicht über Deutsch-
land nach Hause fahren können, sondern musste mich ständig auf
österreichischem Gebiet bewegen-. Hier konnte ich mit entsprechendem
Verständnis rechnen, falls irgend etwas passiert wäre. Mein Besuch
war ansonst aber wirklich ein grosser Erfolg. Die Genossen zumindestens
waren begeistert, ja selbst politische Gegner versicherten mir, sie
wünschten dass ich öfterts käme, auch dann wenn ich ihnen, wie es ja
meine Art ist, keinerlei Versprechungen gemacht habe. Das einzige was
ich zusagte war, dass ich mich über die Projekte im einzelnen infor-
mieren werde und dass ich trachten werde, ein objektiver Vermittler
zu sein.