Freitag, der 30. Mai 1975

26-0649

Freitag, 30. Mai 1975

Präsident Werner will von mir eine Entscheidung, ob er den Vorschlag
des Betriebsratsobmann der ÖDK, Inthal durchdrücken muss, oder ob
ein Kompromiss erzielt werden soll. Inthal möchte, dass das
Dirimierungsrecht bei dem neu zu bestellenden Generaldirektor-
Technik, d.h. Hautzenberg kommen muss. Ausserdem ist eine Reihe
von Wünschen wie, Personalabteilung zum Genraldirektor-Technik,
Grundvermessung die bis jetzt die Grundabteilung gemacht hat
zur Vermessung Technik, die Sicherheitstechnik die derzeit beim
Steuerreferat bis zum Personal, allgemeine Verwaltung müsste
einen Abteilungsleiter-Stellvertreter bekommen, der auch der Technik
untersteht, bei der Einkaufsabteilung die Technik entsprechende
Mitsprache und vor allem die Baustellen, Montage und Betriebsleitun-
gen, auch dann wenn sie kaufmännische Funktionen erfüllen, der
Technik unterstellen. Ich spreche anschliessend mit Hautzenberg
und der sagt mir nur das letztere, d.h. Personalabteilung, Bau- und
Betriebsleitung eindeutig ihm unterstellen, sei der harte Kern der
Forderungen. Bezüglich der Vorgangsweise ist sowohl Werner als auch
Hautzenberg für meinen Vorschlag. Ich halte es für unmöglich, dass
man eine Vorstandsarbeitsausschussitzung für 18., 14.30 Uhr einbe-
ruft, mit der ÖVP das erste Mal verhandelt und dann in der Auf-
sichtsratssitzung am nächsten Tag sofort mehrheitlich beschliesst.
Dies liesse ich mir auch nicht gefallen. Ich verlange deshalb von
Werner, dass sofort die Verhandlungen beginnen und man der ÖVP klar
und deutlich sagt, dass ich ein Kompromiss erwarte. Sollte aber
wider erwarten die ÖVP auf Kollisionskurs gehen, dann wird sie auf
alle Fälle die Vorschläge von Inthal zu spüren bekommen. Wenn Krieg,
dann schon mit allen Mitteln und dann klar und deutlich gegen eine
Seite. In diesem Fall brauche ich auch keine Kompromisslösung
anzustreben.

Von den Illwerken ruft Gen.Dir. Berchtold an und erklärt, dass
Bandhauer ihn ersuchte, er möge bei mir intervenieren, dass der
Illwerke-Vertrag schnell erledigt wird. Ich wundere mich über diese
Behauptung, denn ich selbst dränge die ganze Zeit, dass endlich
die Verbund mit den Vorarlbergern einig wird., was übrigens jetzt
schon geschehen ist. Der Gesetzentwurf und der Syndikatsvertrag
sage ich Berchtold liegt beim Finanzminister. Ich werde mich aber
auf alle Fälle einsetzen, dass es zu einer positiven Erledigung
kommt.



26-0650

Die Schlussitzung mit der russischen Delegation, die in Wirklich-
keit die Berichte aller Arbeitsgruppen hat, wird normal abgespult
und bringt keinerlei Besonderheiten. Canisius, unser Handelsdelegierter,
der immer neben mir sitzt, ich halte gar nichts von der hierarchi-
schen Sitzordnung, flüstert mir zu, dass er es auch nicht ver-
standen hat, dass die Handelskammer das Protokoll wegen der EG-
Begünstigungen so abgeändert hat, dass in unserem mit den Russen
zuerst ausgemachten Entwurf, von einer Prüfung noch nicht geredet
wurde, während jetzt wir veranlasst sind zu prüfen. Das ist eine
eindeutige Verschlechterung, die die Handelskammer sich nicht genau
überlegt hat. Ich fordere Fälbl auf, über die Entstehung eine Akt
festzuhalten, damit später nicht einmal uns ein Vorwurf gemacht
werden kann.

ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte von Fälbl diesen Akt vorlegen lassen.

Bei der Aussprache mit Kreisky kommt dieser natürlich auf die Erd-
gaslieferungen zu sprechen. Patolitschew erklärt auch Kreisky, dass
er vor seiner Abreise mit Kossygin darüber gesprochen hat und dieser
ihm erklärte, der dritte Gasvertrag wird im positiven Sinne zu prü-
fen sein. Am Abend bei dem Empfang habe ich mit der VÖEST, Koller
und Matthes, sowie Gen.Dir. Bauer dieses Problem noch einmal durchge-
sprochen. Die VÖEST wäre sehr daran interessiert einen 10-jährigen
Vertrag auf jeweils 100.000 Tonnen Rohrlieferung zu machen. Ich er-
kläre Patolitschew noch einmal diese grosse Möglichkeit und er
meint, man wird dies gewissenhaft prüfen. Auf dieser Basis könnten
wir einen langfristigen Gasliefervertrag, bezahlt in Röhren, ab-
schliessen. Was die Sowjets aber zusätzlich wollen, es kam nur bei
den Verhandlungen Gott sei Dank nicht zur Sprache, sind spezielle
Röhren, die die VÖEST nur mit einem neuen Röhrenwerk produzieren
könnte. Genau dies aber wollen wir nicht. Selbst wenn das inter-
nationale Röhrenkartell nichts dagegen hätte, so ist das Risiko
für die VÖEST zu gross. Wenn das Röhrenkartell nicht ausdrücklich
das Einverständnis gibt und gleichzeitig dann also die VÖEST in
mehrere Staaten diese Röhren liefern kann, würde sie mit ihrer
Produktion ausschliesslich von der sowjetischen Abnahme abhängen.
Das internationale Röhrenkartell könnte dann den Preis diktieren,
wenn es einmal zu einer kritischen Situation kommt. In der deutschen
Bundesrepublik macht der Anteil dieser Rohre maximal 20 % aus, bei
uns würde das Röhrenwerk bei der VÖEST 100 % diese Waren produzieren


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und nur nach der Sowjetunion liefern können.

Kreisky erwähnt auch, dass die Aluminiumwerke VMW grosses Interesse
daran hätten, Rohaluminium, d.h. Barren zu beziehen und mit Fertig-
waren zu bezahlen. Dieser Vorschlag wurde mit überhaupt nicht be-
kannt. Weiters möchten sie mit der SGP gemeinsam Leichtmetall-
waggons in die Sowjetunion liefern. Auch dieses Projekt habe ich
nie gehört. Der Bedarf der Oststaaten wird auf 200.000 Güterwagen
geschätzt.

ANMERKUNG für REIM: Bitte klären, wieso diese Unterlagen nie kamen.
Fälbl resp. Ranshofen fragen.

Beim Mittagessen von der Bundeskammer für Patolitschew gegeben,
kam ich heben Sallinger und Mussil zu sitzen. Natürlich gab es
gleich wieder die übliche innenpolitische Diskussion auf humor-
voller Basis. Die Russen müssen sich dabei köstlich unterhalten
haben. Für die ist das sicherlich eine andere Welt und sie können
sich überhaupt darunter kaum etwas vorstellen. Igler war das erste
Mal wieder von der Bundeskammer eingeladen und Mussil hat ihm
gleich beim Empfang, ich habe zwar nicht gehört was, aber sehr
deutlich seine Meinung gesagt. Sallinger selbst ist bitter böse.
Natürlich diskutieren wir auch über die Vorwahlen, gegen die Sallinger
wie er mir sagt, eingetreten ist. Die Meinungsmacher aber in der ÖVP
hätten ihnen eingeredet, die Bevölkerung erwartet und wünscht so
etwas. Sallinger glaubt allen Ernstes, dass z.B. das Ergebnis dieser
Vorwahlen dann auch bei der Kandidatenaufstellung unbedingt berück-
sichtigt werden muss. Ich bin neugierig, ob tatsächlich die Land-
tagsabgeordneten im Burgenland dann auf die dritte Stelle im Natio-
nalrat gereiht werden. Sallinger ist auf Busek sehr stolz, weil
er ihn von Nationalratsklub geholt hat, wo es nur Schwierigkeiten
gegeben hat. Natürlich erwähne ich sofort wieder, dass ich ihm ja
vor etlichen Jahren ins Handelsministerium nehmen wollte. Bei
dieser Gelegenheit erinnere ich Mussil genauso wieder daran, dass
ich auch bereit bin seine Frau einzustellen, die bei der Industriellen-
vereinigung ausgeschieden ist. Sallinger frägt mich, ob ich auch
eine Ansprache halte, was ich selbstverständlich ablehne und Mayer-
Gunthof
hält dann die zweite, sehr vom Herzen kommend und gleich
in russisch, aber jeder hat sie fast verstanden.



26-0652

Das Gespräch mit den Internationalen Ölgesellschaften und der
ÖMV verläuft wie erwartet. Die Internationalen sind nicht bereit,
jetzt schon einer weiteren Erhöhung des Rabattes von 30 auf 50
Groschen für Heizöl extra-leicht zuzustimmen. Bauer erwartet nur
dass die Arbeiterkammer erklärt, dass Rabattierungen jederzeit von
den Ölgesellschaften wieder zurückgenommen werden können. Dies sei
ihr gutes Recht. Das Recht bestreite ich den Ölgesellschaften gar
nicht, ich erkläre aber, dass selbstverständlich dies nur zu einem
Zeitpunkt geschehen könne, wo ich dies einigermassen akzeptieren.
Die Idee das auf 3 Monate zu verlängern und dann im August auslaufen
zu lassen, wird selbst von den Internationalen Gesellschaften nicht
ernst genommen. Shell hat erklärt es wünscht geprüft zu werden, die
Internationalen wünschen die Preisfestsetzung und Zöllner geht
unglücklicherweise auf diese Ideen ein. Ich denke nicht daran, tat-
sächlich eine Preisregelung dort jetzt zu starten, weil dies erstens
längere Zeit dauert und zweitens wahrscheinlich dabei kaum das
herauskommt, was sich die Konsumenten erwarten. Am Montag wird Bauer
mit den Internationalen Gespräche führen und mir dann, wie er mir
abends ausdrücklich versichert, in einem Brief mitteilen, dass sie
bereit sind auf 50 Groschen Rabatt zu gehen, sich aber das Recht
vorbehalten, dann wenn sie es für richtig empfinden, diese Rabatte
alle wieder aufzuheben.

Mit Büttner, Blaha und Schmidt komme ich dann in der Margarinepreis-
senkung zu einer Einigung. Thea bleibt mit 5.20 Schilling unver-
ändert, hier kann die Unilever keinen Groschen nachgeben, weil sie
hier in roten Ziffern steckt. Feine Thea wird 6.– Schilling kosten,
Rama 6.90 und Vita 8.10. Wir einigen uns auch, dass am 9. in der
Pressekonferenz dieses Ergebnis von mir mitgeteilt wird und 8 Tage
später Unilever die billigere Margarine ausliefert.

Ich informiere Büttner neuerdings über die Aussprache die ich mit
Brugger wegen Errichtung einer Ölpresserei und Extraktion
in Kaiseraugst, Schweiz gehabt habe. Die Schweizer sind nicht bereit
die Unilever dabei zu unterstützen. Sie können es wahrscheinlich
vielleicht nicht auf lange Sicht verhindern, wollen aber alle er-
denklichen Schwierigkeiten machen. U.a. hat Brugger verlangt, dass
die mit der ganzen Ölsaat unter die Marktordnung fallen, d.h. auf
seine Weisung jedwede Exporte tätigen müssen, damit die anfallenden
Futtermittel nicht den inländischen schweizerischen Markt stören.



26-0653

Büttner meint, die Unilever sei wegen der Standortfrage nach
der Schweiz gegangen. Es muss am Wasserweg liegen, damit die
hunderttausenden von Tonnen an Saatgut und Fertigprodukte leichter
transportiert werden können. Ich verweise, dass spätestens in den
80er-Jahren der Rhein-Main Donaukanal fertig sein wird und dann
Österreich ein günstigere Standort ist als die Schweiz. Aus der
eigenen Saat würden zwar auch nur 50.000 Tonnen verarbeitet werden
und da die Fabrik 1 Million Tonnen verarbeiten wird, müssten bei
uns 950.000 Tonnen importiert werden. In der Schweiz ist es aller-
dings auch nicht anders. Büttner dürfte aber in dieser Frage kaum
etwas zu bestimmen haben, denn er ist sehr skeptisch, dass man in
der Unilever-Zentrale überhaupt sich mit dem Projekt Österreich
beschäftigt. Ich selbst meine, man könnte hier eine Kombination
zwischen Unilever und den Verband ländlicher, d.h. der genossen-
schaftlichen Seite herbeiführen, um die Ölversorgung in Österreich
auf einer breiteren Basis zu sichern.

Anmerkung für REIM: Bitte beide Projekte die jetzt zur Diskussion
stehen verfolgen.

26_0648_01

Tagesprogramm, 30.5.1975


GND ID: 118715194


Einträge mit Erwähnung:
    Tätigkeit: Handelsdelegierter


    Einträge mit Erwähnung:
      Tätigkeit: IV, GD Wr. Schwachstromwerke (WSW)


      Einträge mit Erwähnung:
        Tätigkeit: Dir. Unilever


        Einträge mit Erwähnung:
          Tätigkeit: BRO ÖDK


          Einträge mit Erwähnung:
            Tätigkeit: GD ÖMV


            Einträge mit Erwähnung:
              Tätigkeit: sowj. Außenhandelsminister


              Einträge mit Erwähnung:
                Tätigkeit: ÖDK


                Einträge mit Erwähnung:
                  Tätigkeit: GD Verbund


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                    Tätigkeit: GD Illwerke


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                      Tätigkeit: AK


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                        Tätigkeit: Beamter HM


                        Einträge mit Erwähnung:
                          Tätigkeit: Schweizer BR f. Wirtsch.


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                              Tätigkeit: Gen.Sekr. HK, ÖVP-NR-Abg., später AR-Präs. Verbund


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                                Tätigkeit: VÖEST


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                                  Tätigkeit: GD VÖEST


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                                    Tätigkeit: Leiter vw. Abt. ÖGB, SPÖ-NR-Abg.


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                                      Tätigkeit: Beamter HM


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                                        Tätigkeit: ÖDK


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                                          Tätigkeit: AK


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                                              Tätigkeit: Bundeskanzler
                                              GND ID: 118566512


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                                                Tätigkeit: Straßburg


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                                                  Tätigkeit: Handelskammer-Präsident


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