Donnerstag, 19. Juni 1975
Bei der BÜRGES-Sitzung teilt die Geschäftsführung mit, dass die
Pressekonferenzen in Wien, aber ganz besonders in Oberösterreich
und der Steiermark sehr gut angekommen sind. Die Anträge zur
BÜRGES-Aktion Gewerbestrukturverbesserung, aber auch Alt-Stamm-
BÜRGES sind äusserst befriedigend und entwickeln sich so wie
1972, als wir ein Hochkonjunkturjahr hatten. Ich rege deshalb an, die
BÜRGES soll doch im Hinblick auf die Pressekonferenzen und deren
gutes Echo nach jeder Sitzung eine Pressemitteilung herausgeben.
Wenn ich mir vorstellen, dass eine Institution wie die BÜRGES, die
immerhin heuer für 1,8 Milliarden Schilling Kreditvolumen Zinsen-
zuschüsse geben wird, in der Öffentlichkeit so gar nicht in Er-
scheinung tritt, so kann ich nur feststellen, dass sie ein ganz
schlechtes Public-Relations-System haben. Die Geschäftsführung ist
von dem Antrag begeistert und meint, sie wird dies selbstverständ-
lich jetzt tun. Die Beiratsmitglieder stimmen dem auch zu, zumin-
destens spricht sich keiner dagegen aus. Der Vertreter der Bundes-
handelskammer Bundesinnungsmeister vom Landesproduktenhandel Meier
meint sogar, man müsse noch viel mehr in den Handelskammerorgani-
sationen über die BÜRGES informieren. Darauf habe ich keinen Ein-
fluss, doch begrüsse ich auch diese Initiative. Ob sie durchge-
führt wird kann ich nicht prüfen.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte kläre ob und welche Information nach
der letzten Sitzung rausgegangen ist. Würzl müsste dies wissen.
Die Betriebsräte der Firma Hamburger intervenieren wegen Finanzierung
ihrer Papiermaschine. Derzeit arbeitet die Firma voll und produziert
50.000 Tonnen Verpackungspapier. Die neue Maschine würde die Kapazi-
tät auf 100.000 erhöhen. Offen ist, ob der E+E-Fonds die Garantie
gibt und insbesondere die Investitionskredit die Finanzierung mit
übernimmt. Telefonisch interveniere ich bei Wirlandner von der
Investitionskredit.
Wirlandner fragt an, ob die Leykam vom Wasserwirtschaftsfond inner-
halb 3 Jahre wirklich die 700 Millionen Schilling bekommt. Diese
will von der Investitionskredit auch 450 Millionen, 500 Millionen
sei Lieferantenkredit und 250 Millionen sollen durch Versicherungen
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aufgebracht werden. Der Rest zu diesem Riesenprojekt sei Eigenfinan-
zierung, die nach Wirlandners Meinung viel zu gering ist. Ich er-
kläre ihm das System des Wasserwirtschaftsfonds, der obwohl er kein
Geld derzeit hat, solche Grossprojekte zusagt. Angeblich genügt,
wenn man eine erste Rate hat, die beträgt glaube ich heuer für
Leykam nicht einmal ganz 20 Millionen, damit übernimmt der Wasser-
wirtschaftsfonds die weitere Finanzierung automatisch. Da die Ein-
nahmen des Wasserwirtschaftsfonds aber sehr gering sind, weise ich
Wirlandner auf den Wunsch Mosers, entsprechende grössere Mittel
im nächsten Jahr zu bekommen. Da hinter Leykam die CA steht, glaube
ich dass eine Finanzierung auch dieses Riesenprojektes gesichert
ist. Wirlander wird sich das Ganze noch einmal überlegen.
Im Parteivorstand berichtet auf Vorschlag Kreiskys, Häuser über die
Sozialversicherungsprobleme, Androsch über die Finanzsituation
und Moser Südautobahnschwierigkeiten. Es gibt keine neuen Erkennt-
nisse dabei und auch keine besonderen neuen Mitteilungen der drei
Referenten. Moser meint nur, er hätte durch die Mindereinnahmen aus
der Mineralölsteuer 1 Milliarde weniger und 700 Millionen hätte man
aus dem Strassenbaufonds abgezweigt für die Land-und Forstwirtschaft
und Verkehrsrückvergütung der bezahlten Mineralölsteuer und Nicht-
benützung der Strassen. Die 8 Milliarden, die ihm deshalb jetzt
zur Verfügung stehen, seien unzulänglich, er wird aber trotzdem den
Autobahnanteil von 43% auf 50% erhöhen. Da er aus diesen Mitteln
auch die Erhaltung der Strasse bezahlen muss, werden für die nächsten
10 Jahre nur 22 Milliarden Schilling Autobahnausbau zur Verfügung
stehen. Ohne Finanzierungskosten würde aber die Südautobahn
allein 22 Milliarden Schilling, mit Finanzierungskosten wahrschein-
lich 35–40 Milliarden Schilling kosten.
Androsch hat einen neuen Schlüssel, er meint, dass 5.000 Arbeits-
plätze durch die Erhöhung des Defizits um 5 Milliarden Schilling.
1974 gesichert werden konnten. 1975 würden durch die 12.5 Milliarden,
die wir jetzt in die Wirtschaft pumpen, ebenfalls 15.000 Arbeits-
plätze gesichert werden. Grob gesprochen also 1 Million Schilling
pro Arbeitsplatz die zusätzlich gesichert werden. Die letztere
Ziffer hat er nicht gesagt, aber die ergibt sich aus seinen Über-
legungen. Androsch entwickelt schön langsam dieselbe Methode wie
Kreisky. die wahrscheinlich auch in die Bevölkerung und ganz be-
sonders in Medien einfacher zu vertreten ist.
Kreisky entwickelt wieder eine neue Theorie. Er meint dass er
sehr froh ist, dass die Bevölkerung jetzt nicht so viel kauft,
denn sie würde sich doch mehr auf die verbilligten Importwaren
stürzen. Es ist viel gescheiter dass sie das Geld in die Sparkassen
und Banken legt, wodurch die Kreditmittel für die Investitionen
zur Verfügung stehen. In dieser Theorie ist glaube ich nur deshalb
ein Fehler, weil derzeit die liquiden Mitteln der Banken und die
Sparkassen sehr gross sind, die Unternehmen aber gar nicht so viel
investieren wollen, da die Gewinnaussichten und die Umsatzsteigerung
für sie nicht zu erkennen sind. Wie sehr Kreisky die ganze Politik
vom Standpunkt der Propaganda sieht und teilweise macht, zeigt am
besten ein Ausspruch, der mir sehr imponiert. "Man kann nicht nur an-
streben, dass man Recht hat, sondern muss in der Öffentlichkeit auch
Recht bekommen".
ANMERKUNG für KOPPE: Dies ist tatsächlich in meinen Augen einen der
entscheidendsten Faktoren in der Public-Relations-Politik.
Eine weitere Erkenntnis war für ihn, dass wir nicht imstande waren,
insbesondere in der letzten Zeit unsere Ergebnisse zu verkaufen,
Schon allein das Wort verkaufen meint er ist falsch, was wir machen
müssten, ist vermitteln. Wir haben uns zu sehr der Werbemethoden der
grossen Industrie verschrieben und wenn wir eine gute Werbekampagne
gemacht haben, waren wir darüber sehr stolz. In Wirklichkeit haben
wir dies viel zu aufwendig und mit geringem Erfolg getan. Der Haupt-
grund liegt, dass wir alles österreichweit propagiert haben. Er
schlägt deshalb eine neue Methode, nämlich die indikative Methode
vor, wo eben die Lokalorganisationen oder die örtlichen Stellen
Ergebnisse die für einen Ort von Bedeutung sind, propagieren müssten.
Dies könnte mit ganz geringem Aufwand durch die Initiative der ört-
lichen Stellen geschehen. Wenn ein Minister irgend etwas macht,
dann soll dies nicht bundesweit propagiert werden, sondern soll durch
die davon betroffenen Gruppen oder durch die betroffene Ortschaft
entsprechend propagandistisch ausgewertet werden. Damit haben die
Leute viel mehr Kontakt mit den Betroffenen, können diese besser
beeinflussen und werden deshalb auch bei Wahlen entsprechend hono-
riert werden.
Die Fraktionsbesprechung mit den Direktoren der Elektrizitätsgesell-
schaften gab mir Gelegenheit einige Punkte zu klären.
Erstens die Preise welche jetzt besprochen werden dürfen erst dann
konkret ans Ministerium herangetragen werden, bis die Tarifstruktur-
besprechungen bei Burian ein gewisses Ergebnis zeitigen. Die meisten
Direktoren stimmten mit mir überein, dass eine Erhöhung des Preises
in diesem Jahr sowieso nicht mehr in Frage kommt. Die Verbund hat
im Regeljahr 200–300 Millionen Schilling Gewinn, jetzt durch die gute
Wasserführung aber bereits bis Mai 420 Millionen Schilling. Demgegen-
über stellt die KELAG fest, dass sie bis April 15 Millionen Schilling
und Wien 32 Millionen Schilling Verlust hat.
Weiters verlange ich von den Direktoren, dass wenn es Differenzen
gibt, so müssten sie diese zuerst fraktionell bereinigen. Sollte
ihnen dies nicht gelingen, dann bin ich gerne bereit mich einzu-
schalten. Drittens verlangte ich, dass wenn es schwierige Probleme
gibt, wie z.B. KELAG-Aktienerwerb von den Draukraftwerken, diese
Probleme nicht immer vor sich hingeschoben werden sollen, sondern
dass man auf alle Fälle zu einer Lösung kommen muss. Auch wenn ein
negatives Ergebnis herauskommt, bin ich dafür dass man eine Lösung
anstrebt und nicht immer alles nur weiterschiebt. Reisinger wollte
von mir wissen, wo es solche Differenzen gibt, ich erklärte aber,
um nicht die Verhandlungen weiter zu stören oder das Klima zu ver-
schlechtern, dass ich keine konkreten Fragen hier besprechen möchte,
da die Betroffenen schon wissen um was es sich handelt.
Die Direktoriumssitzung musste vorzeitig beendet werden, weil
Pacheiner und Hofstätter und Bandhauer zum Aufsichtsrat der ÖDK
zurückeilen mussten, da die Abstimmungsmehrheit dort nicht vorhanden
war. Wie ich anschliessend erfuhr, hat die ÖVP den Sitzungssaal
verlassen, um eine Abstimmung zu verhindern. Präs. Werner hat mich
verständigt, dass die ÖVP erklärt, sie sei wegen der Geschäftsordnung
zeitig unter Druck gesetzt und wünsche deshalb eine Verschiebung.
Werner möchte diesem Wunsch nachkommen. Ich stimmte auch diesem
Wunsch zu, wenn die Fraktion des Aufsichtsrates ebenfalls bereit
ist, einem solchen Wunsch der ÖVP nachzukommen. Ich liess aber
Werner nicht im unklaren, dass ein materielles weiteres Entgegen-
kommen schwer möglich sein wird. Die ÖVP hätten am liebsten in der
Geschäftsordnung, die beschlossen werden sollte, keinerlei Änderungen
gegenüber dem jetzigen Zustand vorgenommen. Die Fraktion ist aber be-
reits sehr weitgehend der ÖVP entgegengekommen. Der letzte Vorschlag
war, dass die strittige Personalabteilung unter den ÖVP-Hauptab-
teilungsleiter bleibt, da die ÖVP auch diesen Vorschlag nicht ak-
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zeptierte, wurde dann mit Mehrheit der vorletzte Vorschlag be-
schlossen. Personal untersteht beiden Direktoren. In allen anderen
Punkte hatte man sich geeinigt.
Im Bundesrat erzählte mir Prechtl, dass es wegen des Verkehrsbüros,
der Verkehrskreditbank und der Versicherungen grosse Differenzen
zwischen Lanc und Androsch, aber auch dem Verhandlungskomitee
Luczensky und Zentralsekretär Schmölz gibt. Da ich Lanc derzeit ver-
trete, aber konkret zu keinerlei Besprechungen zugezogen wurde,
kann und werde ich mich in diese Frage nicht einmischen.
Bei den 5 Stunden Telefondienst kamen kamen 60 Anrufe. Ich halte
5 Stunden als zu lange, da man ununterbrochen fast spricht. Zum
Schluss wollte man von mir noch eine Zusammenfassung wegen der
Statistik. Aufgefallen ist mir nur, dass ein einziger ÖVP-ler,
der viel geschimpft hat, angerufen hat, alle anderen Fragen waren sehr
sachlich, einige wünschten mir vollen Erfolg, das waren sicher Sozia-
listen. Die 60 Anrufen waren auf den verschiedensten Gebieten,
vom Milchpreis bis zu Werbefragen, Verkehrsfragen. Drei Punkte muss
ich konkret erledigen. Ein Genosse Wicht, III. Bezirk, ein alter
Bekannter von Häuser, hat ihn zweimal einen Brief geschrieben und
bis jetzt noch keine Antwort bekommen.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte bei Häuser-Sekretär urgieren.
Eine Frau Janski wohnt in der Erdberger Strasse 2306, dort wird
von einem Fuhrwerker Karl Baron, Erdberger Mais 2278, eine Halle
errichtet für 20 Dieselwagen, 12.000 qm., und damit der Wohnung
Janski und deren alter Mutter, jedwede Aussicht genommen. Die Bau-
behörde hat trotz mehrerer Urgenzen immer wieder zu Gunsten Barons
entschieden.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bezirksvorsteher Berger kennt den Fall, bitte
noch einmal prüfen lassen.
Ein Fleischhauermeister Günther Probst aus Voitsberg hat wegen eines
Gewerbescheines für Lebensmittel § 103 bei der Bezirkshauptmann-
schaft am 4.1.74 angesucht. Durch Falschinformation hat er zuerst
einen Handelsgrossen Gewerbeschein verlangt. Daran hat er aber gar
kein Interesse, er möchte nur in seiner Fleischhauerei auch Lebens-
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mittel verkaufen. Er ist überzeugt. das man ihm dies aus politischen
Gründen ablehnen wird.
ANMERKUNG für BUKOWSKI : Jagoda soll sich bitte den Fall kommen lassen
resp. den Mann erklären, wie er ihm helfen kann.
Tagesprogramm, 19.6.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
hs. Liste Anrufer Telefondienst 19.6.1975
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