Montag, 12. Mai 1975
Beim Jour fixe fragte ich neuerdings Mussil, wie es mit dem
Energiesicherungsgesetz weitergehen soll. Er selbst hat sich
scheinbar noch nicht zu einer positiven Stellungnahme durchgerungen,
denn er brachte wieder nur die alten Argumente der Benachteiligung
von gewissen Ölgesellschaften, Bevorzugung der ÖMV usw. Ich machte
ihm neuerdings darauf aufmerksam, dass ich glaube dass dieses
Gesetz unbedingt noch in dieser Legislaturperiode beschlossen
werden muss. Er meinte man sollte sowohl die Ratifizierung
des Vertrages als auch das Energiesicherungsgesetz erst im Herbst
d.h. im neuen Parlament beschliessen.
Bezüglich der Auszeichnungsverordnung wollte er dass diese nicht
mit 1.9. wie vorgesehen in Kraft treten soll, sondern dass wir
gleich in Aussicht nehmen erst zu einem späterem Zeitpunkt eine
solche Auszeichnungsverordnung zu erlasse. Er beschwerte sich bitter
dass die Landeshauptleute, ganz besonders Lechner von Salzburg,
sich so positiv zu dieser Verordnung geäussert haben. Ja sogar
eigentlich verlangten. Er war sehr überrascht von mir zu hören,
dass die Handelskammer sich prinzipiell auch für diese Auszeichnung
ausgesprochen hat, allerdings nur kleinere zusätzliche Wünsche hat,
die im Begutachtungsverfahren vorgebracht werden. Da er mir nicht
glaubte, bestellte er Farnleitner, der allerdings in der Kärntner
Strasse war wie die Sekretärin offenherzig die Auskunft gab.
Mussil meinte, dies sollte man doch einem Minister nicht sagen,
worauf ich sofort antwortete ich bin mir vollkommen klar, dass
die Handelskammer die einzige Stütze derzeit der Kärntner Strasse
ist. Leider hat sie dort aber dann in der Entscheidung nicht den
Einfluss, der wahrscheinlich notwendig wäre. Farnleitner der dann
später kam, bestätigte, dass wir tatsächlich im Prinzip einig
sind, er nur entsprechende Detailwünsche hat, die alle bei der Begut-
achtung vorgebracht werden und die er hofft, berücksichtigt werden.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte klären lassen, welche Detailwünsche hier
eventuell nicht erfüllt werden können und vorher mit mir absprechen.
Im Forstgesetz hat die Handelskammer mit der Landwirtschaft
vereinbart, dass sie bei Forstschäden nicht nach den jetzigen
Vorschlag des Landwirtschaftsministerium, müssten aber die Unter-
nehmer feststellen, dass sie nicht Schuld tragen, dass z.B.ein in
der Nähe befindlicher Wald durch die Emissionen des Betriebes
geschädigt sind. Die Handelskammer ersucht mich deshalb brief-
lich und jetzt Mussil auch noch mündlich, dass ich bei Weihs durch-
setze, dass ex offo wie mit der Landwirtschaftskammer vereinbart,
geklärt werden soll.Bei der Ministerratssitzung überzeuge ich sowohl
Haiden als auch Weihs, dass dieser Vorschlag richtig ist. Alle
anderen Wünsche die die Handelskammer auch noch hat, müssen meiner
Meinung nach nicht berücksichtigt werden. Die Ex-offo-Feststellung
der Schuld erscheint mir aber als ein berechtigtes Verlangen.
Weihs und Haiden stimmen dieser Auffassung zu.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte dieses Problem mit den Parlamentsklub
den Abgeordneten des Unterausschusses mitteilen.
Mussil möchte auch dass in die Lehrberufsliste die Fassbodenbeleger
aufgenommen werden. Ich erkläre ihm, dass derzeit dafür keine Mög-
lichkeit ist, da auch die Arbeiterkammer sich gegen vier Lehrberufe
ausspricht, die ich ebenfalls in die Lehrberufsliste auf Wunsch der
Handelskammer und der gegebenen gesetzlichen Grundlage aufnehmen
musste und das gesamte Problem der Lehrberufe und der zukünftigen
Ausbildung neu geregelt werden muss. Ich übergebe Mussil das ge-
wünschte Elaborat des Gewerkschaftsbundes. Er verspricht sich dies
genau anzusehen.
Die Handelskammer hat in einem Präsidium beschlossen, dass die
Federführung von Arbeitsgruppen bei den Oststaaten von der Handels-
kammer durchgeführt wird, soweit das Handelsministerium dadurch
entlastet wird und die Handelskammer dies personell imstande ist.
Nach Auffassung der Handelskammer kommen für diese Arbeitsgruppen-
führungen das Präsidium ohne Sallinger, also Förster der in Hin-
kunft durch Schönbichler ersetzt wird werden, Weinberger, der "Säckl-
wart", wie ich ihn immer bezeichne, Seidl, aber auch Mühlbacher und
Mayer-Gunthof, der die Aussenhandelsfragen als geschäftsführender
Funktionär führt und in Hinkunft wahrscheinlich durch Schoeller
ersetzt wird, sowie Mussil und gegebenenfalls Wakolbinger in Frage.
Ich nehme den Bericht diskussionslos zur Kenntnis, möchte aber doch
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für uns intern feststellen, dass dies nicht die Absicht war.
Wir haben seinerzeit als die Oststaaten immer wieder neue
Arbeitsgruppen verlangten, vorgeschlagen dass wir, das Handels-
ministerium, auf die Durchführung dieser Wünsche verzichten.
Die Idee war, dass das Handelsministerium eben keine solche Arbeits-
gruppen einsetzt, sondern wenn Oststaaten eine solche verlangen,
dann soll diese Arbeitsgruppe die Handelskammer administrativ
aber auch finanziell durchführen. Nun will die Handelskammer aber
nichts anderes als den Obmann resp. den Leiter dieser Arbeitsgruppe
zu stellen. Wir hätten den letzten Endes dann doch wieder eine
personelle Belastung, indem sicherlich ein Vertreter des Handels-
ministeriums daran teilnehmen muss. Wenn dies der Fall ist, dann
kann natürlich auch das Handelsministerium auch den Vorsitz in
dieser Arbeitsgruppe führen.
ANMERKUNG für WANKE: Ich glaube dass wir dieses Problem mit Meisl
noch einmal intern genau besprechen müssen.
Die nächste österr. technisch-wissenschaftliche Woche, die in
Moskau März 1976 stattfindet, soll nach Auffassung der Handelskammer
womöglich verschoben werden, weil den Ehrenschutz den sowohl ich
als auch Präsident übernehmen soll, nicht das einzige ist was
letzten Endes Österreich dazu beitragen muss. Ich erkläre sofort
Mussil dass ich damit nichts zu tun habe, sondern nur den Ehren-
schutz übernehme, die Durchführung obliegt immer dem WIFI resp.
der Handelskammer und diese hat ja diesen Termin mit den Russen
wahrscheinlich vereinbart. Dass die Handelskammer dadurch belastet
wird, ist mir vollkommen klar.
Mussil fragt an, ob Patolitschew, der die Firma GFM in Steyr be-
sucht, nicht auch die Steyr-Werke besichtigen sollte.
ANMERKUNG für BUKOWSKI: Bitte sofort klären, ob eine solche zeitliche
Einschaltung bei den Steyr-Werken möglich ist.
Mussil beginnt dass Problem der Wettbewerbsgesetze, d.h. Verkauf
unter Einstandspreis und Kontrahierungszwang zu besprechen. Ich
hatte in der früh mit Lachs eine längere telefonische Ausein-
andersetzung, weil Lachs auf dem Standpunkt steht er hätte nur
meinen Auftrag durchgeführt und sich eben mit Mussil geeinigt,
sodass jetzt ein einvernehmlicher Vorschlag vorliegt. Mussil selbst
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sagt mir, er hätte alle Schwierigkeiten, die es in der Handels-
kammer gegen die Kontrahierungsbestimmungen gegeben hat, beseitigt.
Er glaubt deshalb auf dieser Basis könnte das Parlament die beiden
Initiativanträge zu einen einzigen zusammenfassen und dem würde
die ÖVP zustimmen. Ein weitergehender Wunsch von der Industriellen-
vereinigung, dass schon allein wenn die Bezieher, d.h. die Wieder-
verkäufer erkennen mussten dass es sich hier um einen Kampfpreis
handelt und er deshalb ablehnen hätte müssen, glaubt Mussil wird
nicht aufgenommen werden. Auch die ÖVP wird diesem weitergehendem
Verlangen nicht zustimmen. Mussil ist auch vom Justizministerium
informiert, dass dieses gegen den Kontrahierungszwang auftritt,
weil es in ihre Rechtssystematik nicht hineinpasst. Nach Auf-
fassung des Justizministeriums sollte dies im Zivilrechtswege mit
Schadenersatz geklärt werden. Eine Zwangsbestimmung dürfte nicht aufge-
nommen werden.
Ich habe mich dort im einzelnen nicht geäussert, nachher aber habe
ich mit Jagoda besprochen, dass wir doch auch den Kontrahierungszwang
für den Letztverbraucher, der bei der Strafrechtsnovelle rausgeflogen
ist, neu irgendwo aufnehmen müsste. Früher war es so, dass ein Kunde
verlangen konnte, dass Gegenstände des persönlichen Bedarfes von den
Firmen abgegeben werden musste. Jetzt ist diese Strafbestimmung
aus dem neuen Strafgesetz eliminiert worden, weil es in der
Endkriminalisierung des Strafrechtes dorthin nicht mehr passt.
Ich persönlich kann mir aber nicht vorstellen, dass man einen
Kontrahierungszwang für den Letztverbraucher überhaupt vollkommen
fallen lässt, wenn ein Kontrahierungszwang für die Kleinhändler vor-
gesehen wird. In der Ministerratsvorbesprechung mache ich Broda
auf diesem Wunsch aufmerksam und er verweist darauf, dass man alles
mit Dietrich von ihm besprechen soll.
ANMERKUNG für WAIS: Bitte mit Dietrich Kontakt aufnehmen.
Beim Journalistenfrühstück haben wir die neue Idee Koppes erstmals
ausprobiert. Von der Leykam ist Gen.Dir. Spiegelfeld erschienen, um
über sein Umweltschutzprojekt zu berichten. Bei dieser Gelegenheit
habe ich ihm aufgefordert, er möge auch kritische Bemerkungen über
die Beziehungen der Industrie zum Handelsministerium machen. Leider
hat er nur positiv sich geäussert. Ich hatte bereits einleitend gesagt
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dass wir 4 Monate Zeit versäumt haben, weil wir gehofft haben dass
die Papierindustrie gemeinsam mit dem Handelsministerium imstande
ist, eine Prioritätenliste festzustellen. Leider hat sich heraus-
gestellt, dass die Industrie dazu sich nicht durchringen konnte.
Wir haben jetzt eine Prioritätenliste festgehalten, können aber
alle Projekte, wenn die finanzielle Lage gesichert ist, entsprechende
Zinsenzuschüsse geben. Die Mittel die uns zur Verfügung stehen würden
ausreichen. Momentan ist noch ein Manko von 15 Millionen Schilling
da aber die Strukturverbesserungskredite mit 6% derzeitigen Zinsfuss
gestützt werden müssten, die Umweltschutzkredite aber maximal mit
4%, werden wir mit der Industrie Verhandlungen führen, dass wir
alle gleichlautend mit 4% stützen. Dadurch haben wir einen grösseren
Mitteleinsatz und können alle Projekte, selbst das der Pölser be-
friedigen. Spiegelfeld hat mir dann unter 4 Augen gesagt, er rech-
net fest damit, dass Brigl & Bergmeister jetzt einen Teil seiner
Aktien abtritt und Leykam sie erwerben wird. Dadurch würde eine
kapitalmässig Verflechtung, dieser jetzt um ein entsprechendes
Projekt konkurrierende Unternehmen erfolgen und eine weitere
Konzentration, die notwendig ist, Platz greifen.
Die Vertreter des ARBÖ und ÖAMTC berichteten über ihre Aktivitäten
für den österreichischen Fremdenverkehr. Ich bin neugierig was
die Zeitungen darüber bringen werden. Der ÖAMTC hatte sogar seinen
Urlaubscomputer bei uns im Haus aufgestellt, wo sich die Journalisten
überzeugen konnten, wie sehr der ÖAMTC den einzelnen bei der Beratung
behilflich ist.
Der Filmproduzent Antel und Dir. Jungbluth haben mir vorgeschlagen,
wir sollten jetzt unseren alten Filmförderungsgesetzentwurf ein
wenig überarbeiten und neuerdings zur Diskussion stellen. Sie meinten
sogar ich könnten den sofort ins Parlament schicken. Da der Termin
aber bereits abgelaufen ist, wo noch Vorschläge im Parlament ange-
nommen werden, muss ich jetzt für die Überbrückung mit den Banken
Besprechungen aufnehmen. RR Puffler wird mit Jungbluth einen Brief
der Einladung an alle Bankinstitute schicken. Wir werden dann von
Jungbluth den Film Kickback, der sehr gut sein soll, uns ansehen
und anschliessend daran eine Diskussion führen. Die Länderbank sollte
durch Gen.Dir. Ockermüller und den Referenten Erndl vertreten sein.
Von der CA wird wahrscheinlich Schmidt-Chiari und der Referent
Ossow kommen, der Antel einen 25 Millionen Kreditrahmen versprochen
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hat. Die Verteilung dieses Geldes soll Dr. Lehr, ein Fachmann der
CA, vornehmen. Was die Banken von mir erwarten ist, dass wir beim
Finanzminister eine Bundeshaftung für diese Kredite durchsetzen.
Dies ist aber nur mit Hilfe eines Gesetzes möglich und ich habe
ihnen deshalb vorgeschlagen wir sollten gemeinsam einen Weg be-
sprechen, ohne dass es zu einer gesetzlichen Abdeckung kommen muss.
In meinem Budget hat mich Jungbluth aufmerksam gemacht, habe ich
1000 Schilling Erinnerungspost und wenn der Finanzminister für
das Jahr 1976 gewisse Beträge zur Verfügung stellt, dann könnten
wir eine Vorfinanzierung der Banken erreichen. Antel hat eine Auf-
stellung mir gezeigt, wonach er in den letzten 10 Jahren 85 Millionen
Kredit von den Banken bekommen hat und dafür 6 Millionen Schilling
zahlen musste. Jetzt hat sich die Situation insofern geändert, als
früher nur die Deutschen beliefert wurden und auch meistens die
deutschen Vertriebsorganisationen eine Haftung übernommen haben.
Jetzt ist es so, dass sie nicht nur nach Deutschland ungefähr 40%
maximal bekommen können, sondern eben auch in die übrigen europäischer
Staaten, sogar nach Amerika verkaufen müssen. Diese Länder geben aber
keinen Kredit oder Garantie auf Grund des Drehbuches, sondern wollen
den Film vorher sehen. Die Finanzierung muss eben jetzt neu geregelt
werden. Der Unterrichtsminister hat heuer im Budget 25 Millionen
für Filmförderung, die er zur Verfügung stell und zwar aus einem
Kredit, den die Z ihm gibt. Jungbluth meint nun dieses Geld sei
ausschliesslich für Jungfilmer, worauf er keinerlei Einfluss nehmen
kann, weil dies eine Kommission im Unterrichtsministerium vergibt.
Nach Auffassung von Jungbluth ist dieses Geld rausgeschmissen,
weil man mit den Filmen kommerziell nichts anfangen kann. Da der
ORF jetzt alle kommerziellen Filme eingestellt hat, ist die Film-
branche in einer kritischen Situation wie noch nie. Jungbluth ist
sehr erfreut, dass wir jetzt wieder die Federführung übernehmen,
ich habe bei der Ministerratsvorbesprechung Sinowatz aufmerksam
gemacht, dass sein Wunsch damit erledigt ist und wir jetzt tat-
sächlich wieder in die Filmförderung einsteigen werden. Sinowatz
war auch darüber sehr erfreut, nachdem sein Projekt, er wird ein
Filmförderungsgesetz ausarbeiten lassen, gescheitert ist.
Im Wiener Vorstand ergab sich zum dutzendsten Male, ich habe
das schon zur Zeit miterlebt wo ich das erste Mal im Wiener Vor-
stand war, die Diskussion was mit dem Mai-Aufmarsch geschehen
sollte. Dem einen war zu wenig politisch motiviert, was sollen
auch die Sozialisten Wiens von der Regierung verlangen, den anderen
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wieder war die Beteiligung zu gering und die Entwicklung der Be-
teiligung zeigt ja immer, dass die Bevölkerung weniger Interesse
hat. Meiner Meinung nach müsste man ein richtiges Volksfest machen,
so wie z.B. auch in Stockerau, das Beispiel habe ich erwähnt,
der Fackelzug und ganz besonders das Feuerwerk die Leute anlockt.
Auch diesmal ist der Fackelzug in Wien sehr gut besucht gewesen,
es waren 25.000 laut Polizeischätzung im Spalier, weil eben durch
etliche Jahre kein Fackelzug stattgefunden hat und dies wieder etwas
zum Schauen für die Wiener gewesen ist. Ausserdem war die Witterung
sehr günstig.
Eine Parteienvereinbarung über den Wahlkampf will Nittel mit der ÖVP
abschliessen, weil wir auf dem Standpunkt stehen, er soll kurz,
fair und sparsam sein. Nach Auffassung Nittels, und ich teile diese,
sollten wir den Wahlkampf erst anfangs September wirklich beginnen.
Im Wiener Ausschuss berichtete dann Nittel über eine Umfrage, wonach
die SPÖ 46%, die ÖVP 38%, die FPÖ 4% und die KPÖ 1% und Unentschlos-
sene 11% ergeben. Dies würde bedeuten, dass die absolute Mehrheit kaum
zu erreichen wäre, denn 11% Unentschlossene verteilen sich meistens
2/3 andere Parteien und nur 1/3 Sozialisten, Wenn die bisherigen
Werte für die Unentschlossenen ebenfalls angewendet werden und noch
gültig sind. Die wirkliche Erklärung wenn es im September, Oktober
zu einem SPÖ-Sieg kommt, liegt darin, dass Kreisky mit 52% jetzt
über den Durchschnitt der SPÖ liegt, während Schleinzer angeblich
jetzt von 30 auf 23% zurückgefallen ist. Wenn diese
Umfrage der Wochenpresse stimmt, ist dies für die ÖVP eine katastro-
phale Situation.
In der Ministerratsvorbesprechung, die Häuser führte, entspann sich
wegen der Milchpreisentwicklung und Krisengroschenabgabe zwischen
Androsch und Weihs ein lebhafter Disput. Androsch meint, es war nicht
zweckmässig am 1.1. den Milchkrisengroschen um 4.5 Groschen zu
senken. Jetzt am 1.5. müssten auf Grund der Vereinbarungen der
Krisengroschen um 3.4 angehoben werden. Da dies weniger als 4 Gro-
schen ist, die Hälfte teilt sich ja das Finanzministerium und die
Bauern, wird daher diese Krisengroschenanhebung nicht stattfinden.
Androsch fürchtet nun, dass im September, wo dies dann garantiert
notwendig sein müsste, man wegen der Wahlen eine Erhöhung nicht
durchführen wird. Nach seinen Berechnungen müsste der Krisengroschen
dann auf 14 Groschen, d.h. 7 Groschen die Bauern, 7 Groschen der
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Finanzminister, angehoben werden. Weihs replizierte, der Krisen-
fonds hätte mit Jahresbeginn 80 Millionen Schilling Defizit gehabt,
er glaubt dies könne man auf 40 Millionen Schilling mit Jahresende
absenken. Weihs meint wenn der Milchpreis erhöht wird, dann wird
man den Krisengroschen sofort raufsetzen können. Er selbst plädierte
mir gegenüber mit 25 Groschen, was ich aber als zu hoch ablehnte.
Androsch wieder verwies darauf, dass ein Rausziehen des Milchpreis-
antrages jetzt schwer möglich sein wird, weil der zuständige Land-
wirtschaftsminister mehr oder minder schon die Berechtigung anerkannt
hat. Androsch hat sich scheinbar der Illusion hingegeben, wir
können den Milchpreis tatsächlich bis nach den Wahlen verschieben.
Androsch wendete sich auch gegen die Butterverbilligung, die 45
Millionen Schilling kostet. Weihs hat allerdings ihm nachgerechnet,
dass dies maximal 22 Millionen Schilling ausmacht und auf den Liter
gerechnet für ihn 50 Groschen nur kostet. 12.96 Schilling ist die
Stützung, dividiert durch 24 Liter. Wenn man die Menge exportieren
müsste, dann müsste er dies in Käse tun, wo 14 Schilling pro Kilogramm
oder 1.15 Schilling pro Liter Milch, resp. bei Vollmilchpulver
3 Schilling pro Kilogramm und ebenfalls ein wesentlich höherer
Stützungsbetrag als 50 Groschen herauskommt. Nach seiner Berechnung
würden 66 bis 88 Millionen Schilling notwendig sein, wenn er die
3.500 Tonnen Butter, die er verbilligt im Inland abgibt. nach
Umwandlung in Käse und Vollmilchpulver exportieren müsste. Ich
selbst erklärte, dass ich im Juni auf alle Fälle den Milchpreis er-
höhen muss, ich sehe keine Möglichkeit, nicht zuletzt auch wegen der
Äusserung von Weihs, die mich aber nicht störte, dies habe ich
dort nicht erwähnt, von den Bauern unter Druck gesetzt werde. Ich
bin auch überzeugt, dass Kreisky wahrscheinlich sehr bald von den
Bauern interveniert wird und dann zu mir kommt und erklärt, wir
müssten etwas auf den Milchpreissektor machen. Androsch beschwerte
sich auch hauptsächlich darüber, dass wir bei den Bauern Millionen-
beträge, siehe auch das BÜG, das wir jetzt einbringen müssen,
hergeben, während andere berechtigte Forderungen zurückgestellt werden
müssen.
Im Ministerrat wurde dann auch die Presseförderung, resp. das
Parteienförderungsgesetz insofern abgeändert, als die vorgesehenen
60 Millionen auf 70 Millionen erhöht wurden, da eine diesbezügliche
Zusage von der SPÖ sowohl der ÖVP als auch der FPÖ gemacht wurden.
Androsch beharrt aber unbedingt auf die Einkommensteuernovelle, wo-
nach die Parteiförderung der Industrie oder Privater in Hinkunft
steuerpflichtig ist.
Häuser berichtete über die Arbeitsmarktsituation, Interessant
ist, dass trotz 6.000 arbeitsloser Gastarbeiter, neu 3.200
Ausländer in die Beschäftigung gekommen sind. Häuser vermutet
dass hier von den Unternehmern trotz der arbeitslosen Gastarbeiter
eben neue Gastarbeiter nach Österreich gebracht wurden.Allerdings
sind um 31.000 Gastarbeiter heuer weniger als im Vorjahr. Jetzt
dürften aber bereits die Unternehmer wieder zu neuen Gastarbeitern
kommen.
Tagesprogramm, 12.5.1975
hs. Notizen (Tagesprogramm Rückseite)
Tagesordnung 163. Ministerratssitzung, 12.5.1975
25_0588_03Nachtrag TO 163. Ministerratssitzung, 12.5.1975