Sonntag, der 22. Juni 1975

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Sonntag, 22. Juni 1975

Der Ausflug mit Osman war wirklich ein voller Erfolg. Das seinerzeit
unbedeutende Wirtshaus in Losenheim von Wanzenböck hat sich jetzt
in einen sehr stattlichen Forellenhof herausgeputzt. In meiner Jugend
sagten wir noch zu diesem Dorfwirtshaus Wanzenburg und seit dieser
Zeit kenne ich es. Wanzenböck hat sich auch das Kurmittelhaus in
Puchberg gekauft, daß die Gemeinde errichtete. Es war ein riesiger
Defizitbetrieb und Wanzenböck hat es um 800.000 Schilling erworben.
6 Personen der Familie inklusive Schwiegersohn sind in den beiden
Betrieben tätig und wie er mir versichert von zeitig früh, bis spät
in die Nacht. Diese Privatinitiative ist ja wirklich durch keinerlei
System, weder sozialistisches mit Planung, noch großkapitalistisches
mit riesigem Zentrum zu ersetzen. Wir fahren auch mit dem
Lift am Schneeberg hinauf und Osman ist begeistert auf der Alm dort
Kühe zu sehen. Er ist sofort bereit für die Kanalzone eine Land-
wirtschaftsfarm, ähnlich wie wir es in Tunesien errichtet haben,
zu kaufen. Zaki, der die Ägypter genau kennt, er ist ja selbst einer,
hat am Vortag alles genau besucht und bringt auch das Fischzeug mit.
Das Essen ist sehr gut, nur viel zu viel, das Wetter herrlich, die
Landschaft beeindruckt die Ägypter ungeheuerlich. Osman hat einen
Fotografen von München mitgebracht, der ihn einmal in Ägypten
fotografierte und der jetzt scheinbar bei seinen Auslandsreisen sein
Leihfotograf wird, der natürlich herrliche Aufnahmen schießen
kann. Außerdem hat Osman noch Presseleute mit die sich interessieren
wie ich mir vorstelle, daß so schnell als möglich die Hilfe für
Ägypten geleistet wird. Auch jetzt kein Wort von wer was bezahlt.
Ich erkläre, damit man eben so schnell als möglich die Projekte
verwirklichen kann, daß wir für das Tunnelprojekt die Planungs-
kosten übernehmen. Bei der Rückkehr ins Hotel lädt mich Osman
mit den Botschafter allein in sein Zimmer. Meine Frau bekommt
Geschenke und was ihm scheinbar das wichtigste ist, er gibt mir
handgeschrieben auf einem Zettel schriftlich die Wünsche von
Ägypten bekannt. Dies wären gigantische Exportmöglichkeiten.
Wieder kein Wort wie es bezahlt werden soll. Der ägyptische Bot-
schafter meint nur, es wäre so wichtig wenn wir ein Protokoll
im Laufe der Verhandlungen machen könnten, was ich selbstver-
ständlich zusichere. Osman wäre sehr froh, wenn wir in diesem Pro-
tokoll so konkret wir möglich würden. Er ist z.B. überrascht und
glücklich von mir zu erfahren,


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daß handwerklich erzeugte Waren zollfrei eingeführt werden
können. Ich ersuche den ägyptischen Botschafter sofort mit den
entsprechenden Verhandlungen mit dem Handelsministerium und Finanz-
ministerium zu beginnen, weil dies in einem Abkommen festgelegt
werden muß.

Immer wieder versucht mich Osman davon zu überzeugen, daß ich
so schnell als möglich nach Ägypten kommen sollte. Er ist traurig,
daß er mich nicht bei meinem Ägyptenbesuch kennengelernt hat.
Er hat als einziger in der Regierung ein Flugzeug, daß zu seiner
Verfügung steht. Er möchte mir vor allem mal seine Leistungen
am Suezkanal zeigen. Da ihm alles viel zu wenig schnell geht,
möchte er eben eine automatische Ziegelfabrik, eine automatische
Holztüren und Fensterfabrik, eine Fertigteilbaufabrik und dann
schreibt er mir noch eine ganze Liste von Waren auf, die er sofort
kaufen möchte. Wir Ägypter sagt er und ganz besonders der Präsident
Sadat seien von Österreich begeistert und er möchte mit Österreich
deshalb ganz große Geschäfte machen. Wieder kein Wort davon, wer be-
zahlt.

Osman ist sehr befriedigt, daß ich vormittags noch mit den für
mich Verantwortlichen der ARGE Tunnelbau Freibauer gesprochen habe.
Dieser hat mich nämlich auch besonders ersucht, darauf aufmerksam zu
machen, daß Österreich in der Entlüftung des Tunnels jetzt ganz
neue Erkenntnisse unter einer wissenschaftlichen von Hochschulen
und Praktiker eben unseren Baufirmen zusammengesetzten Arbeits-
gruppe entwickelt hat. Freibauer hat hier wirklich Pionierarbeit
in Österreich geleistet. Ich selbst kenne mich natürlich in den
Details nicht aus, bin deshalb auch in Aussagen sehr vorsichtig,
erkläre nur Osman, daß er am nächsten Tag Gelegenheit haben wird,
die wichtigsten Bauunternehmungsvertreter kennenzulernen. Sehr be-
eindruckt ihn auch von Porr der Leistungsbericht des Tauerntunnels.
Da am Samstag die offizielle Eröffnung war und die Ägypter davon
wußten, trifft sich unsere Gespräch über einen Tunnelbau in
Ägypten, zeitlich äußerst günstig.

Für mich vollkommen neu ist die Erklärung, warum es in Ägypten
zu so vielen Bränden kommt. In den Nachrichten hat man in Österreich
mitgeteilt, daß der Nationalzirkus abgebrannt ist, nur 3 Elefanten


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überlebten, die anderen Tiere mußten erschossen werden, daß
dort ein Theater ebenfalls verbrannte und auch sonst glaube ich
ein größerer Brandschaden zu verzeichnen war. Der ägyptische
Botschafter meint, bei ihnen brenne es sehr oft, weil Firmen die
Schwierigkeiten haben, bevor diese Machinationen aufgedeckt werden,
ganz einfach, vom Portier angefangen, wenn er daran beteiligt ist,
bis zum Generaldirektor, bereit sind, um die Aufdeckung zu verhindern,
den Betrieb in Brand zu stecken. Dies sei nach Auffassung des Bot-
schafters der Grund, warum so viel verbrennt. Osman wieder erzählte
mir als der Botschafter nicht dabei war, daß Libyer sozusagen
im Auftrag von Gaddafi oder irgendwelche politische Elemente die
Ägypten schaden wollen, wobei er kein Wort über Israel sagte, also
scheinbar aus dem ägyptischen Lager heraus selbst, diese Brände
legen. Der Sekretär von Osman mit dem ich in der Sauna und schwimmen
war, meinte, daß die Ägypter jetzt ganz ein neues stolzes National-
bewußtsein entwickeln können, weil sie eben den letzten Krieg
nicht verloren haben. Beim vorhergehenden waren sie total am Boden
zerstört, hoffnungslos deprimiert, sie dachten kaum an Wiederaufbau.
Jetzt ist dies alles ganz anders. Jetzt haben sie nur mit Libyen
Schwierigkeiten, aber alle anderen arabischen Staaten seien für sie
Freunde. Nach der Niederlage des vorherigen Krieges hat es ganz
anders ausgesehen.

Obwohl Osman ein Managertyp ist, der sicherlich für das Protokoll
gar nichts übrig hat, ist es furchtbar schwer für die Frau eine
entsprechende Begleitung zu finden. Die vom Protokoll vorgesehene
Österreicherin, die 5 Jahre in der österreichischen Botschaft in
Ägypten mit ihrem Mann war, kann leider kein Arabisch. Einen Dol-
,metsch den sie Frau Osman zur Begleitung geben würden, lehnt diese
wieder ab, wahrscheinlich weil sie einen Mann allein nicht als Be-
gleiter haben will. Erst im letzten Moment entscheidet sich dann
der ägyptische Botschafter in Österreich, daß er aus seiner Bot-
schaft eine Frau, die ebenfalls natürlich Deutsch und Arabisch
spricht, zur Begleitung von Frau Osman abstellt. Das umständliche
bei solchen Problemen macht mich ein bißchen nervös. Bei einer Frau
ist es im Ausland in Wirklichkeit nur wichtig, daß sie jemand be-
gleitet der die Landessprache kennt und sich mit ihr verständigen
kann. Scheinbar ist dies aber doch in den arabischen Staaten anders.
Mein Anbot, daß wir ihr sehr gerne alles, was sie interessiert, zeigen
würden, wird immer dankend abgelehnt. Man ist mit allen zufrieden,


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man möchte nur ein wenig Shopping gehen.

Osman dagegen gibt klar und deutlich zu erkennen, daß er Montag
Abends nicht nur die Oper besuchen möchte, sondern daß er die
technischen Einrichtungen kennenlernen möchte. Sadat beabsichtigt
eine neue Oper in Kairo zu bauen und er möchte jetzt scheinbar
sehen, wie in Österreich dieser Wiederaufbau erfolgte. Ich stimme
dem natürlich sofort zu, weil sich hier große Möglichkeiten für
Waagner-Biro ergeben. Ich bin ungeheuer gespannt, wie dieser Besuch
enden wird, und wie schnell wirklich dann konkrete Geschäfte und
Projekte mit Ägypten abgeschlossen werden können. Ich bin nach wie
vor auf das ärgste gefaßt und kann nur angenehm enttäuscht werden.
Kreisky konnte sich blendend aus der Affäre ziehen, da er nach
Bonn abreisen mußte und deshalb glaubwürdig Osman versicherte,
es tut ihm schrecklich leid, daß er nicht länger mit ihm beisammen
sein kann. Osman hat sicherlich den Eindruck gewonnen, was auch stimmt,
daß Kreisky extra für ihn das Essen gegeben hat und daß er sicher-
lich dann noch wesentlich mehr für die ägyptisch-österreichische Zu-
sammenarbeit getan hätte, wenn er nicht nach Bonn fahren hätte
müssen. Wie ich mich aus dieser Affäre rausziehe, weiß ich noch
nicht.



Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Staatspräsident Ägypten


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: GD Universale


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        Tätigkeit: Dolmetsch


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          Tätigkeit: Bundeskanzler
          GND ID: 118566512


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