Samstag, 3. Mai 1975
Mit Ruperl Gmoser hatte ich wieder eine interessante und, wie ich nicht
anders erwartete, provokante Diskussion. Ruperl ist äusserst pessi-
mistisch, da er meint, nicht nur in der Steiermark sondern auch in
Salzburg und Oberösterreich stünde es mit der Partei nicht sehr
günstig, dadurch würden auch die Wahlen dort entsprechend schlecht
enden. Wie z.B. jetzt auch die Gemeinderatswahlen in der Steiermark
zum grössten Teil zeigten. Seiner Meinung nach müsste man eben so wie
die ÖVP dies sofort macht, die personellen Konsequenzen aus einer
Wahlniederlage ziehen. wenn es nach ihm ginge, würden viele Landes-
leitungen ausgewechselt. Zwischen seiner Wunschpolitik und der
jetzt geführten müssten ein Mittelweg meiner Meinung nach gefunden
werden. Vielleicht dauern unsere Ablösen wirklich zu lange, viel-
leicht ist unser System zu unbeweglich, andererseits aber gibt es
uns die Garantie, dass wir nicht solche personellen Erschütterungen
haben wie dies die ÖVP ständig erlebt.
Beim Frühstück und bei der Messe-Eröffnung war Niederl diesmal äusserst
zurückhaltend. Vielleicht hat er schon bemerkt oder man hat es ihm ge-
sagt, dass doch letzten Endes jeder Angriff von ihm von mir sofort
pariert wird und da ich das letzte Wort habe, einen ungeheuren Vorteil
besitze. Besonders griff ich von Niederl eine Äusserung, dass man
nicht Krisenangst betreiben sollte, auf und habe dies weidlich auch
bei der Pressekonferenz dann ausgenützt. Ganz besonders hat mich in
der letzten Zeit geärgert, dass wirklich auch ein Betriebsrat, näm-
NR Burger vom ÖAAB, in eine die Firma VÖEST-Alpine schädigende
Aussage aus politischen Gründen ausgewichen ist. Beim Durchgang
durch die Messe hat mir die Direktion der VÖEST-Alpine bestätigt,
dass ihre Abnehmer jetzt auf Grund dieser negativen Äusserungen
kommen und ebenfalls entsprechende Preisherabsetzungen verlangen,
mit dem Hinweis, dass ja auch wie Burger ausführte, der Stahlpreis
überall verfällt und die Alpine heute schon Sonderkonditionen noch
und noch geben muss. Dir. Steflitsch war über diese Vorgangsweise
auch sehr erstaunt.
Der Empfang von LH-Stv. Salcher für die in Wien lebenden Tiroler
im Ringturm war für mich insofern überraschend als einige Tiroler
kamen, die ich von Verhandlungen kenne und gar nicht wusste, dass
sie Tiroler sind, wohl aber erwartete, dass sie natürlich ÖVP-ler
zumindestens Sympathisanten sind. Diese erklärten auch rundwegs, die
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kommen zu Salcher, weil er entweder ihr Freund ist oder sie ihn
gut kennen und zwar ihn nicht wählen werden, wenn aber Stimmen
der ÖVP in Tirol verlorengehen, es ihnen dann nichts ausmachen
würde, weil diese wenigstens ihr Freund Salcher, ein feiner Kerl,
wie sie ihn alle bezeichnen, bekommen Würde, eine eigentlich komische
Situation, die es sicherlich bei vielen anderen Persönlichkeiten,
die bei uns arbeiten, zutreffen kann.
Das von Andics inszenierte Spektakel vor dem Schloss Schönbrunn war
gar interessant, nur vollkommen zeitlich falsch gelegen. Man hat die
Autobusse für 6 Uhr hinbestellt, manche kamen natürlich dann schon
um 4 Uhr, dann regnete es zwischendurch und als dann das Spiel um
8 Uhr nach Einbruch der Dunkelheit erst richtig begann, waren die
Leute ausgefroren, verärgert und gingen teilweise auch schon wieder
weg. Ein solches Mordsspektakel zu inszenieren, ist sicherlich
nicht einfach, umso mehr als eine Kombination von Filmen, Ansprachen,
Auftritte von Theatergruppen ganz gross angelegt war. Aufgefallen
ist mir, dass wir zwar von der Kaiserin Maria Theresia bis zur
Gegenwart die österreichische Geschichte dargestellt bekamen, dass
aber das Jahr 1934 mit keinem Wort erwähnt wurde.
ANMERKUNG FÜR KOPPE: Was hat das Ganze gekostet?
Da wir 400 Tiroler auf der Landstrasse betreuten, die in 8003 bei
drei Heurigen unterkamen, besuchte ich natürlich auch dort unsere
Freunde, nachdem ich sie ja am Tag zuvor und Samstag vormittags bei
den Stadtrundfahrten und der Jause nicht mehr treffen konnte. Sie
waren sehr erfreut, ich ging von Tisch zu Tisch, trank meinen ge-
pflegten Tee oder Mineralwasser und diskutierte mit ihnen.
Von Reutte ersuchten sie mich, ob ich schon wegen eines Kredites
der Fa. Siegfried Beck, Brauerei mit 20 Beschäftigten, etwas unter-
nommen habe. Die BAWAG, welche seinerzeit mit 600.000 S in Tirol
einspringen wollte, hat von Wien nicht die Genehmigung erhalten.
ANMERKUNG FÜR WAIS: Bitte recherchieren und dann Brachlechner,
Freier Wirtschaftsverbandsekretär Innsbruck, verständigen.
Kreisky hatte alle Minister und Benya und andere zu einem Heurigen
nach Perchtoldsdorf wegen des Besuches von Palme geladen. Ich machte
mitternachts dann auch noch einen Sprung dorthin, diese Heurigen-
besuch, wo ich weder etwas esse noch etwas trinke, sind für mich
wirklich ein besonderes Vergnügen.